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»Wir befinden uns mit dem County immer noch in Verhandlungen«, sagte der Vorsitzende. »Und wir wollen nicht, dass irgendwelche Stellen gestrichen werden. Das ist unser Ziel.«

»Und wenn ich entlassen werde, dann will ich meine Gewerkschaftsbeiträge der letzten zwölf Jahre zurückerstattet bekommen, weil Sie dieses Geld unter Vorspiegelung falscher Tatsachen eingesackt haben, wenn Sie nicht um meinen Job kämpfen! Dann habe ich nämlich für eine Dienstleistung bezahlt, die ich nie erhalten habe!«

Die anderen Angestellten aus dem Baumbeschnitt nickten und äußerten lautstark ihre Zustimmung. »Recht hat er!«, rief einer.

Hunt erhob sich. Er war nicht so kämpferisch wie Edward, aber auch er war wütend. Es widerte ihn an, dass die Gewerkschaft, die doch eigentlich für sie hätte kämpfen sollen, sich passiv verhielt und offenbar nicht bereit war, sich für ihre Mitglieder einzusetzen. Sie war nur noch eine Herde verängstigter Schafe, vor denen Hunt kein bisschen Respekt hatte.

Er wandte sich geradewegs an den Gewerkschaftsvorsitzenden. »Ich denke, das Problem ist, dass wir keine externen Vermittler haben. Wir haben ihn«, er deutete auf den Rechtsanwalt, »aber er ist nur ein Berater, und Sie nutzen ihn ausschließlich dafür, Ihre Rechtsfragen zu beantworten. Also läuft es darauf hinaus, dass die Angestellten ihren Vorgesetzten am Verhandlungstisch direkt gegenübersitzen, und die werden natürlich keine harten Verhandlungen führen, weil sie Angst vor Repressalien haben. Und weil die Angst haben, das Management anzugreifen, sitzen wir hier auf dem Trockenen. Edward hat recht. Diese Gewerkschaft erfüllt ihre Aufgabe nicht!«

»Wir haben die Aufgabe«, widersprach der Vorsitzende, »das zu tun, was für alle Angestellten am Besten ist, und uns nicht ins eigene Fleisch zu schneiden.«

Edward legte die Stirn in Falten. »Jetzt lass es aber mal gut sein mit diesen ganzen medizinischen Metaphern, du Schlappschwanz ...«

Fast die ganze Versammlung brach in schallendes Gelächter aus, und dem Vorsitzenden schoss die Röte ins Gesicht.

Chris Hewitt, ein weiterer Mitarbeiter der Baumbeschnitt-Abteilung, deutete zornig mit dem Zeigefinger auf den Vorsitzenden. »Von Ihnen wird erwartet, dass Sie für alle Angestellten kämpfen und nicht gleich beim ersten Anzeichen eines Problems einfach aufgeben!«

»Und was würden Sie vorschlagen?«, fragte der Gewerkschaftsvorsitzende nach. »Sollen wir in Streik treten?«

Hewitt nickte. »Falls das notwendig werden sollte.«

»Ich trete doch nicht in Streik und gefährde meinen Job, nur für ein paar Baumbeschneider«, meldete sich ein Computerprogrammierer zu Wort. »Das kann ich mir nicht leisten. Tut mir leid, aber so ist es nun mal!«

Hunt schaute zu dem Mann hinüber und war froh, dass er nicht in die Verwaltung gewechselt war. Vielleicht würde er jetzt seinen Job verlieren, aber er war stolz darauf, zu Edward und Chris und den anderen Baumbeschneidern zu gehören. Das waren gute Männer, ehrliche Männer, und er zweifelte nicht daran, dass die meisten von ihnen bereit gewesen wären, die eigenen Jobs zu gefährden, um ihren Kollegen zu helfen.

»Deinen Job braucht sowieso niemand!«, schrie jetzt Jack Hardy, ein Kollege aus Hewitts Trupp. »Die würden jede Menge Geld sparen, wenn die eure Stellen an externe Kräfte vergeben würden, und nicht unsere.«

Im Saal brach Chaos aus, und andere Angestellte der Wartungsabteilung - sichtlich beunruhigt vom Verlauf der Versammlung -, schlugen sich auf die Seite von Hewitt und Hardy und gegen die Technokraten aus der Verwaltung.

