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Überraschenderweise erhellte sich sein strenges Gesicht ein wenig.

»Nun«, räumte er ein, »ich kann auch nicht sagen, dass mir der Mann besonders sympathisch ist.« Er trommelte mit den Fingern auf die Einfassung des Beckens und überlegte. »Aber es gibt Menschen, die viel von ihm halten«, sagte er und betrachtete mich. »Ein tapferer Soldat und ein erfahrener Kämpfer, nach allem, was ich höre.«

Ich zog die Augenbrauen hoch. »Da ich kein englischer General bin, beeindruckt mich das nicht.« Er lachte und zeigte dabei seine überraschend weißen Zähne. Das Geräusch schreckte drei Raben auf dem Baum über uns auf, die unter heiserem Murren davonflatterten.

»Bist du eine Spionin der Engländer oder der Franzosen?«, fragte er und verwirrte mich mit einem erneuten Themenwechsel. Immerhin war er zur Abwechslung direkt.

»Gewiss nicht«, sagte ich gereizt. »Ich bin einfach nur Claire Beauchamp, sonst nichts.« Ich tauchte mein Taschentuch ins Wasser und wischte mir damit über den Hals. Kleine erfrischende Rinnsale liefen mir unter dem grauen Sergestoff meiner Reisekleidung über den Rücken. Ich drückte mir das Tuch in den Ausschnitt, was eine ähnliche Wirkung hatte.

Dougal schwieg minutenlang und beobachtete mich konzentriert bei meiner improvisierten Waschung.

»Du hast Jamies Rücken gesehen«, sagte er plötzlich.

»Das konnte ich wohl kaum vermeiden«, erwiderte ich spröde. Ich hatte es aufgegeben, mich zu fragen, worauf er mit diesen zusammenhanglosen Fragen hinauswollte. Vermutlich würde er es mir sagen, wenn er so weit war.

»Du meinst wohl eher, ob ich wusste, dass Randall es getan hat? Oder wusstest du das überhaupt?«

»Aye, ich wusste es sehr wohl«, antwortete er und betrachtete mich in aller Ruhe, »aber mir war nicht klar, dass du es wusstest.«

Ich zuckte mit den Schultern, um anzudeuten, dass es ihn wohl kaum etwas anging, was ich wusste und was nicht.

»Ich war dabei«, sagte er beiläufig.

»Wo?«

»In Fort William. Ich hatte damals geschäftlich mit der Garnison zu tun. Der Mann in der Schreibstube wusste, dass Jamie mit mir verwandt war, und hat mich benachrichtigt, als sie ihn ergriffen haben. Also bin ich hin, um zu sehen, ob ich etwas für ihn tun konnte.«

»Offenbar warst du nicht sehr erfolgreich«, sagte ich gereizt.

Dougal zuckte mit den Schultern. »Leider nicht. Wäre es der befehlshabende Sergeant-Major gewesen, den ich kannte, hätte ich Jamie vielleicht wenigstens das zweite Mal ersparen können, aber Randall hatte den Posten gerade erst übernommen. Er kannte mich nicht und war nicht gewillt, mir ernsthaft zuzuhören. Damals dachte ich, er hätte einfach nur vor, an Jamie ein Exempel zu statuieren und allen von Anfang an zu zeigen, dass von ihm nur Härte zu erwarten war.« Er tippte sich an das Schwert in seinem Gürtel. »Eigentlich ja ein kluges Prinzip, wenn man Männer befehligt. Sichere dir als Erstes ihren Respekt. Und wenn du das nicht kannst, sichere dir ihre Angst.«

Ich erinnerte mich an den Gesichtsausdruck von Randalls Korporal und glaubte zu wissen, welchen Weg der Hauptmann eingeschlagen hatte.

Dougals tief liegende Augen ruhten neugierig auf meinem Gesicht.

»Du wusstest also, dass es Randall war. Hat dir Jamie davon erzählt?«

»Ein bisschen«, antwortete ich vorsichtig.

»Er muss viel von dir halten«, sagte er nachdenklich. »Normalerweise spricht er nicht davon.«

»Ich kann mir absolut nicht vorstellen, warum«, entgegnete ich, denn jetzt fühlte ich mich provoziert. Ich hielt immer noch jedes Mal den Atem an, wenn wir in ein neues Gasthaus kamen, bis feststand, dass sich der Trupp nur niederließ, um den Abend trinkend und tratschend am Feuer zu verbringen. Dougal lächelte sardonisch. Er wusste eindeutig, woran ich dachte.

»Nun, mir brauchte er es ja nicht zu erzählen, oder? Da ich es schließlich schon wusste.« Er fuhr geistesabwesend mit der Hand durch das seltsame, dunkle Wasser, so dass ringsum Schwefelgeruch aufstieg.

