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»Aber wer ist das?«, fragte Cannon und wandte sich direkt an den jungen Mann, der, den Strohhut in der Hand, sichtlich aufgewühlt vor ihm stand. »Wie heißt du, Junge?«

»Bo, Sir, Massa Cannon«, stotterte der Sklave.

»Guter Feldarbeiter«, warf Major Knox ein. »Stark wie ein Bulle und wächst immer noch. Nicht wie der alte Conny hier. Wie alt bist du jetzt, Conny?«

»Bin um die vierndreißig herum, Massa Knox«, antwortete der Kutscher dienstbeflissen und flocht fröhlich einen kleinen Scherz an: »Wenn stimmt, was meine Mama gesagt hat.«

»Dafür kann er gut mit Pferden, das weißt du genau, Knox. Der ist seine zwei Feldarbeiter wert«, sagte Major Cannon verärgert.

»Und hat eine Frau, nicht wahr?«, erwiderte Knox und sah den Kutscher fragend an. »Und zwei Kinder?«

»Zwei Jungs, ja, Massa, Sir. Danke, dass Sie sich erinnern«, sagte Cornelius.

»Die will ich alle haben, wenn ich gewinne, Cannon. Wär unchristlich, ’ne Familie auseinanderzureißen!«

»O danke, Massa Knox, sind ein wahrer Christ, Sir, wirklich!«

»Das will ich meinen, Conny«, sagte Knox wie selbstverständlich. »Also, Cannon, traust du dich oder kneifst du?!«

»Vier Nigger, darunter ein Kutscher vor dem Herrn«, entrüstete sich Major Cannon trotz all seiner Zuversicht. »Und all das für den da?!« Er trat zu dem jungen Feldarbeiter. »Mach mal den Mund auf, Junge!«

»Herrgott, Cannon! Nicht vor den Frauen.« Knox winkte die kleine Gruppe verärgert hinter die inzwischen abgeladenen Wagen, obwohl der Rest der Gesellschaft an dem ganzen Vorgang so wenig Interesse nahm wie an einem Pferdehandel.

»Machen wir’s richtig«, sagte Cannon, nachdem er dem Jungen hinter den Wagen ausführlich in den Mund gesehen hatte. »Zieh deine Sachen aus, Bo!«

Der junge Schwarze blickte ungläubig zu seinem Herrn und Meister, der aber nur verächtlich nickte. »Mach schon, Junge. Major Cannon hält uns sonst für Betrüger!«

Mit zitternden Händen ließ Bo seinen Hut fallen, zog sein Hemd aus und nestelte dann umständlich an seiner Hose. Fünf Sekunden später stand er nackt auf Sassafras Ridge, mitten in einer Picknickgesellschaft und nur eine Wagenbreite von dem fröhlichen Treiben entfernt.

»Heb die Arme!«, befahl Cannon. »Ja, so. Jetzt dreh dich um!« Mit einem wohlwollenden Nicken betastete er die Schultern und die eindrucksvolle Rückenmuskulatur des jungen Sklaven. Vor allem das Fehlen jeglicher Narben ließ ihn die Augenbrauen hochziehen.

»Ja, da guckst du, Johnny«, freute sich Major Knox. »Meine Schwarzen brauchen keine Peitsche! Alles brave Jungs, gute Christen!«

»Halleluja!«, sagte Bo leise, aber so prompt, wie es ihn achtzehn Jahre auf der Knox-Plantage gelehrt hatten. Cannon klatschte ihm hart auf die kräftigen Hinterbacken wie einem Ackergaul. »Bück dich, Junge!«

Unter dem Wagen, zwischen den Radspeichen hindurch, sah Bo, dass die weißen Frauen und Mädchen sich auf den mitgebrachten Decken niedergelassen hatten und die jungen Männer die Damen bedienten, ihre Gläser mit Wasser und Limonade füllten, ihnen Hähnchenschenkel und Obst reichten, während die kleineren Kinder am Hang des Hügels nach Schmetterlingen und Raupen jagten.