Edward legte Hunt eine Hand auf die Schulter und deutete zum Ausgang. »Das ist jetzt wie die Do-Long-Brücke aus Apocalypse Now. Das hier hat niemand mehr im Griff. Verschwinden wir!«

»Wir werden sehen, was wir tun können!«, versprach der Rechtsanwalt am anderen Ende des Saales. »Der Job jedes Einzelnen ist wichtig!«

»Komm schon«, sagte Edward angewidert. »Wir gehen in die Kneipe und gießen uns einen hinter die Binde.«

ELF

1.

Beth hatte gerade die letzte reife Tomate gepflückt, als in der Küche der Wecker losschrillte.

Sie trug die Tomaten ins Haus und stellte den Wecker ab. Beth neigte dazu, sich ganz in der Gartenarbeit zu verlieren, also musste sie dafür sorgen, dass das wahre Leben sie jedes Mal zurückholte, und so hatte sie es sich angewöhnt, den Wecker zu stellen, wenn sie zu einer bestimmten Zeit irgendetwas erledigen musste.

An diesem Tag musste sie zum Zahnarzt.

Auch wenn sie die ganze Zeit gewusst hatte, dass der Besuch unbedingt anstand, dass sie sich regelmäßig hätte untersuchen lassen und die Zähne reinigen müssen, hatte sie es so lange schleifen lassen, dass sie letztendlich Angst vor dem Besuch beim Zahnarzt bekommen hatte, weil sie befürchtete, sie könne Löcher haben oder eine Wurzelbehandlung brauchen oder irgendeine unschöne Behandlung à la Marathon-Mann über sich ergehen lassen müssen. Doch die Schmerzen im Zahnfleisch waren so schlimm geworden, dass es höllisch wehtat, wenn Beth in der linken Mundhälfte etwas kaute, und schließlich hatte Hunt sie überredet, sich doch untersuchen zu lassen.

Einen Haus-Zahnarzt hatte Beth nicht, also hatte sie die Kundendienstnummer angerufen, die auf ihrer Versichertenkarte stand, und den Namen und die Telefonnummer eines mit dieser Versicherung zusammenarbeitenden Zahnarztes in Erfahrung gebracht. Das war vor fast drei Wochen gewesen. Sie hatte versucht, einen früheren Termin zu erhalten, hatte der Sprechstundenhilfe Ausmaß und Schwere ihrer Schmerzen geschildert, hatte darauf hingewiesen, dass es wirklich ein Notfall sei und dass sie dringend Hilfe benötige, doch die Frau hatte beharrlich erklärt, der Arzt sei völlig ausgebucht, und sie könne Beth unmöglich dazwischenschieben; ein Besuch sei frühestens Ende des Monats möglich.

Beth wusch die Tomaten ab, legte sie zum Trocknen auf die Arbeitsplatte und machte sich daran, sich umzuziehen und die Zähne zu putzen. Seit sie diesen Termin vereinbart hatte, putzte sie sich fast wie besessen die Zähne - mindestens dreimal am Tag, manchmal sogar bis zu sechsmal -, als könne intensive Zahnpflege auf die letzte Minute Jahre der Achtlosigkeit wiedergutmachen und das Problem lösen.

Also putzte Beth sich die Zähne, verwendete Zahnseide und gurgelte mit Listerin; dann ging sie ins Schlafzimmer und sah in ihrer Handtasche nach, ob sie ihre Versichertenkarte und genug Geld für die Zuzahlung eingesteckt hatte.

Die Praxis des Zahnarztes befand sich nicht in einem Medi-Zentrum oder einem Bürokomplex, sondern in einem umgebauten Lehmziegelhaus. In der Gegend war eine ehemalige Wohnstraße zu einer Einkaufsstraße aus- und umgebaut worden, und aus vielen einstigen Wohnhäusern waren Geschäftshäuser geworden: Es gab einen Innenausstatter, einen Steuerberater, sogar ein Café. Die Fassade der Zahnarztpraxis sah immer noch aus wie die eines normalen Wohnhauses, doch das Innere war vollständig umgestaltet worden und hatte keinerlei Ähnlichkeit mehr mit einer Wohnung. Es gab ein erstaunlich großes Wartezimmer, in dem ein Meerwasser-Aquarium voller Fische in schillernden Farben stand. Hinter der Glasscheibe eines Schiebefensters sprach die Sprechstundenhilfe gerade am Telefon mit einem offenbar hartnäckigen Patienten, der unbedingt einen Termin zu einem völlig unmöglichen Zeitpunkt haben wollte. Außer Beth saß niemand im Wartezimmer, doch hinter einer geschlossenen Tür, gleich neben dem Fenster zur Anmeldung, hörte Beth das unverkennbare, schrille Kreischen eines Bohrers, der sich tief in Zahnschmelz fraß.