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»Das ist es«, murmelte ich.

Ich beobachtete im Spiegel, wie er sein Hemd auszog und nach einem Kleiderbügel griff. Plötzlich hielt er inne.

»Hattest du viele Schotten in deiner Obhut, Claire?«, fragte er abrupt. »Im Lazarett oder in Pembroke?«

»Natürlich«, erwiderte ich leicht verwundert. »Wir hatten viele Seaforths und Camerons und nach Caen auch jede Menge aus den Gordon-Regimentern. Die meisten waren recht nett. Im Allgemeinen ziemlich stoisch, aber ausgewachsene Feiglinge, wenn man mit einer Nadel ankam.« Ich lächelte, weil ich an einen Mann ganz besonders denken musste.

»Wir hatten einen – schon ein älterer Kerl, ein Dudelsackspieler aus dem Dritten Seaforth-Regiment – , der es nicht ertragen konnte, gepikst zu werden, vor allem nicht in den Po. Er hat lieber stundenlang fürchterlich gelitten, statt jemanden mit einer Nadel an sich heranzulassen. Und selbst dann hat er noch versucht, uns zu überreden, ihm die Injektion in den Arm zu geben, obwohl sie intramuskulär sein musste.« Ich lachte bei dem Gedanken an Korporal Chrisholm. »Er hat zu mir gesagt: ›Wenn ich mit nacktem Hintern auf dem Bauch liegen soll, dann will ich das Mädchen doch unter mir haben, nicht hinter mir mit einer Hutnadel!‹«

Frank lächelte zwar, doch er sah reichlich beklommen aus, wie oft bei meinen weniger delikaten Kriegserzählungen. »Keine Sorge«, versicherte ich ihm, als ich seinen Blick auffing. »Das erzähle ich nicht im Aufenthaltsraum der Fakultät.«

Sein Lächeln wurde breiter, und er trat hinter mich an den Sitz der Ankleide. Er drückte mir einen Kuss auf den Scheitel.

»Mach dir keine Gedanken«, versicherte er. »Sie werden dort begeistert von dir sein, egal, was für Geschichten du ihnen erzählst. Mmmm. Dein Haar duftet herrlich.«

»Ja, gefällt es dir?« Als Antwort glitten mir seine Hände über die Schultern und umfassten meine Brüste in dem dünnen Nachthemd. Ich konnte seinen Kopf über dem meinen im Spiegel sehen, und sein Kinn ruhte auf meinem Scheitel.

»Mir gefällt alles an dir«, sagte er heiser. »Du bist wunderschön im Kerzenlicht. Deine Augen sind wie Sherry in Kristall, und deine Haut schimmert wie Elfenbein. Eine Kerzenscheinhexe bist du. Vielleicht sollte ich elektrische Lampen für immer abschaffen.«

»Dann wäre es aber schwer, im Bett zu lesen«, wandte ich ein, und mein Herzschlag beschleunigte sich.

»Mir fallen weitaus bessere Beschäftigungen fürs Bett ein«, murmelte er.

»Ach ja?«, fragte ich wissbegierig. Ich erhob mich, drehte mich um und legte ihm die Arme um den Hals. »Zum Beispiel?«

Als wir einige Zeit später hinter geschlossenen Läden dicht aneinandergekuschelt dalagen, hob ich den Kopf und sagte: »Warum hast du mich das vorhin gefragt? Ob ich mit Schotten zu tun hatte, meine ich. Du musst doch wissen, dass es so war; es landen schließlich alle möglichen Männer in den Lazaretten.«

Er bewegte sich und fuhr mir sanft mit der Hand über den Rücken.

»Mmm. Oh, eigentlich nichts. Nur, als ich den Kerl da draußen gesehen habe, dachte ich, es wäre womöglich jemand, den du gepflegt hattest … hat vielleicht gehört, dass du hier wohnst, und wollte dich sehen … etwas in der Art.«

»Wenn das so war«, wandte ich pragmatisch ein, »warum ist er dann nicht hereingekommen und hat nach mir gefragt?«

»Na ja.« Franks Ton war betont beiläufig. »Es kann ja sein, dass er mir nicht über den Weg laufen wollte.«

Ich stützte mich auf meinen Ellbogen und starrte ihn an. Wir hatten eine Kerze brennen lassen, und ich konnte ihn gut sehen. Er hatte den Kopf abgewandt, und sein Blick war ach so harmlos auf die Farblithografie von Bonnie Prince Charlie gerichtet, mit der Mrs. Baird unsere Wand dekoriert hatte.

Ich fasste ihn beim Kinn und drehte seinen Kopf zu mir um. Seine Augen weiteten sich in gespielter Überraschung.

»Willst du damit andeuten«, wollte ich wissen, »dass der Mann, den du draußen gesehen hast, eine, eine Art …« Ich zögerte und suchte nach dem richtigen Wort.

»Verhältnis?«, schlug er hilfsbereit vor.

»… romantische Verbindung meinerseits war?«, beendete ich den Satz.

»Nein, nein, natürlich nicht«, sagte er eine Spur zu hastig. Er nahm meine Hände aus seinem Gesicht und versuchte, mich zu küssen, doch jetzt war es an mir, den Kopf abzuwenden. Stattdessen drückte er mich aber auf das Bett, so dass ich wieder neben ihm lag.

