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Noch viel zu hungrig und zu ungebärdig, um zärtlich zu sein, liebte er mich mit einer Art freudiger Unermüdlichkeit, die mich auf den Gedanken brachte, dass männliche Unberührtheit ein höchst unterschätztes Gut sein könnte. Dabei legte er eine Besorgnis um meine Unversehrtheit an den Tag, die ich sowohl liebenswert als auch irritierend fand.

Irgendwann im Lauf unserer dritten Begegnung bäumte ich mich auf und stieß einen Aufschrei aus. Erschrocken und voller Bedauern zog er sich sofort zurück.

»Entschuldige«, sagte er. »Ich wollte dir nicht weh tun.«

»Das hast du ganz und gar nicht getan.« Ich räkelte mich verträumt und fühlte mich herrlich.

»Bist du sicher?«, sagte er und untersuchte mich gewissenhaft auf Verletzungen. Plötzlich dämmerte mir, dass Murtagh und Rupert bei ihrer hastigen Instruktion vermutlich einige Feinheiten ausgelassen hatten.

»Und das passiert jedes Mal?«, fragte er fasziniert, nachdem ich ihn aufgeklärt hatte. Beinahe kam ich mir vor wie eine japanische Geisha. Niemals hätte ich mir ausgemalt, dass ich einmal jemanden in die Kunst der Liebe einweihen würde, doch ich musste zugeben, dass diese Rolle ihre Reize hatte.

»Nein, nicht jedes Mal«, sagte ich amüsiert. »Nur wenn der Mann ein guter Liebhaber ist.«

»Oh.« Seine Ohren erröteten schwach. Etwas alarmiert stellte ich fest, dass seine neugierige Miene einem Ausdruck wachsender Entschlossenheit zu weichen begann.

»Sagst du mir beim nächsten Mal, was ich tun soll?«, fragte er.

»Du brauchst nichts Besonderes zu tun«, versicherte ich ihm. »Mach einfach nur langsam und sei aufmerksam. Aber warum warten? Du bist doch noch bereit.«

Er war überrascht. »Du brauchst nicht zu warten? Ich kann es nicht sofort wieder tun, wenn …«

»Nun, Frauen sind anders.«

»Aye, das habe ich schon bemerkt«, murmelte er.

Er umfasste mein Handgelenk mit Daumen und Zeigefinger. »Es ist nur … du bist so zart; ich habe Angst, dass ich dir weh tun könnte.«

»Du wirst mir nicht weh tun«, sagte ich ungeduldig. »Und wenn du es tätest, würde es mir nichts ausmachen.« Angesichts seiner verwunderten Verständnislosigkeit beschloss ich, ihm zu zeigen, was ich meinte.

»Was machst du da?«, fragte er schockiert.

»Genau das, wonach es aussieht. Halt still.« Nach einigen Momenten begann ich, meine Zähne zu benutzen und drückte immer fester zu, bis er zischend die Luft anhielt. Ich hielt inne.

»Habe ich dir weh getan?«, fragte ich.

»Ja. Ein bisschen.« Er klang halb erstickt.

»Möchtest du, dass ich aufhöre?«

»Nein!«

Ich fuhr fort, vorsätzlich rauh, bis er sich plötzlich verkrampfte und aufstöhnte, als hätte ich ihm das Herz an der Wurzel ausgerissen. Er legte sich zitternd und keuchend zurück. Mit geschlossenen Augen murmelte er etwas auf Gälisch.

»Was hast du gesagt?«

»Ich habe gesagt«, antwortete er und öffnete die Augen, »ich dachte, mir platzt das Herz.«

Ich grinste selbstzufrieden. »Oh, das haben dir Murtagh und Konsorten also auch nicht erzählt?«

»Doch, das haben sie. Das war eins von den Dingen, die ich nicht geglaubt habe.«

Ich lachte. »In diesem Fall sagst du mir vielleicht besser nicht, was sie dir sonst noch erzählt haben. Aber verstehst du, was ich damit gemeint habe, dass es mir nichts ausmacht, wenn du etwas rauher bist?«

»Aye.« Er holte tief Luft und atmete langsam wieder aus. »Würde es sich genauso anfühlen, wenn ich es mit dir machen würde?«

»Weißt du«, sagte ich langsam, »eigentlich habe ich keine Ahnung.« Ich hatte mein Bestes getan, um jeden Gedanken an Frank zu unterdrücken, weil ich wirklich fand, dass sich nicht mehr als zwei Menschen ein Ehebett teilen sollten, ganz gleich, wie sie dorthin gekommen waren. Jamie war ganz anders als Frank, körperlich wie geistig. Aber es gibt nun einmal nur eine begrenzte Anzahl von Arten, wie sich zwei Körper begegnen können, und wir hatten jene Intimität nie erreicht, in der die Spielarten der Liebe unendliche Vielfalt annehmen. Es war unvermeidlich, dass sich mein Körper erinnerte, doch es gab auch noch unerforschtes Territorium.

