»Hallo, wie geht’s euch allen.« Noch mehr von dem berühmten Lächeln. »Wo kommt ihr alle her?«
Und wir antworteten »Arkansas«, »Kalifornien«, »M-Massachusetts«, »Oregon«, und bei jedem lächelte er und nickte anerkennend und vergnügt, und Rosalynn lächelte auch und sagte »Hallo, hallo!«, aber mit jenem entrückten Blick, den ich schon während der Jahre seiner Amtszeit bemerkt hatte und der besagte, wenn’s nach ihr ging, könnten wir alle genauso gut dort sein, wo der Pfeffer wächst. Jimmy schüttelte nacheinander jedem von uns die Hand — bis Buddha an der Reihe war.
»Das ist unser Führer, B-Badim Badur«, sagte ich. »Er spricht kein Englisch.«
»Ich verstehe«, sagte Jimmy. Und er nahm Buddhas Hand und schüttelte sie kräftig.
Ich hatte mich entschlossen, Buddha keine Handschuhe anzuziehen, eine Entscheidung, die ich nun ernsthaft bedauerte. Hier hatten wir einen Mann, der in seinem Leben mindestens eine und vielleicht sogar zehn Millionen Hände geschüttelt hatte; wenn es einen Experten auf der Welt fürs Händeschütteln gab, dann ihn. Und kaum hatte er Buddhas lange, knochige Hand ergriffen, wußte er, daß etwas nicht in Ordnung war. Ein paar Furchen gesellten sich zu dem Netzwerk von Falten um seine Augen, und er betrachtete Buddhas eigentümliche Aufmachung genauer.
Ich fühlte, wie der Schweiß aus meiner Stirn quoll und sie bedeckte. »Äh, Badim ist etwas schüchtern«, sagte ich, als der Yeti plötzlich grunzte.
»Naa-maas-taii«, sagte er mit heiserer, rauher Stimme.
»Namaste!« erwiderte Jimmy und grinste das berühmte Grinsen.
Und das, Leute, war das erste belegte Gespräch zwischen Yeti und Mensch.
Natürlich hatte Buddha nur versucht, uns zu helfen — nach dem, was später geschah, bin ich mir dessen ganz sicher —, doch obwohl wir alle es so gut wie möglich zu verbergen versuchten, hatte seine Sprachfähigkeit uns offensichtlich ziemlich überrascht. Als Ergebnis schickten die Jungs vom Geheimdienst sich an, uns einer noch genaueren visuellen Untersuchung zu unterziehen, allen voran Buddha.
»Äh, wollen wir diese netten Leute nicht aufhalten«, sagte ich zitternd und nahm Buddha am Arm. »Schön, Sie kennengelernt zu haben«, sagte ich zu den Carters. Wir alle verharrten einen Augenblick lang. Es erschien mir unhöflich, vor dem ehemaligen Präsidenten der Vereinigten Staaten eine Treppenflucht hinabzugehen, aber die Leute vom Secret Service wollten uns verdammt nochmal nicht über ihnen haben, und so ging ich schließlich voran, Buddha am Arm festhaltend.
Wir erreichten ohne Zwischenfall das Foyer. Sarah unterhielt sich angeregt mit den Leuten vom Geheimdienst, die direkt hinter uns waren, und lenkte ihre Aufmerksamkeit sehr erfolgreich ab, wie ich annahm. Es hatte den Anschein, daß wir das Hotel ohne weitere Zwischenfälle verlassen könnten, als die Türen der Kasinobar aufschwangen und Phil Adrakian, J. Reeves Fitzgerald und Valerie Budge herauskamen. (Hat da jemand was von Timing gesagt?)
Adrakian erfaßte die Situation auf einen Blick. »Sie entführen ihn!« rief er. »He! Kidnapping!«
Na ja, man hätte den Agenten vom Secret Service genauso gut Stromkabel anlegen können. Zwar ist es nicht ganz einsichtig, warum jemanden einen Ex-Präsidenten ermorden wollte, aber als Geisel für Lösegeld oder was auch immer wäre er hervorragend geeignet. Sie bewegten sich wie Mungos, um zwischen uns und die Carters zu kommen. Freds und ich versuchten, Buddha zur Vordertür herauszubekommen, ohne dabei die Beine zu bewegen; wir machten natürlich keinen großen Fortschritt, und ich bezweifle, daß wir aus dem Hotel herausgekommen wären, wäre Sarah nicht gewesen. Sie sprang direkt vor den anstürmenden Adrakian und stellte sich ihm in den Weg.
»Du bis der Kidnapper, du Lügner!« rief sie und gab ihm eine so deftige Ohrfeige, daß er taumelte. »Hilfe!« verlangte sie von den Jungs vom Geheimdienst, lief rot an und stieß Valerie Budge gegen Fitzgerald. Sie sah so zerzaust und mit genommen und wunderschön aus, daß die Agenten ver wirrt waren; die Situation war ihnen keineswegs klar Freds, Buddha und ich sprangen zur Tür hinaus und gaben Fersengeld.
