»Nun, du musst es ja besser wissen als Murtagh. Mir wurden gestern Abend reichlich gute Ratschläge erteilt, von Murtagh, Rupert und Ned. Vieles davon klang allerdings ziemlich unwahrscheinlich, deshalb dachte ich, ich verlasse mich lieber auf mein eigenes Urteilsvermögen.«
»Es hat dich bis jetzt nicht getrogen«, sagte ich und ringelte mir eins seiner Brusthaare um den Finger. »Was für kluge Ratschläge haben sie dir denn noch gegeben?« Seine Haut hatte im Kerzenschein einen rötlich goldenen Schimmer; zu meiner Belustigung wurde sie vor Verlegenheit noch röter.
»Das meiste davon könnte ich gar nicht wiederholen. Wie gesagt, ich glaube ohnehin nicht, dass es stimmt. Ich habe schon oft gesehen, wie sich Tiere paaren, und die meisten scheinen es auch ohne irgendwelche Ratschläge gut hinzubekommen. Ich vermute, Menschen können das ebenso.«
Insgeheim vergnügte mich die Vorstellung, dass sich jemand Hinweise zu Sexualpraktiken in Scheune und Wald holte, nicht in der Umkleidekabine oder aus schmutzigen Magazinen.
»Was für Tiere hast du denn schon bei der Paarung beobachtet?«
»Oh, alle möglichen. Unser Hof ist ja nah am Wald, und ich habe viel Zeit dort verbracht, auf der Jagd oder auf der Suche nach Kühen, die sich verlaufen hatten. Natürlich habe ich Pferde und Kühe gesehen, Schweine, Hühner, Tauben, Katzen, Rotwild, Eichhörnchen, Kaninchen, Wildschweine, oh, und einmal sogar ein Schlangenpärchen.«
»Schlangen!?«
»Aye. Wusstest du, dass Schlangen zwei Schwänze haben? Männliche Schlangen, meine ich.«
»Nein, das wusste ich nicht. Bist du dir da sicher?«
»Aye, und beide sind gegabelt, so.« Zur Illustration spreizte er zwei Finger.
»Das klingt ja furchtbar unangenehm für das Weibchen«, sagte ich kichernd.
»Nun, sie schien ihren Spaß zu haben«, sagte Jamie. »Soweit ich das sagen kann; Schlangen haben ja keine große Mimik.«
Ich vergrub das Gesicht an seiner Brust und prustete. Sein angenehmer, scharfer Geruch vermischte sich mit dem strengen Duft des Leinens.
»Zieh dein Hemd aus«, bat ich. Ich setzte mich hin und zupfte am Saum des Kleidungsstücks. »Warum?«, fragte er, setzte sich aber und tat mir den Gefallen. Ich kniete mich vor ihn hin und bewunderte seinen nackten Körper.
»Weil ich dich ansehen möchte«, erklärte ich. Er hatte einen schönen Körper mit langen, eleganten Knochen und flachen Muskeln, die fließend von den Rundungen seiner Brust und Schultern in die sanften Mulden seines Bauchs und seiner Oberschenkel übergingen. Er zog die Augenbrauen hoch.
»Eine Hand wäscht die andere. Dann zieh du deins auch aus.« Er streckte die Hand aus und half mir aus der zerknitterten Chemise, die er mir über die Hüften zog. Dann hielt er mich an der Taille und betrachtete mich neugierig und konzentriert. Ich wurde beinahe verlegen, während er mich so ansah.
»Hast du etwa noch nie eine nackte Frau gesehen?«, fragte ich.
»Aye, aber noch nicht aus solcher Nähe.« Ein breites Grinsen zog sich über sein Gesicht. »Und keine, die mir gehört.« Er streichelte mir mit beiden Händen die Hüften. »Du hast schöne breite Hüften; du kannst bestimmt gut Kinder bekommen.«
»Was!?« Ich fuhr entrüstet zurück, doch er zog mich wieder zu sich und ließ sich auf das Bett fallen, so dass ich auf ihm landete. Er hielt mich fest, bis ich aufhörte, mich zu wehren, dann zog er mich hoch, so dass sich unsere Lippen wieder berühren konnten.
»Ich weiß ja, dass einmal reicht, damit es vor dem Gesetz Bestand hat, aber …« Er hielt schüchtern inne.
»Du möchtest es noch einmal tun?«
»Würde es dir sehr viel ausmachen?«
Auch diesmal lachte ich nicht, doch es kostete mich solche Mühe, dass meine Rippen ächzten.
»Nein«, sagte ich ernst. »Es würde mir nichts ausmachen.«
»Bist du hungrig?«, fragte ich einige Zeit später leise.
