Danach waren sie alle zum Warten verdammt. Geary vertrieb sich die Zeit, indem er einmal mehr den Flottenstatus überprüfte. Die Hilfsschiffe hatten im Eiltempo neue Brennstoffzellen und Munition produziert, als wollten die Ingenieure die Fehler ausbügeln, die zur Knappheit an Spurenelementen geführt hatten. Aber auch ohne diesen Nachschub befanden sich die Kriegsschiffe der Flotte in einem guten Zustand, um in ein Gefecht zu ziehen, falls die Syndiks bei Daiquon warteten. Ausnahmen waren natürlich die Orion, die Majestic und die Warrior. Der größte Teil der bei Sancere erlittenen Schäden war jedoch inzwischen repariert worden, und die Leviathan, Steadfast, Dragon und Valiant waren wieder voll einsatzfähig.
Falls die Syndiks bei Daiquon auf sie warteten, war diese Flotte gewappnet.
»Captain Geary«, unterbrach Desjani seine Überlegungen, »die Flotte hat den Sprungpunkt nach Daiquon erreicht.«
»Gut, dann nichts wie weg von hier.« Wieder tippte er auf die Kommunikationstasten. »An alle Schiffe der Allianz-Flotte, wir springen jetzt nach Daiquon.«
Als die Flotte in den Sprungraum überwechselte und das Schwarze Loch namens Sendai von den Displays verschwand, war die Erleichterung an Bord der Dauntless so überwältigend, dass es Geary fast so vorkam, als hätte das Schiff selbst beruhigt aufgeatmet.
Vier Tage und ein paar Stunden bis Daiquon. Victoria Rione schaffte es, Geary die ganze Zeit über aus dem Weg zu gehen. Also arbeitete er weiter an Simulationen, die ihn aber nur frustrierten, da seine Schlachtkreuzer ein ums andere Mal explodierten.
Die Syndiks waren in Daiquon.
Genau vor dem Sprungpunkt.
Beim Anblick der Symbole für die feindlichen Schiffe, die urplötzlich auf dem Display des Sternensystems auftauchten, konzentrierte sich Geary zuerst auf zwei Schlachtschiffe und zwei Schlachtkreuzer, die offenbar vor dem Sprungpunkt ihre Kreise zogen.
»Die legen Minen!«, warnte Desjani.
Und die Flugbahn der Allianz-Flotte führte zum Teil in den Bereich, der bereits vermint war. Geary errechnete das Ausweichmanöver im Kopf. »Alle Einheiten der Allianz-Flotte: Manöver sofort ausführen. Drehen Sie nach Steuerbord vier null Grad, nach oben zwei null Grad.« Er drehte sich zu den Wachhabenden auf der Brücke um. »Zeigen Sie eine Markierung des Minenfelds auf dem Kurs an, dem diese Syndik-Schiffe gefolgt sein müssen!«
Vier große Kriegsschiffe. Gearys Augen huschten über das Display, um den Rest der Syndik-Streitmacht zu erfassen. Drei Schwere und fünf Leichte Kreuzer, ein Dutzend Syndik-Jäger. Vermutlich hatte man sie hergeschickt, damit sie die Sprungpunkte verminten, danach wären dann einige leichte Einheiten zurückgeblieben, um eine Meldung abzusetzen, falls die Allianz-Flotte in dieses System geflogen kam. Aber die Syndiks waren zu langsam gewesen, weshalb das Minenfeld erst teilweise ausgelegt worden war. Die Kriegsschiffe stellten an sich keine Bedrohung für die Allianz-Flotte dar, wenn Geary genug Zeit gehabt hätte, einen Angriffsplan auszuarbeiten. Doch so befand sich die feindliche Flotte unmittelbar vor ihnen, und beide Formationen schoben sich zu einem Wirrwarr ineinander, ohne dass Zeit blieb, sich die beste Vorgehensweise zu überlegen. »An alle Schiffe: Eröffnen Sie das Feuer auf die Syndik-Kriegsschiffe in Ihrer unmittelbaren Nähe!«
Ein Zerstörergeschwader war soeben aus dem Sprungpunkt gekommen und praktisch auf dem Schoß der zwei Kriegsschiffe gelandet. Die Zerstörer drehten hektisch bei und feuerten ihre wenigen Waffen ab, die wirkungslos an den massiven Schilden der feindlichen Kriegsschiffe verpufften. Die Syndiks erwiderten das Feuer, ihre Geschosse fraßen sich mühelos durch die vergleichsweise schwachen Schilde und bohrten sich durch die dünne Panzerung der Zerstörer. Die Kheten verging unter dem Sperrfeuer in einer Explosion, die Epee wurde in Stücke gerissen, die in verschiedene Richtungen davontrieben.
