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Normalerweise schlief ich auf der Stelle ein, ganz gleich, unter welchen Umständen, erschöpft von einem langen Tag im Sattel und von Dougals politischen Auftritten am Abend. Doch an unserem ersten Abend in einem Gasthaus hatte ich eine gute halbe Stunde wach gelegen, fasziniert von der bemerkenswerten Bandbreite der Geräusche, die die männlichen Luftwege hervorbringen konnten. Da konnte selbst ein ganzer Schlafsaal voller Schwesternschülerinnen nicht mithalten.

Während ich diesem Chor lauschte, kam mir der Gedanke, dass Männer auf einer Krankenstation eigentlich nur selten schnarchen. Sie atmen schwer, ja. Sie keuchen, stöhnen hin und wieder, und manchmal schluchzen oder rufen sie im Schlaf. Doch das war nichts im Vergleich mit diesem kerngesunden Lärm. Vielleicht lag es daran, dass kranke oder verletzte Männer nicht tief genug schlafen konnten, um sich derart zu entspannen.

Wenn ich mit meinen Beobachtungen recht hatte, dann erfreuten sich meine Begleiter jedenfalls bester Gesundheit. So sahen sie auch aus, die Arme und Beine unbekümmert von sich gestreckt, die Gesichter entspannt und glänzend im Feuerschein. Die Hingebung, mit der sie auf den harten Dielen schliefen, stillte einen Hunger, der genauso gründlich war wie der, den sie zum Essen mitbrachten. Seltsam getröstet von ihrer Kakophonie, hatte ich mir den Umhang um die Schultern noch fester gezogen und war ebenfalls eingeschlafen.

Im abgeschiedenen Luxus meines stickigen Dachkämmerchens fühlte ich mich daher vergleichsweise einsam. Obwohl ich das Bettzeug abgenommen und die Matratze ausgeklopft hatte, um unwillkommene Mitinsassen abzuschrecken, fiel es mir schwer zu schlafen, so still und finster erschien mir das Zimmer, nachdem ich die Kerze ausgeblasen hatte.

Ich hörte ein paar schwache Echos aus dem Schankraum zwei Etagen tiefer, dann folgte ein Moment geräuschvoller Bewegung, doch das betonte meine Isolation nur noch mehr. Es war das erste Mal seit langem, dass ich so vollständig allein war, und ich war mir ganz und gar nicht sicher, ob mir das gefiel.

Beklommen lag ich da und war kurz vor dem Einschlafen, als meine Ohren ein ominöses Ächzen der Dielen draußen im Flur auffingen. Die Schritte waren langsam und zögernd, als ob der Eindringling für seinen nächsten Schritt jeweils das Brett wählte, das den stabilsten Eindruck machte. Ich fuhr kerzengerade hoch und tastete nach der Kerze und dem Feuerstein neben dem Bett.

Auf ihrer blinden Suche traf meine Hand den Feuerstein, der mit einem hörbaren Aufprall zu Boden fiel. Ich erstarrte, und die Schritte draußen verstummten.

Es kratzte leise an der Tür, als ob jemand nach dem Verschluss tastete. Ich wusste, dass die Tür nicht verriegelt war; sie war zwar mit Halterungen versehen, doch nach dem eigentlichen Riegel hatte ich erfolglos gesucht, ehe ich mich zurückzog. Ich packte den Kerzenhalter, riss den Kerzenstummel heraus und glitt aus dem Bett, so leise ich konnte, das schwere Keramikstück in der Hand.

Die Angeln der Tür ächzten leise, als diese nachgab. Die Läden des einzigen Fensters waren zwar zum Schutz vor den Elementen und dem Licht fest geschlossen, doch ich konnte die Tür trotzdem als schwachen Umriss ausmachen, als sie sich öffnete. Der Umriss wurde breiter, dann schrumpfte er zu meiner Überraschung wieder und verschwand. Die Tür schloss sich wieder, und alles war still.

Ich verharrte eine halbe Ewigkeit mit angehaltenem Atem an die Wand gedrückt und versuchte, trotz meines lautstarken Herzschlags etwas zu hören. Vorsichtig bewegte ich mich auf die Tür zu, immer an der Wand entlang, weil ich dachte, dass die Bodendielen dort trittfester sein mussten. Schritt für Schritt senkte ich vorsichtig den Fuß, belastete die Diele nach und nach, dann hielt ich inne und tastete mit den bloßen Zehen nach der Ritze zwischen zwei Dielen, ehe ich den nächsten Fuß absetzte, so fest ich es wagte.