Jamie hatte die Augenbrauen zu einer Miene spöttischer Bedrohung hochgezogen. »Oh, dann gibt es also etwas, was du nicht weißt? Nun, dann werden wir es herausfinden, nicht wahr? Sobald ich wieder bei Kräften bin.« Er schloss die Augen wieder. »Irgendwann nächste Woche.«

Ich erwachte in den Stunden vor der Dämmerung, zitternd und starr vor Schrecken. Ich konnte mich nicht an den Traum erinnern, der mich weckte, doch der abrupte Sturz in die Wirklichkeit war nicht weniger furchterregend. Gestern Abend war es mir möglich gewesen, meine Situation eine Weile zu vergessen und mich in den Freuden der neu gefundenen Intimität zu verlieren. Jetzt war ich allein neben einem schlafenden Fremden, mit dem mein Leben unentrinnbar verbunden war, und trieb an einem Ort voller unsichtbarer Bedrohungen dahin.

Ich muss einen Laut der Verstörung ausgestoßen haben, denn unvermittelt geriet die Bettwäsche in Aufruhr, und der Fremde in meinem Bett stürzte sich mit der erschreckenden Plötzlichkeit eines Fasans, der einem vor den Füßen aufsteigt, auf den Boden. Er landete in der Hocke neben der Zimmertür, im ersten Zwielicht vor der Dämmerung kaum zu sehen.

Er hielt inne, um sorgfältig an der Tür zu lauschen, und inspizierte das ganze Zimmer, indem er lautlos von der Tür zum Fenster zum Bett glitt. Die Haltung seines Arms verriet mir, dass er eine Waffe in der Hand hielt, obwohl ich im Dunkeln nicht sehen konnte, was es war. Als er sich vergewissert hatte, dass alles in Ordnung war, setzte er sich neben mich und steckte das Messer – oder was auch immer es war – wieder an sein Versteck über dem Kopfende.

»Fehlt dir etwas?«, flüsterte er. Seine Finger streiften meine feuchte Wange.

»Nein. Es tut mir leid, dass ich dich geweckt habe. Ich hatte einen Alptraum. Was in aller Welt …« Ich wollte ihn fragen, was es war, das ihn so abrupt alarmiert hatte.

Eine große warme Hand fuhr mir über den nackten Arm und unterbrach meine Frage. »Kein Wunder, du frierst ja.« Die Hand schob mich unter den Deckenberg an die warme Stelle, die er gerade verlassen hatte. »Meine Schuld«, murmelte er. »Ich habe die ganzen Decken für mich beansprucht. Ich fürchte, ich bin noch nicht daran gewöhnt, das Bett mit jemandem zu teilen.« Er schlang die Decken schützend um uns beide und legte sich wieder neben mich. Im nächsten Moment streckte er noch einmal die Hand aus, um mein Gesicht zu berühren.

»Liegt es an mir?«, fragte er leise. »Kannst du mich nicht ertragen?«

Ich lachte abgehackt auf, so dass es fast wie ein Schluchzen klang. »Nein, es liegt nicht an dir.« Ich tastete in der Dunkelheit nach einer Hand, die ich beruhigend drücken konnte. Meine Finger fanden erst ein Gewirr aus Decken und warmer Haut, doch schließlich stieß ich auf die Hand, die ich gesucht hatte. Seite an Seite lagen wir da und blickten zu den Deckenbalken auf.

»Was, wenn ich sagen würde, dass ich dich nicht ertragen kann?«, fragte ich plötzlich. »Was in aller Welt könntest du tun?« Das Bett ächzte, als er mit den Schultern zuckte.

»Vermutlich würde ich Dougal sagen, dass du die Annullierung wünschst, weil die Ehe nicht vollzogen wurde.«

Diesmal lachte ich ganz unverhohlen. »Nicht vollzogen! Bei all diesen Zeugen?«

Es wurde jetzt hell genug im Zimmer, um das Lächeln in dem Gesicht zu sehen, das sich mir zuwandte. »Aye, nun ja, Zeugen oder nicht, wir beide sind doch die Einzigen, die es mit Sicherheit sagen können, oder? Und ich bin lieber bloßgestellt als mit jemandem verheiratet, der mich hasst.«

Ich wandte mich ihm zu. »Ich hasse dich nicht.«

»Ich hasse dich auch nicht. Und es gibt viele gute Ehen, die mit sehr viel weniger angefangen haben.« Sanft drehte er mich von sich fort und legte sich hinter mich, so dass wir aneinandergeschmiegt dalagen. Seine Hand legte sich um meine Brust, nicht einladend oder fordernd, sondern sanft und weil sie dorthin zu gehören schien.

»Hab keine Angst«, flüsterte er mir ins Haar. »Wir sind jetzt zu zweit.« Ich fühlte mich warm und getröstet und zum ersten Mal seit vielen Tagen sicher. Doch als ich mit dem ersten Schimmer des Tageslichts in den Schlaf driftete, erinnerte ich mich an das Messer über meinem Kopf und fragte mich erneut, was für eine Bedrohung einen Mann wohl veranlasste, in seiner Hochzeitsnacht bewaffnet zu schlafen und auf der Hut zu sein.