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3.

»Hallo!«

Hunt brauchte einen Augenblick, um die Stimme am Telefon zu erkennen, und reagierte augenblicklich gereizt.

Es war der Versicherungsvertreter.

»Wie geht es Ihnen heute, Mr. Jackson? Ich rufe nur an, um Sie über eine neue Versicherungsleistung auf dem Laufenden zu halten, die wir unseren besten und treuesten Kunden nur für kurze Zeit anbieten. Genau genommen ist das ein Zusatz zu unserer Personenschadensversicherung Deluxe, sodass Sie natürlich erst einmal eine Personenschadensversicherung abschließen müssen, wenn Sie diesen Zusatz haben wollen, aber ich garantiere Ihnen, dass es Ihr Schaden nicht sein soll.«

Hunt seufzte. »Also gut, ich gebe nach. Worum geht es?«

»Eine Rechtsversicherung.«

»Also würde Sie einen Rechtsanwalt bezahlen für den Fall, dass ich verklagt werde?«

Der Vertreter lachte. »Prozesskosten und andere Aspekte des Rechtsschutzes sind bereits bei den jeweiligen anderen Versicherungen mit eingeschlossen, also Autoversicherung oder Immobilienversicherung und so weiter. Nein, diese Police garantiert Ihnen, dass Sie nicht fälschlich einer Straftat verdächtigt und nicht festgenommen werden, falls ...«

»Was zum Teufel ist das denn?«

»Das versuche ich Ihnen gerade zu erklären, Mr. Jackson.«

»Lassen wir's doch gleich«, gab Hunt zurück. »Ich weiß ja nicht, was für eine Versicherung etwas derart Lächerliches anbietet, aber ...«

»Die Insurance Group ist eine Interessengemeinschaft zahlreicher gut etablierter und angesehener Versicherungsträger.«

»... aber ich kann Ihnen versichern, dass weder meine Frau noch ich selbst für einen derartigen Mist auch nur einen einzigen Cent verschwenden würde.«

»Was ist denn?«, fragte Beth und steckte den Kopf aus der Küche.

Hunt legte die Hand über die Muschel. »Der Versicherungsvertreter«, sagte er angewidert.

»Ich glaube wirklich, Sie sollten das mit Ihrer Frau Gemahlin besprechen«, beharrte der Vertreter.

»Tut mir leid. Kein Interesse.«

»Ich könnte vorbeikommen und ...«

»Nein«, sagte Hunt. »Und bitte rufen Sie nicht wieder an.«

Eine lange Pause folgte. »Also gut. Wie ich schon sagte, ich würde Ihnen raten, dieses großzügige, zeitlich befristete Angebot anzunehmen, aber die Entscheidung liegt natürlich letztendlich bei Ihnen.«

»Genauso ist es.«

»Darf ich lediglich noch darauf hinweisen, dass Sie die Notwendigkeit einer derartigen Versicherung auf Ihr eigenes Risiko ignorieren? Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass es nicht Polizisten oder Feuerwehrleute sein werden, die Ihr Leben wieder in die rechten Bahnen zurücklenken, wann immer sich eine Tragödie ereignet, wann immer das Leben aufgrund natürlicher oder von Menschen herbeigeführter Katastrophen aus den Bahnen gerät. Es sind die Leute von den Versicherungen, die Ihnen dann zur Seite stehen werden.«

»Danke für diese Lektion in Staatsbürgerkunde«, sagte Hunt, und ehe der Vertreter noch ein einziges Wort herausbringen konnte, legte er auf.

»Was wollte er denn?«, fragte Beth und trocknete sich die Hände an einem Spülhandtuch ab.

»Er wollte mir eine Rechtsversicherung anbieten, die garantieren sollte, dass wir nicht für Straftaten verhaftet und eingesperrt werden, die wir nicht begangen haben.«

»Du machst Witze.«

»Nein, tue ich nicht.«

Beth starrte ihn an. Ihr fehlten die Worte, und Hunt wusste genau, wie sie sich fühlte. Das Ganze hatte etwas entschieden Unwirkliches, Irreales. Nein, nicht irreal. Surreal. Es war, als wären sie plötzlich in die Twilight Zone geschleudert worden, in der die Regeln der Normalität nicht mehr galten.

»Ist das eine richtige, eine normale Versicherungsgesellschaft?«, fragte Beth.

»Das habe ich mich auch schon gefragt. Ich denke, es ist an der Zeit, den Verbraucherschutz einzuschalten und ein paar Erkundigungen über die Insurance Group einzuholen.«

DREIZEHN

1.

