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Sie konnten hören, daß das Donnern der Hufe immer lauter wurde, während sich der Feind näherte. Mittlerweile war die kleine Armee bereits so nah, daß die beiden Magusch das Aufblitzen von Sonnenlicht auf nacktem Stahl sehen und die hochgewachsene Gestalt erkennen konnten, die an der Spitze der Feinde ritt; ihr silbernes Haar flatterte hinter ihr im Wind.

Vannor drängte sich durch die Schar der Xandim nach vorn. »Keine Angst, wenn der Wald sich an mich erinnert, wird er uns gewiß einlassen. Das möchte ich ihm jedenfalls raten.« Er trat einen Schritt nach vorn. »He!« schrie er so laut, daß eine kleine Schar erschrockener Vögel mit schrillen Schreien aus den Baumwipfeln aufstoben. »Ich bin es – Vannor. Laßt mich durch!«

D’arvans Gedanken überschlugen sich vor Schreck, als er Vannors Stimme hörte, während er auf den Waldrand zustürmte. Vannor war doch in Gefangenschaft – oder vielleicht nicht? Der Magusch hatte von Anfang an einen gewissen Argwohn gegenüber Bern gehegt. Hatte der elende Kerl die ganze Zeit über gelogen? Oder war das nur eine List, die der Erzmagusch ersonnen hatte, um sich so einen Weg in den Wald zu bahnen und das Schwert an sich zu reißen? D’arvan lief, so schnell er konnte. Er mußte es herausfinden – und zwar bald.

Aurian und ihre Gefährten standen mit dem Rücken zum Wald, während Eliseth und ihre Kohorten auf sie zustürmten. Parric sprang von seinem Pferd und stellte sich an Vannors ungeschützter rechten Seite auf. Die Hälfte der Xandim, von denen die meisten Pferdegestalt angenommen hatten, um schneller voranzukommen, schlüpften nun hastig wieder in ihre Menschengestalt und holten sich Bogen und Schwerter aus den Bündeln, die sie zuvor auf dem Rücken getragen hatten. Mit grimmigen Gesichtern sprangen sie auf jene ihrer Gefährten, die ihre Pferdegestalt nicht aufgegeben hatten, und wandten sich dem Feind zu. Iscalda stellte sich in Pferdegestalt mit Yazour auf dem Rücken dicht neben Aurian und ihren Bruder. Shia fauchte und streckte ihre Krallen aus, bevor sie vor den beiden Magusch in Position ging. Aurian, die auf Schiannath saß, zog ihr Schwert.

»Laß uns die Artefakte noch nicht benutzen – erst, wenn uns wirklich keine andere Wahl mehr bleibt!« rief sie Anvar zu. »Wo immer Miathan auch sein mag, es ist besser, wenn er nicht weiß, daß wir sie haben.«

Dann drehte sie sich zu dem Kaufmann um. »Vannor, was auch geschieht, du bleibst hier. Versuch weiter, daß wir in den Wald gelangen, koste es, was es wolle.«

Das Windauge, das Sangra auf seinem Rücken getragen hatte, wieherte schrill und warf den Kopf zurück. Als die Frau von seinem Rücken hinunterglitt, nahm er seine Menschengestalt wieder an. »Herrin – laß mich …« Er trat vor Eliseths heranstürmende Truppe und fuhr schnell mit den Händen durch die Luft. Die Pferde, die in der ersten Reihe ritten, bäumten sich wiehernd auf und warfen ihre zu Tode erschrockenen Reiter ab, als sich die Gestalt von Chiamhs Dämon vor ihnen materialisierte. Die geordnete Struktur des Vormarschs löste sich auf, Pferde wurden gegeneinander geschleudert, und Männer flohen mit lauten Entsetzensschreien auf den Lippen.

Nur Eliseth ließ sich von der Vision nicht beeindrucken. »Kommt zurück, ihr Narren!« schrie sie und riß den Kopf ihres in panischer Angst steigenden Pferdes so gnadenlos herum, daß dem Tier das Blut aus dem zerrissenen Maul tropfte. »Da ist nichts! Das ist nur eine Illusion!« Plötzlich schaute sie an Chiamh vorbei und erblickte Vannor, und ihr Gesicht wurde weiß vor Zorn. »Wie?« zischte sie. »Wie bist du mir entkommen, Sterblicher? Nun, noch einmal wird dir das nicht gelingen!«

Sie hob die Hand, griff nach den sich zusammenballenden Wolken und ließ einen zischenden Lichtblitz auf das ungeschützte Windauge hinunterkrachen. Aurian, die sich schneller bewegte als je zuvor in ihrem Leben, riß um Chiamh herum einen magischen Schild in die Höhe, so daß der Blitz an der Barriere abprallte und sich in einen Schauer prasselnder Funken auflöste. Aber da der Schild auch Chiamhs Kräfte blockierte, verschwand der Dämon abrupt, und die Angreifer faßten neuen Mut.

