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Die Frau drehte sich nach links und zeigte ihm ihr Profil.

Es war Eileen.

Seit der Scheidung hatte Hunt sie nicht mehr gesehen, hatte nicht einmal in Erwägung gezogen, dass auch sie nach Tucson würde zurückkehren können. Doch da war sie, in einer der ärmlicheren Gegenden der Stadt, und schien auf den Bus zu warten.

Eileen wirkte alt und unglücklich, und das verschlechterte Hunts eigene Stimmung. Vermutlich hätte es seine Stimmung auch gedrückt, hätte sie blendend ausgesehen, mit einem neuen Mann und einem Baby im Schlepptau ... doch aus irgendeinem Grund war das hier noch schlimmer. Hunt hatte nicht gedacht, dass er sich noch um Eileen würde sorgen können, nicht nach dieser unschönen, erbitterten Trennungsgeschichte, doch offensichtlich war das sehr wohl der Fall. Einmal vertraut, immer vertraut, vermutete er, und unwillkürlich musste er daran denken, wie es mit ihnen beiden angefangen hatte, in diesem letzten Jahr an der High School. Sie waren zum »Paar, das wahrscheinlich am längsten zusammen bleibt« gewählt worden, und tatsächlich hatten sie jeden Augenblick gemeinsam verbracht. Eileen war schön und intelligent gewesen, Hunt beliebt und ehrgeizig, und sie beide waren jung. Die ganze Zukunft lag noch vor ihnen.

Jetzt war Eileen eine Frau mittleren Alters, und sie war allein. Hunt wurde die Frage nicht los, ob ihr Leben heute wohl anders aussehen würde, wenn sie zusammengeblieben wären. Oder wenn sie einander nie kennen gelernt hätten. Es war unmöglich zu sagen, wie viel Einfluss eine Person auf eine andere hatte; vielleicht wäre alles so oder so gekommen, wie es war. Doch Hunt hatte seine Zweifel. Vor seinem inneren Auge sah er das kluge, hübsche junge Mädchen vor sich, und es schmerzte ihn so sehr, dass er beinahe in Tränen ausgebrochen wäre.

Der Bus kam, gerade als der Tank seines Wagens voll war und die Automatik der Zapfsäule den Benzinfluss unterbrach. Hunt schaute zu, wie Eileen aufstand, ruhelos die Stufen hinaufstieg und im Bus verschwand; regungslos blieb er stehen, als der Bus sich wieder in den Verkehr einordnete und nach Osten fuhr. Erst als Hunt den Bus aus den Augen verloren hatte, hängte er die Zapfpistole ein, schraubte den Tankdeckel zu und ging bezahlen.

Dann fuhr er nach Hause zu Beth.

Und hielt sie ganz fest.

Rollender Donner und das Tropfen von Wasser im Schlafzimmer weckten sie.

Das Dach war undicht! Hunt setzte sich im Bett auf, blickte zum Digitalwecker auf der Kommode und versuchte, die Uhrzeit abzulesen. Halb drei? Halb vier? Neben ihm schaltete Beth die Lampe auf ihrem Nachttisch ein. Hunt stand auf, um den Lichtschalter umzulegen ... und rutschte fast in der Wasserlache aus, die sich auf dem Hartholzboden gesammelt hatte.

»Ach du Schande!«, rief er und umklammerte gerade noch rechtzeitig einen Bettpfosten. Dann stieg er auf Zehenspitzen durch die Wasserlache, die erstaunlich tief war - das musste schon eine ganze Weile so gehen -, und wollte gerade die Deckenlampe einschalten, als Beth ihm sagte, er solle das bloß lassen. Hunt drehte sich um und schaute zu der Stelle, auf die Beth deutete. Selbst im matten Schein ihrer Nachttischlampe konnte er erkennen, dass der Regen an zwei Stellen durchs Dach kam: über dem Lehnsessel in der Ecke des Zimmers und neben Hunts Seite des Bettes.

»Das bedeutet, der Dachboden ist nass«, erklärte sie. »Ich weiß ja nicht, ob sich das irgendwie auf die Stromleitungen auswirkt, aber ich möchte nicht, dass du 'ne Sicherung durchbrennen lässt oder dir einen Schlag einfängst.«

Hunt kannte sich mit elektrischen Leitungen nicht gut genug aus, als dass er gewusst hätte, ob diese Gefahr tatsächlich bestand, aber er wollte es nicht aus erster Hand herausfinden, also bewegte er sich vom Lichtschalter weg.

