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»Warum?« fragte Marsh schroff. »Nur ein Narr wirft Geld zum Fenster hinaus. Und Sie sehen nicht wie ein Narr aus.«

Die Speisen kamen, ehe York darauf etwas erwidern konnte. Marsh’ Brathuhn war herrlich knusprig, genauso, wie er es am liebsten mochte. Er trennte einen Schenkel ab und begann hungrig zu essen. York bekam eine dicke Scheibe Rinderbraten vorgesetzt, rot und roh, im eigenen Blut und Bratensaft schwimmend. Marsh sah ihm dabei zu, wie er ihm geschickt und lässig zu Leibe rückte. Sein Messer glitt durch das Fleisch, als wäre es Butter, ohne zu sägen oder zu hacken, wie Marsh es häufig machte. Er ging mit seiner Gabel um wie ein Gentleman, wechselte sie von einer Hand in die andere, wenn er sein Messer beiseite legte. Kraft und Grazie; York hatte beides in seinen langen, blassen Händen, und Marsh gefiel das. Er wunderte sich, daß er sie jemals für Frauenhände angesehen hatte. Sie waren weiß, aber kräftig, hart wie die weißen Tasten des großen Flügels im Großen Salon auf der Eclipse.

»Nun?« meinte Marsh. »Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«

Joshua York zögerte einen Moment. Schließlich sagte er: »Sie sind zu mir ehrlich gewesen, Captain Marsh. Ich möchte Ihre Offenheit nicht mit Lügen beantworten, wie ich es eigentlich beabsichtigt hatte. Aber ich werde Sie auch nicht mit der Wahrheit belasten. Es gibt da Dinge, über die ich nicht reden darf, Dinge, die Sie wahrscheinlich nicht wissen wollen. Lassen Sie mich Ihnen meine Bedingungen nennen, unter diesen Umständen, und dann wollen wir sehen, ob wir auf dieser Basis zu einer Einigung kommen können. Wenn nicht, dann trennen wir uns in friedlichem Einvernehmen.«

Marsh löste das Brustfleisch von seinem zweiten Brathuhn. »Reden Sie weiter«, meinte er. »Ich habe nicht vor zu gehen.«

York legte Messer und Gabel beiseite, stützte die Fingerspitzen gegeneinander und formte damit einen Spitzkegel. »Aus ganz persönlichen Gründen möchte ich der Herr eines Dampfbootes sein. Ich möchte auf diesem großen Fluß unterwegs sein, in allem Komfort und völlig ungestört, und zwar nicht als Passagier, sondern als Kapitän. Ich habe einen Traum, ein Ziel sozusagen. Ich suche Freunde und Verbündete, und ich habe Feinde, viele Feinde. Die Einzelheiten brauchen Sie nicht zu interessieren. Wenn Sie mich danach fragen, dann werde ich Ihnen irgendwelche Lügen erzählen. Also dringen Sie nicht in mich.« In seine Augen trat plötzlich ein harter Glanz, der jedoch sogleich wieder verschwand, als er lächelte. »Das einzige, worüber Sie Bescheid wissen müssen, Captain, ist mein Wunsch, ein Dampfboot zu besitzen und zu lenken. Wie Sie sicherlich längst bemerkt haben, bin ich kein Flußschiffer. Ich habe von Dampfbooten keine Ahnung, auch nicht vom Mississippi, bis auf das, was ich in ein paar Büchern gelesen habe und was ich in den Wochen erfahren konnte, die ich in St. Louis verbracht habe. Es ist ganz offensichtlich, daß ich einen Partner brauche, jemanden, der sich mit dem Fluß und den Leuten dort auskennt, jemanden, der die alltäglichen Dinge im Zusammenhang mit dem Boot regeln kann, so daß ich frei bin, meine eigenen Ziele zu verfolgen.

Dieser Partner muß auch noch über andere Eigenschaften verfügen. Er muß verschwiegen sein, da ich nicht möchte, daß mein Verhalten — welches, wie ich zugebe, manchmal etwas seltsam anmutet — zum allgemeinen Tagesklatsch wird. Er muß vertrauenswürdig sein, da ich ihm sämtliche Befehlsgewalt über unser Unternehmen überlassen will. Er muß Mut haben. Ich möchte keinen Schwächling oder abergläubischen Mann oder jemanden, der übermäßig religiös ist. Sind Sie ein religiöser Mensch, Captain?«

»Nein«, erwiderte Marsh. »Ich hab’ für die Bibelschwinger nie viel übrig gehabt, und sie für mich auch nicht.«

York lächelte. »Sehr pragmatisch. Ich brauche einen Pragmatiker. Ich brauche jemanden, der sich auf seinen Teil des Geschäftes konzentriert und mir nicht zu viele Fragen stellt. Ich lege großen Wert auf meine Privatsphäre, darauf, ungestört zu sein und in Ruhe gelassen zu werden, und wenn meine Aktivitäten manchmal seltsam oder widersinnig oder launenhaft erscheinen, dann möchte ich nicht, daß sie in Frage gestellt werden. Erkennen Sie meine Forderungen an?«

