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Wie konnte er den Mann dazu bringen, den Mund aufzumachen? Geary griff zu einem erprobten Trick. »Haben Sie noch Familie auf Meddak?«

Der Syndik zögerte, als überlege er, ob er die Frage bedenkenlos beantworten konnte. Schließlich nickte er.

»Alle wohlauf?«

Das brachte ihn endlich zum Reden. »Nur meine Eltern. Meine Schwester starb, als Ikoni bombardiert wurde«, brachte der Syndik heraus. »Und mein Bruder starb vor fünf Jahren, als sein Schiff in einem Gefecht zerstört wurde.«

Geary verzog den Mund. Ein Bruder und eine Schwester im Krieg gefallen. Ein viel zu häufiges Schicksal in einem Krieg, der von blutigen Schlachten und von Bombardements ziviler Ziele geprägt war. »Das tut mir leid. Mögen sie in den Armen ihrer Vorfahren Ruhe finden.« Der Syndik reagierte mit Ratlosigkeit auf diese Beileidsbekundung. »Ich werde Ihnen etwas erzählen, und danach werden wir Sie und Ihre Crew wahrscheinlich freilassen. Ich will mir nicht die Arbeit machen, Ihnen zu erklären, dass Ihre Anführer Sie belogen haben, denn das belegt schon die Tatsache, dass Sie sich momentan auf einem Schiff befinden, das angeblich längst zerstört wurde. Nein, ich möchte Ihnen stattdessen zu verstehen geben, dass wir diesem Krieg auch ein Ende setzen wollen. Er hat schon zu viele Leben gefordert, ohne dass diese Opfer irgendetwas bewirken. Ihre Heimat ist vor der mir unterstellten Flotte sicher. Reisen Sie in ein beliebiges System, das wir auf unserem Flug hinter uns zurückgelassen haben, und Sie werden sehen, dass nur militärische Ziele oder solche Ziele zerstört wurden, die mit dem Militär zu tun haben. Die Allianz wird so lange und so erbittert kämpfen, wie es nötig ist, um die Sicherheit unserer eigenen Welten zu gewährleisten. Aber wir werden ehrbar kämpfen. Wenn Sie wollen, können Sie das jedem erzählen, dem Sie begegnen.«

Dann stand Geary auf und verließ den Raum, während der Syndik ihm nachblickte. Zurück im Beobachtungsraum fand er den Offizier vor, wie der sich bereits mit den Anzeigen beschäftigte. »Und?«

»Er glaubt Ihnen nicht«, sagte der Lieutenant.

»Das hatte ich auch nicht anders erwartet. Glauben Sie, wir können aus einem von ihnen noch irgendetwas Nützliches herausholen?«

»Nein, Sir.«

»Dann setzen Sie sie wieder in ihre Rettungskapsel und schicken Sie sie irgendwohin, wo sie in Sicherheit sind.«

»Jawohl, Sir.« Lieutenant Iger zögerte. »Captain Geary, das Personal, das sich die Rettungskapsel angesehen hat, meldet, dass billige Materialien und nachlässige Wartung für einige gravierende Systemausfälle gesorgt haben.«

»Das haben Sie überprüft?«, fragte er beeindruckt.

Der Lieutenant grinste. »Ja, Sir. Dieses Schiff rangierte wirtschaftlich ziemlich tief unten, aber sein Zustand verrät uns etwas über die Wirtschaftslage der Syndiks insgesamt.«

Geary nickte. »Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Rettungskapseln des Syndik-Militärs in einem ähnlich schlechten Zustand waren.«

»Stimmt, Sir«, bestätigte der Lieutenant. »Das Militär hat in jeglicher Hinsicht Priorität. Nur die Führungsebene wird noch einmal bevorzugter behandelt, wenn sie etwas will.«

»Das sollte mich eigentlich nicht überraschen. Können wir die defekten Systeme dieser Rettungskapsel reparieren?«

»Ich glaube schon, Sir.«

»Dann möchte ich, dass das erledigt wird, bevor die Kapsel wieder startet«, ordnete Geary an. »Die sollen wissen, dass sie allein durch unsere Hilfe in Sicherheit gelangen konnten.«

Der Geheimdienstoffizier salutierte und demonstrierte dabei, wie gut er die respektvolle Geste beherrschte, die Geary in der Flotte wieder eingeführt hatte. »Aye, aye, Sir. Aber diese Handelscrew besteht nur aus ein paar Leuten. Selbst wenn die Ihnen dankbar sind, wird uns das nicht weiterhelfen.«