Beth war bereits aus dem Bett gestiegen und zog den Sessel ein Stück vor, sodass er nicht mehr unter der undichten Stelle stand. »Sieh mal im Wohnzimmer nach«, wies sie ihn an. »Nicht dass da auch noch was undicht ist.«

Hunt machte sich auf den Weg, schaltete im Wohnzimmer eine der Stehlampen ein und fand auch hier zwei undichte Stellen an der Decke: Von beiden tropfte es gleichmäßig, einmal auf den Couchtisch, einmal auf die Couch. Beth kam ihm hinterher. »Wir müssen das schnellstens reparieren!«, rief sie, um das Krachen des Donners zu übertönen. »Sonst sind unsere ganzen Möbel hin!«

»Das machen wir dann schon ...«

»Jetzt sofort!«

»Wir können doch jetzt niemanden hierherrufen!«, fauchte er sie an. »Es ist mitten in der Nacht! Wir müssen bis morgen früh warten.«

Beth drängte sich an ihm vorbei. »Das weiß ich auch, du Blödmann! Aber wir müssen die Möbel verrücken und Schüsseln aufstellen. Wir können doch nicht einfach wieder ins Bett gehen und alles so lassen!«

»Du hast gesagt, wir müssen es sofort reparieren!«, schimpfte Hunt.

Beth schob den Couchtisch zur Seite. »Entschuldige, dass ich mich nicht so präzise ausgedrückt habe, wie ich es hätte tun sollen. Aber mir ging es mehr um meine Möbel, die hier kaputtgehen, als um die richtige Wortwahl.«

Eine Sekunde lang warfen sie einander böse Blicke zu; dann eilten sie zu den beiden Seiten des Sofas und zogen es aus der Gefahrenzone. Gemeinsam eilten sie in die Küche und suchten nach Behältern, mit denen sie das tropfende Wasser auffangen konnten. Das war ihr erster Ehekrach gewesen, und Hunt sah an Beths Gesichtsausdruck, dass es ihr genau so leidtat wie ihm. Bevor sie sich hinkniete, um den Schrank nach Töpfen und Pfannen zu durchwühlen, nahm er sie rasch in den Arm.

»Tut mir leid«, sagte er.

»Mir auch.«

Beth fand einen Schmortopf und eine Alupfanne, die eigentlich für Truthähne gedacht war. Hunt holte währenddessen unter der Küchenspüle den Plastikeimer hervor, den Beth immer benutzte, wenn sie den Boden wischte. Damit blieb aber noch eine undichte Stelle, für die sie noch keinen Auffangbehälter gefunden hatten, also eilte Hunt zurück ins Schlafzimmer, stellte den Eimer dorthin, wo vorher der Sessel gestanden hatte, und holte den Papierkorb aus dem Bad, den er auf seiner Seite des Bettes auf den Boden stellte.

Im Wohnzimmer trafen sie wieder zusammen. In der Küche und im Badezimmer hielt das Dach, und auch im Flur sickerte nirgends Wasser durch. Die Waschküche, das Arbeitszimmer und die Gästetoilette waren ebenfalls trocken. Damit blieb nur noch ...

Beth sprach es aus: »Was ist mit dem Gästezimmer?«

»Wir sollten nachschauen«, sagte Hunt, auch wenn es das Letzte war, was er jetzt tun wollte. Draußen tobte immer noch das Gewitter, und der Flur kam Hunt mit einem Mal viel dunkler vor als gerade eben noch. Blitz und Donner vermochten jedes Haus wie ein Spukhaus aussehen zu lassen, und sie unterstrichen die ohnehin unheimliche Atmosphäre des Gästezimmers.

Die Tür stand offen ...

Hatten sie die nicht geschlossen?

... und schon von der Stelle aus, an der Hunt stand, konnte er erkennen, dass das Bett schon wieder zerwühlt war. Die Tagesdecke und das Laken lagen zusammengeknautscht am Fuße der Matratze, und so, wie beides dalag, wirkte es beängstigend, ja erschreckend. Irgendetwas stimmte da nicht. Laken und Decke lagen so, als wäre eine Gestalt darunter, die Hunt irgendwie bekannt vorkam, ohne dass er sie einordnen konnte. Es jagte ihm ein Schauder über den Rücken, und ihm stockte der Atem. Beths Hand schloss sich um die seine, und allein schon daran, wie ihre Muskeln sich verkrampften, spürte Hunt, dass Beth sich fürchtete.