Die restlichen Zerstörer entgingen nur dadurch ihrer Vernichtung, dass ein Allianz-Geschwader aus Leichten Kreuzern aus dem Sprungraum kam und den Syndik-Kriegsschiffen geradewegs in die Arme flog. Die feindlichen Schiffe verlagerten ihr Feuer gierig auf die neuen Ziele, sodass die Glacis in Fetzen geschossen wurde und die Aegis sowie die Hauberk schwere Treffer einstecken mussten.
Mittlerweile waren aber die Schweren Kreuzer und die Schlachtkreuzer der Allianz in Reichweite gekommen, deren Schilde stark genug waren, feindlichem Beschuss standzuhalten, und deren Feuerkraft ausreichte, das Kräfteverhältnis augenblicklich zum Nachteil der Syndiks zu kippen.
Sechs Syndik-Zerstörer hatten die Schlachtschiffe eskortiert, aber gleich fünf von ihnen wurden ausgelöscht, als ein Schwarm Allianz-Zerstörer um die schweren Schiffe herumgeschossen kamen und die leichteren feindlichen Zerstörer ins Visier nahmen. Der letzte feindliche Zerstörer bemühte sich noch, die Flucht anzutreten, doch die Zeit reichte nicht zur Beschleunigung, bevor die Treffer ihn zerfetzten. Zwei Leichte Kreuzer versuchten, sich hinter den Schlachtschiffen zu verstecken, gerieten dabei aber zwischen drei Divisionen von Schweren Kreuzern der Allianz, die ihnen ein schnelles Ende bereiteten. Der einzelne Schwere Kreuzer der Syndiks wurde mit Tulevs kompletter Division aus Schlachtkreuzern konfrontiert und durch eine einzige Salve der riesigen Allianz-Schiffe zerstört.
»Erste, Zweite und Vierte Schlachtkreuzerdivision«, meldete sich Geary zu Wort. »Ignorieren Sie die Syndik-Schlachtschiffe und greifen Sie stattdessen die feindlichen Schlachtkreuzer und ihre Eskorten an.« Er betrachtete das Display und überlegte, wen er noch wohin beordern sollte. »Zweite, Fünfte und Siebte Schlachtschiffdivision, Sie nehmen sich die Syndik-Schlachtschiffe vor. Alle Schweren Kreuzer versuchen, die verbliebenen Eskorten rings um die gegnerischen Schlachtkreuzer zu attackieren. Alle leichteren Allianz-Einheiten: Sie feuern auf jedes Ziel, das sich Ihnen bietet.« Hier ging es weniger um Taktik als vielmehr darum, die feindliche Streitmacht so schnell wie möglich zu überrennen. In diesem Moment erschien ihm das als die beste Vorgehensweise.
Außerdem musste er verhindern, dass die Syndiks einen Verzweiflungsschlag gegen sie unternahmen. »Achte und Zehnte Schlachtschiffdivision, Sie bewachen die Hilfsschiffe. Sorgen Sie dafür, dass der Feind nicht bis zu ihnen vordringt.« Er wusste nicht, ob all diese Schiffe im Eifer des Gefechts seine Befehle befolgen würden, aber selbst wenn nur ein paar entsprechend reagierten, würde das schon für genügend Schutz sorgen.
Elf Allianz-Schlachtkreuzer drehten bei und nahmen Kurs auf die beiden Syndik-Schlachtkreuzer, gefolgt von einem Gewirr aus Schweren Kreuzern sowie Leichten Kreuzern und Zerstörern. »Beschleunigen auf 0,1 Licht«, befahl Captain Desjani. »Nach oben null fünf Grad, backbord null vier Grad. Alle Waffen auf die vorderen Syndik-Schlachtkreuzer ausrichten. Bereit machen zum Abfeuern der Phantome.«