An der Tür blieb ich stehen, das Ohr an das dünne Türblatt gedrückt, mit den Händen am Rahmen abgestützt, um vorbereitet zu sein, falls sich die Tür plötzlich nach innen öffnete. Ich glaubte, leise Geräusche zu hören, war mir aber nicht sicher. Waren es nur die Geräusche des Gastraums weiter unten, oder war es die gedämpfte Atmung eines Menschen auf der anderen Seite der Tür?

Inzwischen wurde mir übel vom ständigen Fluss des Adrenalins.

Schließlich hatte ich genug von diesem Unsinn, nahm den Kerzenhalter fest in die Hand, riss die Tür auf und stürzte hastig in den Flur.

Ich sage zwar »stürzte hastig«, aber tatsächlich gelangen mir nur zwei Schritte. Dann trat ich auf etwas Weiches, fiel der Länge nach in den Korridor, schrammte mir die Fingerknöchel auf und stieß mir den Kopf schmerzhaft an etwas Hartem.

Ich setzte mich hin und hielt mir mit beiden Händen die Stirn, ohne etwas darum zu geben, dass ich jede Sekunde attackiert werden konnte.

Die Person, auf die ich getreten war, fluchte atemlos vor sich hin. Durch den Nebel aus Schmerz wurde mir dumpf bewusst, dass er (seiner Körpergröße und seinem Schweißgeruch nach vermutete ich, dass mein Besucher ein Mann war) sich erhoben hatte und nach dem Verschluss der Fensterläden über uns in der Wand tastete.

Das plötzliche Hereinströmen frischer Luft ließ mich zusammenzucken, und ich schloss die Augen. Als ich sie wieder öffnete, spendete der Abendhimmel so viel Licht, dass ich den Eindringling sehen konnte.

»Was machst du denn hier?«, fragte ich anklagend.

Im selben Moment fragte Jamie in ähnlich vorwurfsvollem Ton. »Wie viel wiegst du, Sassenach?«

Ich war immer noch so konfus, dass ich tatsächlich antwortete: »Knapp sechzig Kilo«, ehe ich auf den Gedanken kam zu fragen: »Warum?«

»Du hast mir fast die Leber zerquetscht«, antwortete er und betastete vorsichtig die betroffene Körperstelle. »Ganz zu schweigen davon, dass du mich fast zu Tode erschreckt hast.« Er streckte die Hand aus und zog mich hoch. »Ist dir etwas passiert?«

»Ich habe mir den Kopf gestoßen.« Ich rieb mir meine Beule und sah mich benommen in dem kahlen Flur um. »Woran eigentlich?«, wollte ich wissen.

»An meinem Kopf«, sagte er und klang ziemlich ärgerlich.

»Das geschieht dir ganz recht«, sagte ich böse. »Was hast du dir nur dabei gedacht, hier vor meiner Tür herumzuschleichen?«

Er warf mir einen gereizten Blick zu.

»Ich bin nicht hier ›herumgeschlichen‹, zum Kuckuck. Ich habe geschlafen – zumindest habe ich es versucht.« Er rieb sich die Schläfe, auf der sich ebenfalls eine Beule zu bilden schien.

»Schlafen? Hier?« Ich blickte mit übertriebenem Erstaunen durch den kalten, kahlen, schmutzigen Flur. »Du suchst dir wahrhaftig die merkwürdigsten Stellen dazu aus; erst die Stallungen und jetzt das hier.«

»Vielleicht interessiert es dich ja, dass ein kleiner Trupp englischer Dragoner unten im Schankraum eingekehrt ist«, teilte er mir frostig mit. »Sie haben zu viel getrunken und vertreiben sich reichlich hemmungslos die Zeit mit zwei Frauen aus dem Ort. Es sind aber fünf Männer, deshalb schienen ein paar der Soldaten auf die Idee zu kommen, in den oberen Etagen nach … äh, Partnerinnen zu suchen. Ich dachte, du würdest vielleicht keinen großen Wert auf ihre Gesellschaft legen.« Er warf sich das Plaid wieder über die Schulter und wandte sich der Treppe zu. »Entschuldige, wenn mich dieser Eindruck getäuscht hat. Ich hatte nicht vor, dich zu stören. Gute Nacht.«

»Einen Moment.« Er blieb zwar stehen, wandte sich aber nicht um, so dass ich gezwungen war, um ihn herumzugehen. Er blickte höflich, aber distanziert auf mich hinunter.

»Danke«, sagte ich. »Das war sehr rücksichtsvoll von dir. Es tut mir leid, dass ich auf dich getreten bin.«

Da lächelte er, und sein Gesicht legte die abweisende Maske ab und nahm seinen üblichen gutmütigen Ausdruck wieder an.

»Es ist ja nichts passiert, Sassenach«, sagte er. »Sobald die Kopfschmerzen verschwunden sind und die angeknackste Rippe heilt, bin ich wieder so gut wie neu.«