»Ausgehungert.« Er neigte den Kopf, um mir sacht in die Brust zu beißen, dann blickte er grinsend auf. »Aber ich brauche auch etwas zu essen.« Er rollte sich zur Bettkante. »In der Küche gibt es bestimmt kalten Braten und Brot und vermutlich auch Wein. Ich gehe uns etwas zum Abendessen holen.«
»Nein, bleib liegen. Ich mache das.« Ich sprang aus dem Bett und steuerte auf die Tür zu, nachdem ich mir zum Schutz vor der Kühle im Flur schnell ein Schultertuch über das Hemd gezogen hatte.
»Warte, Claire«, rief Jamie. »Lass mich lieber …«, doch ich hatte die Tür schon geöffnet.
Mein Erscheinen wurde lauthals von etwa fünfzehn Männern begrüßt, die unten im Gastraum um das Feuer saßen und tranken, aßen und würfelten. Einen Moment lang stand ich verblüfft auf der Galerie, während fünfzehn lüsterne Fratzen aus dem Feuerschein zu mir hinaufflackerten.
»Heh, Kleine!«, rief Rupert, einer der Zecher. »Du kannst ja noch laufen! Macht es Jamie etwa nicht richtig?«
Dieser Seitenhieb wurde mit Lachsalven und einer Reihe noch geschmackloserer Bemerkungen über Jamies Männlichkeit aufgenommen.
»Wenn du mit Jamie schon fertig bist, kannst du gern mich haben!«, bot ein kleiner, dunkelhaariger junger Mann an.
»Nein, nein, er ist zu nichts nutze, Kleine, nimm mich!«, rief ein anderer.
»Sie wird keinen von euch nehmen, Jungs!«, brüllte Murtagh, der hoffnungslos betrunken war. »Nach Jamie wird sie so etwas brauchen!« Er schwenkte einen großen Hammelknochen, und der Gastraum bebte vor Lachen.
Ich wirbelte in unser Zimmer zurück, knallte die Tür zu, lehnte mich mit dem Rücken daran und funkelte Jamie an, der nackt auf dem Bett lag und sich vor Lachen schüttelte.
»Ich habe versucht, dich zu warnen«, brachte er japsend heraus. »Du müsstest dein Gesicht sehen!«
»Was genau«, zischte ich, »machen all diese Männer da draußen?«
Jamie glitt anmutig von unserem Hochzeitsbett und begann, auf den Knien in dem Berg abgelegter Kleider auf dem Boden zu kramen. »Zeugen«, sagte er knapp. »Dougal geht kein Risiko ein, dass diese Ehe annulliert wird.« Er richtete sich auf, den Kilt in seinen Händen, und grinste mich an, während er ihn um seine Hüften schlang. »Ich fürchte, dein Ruf ist rettungslos ruiniert, Sassenach.«
Ohne Hemd hielt er auf die Tür zu. »Geh da nicht hinaus!«, sagte ich in plötzlicher Panik. Er machte kehrt, um mich beruhigend anzulächeln, die Hand am Riegel. »Keine Sorge, Kleine. Wenn sie Zeugen sind, dürfen sie auch etwas zu sehen bekommen. Außerdem habe ich nicht vor, die nächsten drei Tage zu hungern, nur weil ich mich vor ein paar Hänseleien fürchte.«
Er trat unter tosendem Applaus aus dem Zimmer und ließ die Tür angelehnt. Ich konnte hören, wie er sich der Küche näherte. Laute Gratulationen und derbe Fragen und Ratschläge begleiteten seinen Weg.
»Wie war denn dein erstes Mal, Jamie? Haste geblutet?«, rief Ruperts leicht erkennbare Reibeisenstimme.
»Nee, aber du blutest gleich, du alter Mistkerl, wenn du nicht die Klappe hältst«, kam Jamies Antwort in breitem Schottisch. Johlende Begeisterung war die Antwort, und der Spott folgte Jamie durch den Flur in die Küche und wieder die Treppe hinauf.
Ich öffnete die Tür ein Stück, um Jamie einzulassen. Sein Gesicht war so rot wie das Feuer unten, und in seinen Händen türmte sich der Proviant. Er trat ins Zimmer, gefolgt von einem letzten Heiterkeitsausbruch aus der unteren Etage, den ich abwürgte, indem ich entschlossen die Tür zuknallte und den Riegel vorschob.
»Ich habe so viel mitgebracht, dass wir erst einmal nicht mehr hinausmüssen«, sagte Jamie. Er deckte den Tisch und vermied es dabei sorgfältig, mich anzusehen. »Möchtest du etwas essen?«
Ich griff an ihm vorbei nach der Weinflasche. »Jetzt noch nicht. Was ich brauche, ist etwas zu trinken.«
Es war ein machtvolles Drängen in ihm, das mich trotz seines mangelnden Geschicks erregte und reagieren ließ. Da ich ihn weder belehren noch meine eigene Erfahrung betonen wollte, ließ ich ihn tun, was er wollte, und machte nur hin und wieder einen Vorschlag, dass er sich zum Beispiel lieber auf seinen Ellbogen als auf meiner Brust aufstützen sollte.