Er wandte sich um und öffnete die Tür zu meinem Zimmer, die nach meinem hastigen Abgang zugefallen war – dank der Tatsache, dass beim Bau des Wirtshauses anscheinend keine Richtschnur benutzt worden war. Es gab hier nicht einen einzigen rechten Winkel.
»Dann geh am besten wieder ins Bett«, meinte er. »Ich bin hier.«
Ich blickte zu Boden. Abgesehen von ihrer Härte waren die Eichendielen mit Ausgespucktem, Übergeschwapptem und anderen Dingen verschmutzt, über die ich lieber gar nicht nachdachte. Die Bauleute hatten die Jahreszahl 1732 in den Türsturz gemeißelt, und das war eindeutig auch das letzte Mal gewesen, dass jemand den Fußboden gereinigt hatte.
»Du kannst doch nicht hier draußen schlafen«, sagte ich. »Komm herein; im Zimmer ist der Boden wenigstens nicht ganz so schlimm.«
Jamie erstarrte, die Hand am Türrahmen.
»Mit dir in deinem Zimmer schlafen?« Er klang aufrichtig schockiert. »Das kann ich nicht! Dein Ruf wäre ruiniert!«
Das meinte er ernst. Ich begann zu lachen, wandelte es aber taktvoll zu einem Hustenanfall ab. Aufgrund unserer Reisebedingungen, der überfüllten Wirtshäuser und der Tatsache, dass es meistens entweder nur primitive oder gar keine sanitären Einrichtungen gab, waren mir die Körper dieser Männer, Jamie eingeschlossen, so vertraut, dass ich die bloße Vorstellung solcher Prüderie urkomisch fand.
»Du hast doch schon öfter mit mir in einem Zimmer geschlafen«, sagte ich, als ich meine Fassung wiedererlangt hatte. »Du und zwanzig andere Männer.«
Er prustete. »Das ist doch nicht dasselbe! Ich meine, es war ein öffentlicher Raum, und …« Er hielt inne, als ihm ein schrecklicher Gedanke kam. »Du glaubst doch nicht, ich denke, dass du etwas Unschickliches andeuten wolltest?«, fragte er nervös. »Ich schwöre dir, ich …«
»Nein, nein. Ganz und gar nicht.« Ich beeilte mich, ihm zu versichern, dass ich mich nicht beleidigt fühlte.
Als ich merkte, dass er sich nicht umstimmen ließ, bestand ich darauf, dass er zumindest meine Bettdecken als Unterlage nahm. Er erklärte sich widerstrebend einverstanden, nachdem ich ihm wiederholt versichert hatte, dass ich sie ohnehin nicht benutzen würde, sondern wie immer unter meinem warmen Umhang schlafen würde.
Ich versuchte, ihm noch einmal zu danken, und blieb kurz vor seinem improvisierten Lager stehen, ehe ich mich in meine stickige Zuflucht zurückzog. Doch er winkte großzügig ab.
»Es ist ja nicht nur selbstlose Rücksichtnahme meinerseits«, stellte er fest. »Mir ist es auch lieber, wenn man mich nicht sieht.«
Ich hatte ganz vergessen, dass er seine eigenen Gründe hatte, sich vom englischen Militär fernzuhalten. Allerdings entging mir nicht, dass er dies sehr viel besser, um nicht zu sagen komfortabler hätte bewerkstelligen können, nämlich indem er in den warmen, luftigen Stallungen schlief statt vor meiner Tür auf dem Fußboden.
»Aber wenn doch jemand kommt«, wandte ich ein, »findet man dich.«
Er streckte seinen Arm nach dem Fensterladen aus und zog ihn zu. Damit wurde der Flur erneut in Finsternis getaucht, und Jamie war nur noch als formlose Masse erkennbar.
»Sie können ja mein Gesicht nicht sehen«, sagte er. »Und in ihrem Zustand würde ihnen mein Name nichts bedeuten, selbst wenn ich ihnen den richtigen nennen würde, was ich nicht vorhabe.«
»Das stimmt«, sagte ich, immer noch skeptisch. »Aber werden sie sich denn nicht fragen, was du hier oben im Dunkeln tust?« Ich konnte nichts von seinem Gesicht sehen, doch der Ton seiner Stimme sagte mir, dass er lächelte.
»Nicht doch, Sassenach. Sie werden einfach denken, ich warte, bis ich an der Reihe bin.«
Lachend zog ich mich ins Zimmer zurück. Ich rollte mich auf dem Bett zusammen, und noch während ich langsam einschlief, staunte ich über eine Denkweise, die solche groben Scherze machen konnte, während Jamie gleichzeitig vor dem Gedanken zurückschreckte, mit mir in einem Zimmer zu schlafen.
Als ich erwachte, war Jamie fort, und als ich wenig später zum Frühstück hinunterging, erwartete mich Dougal unten an der Treppe.