»Es ist nur …«, begann er. »Nun ja, weißt du, Claire, es waren sechs Jahre, die wir getrennt waren. Und wir haben uns lediglich dreimal kurz gesehen, beim letzten Mal nur diesen einen Tag. Es wäre doch nicht ungewöhnlich, wenn … Ich meine, jeder weiß doch, unter was für einem Druck Ärzte und Schwestern im Einsatz stehen, und … na ja, ich … Es ist nur, dass … Also, ich würde es verstehen, wenn irgendetwas Spontanes …«

Ich unterbrach seinen stotternden Wortschwall, indem ich mich losriss und wie eine explodierende Rakete aus dem Bett schoss.

»Glaubst du etwa, ich bin dir untreu gewesen?«, fragte ich und sah ihn herausfordernd an. »Ja? Denn wenn das so ist, kannst du dieses Zimmer auf der Stelle verlassen. Am besten auch gleich das Haus! Wie kannst du es wagen, so etwas überhaupt nur anzudeuten?« Ich kochte vor Wut, und Frank setzte sich auf und streckte die Hand aus, um mich zu beruhigen.

»Fass mich nicht an!«, fuhr ich ihn an. »Sag mir einfach – glaubst du wirklich, basierend auf der Tatsache, dass ein Fremder zufällig zu meinem Fenster hochgeschaut hat, dass ich eine flammende Affäre mit einem meiner Patienten hatte?«

Frank stieg aus dem Bett, kam zu mir und schlang die Arme um mich. Ich blieb stocksteif stehen wie Lots Gemahlin, doch er ließ sich nicht entmutigen und liebkoste mein Haar und massierte mir die Schultern so, wie er wusste, dass ich es gern hatte.

»Nein, ich glaube nichts dergleichen«, antwortete er entschlossen. Er zog mich dichter an sich, und ich entspannte mich ein wenig, wenn ich auch nicht so weit ging, die Arme um ihn zu legen.

Nach einer langen Weile flüsterte er mir ins Haar: »Nein, ich weiß, dass du so etwas nie tun würdest. Ich wollte nur sagen, selbst wenn … Claire, es würde nichts ändern. Ich liebe dich so. Nichts, was du je tust, könnte meiner Liebe ein Ende setzen.« Er nahm mein Gesicht in seine Hände – er war nur zehn Zentimeter größer als ich und konnte mir problemlos direkt in die Augen sehen – und sagte leise: »Verzeihst du mir?« Sein Atem mit dem leichten Hauch von Glenfiddich wehte warm über mein Gesicht, und seine vollen, einladenden Lippen waren verstörend nah.

Draußen verkündete ein weiterer Blitz das plötzliche Hereinbrechen des Gewitters, und strömender Regen trommelte auf die Dachschindeln.

Ich legte ihm langsam die Arme um die Taille.

»›Die Art der Gnade weiß von keinem Zwang‹«, zitierte ich. »›Sie fällt vom Himmel wie der sanfte Tau …‹«

Frank lachte und hob dann den Blick; die ineinanderlaufenden Flecken an der Decke verhießen nichts Gutes für eine Nacht im Trockenen.

»Wenn das ein Beispiel für deine Gnade ist«, sagte er, »möchte ich es nicht erleben, wenn du Rache übst.« Wie als Antwort auf seine Feststellung brach der Donner wie eine Mörserattacke los, und wir lachten beide, und der Bann war gebrochen.

Erst als ich später seiner regelmäßigen tiefen Atmung neben mir lauschte, kamen mir die Fragen. Wie ich gesagt hatte, gab es nicht den geringsten Hinweis darauf, dass ich ihm untreu gewesen war. So weit zu mir. Aber wie er gesagt hatte, waren sechs Jahre wahrhaftig eine lange Zeit …

Kapitel 2

Druidensteine

Mr. Crook holte mich wie besprochen am nächsten Morgen pünktlich um sieben ab.

»Damit wir den Tau auf den Butterblumen noch erwischen, nicht wahr?«, sagte er, und die Ritterlichkeit zwinkerte ihm aus den betagten Augen. Er hatte ein Motorrad dabei, das circa aus demselben Jahrgang stammte wie er selbst und das uns aufs Land transportieren sollte. Wir schnallten die Pflanzenpressen an den Seiten der enormen Maschine fest wie Fender an einem Schleppdampfer. Es war eine gemütliche Tour durch die stille Landschaft, die im Kontrast noch stiller erschien, als das donnernde Dröhnen von Mr. Crooks Motorrad plötzlich abgedrosselt wurde. Wie sich herausstellte, kannte sich der alte Mann in der Tat mit den Pflanzen der Gegend aus. Er wusste nicht nur, wo sie zu finden waren, sondern auch, welchen medizinischen Nutzen sie hatten und wie man sie zubereitete. Ich wünschte, ich hätte ein Notizbuch mitgebracht, um mir alles aufzuschreiben, doch ich lauschte der brüchigen alten Stimme gebannt und gab mir Mühe, mir das Gehörte einzuprägen, während ich unsere Fundstücke in den schweren Pflanzenpressen verstaute.