»Ich weiß ja nicht, wie es in Oxfordshire zugeht«, sagte er und betonte das Wort so sarkastisch, dass ich mich innerlich winden musste, »aber bei uns erspart man einer Dame normalerweise den Anblick einer Auspeitschung. Hast du es schon einmal gesehen?«

»Nein, und ich brenne auch nicht besonders darauf«, erwiderte ich scharf. »Aber ich kann mir vorstellen, was dazugehört, damit Narben wie die auf Jamies Rücken bleiben.«

Dougal schüttelte den Kopf und spritzte mit Wasser nach einem vorwitzigen Eichelhäher, der sich in unsere Nähe gewagt hatte.

»Da hast du unrecht, Kleine, wenn ich das sagen darf. Die Vorstellungskraft ist eine schöne Sache, aber sie ist nicht dasselbe wie der Anblick eines Mannes, dem der Rücken abgehäutet wird. Es ist furchtbar – diese Art der Strafe ist dazu gedacht, einen Mann zu brechen, und meistens gelingt das auch.«

»Nicht bei Jamie.« Meine Worte klangen schärfer als beabsichtigt. Jamie war mein Patient und bis zu einem gewissen Grad auch mein Freund. Ich hatte zwar nicht den Wunsch, mich mit Dougal über seine persönliche Vergangenheit zu unterhalten, konnte aber eine gewisse morbide Neugier nicht leugnen. Noch nie war ich einem Menschen begegnet, der so offen und gleichzeitig so rätselhaft war wie der hochgewachsene junge Mr. MacTavish.

Dougal lachte kurz auf und wischte sich mit der nassen Hand durch das Haar, um sich die Strähnen aus der Stirn zu streichen, die sich während unserer Flucht – denn das war es für mich gewesen – gelöst hatten.

»Nun, Jamie ist genauso stur wie der Rest seiner Familie – wie die Steinbrocken, alle, wie sie da sind, und er ist der Schlimmste.« Doch seine Stimme hatte eindeutig, wenn auch widerwillig, einen respektvollen Unterton.

»Jamie hat dir gesagt, dass er ausgepeitscht wurde, weil er geflohen ist?«

»Ja.«

»Aye, er ist über die Mauer, als es dunkel wurde, am selben Tag, an dem ihn die Dragoner eingesperrt haben. Das kam dort häufig vor, weil die Quartiere der Gefangenen nicht so gesichert sind, wie es wünschenswert wäre. Also sind die Engländer jede Nacht an der Mauer auf Patrouille gegangen. Der Garnisonsschreiber hat mir erzählt, dass sich Jamie heftig gewehrt hat, so, wie er bei seiner Rückkehr aussah, aber sie waren sechs gegen einen, und alle sechs hatten Musketen, deshalb hat es nicht lange gedauert. Jamie hat die Nacht in Ketten verbracht und ist gleich am Morgen zum Auspeitschen an den Pfosten geschleppt worden.« Er hielt inne, vermutlich um zu prüfen, ob ich drohte in Ohnmacht zu fallen oder mich zu übergeben.

»Auspeitschungen wurden gleich nach dem Appell vorgenommen, um die Männer auf ihr Tagewerk einzustimmen. An diesem Tag sollten drei Männer ausgepeitscht werden, und Jamie war der letzte.«

»Du hast es tatsächlich gesehen?«

»Oh, aye. Und ich sage dir, Kleine, es ist kein Vergnügen, mit anzusehen, wie jemand ausgepeitscht wird. Zwar habe ich das Glück, dass ich es nie am eigenen Leib erfahren musste, aber ich vermute, ausgepeitscht zu werden, ist auch kein Vergnügen. Jemand anderem zuzusehen, während man selbst darauf wartet, an die Reihe zu kommen, ist jedoch vermutlich am wenigsten vergnüglich.«

»Das bezweifle ich nicht«, murmelte ich.

Dougal nickte. »Jamies Gesicht war zwar grimmig, aber er hat keine Miene verzogen, auch nicht, als er die Schreie und … all das andere gehört hat. Wusstest du, dass man es hören kann, wie die Haut zerreißt?«

»Uh!«

»Das dachte ich damals auch«, sagte er und verzog das Gesicht bei der Erinnerung. »Ganz zu schweigen von dem Blut und den Verletzungen. Pfui!« Er spuckte aus, achtete aber sorgsam darauf, die Quelle und ihren Rand nicht zu treffen. »Bei dem Anblick hat sich mir der Magen umgedreht, und ich bin wirklich nicht empfindlich.«

Dougal fuhr mit seiner grausigen Geschichte fort.

»Als Jamie an der Reihe ist, geht er zum Pfosten – manche Männer muss man dorthin schleifen, aber nicht ihn – und streckt die Hände aus, damit der Korporal ihm die Handeisen aufschließen kann. Der Korporal will ihn am Arm weiterziehen, aber Jamie schüttelt ihn ab und tritt einen Schritt zurück. Ich habe halb erwartet, dass er Fersengeld geben würde, aber stattdessen zieht er sich nur das Hemd aus. Es hat ein paar Risse und ist dreckig wie ein Putzlappen, aber er faltet es sorgfältig zusammen, als wäre es sein Sonntagsstaat, und legt es auf den Boden. Dann geht er aufrecht wie ein Soldat zum Pfosten und hält die Hände hoch, damit man sie festbinden kann.«