»Beeilt Euch mit dem Essen«, ordnete er an. »Ihr reitet mit mir nach Brockton.«
Er weigerte sich, mir mehr zu erzählen, doch er machte einen etwas beklommenen Eindruck. Ich aß schnell etwas, und bald darauf trabten wir durch den Morgennebel. Im Gebüsch waren Vögel unterwegs, und die Luft verhieß einen warmen Sommertag.
»Wen besuchen wir denn?«, fragte ich. »Ihr könnt es mir ruhig sagen. Ich kann immer noch die Überraschte spielen, wenn es darauf ankommt.« Dougal sah mich mit hochgezogener Augenbraue an und überlegte, schien meine Argumentation aber schlüssig zu finden.
»Zum Garnisonskommandeur von Fort William«, sagte er.
Ich erschrak. Für diese Begegnung war ich überhaupt noch nicht bereit. Ich hatte mir ausgerechnet, dass uns bis Fort William noch drei Tage Zeit blieben.
»Aber wir sind doch noch gar nicht in der Nähe von Fort William!«, rief ich aus.
»Mmpfm.«
Anscheinend war dieser Garnisonskommandeur kein Stubenhocker. Da es ihm nicht reichte, zu Hause zu sitzen und seine Garnison in Schuss zu halten, war er mit einem Trupp Dragoner unterwegs, um die Gegend zu erkunden. Die Soldaten, die gestern Abend in unserem Gasthaus gewesen waren, gehörten zu diesem Trupp. Sie hatten Dougal erzählt, dass sich ihr Kommandeur gegenwärtig im Gasthaus von Brockton aufhielt.
Dies stellte mich vor ein Problem, und ich verbrachte den Rest des Rittes damit, es schweigend zu durchleuchten. Ich hatte darauf gebaut, Dougal in Fort William irgendwie entwischen zu können, denn ich vermutete, dass sich das Fort keine Tagesreise von dem Hügel Craigh na Dun entfernt befand. Ich ging davon aus, dass ich eine solche Strecke auch allein, ohne Ausrüstung und Proviant zurücklegen konnte und dass ich den Steinkreis wiederfinden würde. Was dann geschah … Nun, der einzige Weg, das herauszufinden, war, dorthin zu gelangen.
Doch dieser Verlauf der Dinge warf mir einen unerwarteten Stein in den Weg. Wenn ich mich hier von Dougal trennte, was ja gut möglich war, war ich noch vier Tagesritte von dem Hügel entfernt, nicht einen. Und ich besaß nicht genug Vertrauen in meinen Orientierungssinn, geschweige denn in meine Ausdauer, um mich allein zu Fuß durch die wilden Hügel und Moore zu wagen. Die rustikale Reise der vergangenen Wochen hatte mich Argwohn und Respekt vor den zerklüfteten Felsen und den reißenden Bächen der Highlands gelehrt, von gelegentlichen Wildtieren ganz zu schweigen. Mir war zum Beispiel nicht besonders danach, in einem verlassenen Tal auf einen wilden Eber zu stoßen.
Wir erreichten Brockton am späten Vormittag. Der Nebel war verdunstet, und die Sonne schien warm genug, um mich optimistisch zu stimmen. Vielleicht ließ sich der Kommandeur ja am Ende ganz einfach dazu bewegen, mir eine kleine Eskorte für den Weg zu dem Hügel zur Verfügung zu stellen.
Mir war sofort klar, warum der Kommandeur sein momentanes Hauptquartier in Brockton eingerichtet hatte. Der Ort war so groß, dass es zwei Wirtshäuser gab, von denen eines ein imposantes zweistöckiges Gebäude mit anhängendem Stall war. Dort hielten wir an und übergaben die Pferde an einen Stallknecht, der sich derart in Zeitlupe bewegte, dass er fast wie versteinert wirkte. Er war gerade einmal an der Stalltür angekommen, als wir den Wirtsraum längst betreten hatten und Dougal etwas zu trinken bestellte.
Ich blieb zurück und betrachtete einen Teller mit nicht mehr ganz frisch aussehenden Haferkeksen, während Dougal die Treppe zum Allerheiligsten des Kommandeurs hinaufstieg. Es war ein merkwürdiges Gefühl, ihn davongehen zu sehen. Im Schankraum hielten sich drei oder vier englische Soldaten auf, die mir spekulative Blicke zuwarfen und sich leise unterhielten. Nach einem Monat unter den Schotten des MacKenzie-Clans machte mich die Gegenwart englischer Dragoner unerklärlich nervös. Ich redete mir ein, dass das albern war. Sie waren schließlich meine Landsleute, auch wenn es die falsche Zeit war.
Aber ich musste zugeben, dass mir Mr. Gowans angenehme Gesellschaft und die freundliche Vertrautheit des jungen Mannes namens Jamie fehlten. Gerade dachte ich, wie sehr ich es bedauerte, dass ich keine Gelegenheit gehabt hatte, mich vor unserem Aufbruch heute Morgen von irgendjemandem zu verabschieden, als ich Dougal auf der Treppe hinter mir rufen hörte. Er stand oben und winkte mich zu sich.