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Ich träumte gerade angenehm von Graswiesen und Wildblumen, als mir bewusst wurde, dass das, was ich für einen verspielten Luftzug hielt, der an meinen Ärmeln zupfte, in Wirklichkeit ein recht unsanftes Händepaar war. Mit einem Ruck fuhr ich zum Sitzen hoch und schlug blindlings um mich.

Als es mir gelang, die Augen zu öffnen, sah ich, dass mein Zimmerchen jetzt einer U-Bahn-Station ähnelte und mit Gesichtern vollgestopft war: Ned Gowan, Murtagh, der Wirt, seine Frau und ein schlaksiger junger Mann, der sich als der Sohn der Wirtsleute entpuppte und die Arme voller Blumen hatte, was die Düfte in meinem Traum erklärte. Außerdem gab es noch eine junge Frau, die mit einem runden Weidenkorb bewaffnet war und mich liebenswürdig anlächelte, wobei ich bemerkte, dass ihr mehrere ziemlich wichtige Zähne fehlten.

Diese Person war, wie sich herausstellte, die Schneiderin des Dorfes, die rekrutiert worden war, um meiner Garderobe nachzuhelfen, indem sie mir ein Kleid anpasste, das man kurzfristig von einer Bekannten des Gastwirts erworben hatte. Ned trug das fragliche Kleid über dem Arm wie ein totes Tier. Auf dem Bett ausgebreitet, entpuppte es sich als tief ausgeschnittenes Gewand aus schwerem, cremefarbenem Satin mit einem separaten Mieder und Dutzenden winziger, stoffbezogener Knöpfe, von denen jeder einzelne mit einer goldenen Lilie bestickt war. Der Halsausschnitt und die Trompetenärmel waren reichlich mit Spitze besetzt, genau wie der bestickte Überrock aus schokoladenbraunem Samt. Der Wirt wurde von den Unterröcken, die er auf dem Arm trug, fast begraben; sein Schnurrbart ragte gerade noch aus den schaumigen Wogen hervor.

Ich warf einen Blick auf den Portweinfleck auf meinem grauen Sergerock, und nach kurzem inneren Kampf siegte die Eitelkeit. Wenn ich schon heiratete, wollte ich dabei wenigstens nicht aussehen wie eine Dorfschlampe.

Also stand ich da wie eine Schneiderpuppe, während alle anderen hektisch umherrannten, Dinge herbeiholten, mich kritisch begutachteten und sich gegenseitig im Weg waren, bis ich schließlich komplett war bis hin zu den weißen Blumen in meinem Haar. Unterdessen hämmerte mein Herz unter dem spitzenbesetzten Mieder wie verrückt vor sich hin. Das Kleid passte nicht ganz perfekt, und es roch kräftig nach seiner Vorbesitzerin, doch der schwere Satin schwang mir über den zahlreichen Unterröcken sehr elegant um die Füße. Ich kam mir vor wie eine Königin, eigentlich kein schlechtes Gefühl.

»Ihr könnt mich nicht zwingen, das zu tun«, zischte ich Murtaghs Rücken drohend zu, als ich ihm die Treppe hinunterfolgte, doch wir wussten beide, dass meine Tapferkeit nur gespielt war. Falls ich je die Charakterstärke besessen hatte, Dougal zu trotzen und mein Glück bei den Engländern zu versuchen, so war sie mit dem Whisky davongeflossen.

Dougal, Ned und die anderen warteten im großen Schankraum am Fuß der Treppe und tranken und plauderten mit einigen Dorfbewohnern, die anscheinend nichts Besseres mit ihrem Nachmittag anzufangen wussten, als sich volllaufen zu lassen.

Dougals Blick fiel auf mich, als ich langsam die Treppe hinunterkam, und er verstummte abrupt. Auch die anderen hörten auf zu reden, und ich schwebte in einer angenehmen Wolke der Bewunderung gen Erdgeschoss. Dougals Augen wanderten aufmerksam von Kopf bis Fuß über mich hinweg und kehrten dann mit einem ganz und gar aufrichtigen Beifallsnicken zu meinem Gesicht zurück.

Wenn ich es recht bedachte, war es einige Zeit her, dass mich ein Mann so angesehen hatte, und ich nickte huldvoll zurück.

Nach dem ersten Moment des Schweigens drückten mir nun auch die anderen Gäste ihre Bewunderung aus, und selbst Murtagh gestattete sich ein kleines Lächeln und war offensichtlich sehr zufrieden mit dem Ergebnis seiner Bemühungen. Und wer hat dich zum Moderedakteur ernannt?, dachte ich unfreundlich. Dennoch, ich musste zugeben, dass er dafür verantwortlich war, dass ich nicht in grauem Serge heiratete.

