»Er sagt«, keuchte der Junge, »es tut nicht so weh, dass er verarztet werden müsste, aber danke, dass Ihr an ihn gedacht habt.« Mrs. Fitz nahm diese wenig beruhigende Nachricht achselzuckend zur Kenntnis.
»Nun, wenn er nicht kommt, kommt er nicht. Ihr könntet aber gegen Mittag zur Koppel hinausgehen, wenn Ihr möchtet, meine Liebe. Er macht ja vielleicht keine Pause, um sich verarzten zu lassen, aber so, wie ich die jungen Männer kenne, macht er bestimmt Pause, um etwas zu essen. Alec hier wird Euch dann holen und bringt Euch hin.« Mrs. FitzGibbons segelte davon wie eine Galeone, den kleinen Alec in ihrem Kielwasser, und ich blieb zurück, um den restlichen Knoblauch zu pflanzen.
Den Morgen verbrachte ich zufrieden mit Gartenarbeiten, pflanzte Knoblauch, knipste abgestorbene Blüten aus den Pflanzen, jätete Unkraut und setzte die endlose Schlacht des Gärtners gegen Schnecken und ähnliche Plagen fort – eine Schlacht, die hier mit bloßen Händen ausgetragen wurde, denn es gab keine Unterstützung durch chemische Ungeziefermittel. Ich war so in meine Arbeit vertieft, dass ich Alec gar nicht bemerkte, bis er höflich hüstelte, um auf sich aufmerksam zu machen. Er verschwendete keine Worte, sondern wartete gerade so lange, wie ich benötigte, um mich zu erheben und mir Erde und Staub vom Rock zu schütteln, ehe er durch die Pforte verschwand.
Die eingezäunte Koppel, zu der er mich führte, befand sich ein Stück vom Stall entfernt auf einer weiten Graswiese. Drei junge Pferde tollten ausgelassen auf der Wiese herum. Ein weiteres, eine sauber geputzte junge braune Stute, war am Koppelzaun angebunden und hatte eine leichte Decke auf dem Rücken liegen.
Jamie war gerade im Begriff, sich der Stute vorsichtig von der Seite zu nähern. Sie betrachtete sein Näherkommen mit einigem Argwohn. Er legte ihr den freien Arm leicht auf den Rücken und sprach leise auf sie ein, bereit, zurückzuweichen, falls sich die Stute wehrte. Sie schnaubte zwar mit etwas geweiteten Augen, bewegte sich aber nicht. Langsam beugte er sich über die Decke, murmelte weiter beruhigend auf die Stute ein und lehnte sich nach und nach mit seinem Gewicht über ihren Rücken. Sie riss den Kopf hoch und scharrte mit den Hufen, doch er ließ nicht von ihr ab und hob nur die Stimme ein bisschen.
In diesem Moment wandte die Stute den Kopf und sah mich mit dem Jungen näher kommen. Da sie anscheinend eine Bedrohung witterte, stieg sie wiehernd und quetschte Jamie an den Koppelzaun. Schnaubend hüpfte sie danach auf der Stelle und zerrte an ihrem Halfter. Jamie rollte sich unter dem Zaun hindurch, um sich vor ihren Hufen in Sicherheit zu bringen. Unter gälischen Flüchen erhob er sich schmerzvoll und drehte sich um, um herauszufinden, wer oder was die Ursache für diesen Rückschlag in seiner Arbeit war.
Als er sah, wer es war, verlor sein Gesicht auf der Stelle den mörderischen Ausdruck und nahm eine Miene an, die mich zwar höflich willkommen hieß, die jedoch den Eindruck vermittelte, dass er über unsere Anwesenheit nicht ganz so glücklich war, wie ich mir das gewünscht hätte. Der Korb mit Essbarem, den Mrs. Fitz Alec in weiser Voraussicht mitgegeben hatte, trug allerdings beträchtlich dazu bei, seine gute Laune wiederherzustellen – ja, sie kannte die jungen Männer.
»Ach, reg dich nicht so auf, du kleines Biest«, sagte er zu der Stute, die immer noch schnaubend auf der Stelle tänzelte. Dann schickte er Alec mit einem freundlichen Klaps auf die Schulter davon, hob die Decke auf, die vom Rücken der Stute gefallen war, schüttelte sie und breitete sie mir galant zum Sitzen aus.
Taktvoll vermied ich es, den Zwischenfall mit der Stute zu erwähnen, und schenkte ihm stattdessen etwas Ale ein und bot ihm Brot und Käse an.
Er aß mit derart unbeirrbarer Konzentration, dass mir jetzt wieder einfiel, dass er die letzten beiden Abende beim Essen gefehlt hatte.