Die nächsten Tage waren für Hunt und Beth gleichermaßen anstrengend, und am Mittwochabend beschlossen sie, früh ins Bett zu gehen und ein wenig dringend benötigten Schlaf nachzuholen. Hunt döste als Erster ein. Beth blieb noch ein Weilchen wach und las ein paar Horror-Geschichten von Barry Welch, doch es war noch keine zehn Uhr, als beide fest eingeschlafen waren.

Sie wurden geweckt, als die Polizei gegen ihre Haustür hämmerte.

Die Polizisten hatten nicht geklingelt, nur angeklopft, und als Hunt später dazu kam, darüber nachzudenken, fand er es äußerst merkwürdig. Sollte es allerdings das Ziel der Polizei gewesen sein, sie beide einzuschüchtern, hatte diese Taktik sehr wohl Erfolg. Das ständige Hämmern von Fäusten auf das Holz und die Rufe »Aufmachen! Polizei!« reichten aus, um Beth und Hunt gleichermaßen zu verschrecken; hastig streiften sie Bademäntel und Hosen über und gingen zur Tür.

»Und wenn das gar keine Polizisten sind?«, flüsterte Beth, als sie der Tür näher kamen. »Ich habe das mal in den Nachrichten gesehen. Es waren Einbrecher, die sich da als Polizisten ausgegeben hatten, um in ein Haus zu kommen. Und dann haben sie die Familie vergewaltigt und umgebracht.«

Hunt spähte durch den Türspion. »Sehen aus wie Polizisten.«

»Machen Sie auf, oder wir müssen die Tür aufbrechen!«

Hunt machte sich daran, den Riegel zurückzuschieben.

»Was tust du da?«

»Die werden die Tür einschlagen und sowieso reinkommen. Und wenn es wirklich Polizisten sind, sollten wir uns kooperativ zeigen.«

»Und wenn nicht?«

Hunt schloss die Tür auf. In dem Augenblick, da er sie nur einen Spalt geöffnet hatte, pressten zwei Polizisten ihn gegen die Wand, rissen ihm die Arme auf den Rücken und legten ihm Handschellen an. Ein Schlag in die Rippen und ein Tritt zwischen die Beine ließen ihn nach Luft schnappen. Dann wurde eine sehr derbe Leibesvisitation vorgenommen. Schreiend trat Beth ein paar Schritte zurück. Hunt wusste nicht, ob es Angst war oder der Versuch, die Nachbarn zu alarmieren, dass Beths Stimme so schrill klang. Er vermeinte zu hören, dass sie irgendetwas sagte und nicht nur wortlos schrie, doch der Schmerz in Hoden und Rippen machte es ihm fast unmöglich, sich zu konzentrieren.

Hunt wurde herumgewirbelt, sodass er die Polizisten jetzt anschauen konnte. Er sah, dass sie zu zweit waren: ein ungestümer junger Mann mit fleischigem, dümmlich wirkendem Gesicht und sein älterer Kollege, der zwar abgestumpft war von jahrelangem Dienst, der es aber immer noch faustdick hinter den Ohren zu haben schien, fast wie ein alter, müder Lee Van Cleef. Beide wirkten, als wollten sie Hunt am liebsten zu Brei schlagen.

Hunt versuchte, Luft in die Lunge zu saugen. »Was wird mir vorgeworfen?«

Der jüngere der beiden presste seine Stirn fest gegen die von Hunt. »Du wirst wegen sexueller Belästigung von Kindern festgenommen, wegen Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen, wegen Beihilfe zur Jugendkriminalität und wegen jeder anderen Straftat, die dem Staatsanwalt noch so einfällt, du widerliches Stück Scheiße!«

»Hank«, warnte der ältere Officer seinen jüngeren Kollegen.

»Ja, ja, ich weiß.«

»Wir wollen doch nicht, dass der Typ uns wegen eines Verfahrensfehlers durch die Lappen geht.«

»Was immer es ist, ich war es nicht!«, sagte Hunt. »Das ist ein Irrtum! Sie haben den Falschen erwischt!«

»Sag kein Wort!«, wies Beth ihn an. »Warte, bis ein Anwalt hier ist.« Sie wandte sich an den jüngeren der beiden Polizisten. »Und das mit dem ›Stück Scheiße‹ habe ich gehört, Sie Stück Scheiße! Wenn das Ganze hier ausgestanden ist, werden Sie dafür bezahlen, bis Sie grün und blau sind! Wir werden Sie persönlich verklagen, Ihre Dienststelle und die Stadt, und Sie werden im Park die Klohäuschen schrubben können, während Ihnen der Mindestlohn unterm Hintern weggepfändet wird, Sie inkompetentes, blödes Arschloch!«