Выбрать главу

»Korporal Hawkins«, sagte er, ohne den Blick von mir abzuwenden. »Ich brauche kurz Eure Hilfe.«

Der junge Mann an der Wand setzte zwar ein unglückliches Gesicht auf, trat aber zu uns.

»Stellt Euch hinter die Dame, bitte, Korporal«, sagte Randall mit gelangweilter Stimme. »Und haltet sie an den Ellbogen fest.«

Er holte mit dem Arm aus und versetzte mir einen Hieb in die Magengrube.

Ich stieß kein Geräusch aus, weil ich keine Luft bekam. Vornübergebeugt setzte ich mich auf den Boden und versuchte, Luft in meine Lungen zu befördern. Mein Erschrecken reichte weit über den eigentlichen Schmerz des Hiebs hinaus, den ich jetzt zusammen mit einer Welle der Übelkeit zu spüren begann. In meinem ganzen ereignisreichen Leben hatte mich noch nie jemand mit Absicht geschlagen.

Der Hauptmann hockte sich vor mich hin. Seine Perücke saß ein wenig schief, doch abgesehen davon und einem gewissen Leuchten in seinen Augen hatte sich nichts an seiner normalen, kontrollierten Eleganz verändert.

»Ich gehe davon aus, dass Ihr nicht schwanger seid, Madam«, sagte er im Plauderton, »denn wenn es so ist, wird es sicher nicht mehr lange so bleiben.«

Ich begann jetzt, ein keuchendes Pfeifen auszustoßen, als sich der erste Sauerstoff schmerzhaft den Weg in meine Luftröhre bahnte. Ich ging in den Vierfüßlerstand und tastete zitternd nach der Tischkante. Der Korporal warf einen nervösen Blick auf den Hauptmann und streckte die Hand aus, um mir aufzuhelfen.

Wellen aus Schwärze schienen durch das Zimmer zu spülen. Ich ließ mich auf den Hocker sinken und schloss die Augen.

»Seht mich an.« Die Stimme war so gelassen und ruhig, als wollte er mir eine Tasse Tee anbieten. Ich öffnete die Augen und sah ihn wie durch einen Nebelhauch an. Er hatte die Hände auf die exquisit bekleideten Hüften gestützt.

»Habt Ihr mir jetzt etwas zu sagen, Madam?«, wollte er wissen.

»Eure Perücke sitzt schief«, sagte ich und schloss die Augen wieder.

Kapitel 13

Eine Hochzeit wird angekündigt

Ich saß an einem Tisch unten im Gastraum, starrte in einen Becher Milch und kämpfte noch immer gegen die Wellen meiner Übelkeit an.

Dougal hatte einen einzigen Blick auf mein Gesicht geworfen, als ich auf den jungen Korporal gestützt die Treppe herunterkam, und war energischen Schrittes an mir vorbei zu Randalls Zimmer hinaufgestiegen. Die Böden und Türen des Wirtshauses waren stabil gebaut, doch ich konnte oben trotzdem laute Stimmen hören.

Ich hob den Becher, doch meine Hände zitterten zu sehr zum Trinken.

Allmählich erholte ich mich zwar von den körperlichen Nachwirkungen des Fausthiebs, nicht jedoch von meinem Schreck.

Ich wusste, dass der Mann nicht Frank war, doch die Ähnlichkeit war so groß und die Macht der Gewohnheit so stark, dass ich halb bereit gewesen war, ihm zu trauen, und mit ihm gesprochen hatte, wie ich es mit Frank getan hätte, weil ich von einer höflichen, wenn nicht sogar mitfühlenden Reaktion ausging. Es machte mich krank, mich durch seinen brutalen Angriff so abrupt getäuscht zu sehen.

Krank und verängstigt. Ich hatte seine Augen gesehen, als er vor mir auf dem Boden hockte. In ihren Tiefen hatte sich etwas geregt, nur ganz kurz. Es war sofort vorbei, doch ich wollte es nie wieder sehen.

Das Geräusch einer Tür, die sich oben öffnete, riss mich aus meinen Gedanken. Schritte donnerten über die Treppe, und Dougal näherte sich hastig, dicht gefolgt von Hauptmann Randall – so dicht, dass der Hauptmann, der den Schotten zu verfolgen schien, am Fuß der Treppe zum Halten gezwungen wurde, als Dougal bei meinem Anblick plötzlich stehen blieb.

Dougal sah sich noch einmal finster nach Hauptmann Randall um, hielt dann auf mich zu, warf eine kleine Münze als Bezahlung auf den Tisch und zerrte mich wortlos hoch. Er schob mich mit solcher Geschwindigkeit zur Tür hinaus, dass ich den außergewöhnlichen Blick der Spekulation im Gesicht des rotberockten Offiziers kaum registrierte.