Anvar hatte in der Zwischenzeit seinen eigenen Kraftstoß auf die Wettermagusch losgelassen und sie auf diese Weise gezwungen, ihren Angriff einzustellen und sich selbst mit einem Schild zu umgeben, bis der Hauptmann der Söldner sich vom Boden aufgerappelt, seinen Bogen vom Rücken gezogen und Pfeil um Pfeil auf seine Feinde abgeschossen hatte, die nach wie vor vor der undurchdringlichen Mauer des Waldes in der Falle saßen. Zwei, drei, vier der Xandim schrien auf und fielen.

Nachdem der gegnerische Hauptmann seinen Soldaten hastig einige Befehle zugebrüllt hatte, folgten diese seinem Beispiel, und binnen weniger Sekunden ergoß sich ein tödlicher Pfeilhagel über die Xandim, so daß die beiden Magusch gezwungen waren, ihre Schilde aufzubauen, um ihre Gefährten zu schützen.

Jetzt, da sowohl Aurian als auch Anvar in eine Verteidigungsposition gedrängt waren, war die Wettermagusch wieder frei, selbst zu handeln. Wieder und wieder ließ sie ihre tödlichen Energiestrahlen auf die schwache Barriere der Schilde prasseln, während immer mehr Pfeile auf Aurian und ihre Gefährten niedergingen. Schiannath und Esselnath zeigten bemerkenswerten Mut, indem sie mit den beiden Magusch auf dem Rücken keinen Zentimeter zurückwichen, obwohl sie mit den Augen rollten und angesichts des Ansturms von Magie zitterten, der für sie, solange sie in Pferdegestalt waren, besonders erschreckend war. Die weiße Stute Iscalda stand tapfer neben ihrem Bruder.

Obwohl der Mut ihrer Gefährten Aurian das Herz wärmte, griff doch immer stärker Verzweiflung nach ihr. Trotz der Tatsache, daß sie und Anvar zu zweit waren, waren sie durch die Notwendigkeit gehemmt, so viele andere zu beschützen. Da die beiden Magusch überaus große Schilde errichten mußten, damit alle ihre Gefährten dahinter Platz fanden, war die magische Barriere so dünn, daß sie unter dem unablässigen Ansturm ihrer Feinde immer schwächer wurde und bereits zu schwinden begann.

Mit grimmiger Entschlossenheit hielten Aurian und Anvar jedoch aus, bis ihnen zu ihrem Entsetzen klar wurde, daß Eliseth ihnen mit einer immer größer werdenden Kraft begegnete. Woher hat sie diese Kraft nur? dachte Aurian verzweifelt – und dann spürte sie plötzlich die wogende, kaum kontrollierbare Macht der Hohen Magie.

»Anvar!« flüsterte sie, und ihre Stimme brach fast vor Entsetzen. »Sie hat den Kessel!«

»Warum gebt ihr nicht einfach auf?« verhöhnte Eliseth sie, während der Triumph in ihren Augen aufblitzte und ihr makellos schönes Gesicht von einem hämischen Grinsen verzerrt wurde. »Ihr mitleiderregenden, weichherzigen, rückgratlosen Narren! Ihr könnt euren Schild nicht mehr lange aufrechterhalten. Wenn ihr jetzt nachgebt, werde ich das miserable Leben des Pöbels in eurem Gefolge vielleicht verschonen. Miathan hat immer Verwendung für weitere sterbliche Sklaven.«

»Du kannst Pferdemist fressen, du stinkender, verlauster Knochensack!« fauchte Shia, indem sie ihre Gedankenstimme der Wettermagusch entgegenschleuderte. »Mögen die Maden sich an dem laben, was du als dein Gehirn bezeichnest!«

Eliseth zuckte zusammen, als die Beschimpfungen der Katze unerwartet in ihren Gedanken widerhallten. Ihr magischer Angriff geriet für einen Augenblick ins Wanken, während sie die Reihen ihrer Feinde absuchte, um herauszufinden, von wem die Botschaft gekommen war.

Aurian, die viel zu beschäftigt damit war, sich auf ihren Schild zu konzentrieren, um selbst eine passende Antwort geben zu können, warf Shia aus den Augenwinkeln einen Blick zu. »Sehr hübsch«, murmelte sie. »Ich hätte es nicht besser ausdrücken können.«

Das was alles, wofür sie Zeit hatte, bevor Eliseth, blaß vor Zorn über die Beleidigung, ihren Angriff mit doppelter Kraft wieder aufnahm und weiße Energiestrahlen auf die magische Barriere abschoß, die langsam zu qualmen begann und Funken sprühte.

Anvar drehte sich mit angespannter Miene zu Aurian um. »Wir können das nicht mehr lange durchhalten – nicht gegen den Kessel.« Er sprach durch zusammengebissene Zähne. »Wir werden bald gezwungen sein, die Artefakte einzusetzen.«