Heiratete. O Gott. Der Wein und die cremefarbene Spitze hatten mich so beflügelt, dass es mir kurzfristig gelungen war, die eigentliche Bedeutung des Anlasses zu vergessen. Ich klammerte mich in einem abermaligen Anflug von Panik mit der einen Hand haltsuchend an das Geländer, als mich die Erkenntnis erneut wie ein Hieb in die Magengrube traf.

Doch als ich den Blick über die Anwesenden hinwegschweifen ließ, fiel mir auf, dass etwas Wichtiges fehlte. Mein Bräutigam war nirgendwo zu sehen. Ermutigt durch den Gedanken, dass es ihm eventuell gelungen war, durch ein Fenster zu flüchten, und dass er womöglich längst meilenweit fort war, nahm ich einen Abschiedsbecher Wein vom Wirt entgegen, ehe ich Dougal ins Freie folgte.

Ned und Rupert gingen die Pferde holen. Murtagh war irgendwohin verschwunden, vielleicht auf der Suche nach Jamie.

Dougal hielt mich am Arm, vordergründig, um mich zu stützen, falls ich in meinen Satinschühchen stolperte, in Wirklichkeit jedoch, um jeden Fluchtversuch in letzter Minute zu unterbinden.

Es war ein »warmer« schottischer Tag, was bedeutete, dass der Nebel zwar nicht so dicht war, dass er die Bezeichnung Nieselregen verdiente, dass aber auch nicht viel dazu fehlte. Plötzlich öffnete sich die Wirtshaustür, und die Sonne kam hervor – James in Person. Wenn ich eine strahlende Braut war, so blendete die Pracht des Bräutigams geradezu. Mir klappte der Mund auf und blieb offen stehen.

Ein Highlander in voller Montur ist ein eindrucksvoller Anblick – jeder Highlander, und sei er noch so alt, unansehnlich oder übel gelaunt. Ein hochgewachsener, aufrechter und nicht im Geringsten unansehnlicher Highlander in den besten Jahren wirkt atemberaubend.

Sein dichtes rotgoldenes Haar war gebürstet, so dass es sanft glänzte. Es berührte den Halsausschnitt eines feinen Batisthemds mit geraffter Front, ausladenden Ärmeln, Spitzenrüschen an den Handgelenken und dazu passendem, gestärktem Rüschenkragen, in dem eine Rubinnadel steckte.

Sein Tartan war karmesinrot und schwarz, eine helle Flamme inmitten der MacKenzies in ihrem gesetzteren Grün und Weiß. Der leuchtende Wollstoff fiel ihm elegant drapiert von der linken Schulter und wurde von einem mit Silber beschlagenen Schwertgürtel aufgefangen, ehe er ihm weiter bis auf die wollbekleideten Waden sank und just oberhalb der schwarzen Lederschuhe endete. Schwert, Dolch und ein Sporran aus Dachsfell komplettierten das Ensemble.

Er war weit über einen Meter achtzig groß und kräftig gebaut, und sein Gesicht war kühn geschnitten – nicht zu verwechseln mit dem schmuddeligen Pferdeknecht, an den ich gewöhnt war. Das wusste er nur zu gut. Er beugte das Knie wie bei Hofe, verneigte sich mit perfekter Anmut vor mir und murmelte: »Euer Diener, Ma’am«, während ihm der Schabernack in den Augen glitzerte.

»Oh«, sagte ich schwach.

Dougal war zwar ein wortkarger Mensch, aber sprachlos hatte ich ihn noch nie erlebt. Seine buschigen Augenbrauen zogen sich über seinem roten Gesicht zusammen, und er schien nicht weniger verblüfft über diese Erscheinung zu sein als ich.

»Bist du verrückt geworden, Mann?«, brachte er schließlich heraus. »Was, wenn dich jemand sieht?«

Jamie sah den älteren Mann mit hochgezogener Augenbraue an. »Aber Onkel Dougal«, sagte er. »Willst du mich beleidigen? An meinem Hochzeitstag? Du willst doch nicht, dass meine Frau sich für mich schämen muss, oder? Außerdem«, fügte er mit einem schadenfrohen Funkeln hinzu, »glaube ich kaum, dass die Ehe rechtmäßig wäre, wenn ich nicht unter meinem echten Namen heirate. Und du willst doch, dass sie rechtmäßig ist, oder nicht?«

Es kostete Dougal sichtlich Mühe, die Beherrschung wiederzuerlangen. »Gut, wenn du dann fertig bist, Jamie, können wir ja anfangen«, sagte er.

Aber Jamie war anscheinend noch nicht fertig. Ohne Dougals Verärgerung zu beachten, zog er eine kurze weiße Perlenkette aus seinem Sporran. Er trat vor und legte sie mir um den Hals. Es waren kleine, etwas unregelmäßig geformte Süßwasserperlen, die durch Goldkügelchen voneinander getrennt waren. An den Goldkugeln baumelten weitere, kleinere Perlen.