Выбрать главу

»Es tut mir so leid, daß du nicht mit uns kommen kannst – aber ich verstehe deine Gründe.« Anvar drückte Eliizars Hand. »Gute Reise, mein Freund. Paß auf dich auf – und auf Nereni.« Mit diesen Worten blickte er hinüber zu der kleinen Frau, die ganz in ihrer Nähe in ein Gespräch mit Aurian vertieft war. »Du hast eine ganz besondere Frau, Eliizar. Wenn du in den vor euch liegenden Tagen herausfindest, daß sie voller Überraschungen steckt, versuch zu verstehen, wie sehr sie sich in diesen letzten harten Monaten verändert hat.« Der Magusch grinste trocken. »Es ist seltsam – aber das gemeinsame Umherwandern mit Aurian hat anscheinend immer eine solche Wirkung auf die Leute.«

Eliizar schüttelte kläglich den Kopf. »Es wird mir sicher nicht leichtfallen, mich an die Veränderung zu gewöhnen. Wie sie einfach davongegangen ist, ganz allein, nach Aerillia – ausgerechnet meine furchtsame Nereni! Aber wie könnte ich böse auf sie sein?« Hilflos breitete er die Hände aus. »Ich hatte solche Angst, daß ihr etwas Schreckliches zugestoßen sein könnte oder …« Anvar konnte den Kampf in seinen Zügen sehen, als er versuchte, seine nächsten Worte auszusprechen. »Oder daß sie mich verlassen hätte wegen meiner Feigheit«, fuhr der Schwertmeister leise fort.

Anvar legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Du bist kein Feigling, Eliizar«, versicherte er dem älteren Mann. »Es gehört eine große Portion Mut dazu, seinen Ängsten ins Gesicht zu sehen, wie du es getan hast. Und unglücklicherweise bin ich davon überzeugt, daß du immer noch eine Rolle in den vor uns liegenden Kämpfen zu spielen hast.« Er hatte die erste Gelegenheit genutzt, um Eliizar beiseite zu nehmen und dem Schwertmeister von seinen Befürchtungen bezüglich eines Angriffs des rachsüchtigen Khazalim-Königs zu berichten.

Nun nickte Eliizar ernst – aber in seinem gesunden Auge stand ein Zwinkern, und Anvar war sicher, daß sich der alternde Krieger auf die Aussicht eines neuen Kampfes freute. »Ich werde deine Warnung nicht vergessen«, versicherte er dem Magusch. »Wenn er von der Wüste heranzieht, muß Xiang seine Armee durch unser Tal führen – eine ausgesprochen schmale Schlucht.« Er bleckte die Zähne und zeigte ein unbarmherziges Grinsen. »Wir mögen ihnen zwar zahlenmäßig unterlegen sein, aber unser Wald ist wie geschaffen für einen Hinterhalt – wir werden es mit ihnen aufnehmen, gleichgültig, wie viele sie sind! Wenn Xiang anrückt, werden wir ihm ein Willkommen bereiten, das er so bald nicht vergißt!«

»Du bist ein guter Mann, Eliizar!« Anvar schlug ihm auf den Rücken. »Vergiß aber nicht, daß zwei geflügelte Boten bei euch bleiben. Falls ihr also irgendwelche Schwierigkeiten habt, schickt einen Hilferuf nach Aerillia …«

»Wir brauchen keine Hilfe von diesen geflügelten Verrätern«, prahlte der Schwertmeister stolz. Wie Anvar fiel es ihm ausgesprochen schwer, Rabes Verrat zu verzeihen – aber der Magusch wollte auf keinen Fall, daß Eliizars Abneigung gegen die Himmelsleute ihn eines Tages sein Leben kostete.

»Hör mir jetzt gut zu«, begann Anvar mit fester Stimme. »Ihr werdet zahlenmäßig unterlegen sein, Eliizar, und zwar ganz deutlich. Laß dich von deinem Stolz nicht in die Irre führen …« Als Aurian sich näherte, brach er abrupt ab. Es lag ihm überhaupt nichts daran, daß sie sich auch noch wegen dieser Sache ängstigte. Glücklicherweise sprudelte Nereni gerade in diesem Augenblick einen Strom allerletzter Anweisungen hervor, die seine Worte übertönten.

»Und sieh zu, daß das kleine Kerlchen nicht naß wird«, sagte sie. »Und vergiß nicht, ihn warmzuhalten, Aurian – sag diesem Bohan, er soll ja aufpassen, daß der Kleine keinem Zug ausgesetzt wird. Und …«

»Mach dir keine Sorgen, Nereni«, protestierte Aurian mit einem Lächeln. »Er ist ein Wolf, vergiß das nicht – ein zähes kleines Ding! Aber keine Angst – wir werden uns so gut wie nur irgend möglich um ihn kümmern.« Dann wandte sie sich an Eliizar. »Alles fertig zum Aufbruch?«

Der Schwertmeister nickte. Der Abschied war kurz und traurig. Nereni schlang ihre Arme zuerst um Anvar, dann um Aurian, als wolle sie sie nie wieder loslassen, und weinte bittere Tränen. Dann riß sie sich mit dem ersten Fluch von ihnen los, den Anvar jemals von ihr gehört hatte, und rannte, dicht gefolgt von Eliizar, zu den wartenden Reitern hinüber.

