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»Hey!«, rief der Junge ihr hinterher. »Was ist denn mit Ihren Zähnen?« Er lachte, und sein Vater fiel ein.

Plötzlich wurde Beth von einer ungeheuren Wut gepackt. Sie schlug ihre Wagentür zu und ging zu dem Jungen hinüber, der immer noch auf dem Bürgersteig saß. »Das war nicht sehr nett von dir«, sagte sie.

Ed Brett ließ den Gartenschlauch fallen und kam zu ihr hinüber. »So reden Sie nicht mit meinem Jungen!«

»Er war unhöflich.«

»Er war ehrlich. So sind Kinder nun mal.«

Dabei hätte Beth es bewenden lassen können, doch sie konnte sich nicht mehr zurückhalten. »Irgendjemand muss ihm ja mal Manieren beibringen«, fuhr sie fort. »Zuhause lernt er sie auf jeden Fall nicht.«

»Was ist denn nun eigentlich mit Ihren Zähnen?« Mit gespielter Verwirrung starrte Ed Brett auf ihre Zähne.

Beth schloss den Mund und wandte sich ab, ging mit schnellen Schritten zu ihrem Wagen, hielt mit Mühe die Tränen zurück, die ihr in den Augen brannten, und versuchte, das Gelächter von Ed Brett und seinem verzogenen Balg zu ignorieren.

Als sie am Abend Hunt davon erzählte, wurde der sehr wütend. Er wollte auf der Stelle hinübergehen und Brett dazu bringen, sich zu entschuldigen. Doch die Nachbarn zu verärgern würde auch nichts einfacher machen, und so überzeugte Beth ihn davon, die Sache einfach zu vergessen und die Dinge laufen zu lassen.

»Ich bin nur übersensibel«, sagte sie. »Ich sollte mir so etwas gar nicht erst zu Herzen nehmen. Das liegt nur an diesen ... Zähnen.«

»Ich würde dich auch dann lieben, wenn deine Zähne grün oder braun oder rot-weiß-blau wären.«

»Ich weiß«, sagte sie und küsste ihn. »Deswegen behalte ich dich ja auch.«

ZWÖLF

1.

Am Samstag schliefen sie lange aus, dankbar, ein bisschen mehr Schlaf zu bekommen. Hunt erwachte als Erster, streckte die Hand aus und streichelte Beth sanft zwischen den Beinen, doch sie schob mürrisch seine Hand fort. »Später«, murmelte sie nur. Also griff Hunt nach der Fernbedienung, schaltete den Fernseher ein und ging dann auf einen Sender, der Cartoons brachte. Auf Nickelodeon lief SpongeBob, und eine Zeitlang schaute Hunt sich die Sendung an, ehe er in die Küche ging, um Courtney zu füttern und zum Frühstück einen Bagel in den Toaster zu schieben. Während er die Zeitung las, stand auch Beth auf. Sie goss sich ein Glas Saft ein, und weil ihre Zähne immer noch schmerzten, kochte sie sich Weizenmehlbrei.

Nach dem Frühstück wollten sie eigentlich zum Gartencenter fahren und einen neuen Rechen und ein paar Hängepflanzen für die Veranda hinter dem Haus kaufen. Hunt duschte und rasierte sich; dann kämmte er sich schnell und schlüpfte in eine alte Jeans und ein T-Shirt. Beth streifte die Kleidung über, die sie am Wochenende bei der Gartenarbeit immer trug. Sie öffneten die Tür ...

... und der Versicherungsvertreter stand auf der Veranda.

»Schön, dass ich Sie antreffe«, sagte er und lächelte breit. »Ihre Versicherungspolicen sind eingetroffen. Jetzt ist der große Tag wirklich da! Darf ich hereinkommen?« Er wartete die Antwort gar nicht erst ab, sondern drängte sich an ihnen vorbei ins Wohnzimmer.

Sie folgten ihm. Er wirkte größer als beim letzten Mal, und noch irgendetwas anderes hatte sich an ihm verändert, doch was genau es war, hätte Hunt nicht beschreiben können.

Der Vertreter trat zwischen das Sofa und den Couchtisch und legte seinen Aktenkoffer ab. Er schaute Beth an und runzelte übertrieben die Stirn. »Was in aller Welt ist mit Ihnen passiert, Mrs. Jackson? Nehmen Sie es mir bitte nicht übel, aber das ist ja die reinste Katastrophe!«

Peinlich berührt, presste Beth die Hand auf den Mund, und das Blut schoss ihr ins Gesicht.

»Jetzt hören Sie mal ...!«, sagte Hunt verärgert.