Major Cannon hatte inzwischen festgestellt, dass Bo weder Läuse noch Würmer bei sich trug, und ein prüfender Blick auf seine prallen, runden Hoden hatte ihm außerdem gesagt, dass er nicht nur einen guten Feldarbeiter, sondern auch einen erstklassigen Zuchtnigger bekommen würde. Nur pro forma, weil es eben zur Vollständigkeit der Prozedur gehörte, ließ er den Jungen dann noch einige Male aufund abhüpfen, wobei Bo nicht verhindern konnte, dass sich infolge der Bewegung, der Anwesenheit der weißen Frauen und seiner ganzen achtzehnjährigen Aufgeregtheit binnen weniger Sekunden sein Glied versteifte.

Die Gentlemen störte das jedoch so wenig, als wenn er ein Esel wäre, und Major Cannon sagte nur belustigt: »Mit dir werden meine schwarzen Kühe viel Spaß haben, Bo!« Dann wandte er sich mit ehrlicher Anerkennung an seinen Rivalen. »Du hast zwar keine Ahnung von Dampfschiffen, Tom Knox, aber wie man Nigger züchtet, das hast du raus.« Nach einer kleinen Kunstpause fügte er hinzu: »Und deine Wettschulden zahlst du wie ein Gentleman!«

Major Knox ließ sich durch diese Komplimente zu einem verkniffenen Lächeln hinreißen, und mit einem kurzen, festen Händedruck war der Handel oder zumindest die Wette besiegelt.

»Sie kommen, sie kommen!«, riefen in diesem Moment die Kinder, die am Hügel gespielt und zum Mississippi hinabgeblickt hatten. Mit wehenden Rockschößen folgten die beiden Gentlemen den Stimmen zum Fluss, und Bo, zu Tränen beschämt, überlegte, ob es ihm wohl erlaubt sei, zumindest seine Hose wieder anzuziehen.

Oben auf Sassafras Ridge stand seit Stunden die Sonne zwischen den hohen, duftenden Bäumen, waren die Grasbüschel so trocken wie Stroh und einzelne flache Steine so heiß, dass man Eier darauf hätte braten können. Aber gerade als hätte die Sonne alle Feuchtigkeit aus dem Land, den Feldern, den Hügeln in den weit unten liegenden Flusslauf geschoben, schwebten über dem Mississippi noch immer einzelne Nebelschwaden. Stromabwärts, aus der großen, fast vierzig Meilen langen Flussschleife von New Madrid herauskeuchend, löste sich jetzt ein einzelnes Dampfschiff aus diesem leichten Dunst.

Noch war kein Name auszumachen, auch durch die Fernrohre nicht, die die beiden zahlenden Anführer der Kentucky-Miliz natürlich keinen Moment aus der Hand gaben, sosehr ihre Kinder auch darum bettelten. Aber nach etwa zehn Minuten, als das Schiff nicht mehr in einem so spitzen Winkel auf die Beobachter zuhielt, murmelte Major Knox: »Jesus, Maria und Josef! Es ist die Eclipse

»Du träumst, Knox!«, sagte Major Cannon in den nächsten Minuten noch mehrmals, während er immer stärker erblasste. Schließlich konnte keinerlei Zweifel mehr bestehen, und er ließ das Fernrohr sinken. Unter ihnen lief die Eclipse unter Volldampf nach Norden.

Der eben noch so beherrschte, würdig-rundliche Major Knox hatte das jetzt nutzlose Fernrohr längst an seine Nachkommen weitergegeben und hüpfte herum wie ein Gummiball. »Die Eclipse!«, schrie er. »Ein Hurra der Eclipse! Jesus! Jesus!« Er warf seinen Hut in die Luft, riss sich den Rock vom Leib – wobei mehrere Knöpfe absprangen und später im hohen Gras nicht mehr gefunden werden konnten – und schwenkte ihn dann begeistert über seinem Kopf herum wie eine Flagge.

Als Antwort auf diesen spontanen, gut sichtbaren Freudenausbruch ließ die Eclipse ihre Signalhörner aufheulen, und der Jubel des Knox-Clans durchbrach daraufhin alle von der menschlichen Vernunft gesetzten Grenzen. Ihr wohlbeleibter Häuptling lag schließlich japsend und keuchend auf dem Rücken wie ein Maikäfer und weinte Freudentränen.

»Zieh deinen Nigger aus, Cannon!«, seufzte er schließlich, als er sich wieder ein wenig gefasst hatte.