Als die beiden ihre Pferde erreichten, sah Anvar eine hagere Gestalt, die immer noch ein wenig hinkte und sich jetzt aus der Traube der Zuschauer löste und Eliizar die Hände auf die Schultern legte, um ihn nach Kriegermanier in die Arme zu schließen. Neben sich hörte der Magusch Aurian vor Erleichterung seufzen. »Yazour hat also schließlich doch nachgegeben«, murmelte sie. »Ich bin ja so froh.«

Auch Anvar freute sich. Yazour hatte Eliizars Trennung von ihrer Gruppe mit tiefer Mißbilligung betrachtet. Er hatte den alten Krieger immer hoch geachtet, und deshalb hatte ihn die Schwäche des Schwertmeisters um so mehr enttäuscht.

Als die Gruppe der Khazalim hügelabwärts davonzog, ging der junge Krieger auf die Magusch zu. »Das wär’s dann also«, murmelte er.

»Yazour – bist du sicher, daß du ohne sie nicht allzu einsam sein wirst?« fragte Aurian. »Jetzt, da Eliizar und Nereni fort sind, hast du alle Landsleute bis auf Bohan verloren. Wenn du deine Meinung ändern und mit ihnen gehen möchtest – nun, Anvar und ich wären furchtbar traurig, dich zu verlieren, aber wir würden es verstehen.«

»Lady, hältst du mich für einen schmollenden Feigling?« Yazour machte ein beleidigtes Gesicht. »Ihr seid meine Kameraden – wo ihr hingeht, da gehe auch ich hin!« Mit diesen Worten wandte er sich ab und schritt steif davon.

Aurian seufzte und legte den Kopf an Anvars Schulter. »Ich mußte es doch sagen, oder?«

»Na ja«, tröstete Anvar sie, »ich glaube, das mußtest du.« Dann schlossen sich seine Arme fester um sie, und er genoß das Gefühl ihrer Nähe. »Yazour fühlt sich nur deshalb unbehaglich, weil Eliizar nicht mehr da ist. Er wird schon darüber hinwegkommen.« Plötzlich befiel ihn ein vages Gefühl von Unbehagen, und er blickte auf und über Aurians Schulter hinweg. Nicht weit von ihnen entfernt, am Rande des Dickichts, stand Parric und beobachtete sie. Der Gesichtsausdruck des kleinen Kavalleriehauptmanns war kalt und hart wie Stein. Als er Anvars Blick auffing, wandte er sich hastig ab und verschmolz mit dem Grün der Sträucher. Ein Schaudern lief das Rückgrat des Magusch hinab, kalt wie ein Finger aus Eis.

Drei Tage nach ihrer wunderbaren Errettung verlangte Hreeza, sehr zur Überraschung von Aurian und Shia, das Kind zu sehen, das ihr das Leben gerettet hatte.

»Bist du sicher?« erkundigte sich die Magusch zweifelnd, die mit Shia am Bett der alten Katze saß. Hreezas Worte hatten ihre Aufmerksamkeit mit jäher Plötzlichkeit erregt, denn Aurian hatte dem gemurmelten Gedankengespräch der beiden Katzen kaum Beachtung geschenkt. Sie hatte über die Ereignisse des vergangenen Tages nachgegrübelt, als sie und Anvar mit Nereni von Rabes geflügelten Trägern zum Turm von Incondor zurückgebracht worden waren.

In sehr kurzer Zeit hatten die Kameraden eine Unmenge von Dingen regeln müssen. Die beiden Magusch hatten Chiamh und Yazour, obwohl diese bitter protestierten, wieder Parrics Streitmächten unterstellt, denn der kleine Kavalleriehauptmann brauchte dringend Übersetzer für die so verschiedenartigen Menschen, die unter seiner Obhut zu der Festung der Xandim zurückreiten sollten. Aurian kicherte leise vor sich hin. Typisch Parric! Nur er konnte es fertigbringen, plötzlich über eine Rasse zu herrschen, deren Sprache er nicht mal beherrschte!

Nachdem sie sich voller Kummer von Nereni und Eliizar verabschiedet hatten, hatten die beiden Magusch dafür gesorgt, daß ihnen zwei geflügelte Kuriere folgten – für den Fall, daß irgendwelche unvorhergesehenen Dinge eintraten. Erst als das alles getan war, hatte Aurian Zeit gefunden, ihr Kind mitsamt seinen wölfischen Pflegeeltern herzuholen – und Bohan zu beschwichtigen, der fest entschlossen war, den kleinen Wölfling nicht mal für kurze Zeit allein zu lassen. Es war ihm jedoch keine andere Wahl geblieben, denn die geflügelten Träger waren nicht in der Lage, einen Menschen seiner enormen Größe zu transportieren. Statt dessen mußte der Eunuch Parric begleiten, und zwar auf dem stämmigen, gleichmütigen Pferd, das ihn schon den ganzen Weg durch die Wüste getragen hatte. Er würde die Magusch in der Feste der Xandim wiedersehen.