Unser Taxi war weg. »Scheiße«, sagte ich. Keine Zeit zum Nachdenken. »Die Fahrräder?« fragte Freds.
»Ja.« Keine andere Wahl — wir liefen um das Gebäude und schlossen unsere beiden Fahrräder auf. Ich stieg auf meins, und Freds half Buddha auf das kleine eckige Gestell über dem Hinterrad. Vor dem Hotel erklangen Schreie, und ich glaubte, Adrakians Stimme herauszuhören. Freds stieß mich von hinten an, und wir fuhren los; ich stand auf, um besser in die Pedale treten zu können, und wir schwankten gefährlich hin und her.
Ich fuhr die Straße nach Norden entlang. Sie war etwas breiter als einspurig und zur Hälfte gepflastert. Wie üblich herrschte dichter Fahrrad- und Autoverkehr, und es hielt mich ganz schön in Trab, Fahrzeugen und Schlaglöchern auszuweichen, mich nach Verfolgern umzudrehen und zu verhindern, daß das Fahrrad unter Buddhas sich ständig verlagerndem Gewicht umkippte.
Es handelte sich um ein übliches Mietmodell aus Katmandu, Marke Hero Jet: schweres Gestell, dicke Reifen, niedrige Lenkstange, ein Gang. Es bremste, wenn man rückwärts trat, und hatte eine Handbremse und eine große laute Klingel, ein sehr wesentliches Zubehörteil. Es war kein besonders schlechtes Exemplar, insofern die Handbremse funktionierte, die Lenkstange nicht locker war und sich keine Feder aus dem Sitz in meinen Arsch bohrte. Aber ein Hero Jet ist nun mal leider ein Fahrrad für eine Person. Und Buddha war kein Leichtgewicht. Er war wie eine Katze gebaut, dicht und kompakt, und ich wette, er wog über zweihundert Pfund. Sein Gewicht drückte das Hinterrad platt — zwischen der Felge und dem Boden lag gerade mal ein halber Zentimeter, und jedesmal, wenn ich versehentlich durch ein Schlagloch fuhr, erklang beim Herausfahren ein häßliches Wumtn.
Also brachen wir keinen Geschwindigkeitsrekord, und als ich nach links auf die Dilli Bazar abbog, rief Freds von hinten: »Sie sind hinter uns her! Siehst du, da ist Adrakian mit ein paar anderen in einem Taxi!«
Und in der Tat, ein paar hundert Meter hinter uns hing Phil Adrakian aus dem Seitenfenster eines kleinen weißen Tojota-Taxis heraus und schrie uns etwas hinterher. Wir strampelten zur Dhobi-Khoba-Brücke und schossen an der Hauptniederlassung der Einwanderungsbehörde vorbei, bevor mir ein paar Worte einfallen konnte, mit denen ich die Menge dort vielleicht auf die Straße locken konnte. »Freds!« sagte ich keuchend. »Lenke sie ab! Halte den Verkehr auf!«
»Sofort.« Augenblicklich bremste er mitten auf der Straße, sprang ab und warf seinen Hero Jet zu Boden. Das dreirädrige Taxi hinter ihm rollte darüber, bevor der Fahrer anhalten konnte. Freds schrie Zeter und Mordio, zog das Fahrrad darunter hervor und warf es unter einen Datsun, der in die andere Richtung fuhr, es zermalmte und mit kreischenden Reifen anhielt. Weiteres Zeter und Mordio von Freds, der hin und her lief, die Fahrer aus ihren Fahrzeugen zerrte und ihnen alle nepalesischen Begriffe an den Kopf warf, die ihm bekannt waren: »Tschiso howa!« (Kalter Wind.) »Tato pani!« (Heißes Wasser.) »Rhamrao dihn!« (Schöner Tag.)
Ich erhaschte nur ein paar kurze Blicke darauf, während ich weiterfuhr, sah aber, daß er mir etwas Zeit verschafft hatte, und konzentrierte mich darauf, dem Verkehr auszu weichen. Die Dilli Bazar ist eine der verstopftesten Straßer in Katmandu, und das will schon einiges heißen. Die bei den schmalen Fahrspuren werden von dreigeschossiger Gebäuden umsäumt, die Lebensmittelmärkte und Stoffgroßhändler beherbergen und sich direkt zur Straße Öffner und dort ihre Registrierkassen und so weiter aufgebaut haben, trotz der Tatsache, daß die Straße von zahlreicher Lastwagen befahren wird. Dazu noch die üblichen Hunde Ziegen, Hühner, Taxen, jungen Schulmädchen, die zumeist zu dritt nebeneinander gehen, die Arme verschränkt, Peditaxen mit zwei Meter großen Chauffeuren, die mit fünf Stundenkilometern ganze Familien befördern, und gelegentlich eine daherschleichende heilige Kuh, und Sie können sich in etwa vorstellen, wie es hier zugeht. Nicht nur das, dazu kommen noch die gewaltigen Schlaglöcher — manche könnte man für offene Einsteigelöcher halten.