Wir brachen derart überstürzt auf, dass ich mir im Sattel nicht einmal die voluminösen Röcke feststecken konnte, deren Stoff sich rings um mich blähte wie ein Fallschirm bei der Landung. Dougal sagte zwar nichts, doch die Pferde schienen zu spüren, unter welchem Druck er stand, und als wir auf die Straße einbogen, galoppierten sie schon fast von selbst.

An einer Kreuzung, die mit einem Piktenkreuz gekennzeichnet war, hielt Dougal abrupt an. Er stieg ab, ergriff beide Pferde und band sie lose an einen Baumschössling. Dann half er mir aus dem Sattel, winkte mir, ihm zu folgen, und verschwand im Gebüsch.

Ich folgte seinem schwingenden Kilt bergauf. Geduckt wich ich den Zweigen aus, die hinter ihm zurückschnappten. Der Hügel war mit Eichen und kleinen Kiefern bewachsen. Links von mir konnte ich Meisen im Unterholz hören und weiter vorn ein paar Eichelhäher, die auf der Futtersuche miteinander plauderten. Das Gras hatte die frische grüne Farbe des Frühsommers, Pflanzenbüschel wuchsen aus den Felsen und bedeckten den Boden unter den Eichen. Unter den Kiefern wuchs natürlich nichts; dort lagen die Nadeln mehrere Zentimeter hoch und boten kleinen Krabbeltieren Schutz, die sich dort vor der Sonne und vor Verfolgern versteckten.

Alles duftete so intensiv, dass ich Halsschmerzen bekam. Ich war schon öfter auf solchen Hügeln gewesen und hatte genau diese Frühlingsdüfte gerochen. Doch damals war der Geruch nach Gras und Kiefern mit den Benzinabgasen von der Straße weiter unten versetzt gewesen, und statt der Eichelhäher hatte ich die Stimmen von Ausflüglern gehört. Das letzte Mal, als ich über einen solchen Weg gewandert war, war der Boden mit Butterbrotpapier und Zigarettenstummeln übersät gewesen statt mit Primeln und Veilchen. Butterbrotpapier schien mir ein akzeptabler Preis für die Segnungen der Zivilisation – wie Antibiotika und Telefone – zu sein, doch im Moment war ich auch mit den Veilchen zufrieden. Ich hatte dringend etwas Frieden nötig, und hier spürte ich ihn.

Knapp unterhalb des Hügelkamms bog Dougal unversehens ab und verschwand in einem dichten Ginstergebüsch. Nachdem ich mich mühsam hinter ihm hergezwängt hatte, sah ich ihn auf dem flachen Steinrand eines kleinen Wasserbeckens sitzen. Hinter ihm stand ein verwitterter, etwas zur Seite gesackter Steinblock, in dessen fleckige Oberfläche eine vage als menschlich erkennbare Gestalt gemeißelt war. Es musste eine Heiligenquelle sein. Diese kleinen, unterschiedlichen Heiligen gewidmeten Schreine waren überall in den Highlands verstreut und fanden sich oft an solch abgelegenen Stellen. Doch selbst hier oben hingen kleine Fetzen aus Stoff an den Ästen einer Eberesche, die sich über das Wasser breitete, und erinnerten an die Besucher, die den Heiligen um Gesundheit oder eine sichere Reise baten.

Dougal begrüßte mein Auftauchen mit einem Kopfnicken. Er bekreuzigte sich, senkte den Kopf und schöpfte mit beiden Händen Wasser. Das Wasser hatte eine merkwürdige dunkle Farbe und einen deutlich wahrnehmbaren Geruch – vermutlich eine schwefelhaltige Quelle, dachte ich. Doch der Tag war heiß, und ich hatte Durst, also folgte ich Dougals Beispiel. Das Wasser war schwach bitter, aber kalt und nicht ungenießbar. Ich trank etwas davon. Dann benetzte ich mein Gesicht. Die Straße war staubig gewesen.

Mit triefendem Gesicht blickte ich auf und stellte fest, dass er mich mit einer merkwürdigen Miene beobachtete, die irgendwo zwischen Neugier und Berechnung lag.

»Eine ganz schöne Klettertour für einen Schluck Wasser, nicht wahr?«, fragte ich arglos. Wir hatten schließlich Wasserflaschen an den Sätteln. Und ich bezweifelte, dass Dougal den Schutzheiligen der Quelle um einen sicheren Rückweg zu unserem Gasthaus bitten wollte. Ich hatte den klaren Eindruck, dass er sich eher auf weltliche Methoden verließ.

»Wie gut kennst du den Hauptmann?«, fragte er abrupt.

»Nicht so gut wie dich«, gab ich zurück, kaum verblüfft über die vertrauliche Anrede. »Ich war ihm bis heute erst einmal begegnet, und zwar durch Zufall. Wir haben uns nicht besonders gut verstanden.«