»Vielleicht nicht.« Geary wandte sich zum Gehen, blieb dann jedoch noch mal stehen und drehte sich zu dem Mann um. »Aber wenn viele kleine Gruppen einsehen, dass wir nicht die Bösen sind, kann das durchaus etwas in Gang setzen. Möglicherweise können wir die Syndik-Führung ja ein wenig aus dem Gleichgewicht bringen. Außerdem gefällt es den Vorfahren manchmal, dass wir etwas für andere tun, ohne davon einen Nutzen für uns selbst zu erwarten. Meinen Sie nicht auch?«

* * *

Geary war zurück auf der Brücke der Dauntless und betrachtete die Bilder der Syndik-Mine, während seine Flotte sich mit 0,2 Licht ihrem Ziel näherte. Sie würden das Tempo der Flotte noch weiter reduzieren müssen, damit die Shuttles auf Landegeschwindigkeit verzögern konnten und nicht über ihr Ziel hinausschossen. Gleich neben diesem Bild zeigte ein virtuelles Fenster Colonel Carabali, die mit ernster Miene dreinschaute. »Der Landetrupp ist bereit, Sir.«

»Danke, Colonel.« Geary musterte Carabali eingehend. »Wollen Sie Ihre Leute begleiten?«

Carabali zögerte, da sein Angebot allzu verlockend war. »Ich sollte auf dem Schiff bleiben, Sir, um den Kampf vom Kontrollzentrum aus zu koordinieren.«

Schon eigenartig, dachte Geary. Wenn ein Flottenoffizier befördert wurde, änderte das wenig an den Risiken, denen er im Gefecht ausgesetzt war. Selbst der ranghöchste Admiral war genauso in Gefahr wie der einfachste Matrose, wenn das Schiff vom Feind beschossen wurde. Bei den Marines war es dagegen ganz anders. Wenn eine Eingreiftruppe auf einem Planeten oder einem anderen Schiff zum Einsatz kam, mussten die ranghöchsten Befehlshaber die nötige Disziplin besitzen, nicht persönlich ins Gefecht zu ziehen, sondern den Verlauf des Kampfs zu überwachen. Es war merkwürdig, dass im Fall eines Marine-Commanders mehr Disziplin und in gewisser Weise auch mehr Mut erforderlich waren, um nicht in die Schlacht zu ziehen. Sich dem Tod zu stellen, konnte leichter sein, als seine Truppen sterben zu sehen, während man selbst aus sicherer Entfernung zuschaute.

Dennoch entgegnete er nur: »Also gut, Colonel. Soll ich mich noch an Ihre Leute wenden, bevor die sich auf den Weg machen?«

Wieder zögerte Carabali, diesmal aber aus einem anderen Grund. »Sie stehen kurz vor dem Start, Sir. Jede Ablenkung wäre zu diesem Zeitpunkt möglicherweise unklug.«

Fast hätte Geary gelacht. Eine Ablenkung. Wenn das das Schlimmste war, was er an Problemen verursachen konnte. »Also gut, Colonel. Falls Sie irgendetwas benötigen, lassen Sie es mich sofort wissen. Ansonsten werde ich Sie in Ruhe lassen, damit Sie sich Ihrem Gefecht widmen können.«

»Danke, Sir«, erwiderte Carabali grinsend und salutierte präzise. Anders als der Rest der Flotte hatten die Marines den Salut nie aufgegeben, also musste auch keiner von ihnen die Geste erst erlernen. »Ich lasse es Sie wissen, wenn die Einrichtung in unserer Hand ist, Captain Geary.«

Das Bild des Colonels verschwand, und Geary lehnte sich seufzend in seinem Sessel nach hinten. In Augenblicken wie diesen fühlte er sich ausgesprochen hilflos. Die Schiffe waren mit der richtigen Geschwindigkeit auf Kurs, die Marines warteten einsatzbereit auf das Startsignal, und nun konnte er nur noch dasitzen, abwarten und darauf hoffen, dass nichts schiefging. Commander einer ganzen Flotte, und trotzdem bin ich den Gesetzen von Zeit und Raum nach wie vor unterworfen. Zu meiner Zeit kannte ich einige Befehlshaber, die glaubten, über diesen Dingen zu stehen, aber ich schätze, die haben in diesem Krieg nicht lange überlebt. Ich dagegen trieb im Kälteschlaf durchs All und wurde von der Allianz zu einer mythologischen Gestalt gemacht. Ich frage mich, wer von uns sich als der Glücklichere bezeichnen kann.