»Hab’s verschlafen«, erklärte er, als ich ihn fragte, wo er gewesen war. »Ich bin direkt schlafen gegangen, nachdem ich mich von dir verabschiedet hatte, und bin erst gestern Morgen wieder aufgewacht. Und gestern habe ich nach der Halle noch ein bisschen gearbeitet und mich dann auf einen Heuballen gesetzt, um mich vor dem Abendessen ein bisschen auszuruhen.« Er lachte. »Als ich heute Morgen aufgewacht bin, saß ich immer noch da, und ein Pferd hat mir am Ohr geknabbert.«
Ich hatte den Eindruck, dass ihm die Ruhe gutgetan hatte; die Prellungen, die die gestrigen Fausthiebe hinterlassen hatten, waren zwar dunkelblau, doch die Haut ringsum hatte eine gesunde Farbe, und er selbst hatte auf jeden Fall ordentlich Hunger.
Ich sah zu, wie er den Rest der Mahlzeit wegputzte, sich dann mit der angefeuchteten Fingerspitze die Krümel vom Hemd tupfte und sie in den Mund steckte.
»Du hast ja einen gesunden Appetit«, stellte ich lachend fest. »Ich habe den Eindruck, du würdest sogar Gras essen, wenn es sonst nichts gäbe.«
»Das habe ich schon getan«, sagte er ganz ernst. »Es schmeckt nicht schlecht, aber es macht nicht besonders satt.«
Ich war verblüfft, dachte dann aber, dass er mich vermutlich nur aufzog. »Wann das denn, bitte sehr?«, fragte ich also eher spaßeshalber.
»Vorletzten Winter. Ich habe mit den … mit ein paar anderen Jungs im Wald gelebt, und wir haben im Grenzgebiet Kühe gestohlen. Wir hatten über eine Woche nichts als Pech und hatten kaum noch etwas zu essen dabei. Hin und wieder haben wir von einem Bauern etwas Porridge bekommen, aber diese Leute sind ja selbst so arm, dass sie eigentlich überhaupt nichts entbehren können. Natürlich treiben sie immer etwas auf, was sie einem Fremden geben. Aber zwanzig Fremde sind auch für den gastfreundlichsten Highlander ein bisschen zu viel.«
Er grinste plötzlich. »Kennst du – nein, wohl kaum. Fast hätte ich gefragt, kennst du das Tischgebet der Bauern?«
»Nein. Wie geht es denn?«
Er schüttelte sich das Haar aus den Augen und rezitierte:
»Hurley, hurley, round the table,
Eat as muckle as ye’re able.
Eat muckle, pooch nane,
Hurley, hurley, Amen.«
»Pooch nane?«, erkundigte ich mich. Er klopfte auf den Sporran an seinem Gürtel.
»Steck’s dir in den Bauch, nicht in die Tasche«, erklärte er.
Er griff nach einem der langen Grashalme und zog ihn sauber aus seiner Hülle. Dann drehte er ihn langsam zwischen den Händen hin und her, so dass die Ähren im Kreis flogen.
»Es war schon spät im Winter und mild, was unser Glück war, sonst wären wir nicht durchgekommen. Meistens konnten wir ein paar Kaninchen in Schlingen fangen – haben sie manchmal roh gegessen, wenn wir kein Feuer riskieren konnten – und hin und wieder ein Reh. Aber zu dem Zeitpunkt, von dem ich spreche, hatten wir tagelang kein Wild mehr gesehen.«
Er bohrte seine weißen Zähne in den Grashalm. Ich pflückte mir ebenfalls einen Halm und knabberte an seinem Ende. Er schmeckte süßsäuerlich, aber nur ein paar Zentimeter waren weich genug zum Essen; nicht sehr ergiebig.
Jamie warf den halb angenagten Halm fort, pflückte sich einen neuen und fuhr mit seiner Geschichte fort.
»Ein paar Tage vorher hatte es ein wenig geschneit. Es lag also nur eine leichte Schneedecke unter den Bäumen und ansonsten Schlamm. Ich war auf der Suche nach Pilzen, die oft unten an den Baumstämmen wachsen, und bin mit dem Fuß durch eine Schneekruste auf einen Grasfleck getreten, der an einer freien Stelle zwischen den Bäumen wuchs. Normalerweise findet das Rotwild diese Stellen. Sie scharren den Schnee beiseite und fressen das Gras bis auf die Wurzeln ab. Diese Stelle hatten sie aber noch nicht gefunden, und ich dachte, wenn sie damit durch den Winter kommen, warum ich nicht auch? Ich hatte solchen Hunger, dass ich meine Schuhe gekocht und gegessen hätte, wenn ich sie nicht zum Gehen gebraucht hätte. Also habe ich das Gras bis zu den Wurzeln gegessen, wie es das Wild tut.«
»Wie lange hattest du denn nichts mehr gegessen?«, fragte ich in einer Mischung aus Faszination und Entsetzen.
»Drei Tage gar nichts und eine Woche lang nichts als Drammach – eine Handvoll Hafer und ein bisschen Milch. Aye«, sagte er und betrachtete nachdenklich den Grashalm in seiner Hand, »Wintergras ist zäh und schmeckt sauer – nicht so wie das hier –, aber ich habe kaum darauf geachtet.« Er grinste mich plötzlich an.