»Das Problem wäre nicht aufgetreten«, entgegnete der Vertreter, »hätten Sie unsere Zahnfürsorge-Zusatzversicherung abgeschlossen, wie ich es Ihnen geraten hatte - und die Sache ließe sich morgen schon bereinigen, wenn Sie sich für eine unserer zahlreichen ausgezeichneten Zahnfürsorge-Pläne entscheiden würden. Wir arbeiten nur mit den besten Zahnärzten und Kieferchirurgen zusammen. Tatsächlich lassen wir die sogar bei uns vorsprechen. Normalerweise obliegt es den Ärzten und Zahnärzten zu entscheiden, ob sie die Versicherung bestimmter Versicherungsträger akzeptieren oder nicht. Aber bei uns ist es so, dass wir entscheiden. Wir sind diejenigen, die zulassen, ob unsere Kunden von bestimmten Ärzten behandelt werden. Deshalb bieten wir die besten Ärzte und die hellsten Köpfe auf dem gesamten Gebiet der Medizin und Zahnmedizin.« Er warf Hunt und Beth ein gewinnendes Lächeln zu. »Aber dazu kommen wir später. Machen Sie sich keine Sorgen. Erst sollten wir die brandneuen, frisch erstellten Policen begutachten, nicht wahr?« Er öffnete seinen Aktenkoffer, zog zwei elegant gedruckte Heftchen hervor und legte sie geradezu liebevoll auf den Couchtisch. »Ich würde das gerne mit Ihnen zusammen durchgehen, wenn ich darf. Sie haben vielleicht noch die eine oder andere Frage zum Leistungsumfang, die ich Ihnen nur zu gerne beantworten werde.« Er deutete auf das Sofa. »Setzen Sie sich, setzen Sie sich!«

Willfährig kamen sie der Aufforderung nach. Der Vertreter reichte jedem von ihnen ein Heftchen, elegant gebunden, mit einem olivgrünen Umschlag. »Das sind zwei Ausfertigungen Ihrer neuen Immobilienversicherung. Ich möchte Sie bitten, Seite eins aufzuschlagen und zu überprüfen, ob Ihre Namen richtig geschrieben wurden, dann gehen wir zu Seite zwei über und schauen uns die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Police an, damit klar wird, was das für Sie im Einzelnen bedeutet.«

Neugierig öffnete Hunt das Heftchen und schaute auf die Kopfzeile der Seite, suchte nach dem Namen der ausstellenden Versicherung.

The Insurance Group.

War das alles? Eine Versicherung, die sich nur »die Versicherungsgruppe« nannte? Hunt blätterte die Seiten durch, überflog das Dokument auf der Suche nach einem weiteren Namen oder einer detaillierteren Beschreibung, doch er fand nichts. Ihm wäre wohler gewesen, hätte er den Namen der Versicherung gekannt, für die der Vertreter arbeitete; dann hätte Hunt die neuen Policen mit einer bestimmten Firmenphilosophie verbinden können, sodass er sich sicherer gefühlt hätte, doch dieser Name - Insurance Group - war so nichtssagend, dass es Hunt beinahe schon misstrauisch machte.

»Sie arbeiten für die Insurance Group?«, fragte er nach.

»Ja, allerdings.« Der Vertreter lächelte ihn an. »Und ich könnte mir keine Gesellschaft vorstellen, für die ich lieber tätig wäre. Wenn wir jetzt zu Seite zwei, Absatz eins übergehen könnten ...«

Er brauchte fast fünfzehn Minuten, um ihnen den Inhalt dieser Seite zu beschreiben. Schon nach den ersten fünfzig Sekunden wurde Hunts Blick leicht glasig, doch der Vertreter schilderte dermaßen hingerissen die verschiedenen Versicherungsleistungen, die sie bei verschiedenen Szenarios erhalten würden, und sprach dabei so schnell und mitreißend, dass weder Hunt noch Beth ein einziges Wort dazwischen hätten einflechten können. Hunt blätterte zur letzten Seite des Heftchens. Noch fünfunddreißig weitere Seiten. Ganz zu schweigen von dem anderen Policen-Heftchen, das noch auf dem Couchtisch lag.

Hunt beschloss, energisch zu werden. »Wir haben es heute ein bisschen eilig«, sagte er. »Warum lassen Sie uns die Policen nicht einfach hier? Wir schauen sie genau durch, und falls wir noch irgendwelche Fragen haben, rufen wir Sie an.«

Der Vertreter wirkte enttäuscht. Er genoss es sichtlich, ihnen sämtliche noch so kleinen Details minutiös zu beschreiben. Doch er erholte sich schnell, sammelte die Policen ein und reichte sie ihnen. »Ich verstehe«, sagte er. »Manchmal, gerade bei solchen Dingen, zieht man es vor, sich in der Ruhe und Privatsphäre des eigenen Heims damit auseinanderzusetzen. Das ist nur zu verständlich. Also gut, dann wollen wir doch mal schauen, wie wir Ihre anderen Probleme lösen können.«