Marsh zupfte nachdenklich an seinem Bart. »Und wenn ich es tue?«

»Dann werden wir Partner«, sagte York. »Lassen Sie Ihre Linie von Ihren Anwälten und Angestellten verwalten. Sie werden mit mir auf dem Fluß unterwegs sein. Ich werde als Kapitän fungieren. Sie können sich Lotse, Maat, Co‐Kapitän oder was immer Sie wollen nennen. Die eigentliche Führung des Bootes überlasse ich Ihnen. Meine Befehle werden unregelmäßig erfolgen, aber wenn ich einen Befehl gebe, dann werden Sie dafür sorgen, daß er widerspruchslos ausgeführt wird. Ich habe Freunde, die mit uns reisen werden, in eigener Kabine und kostenlos. Möglicherweise halte ich es für angebracht, ihnen gewisse Aufgaben auf dem Boot zu übertragen, für die ich sie geeignet halte … Sie werden diese Entscheidungen nicht kritisieren. Es ist auch möglich, daß ich am Fluß andere Leute kennenlerne, mich mit ihnen anfreunde und sie ebenfalls an Bord hole. Sie werden sie willkommen heißen. Wenn Sie sich mit diesen Bedingungen einverstanden erklären können, Captain Marsh, dann werden wir gemeinsam reich und auf Ihrem Fluß in Luxus und Behaglichkeit unterwegs sein.«

Abner Marsh lachte. »Nun, schon möglich. Aber es ist nicht mein Fluß, Mister York, und wenn Sie glauben, wir könnten auf der alten Eli Reynolds in Luxus reisen, dann werden Sie eine unangenehme Überraschung erleben, wenn Sie erst mal an Bord kommen. Sie ist ein primitiver alter Eimer mit ziemlich heruntergekommenen Einrichtungen, und die meiste Zeit ist sie vollbesetzt mit Fremden, die per Deckspassage zu irgendwelchen seltsamen Orten unterwegs sind. Ich war schon seit zwei Jahren nicht mehr auf dem Boot — der alte Cap’n Yoerger steuert sie für mich — aber als ich das letztemal mit ihr unterwegs war, da hat sie ziemlich übel gestunken. Wenn Sie Luxus suchen, dann sollten Sie zusehen, daß Sie sich in die Eclipse oder die John Simonds einkaufen.«

Joshua York trank von seinem Wein und lächelte. »Ich hatte auch gar nicht an die Eli Reynolds gedacht, Captain Marsh.«

»Sie ist das einzige Boot, das ich besitze.«

York stellte das Weinglas auf den Tisch. »Kommen Sie«, sagte er, »brechen wir unser Gespräch hier ab. Wir können auf mein Zimmer gehen und dort die Angelegenheit weiter diskutieren.«

Marsh versuchte es mit einem schwachen Protest — das Planters’ House hatte eine ganz exzellente Dessertkarte, und die wollte er sich nicht entgehen lassen. Aber York ließ sich nicht umstimmen.

Yorks Zimmer war eine große, bestens eingerichtete Suite, die beste, die das Hotel zu bieten hatte und die gewöhnlich für reiche Plantagenbesitzer aus New Orleans reserviert war. »Setzen Sie sich«, sagte York im Kommandoton und dirigierte Marsh zu einem bequem aussehenden Sessel im Salon. Marsh nahm Platz, während sein Gastgeber in einer kleinen Seitenkammer verschwand und wenig später mit einer kleinen mit Eisenbeschlägen versehenen Kiste zurückkehrte. Er stellte sie auf einen Tisch und machte sich am Schloß zu schaffen. »Kommen Sie«, sagte er, aber Marsh hatte sich bereits erhoben und war hinter ihn getreten. York öffnete den Deckel.

»Gold«, hauchte Marsh leise. Er streckte eine Hand aus und berührte die Münzen, ließ sie durch seine Finger gleiten und genoß das Gefühl des weichen gelben Metalls, den Glanz und das Klingeln. Eine Münze führte er zum Mund und prüfte sie. »Echt«, meinte er und spuckte aus. Er warf die Münze zurück in die Kiste.

»Zehntausend Dollar in zwanzig‐Dollar‐Münzen«, erklärte York. »Ich habe noch zwei weitere Kisten wie diese sowie Kreditbriefe von Banken in London, Philadelphia und Rom über beträchtlich höhere Summen. Nehmen Sie mein Angebot an, Captain Marsh, und Sie bekommen ein zweites Boot, viel größer und prächtiger als Ihre Eli Reynolds. Oder vielleicht sollte ich lieber sagen, daß wir ein zweites Boot haben werden.« Er lächelte.