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Plötzlich wurde Geary klar, wohin dieses Gespräch führen würde, und er konnte nur inständig hoffen, er möge sich irren.

»Wie dumm wäre es, wenn jemand mit Ihrem Talent — jemand, der diesen Krieg letztlich gewinnen könnte — sich der Kontrolle durch die Dummköpfe im Großen Rat und im Senat unterwürfe, die beide ihren Beitrag dazu geleistet haben, diesen Krieg immer weiter in die Länge zu ziehen?«, fragte Badaya. »Sie besitzen den Idealismus der Vergangenheit, mit dem wir gut gefahren sind, aber Sie müssen sehen, was in den letzten hundert Jahren zu Hause geschehen ist. Ja, die Politiker sollten den Menschen der Allianz Rechenschaft ablegen, aber seit Langem kümmern sie sich nur noch um ihre eigenen Interessen. Sie haben mit dem Schicksal der Allianz ebenso gespielt wie mit dem Schicksal des Militärs, das die Allianz verteidigt. Wie viele Zivilisten und Soldaten sind in diesem Krieg schon gestorben, der kein Ende nimmt? Nur weil gedankenlose Politiker sich in die Entscheidungen eingemischt haben, die rechtmäßig von denjenigen getroffen werden sollten, die an der Front ihr Leben riskieren.«

Geary schüttelte den Kopf. »Captain Badaya…«

»Hören Sie mir bitte erst zu. Sie können etwas bewirken. Sie können die Allianz vor Politikern retten, denen die Menschen der Allianz nicht mehr vertrauen und nicht mehr glauben. Wenn wir zurück in der Allianz sind, dann können Sie für sich die Autorität in Anspruch nehmen, die man benötigt, wenn man diesem Krieg mit seinem endlosen Blutvergießen ein Ende bereiten will. Die Menschen werden Black Jack Geary folgen, wenn er sie ruft.« Badaya nickte ernst, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Es gibt viele Commander in der Flotte, die so denken wie ich. Mich hat man gebeten, für sie zu sprechen und Ihnen zu versichern, dass unser Glaube an Sie nicht allein auf den Legenden basiert, die Sie umgeben. Und natürlich gibt es einige, die sich immer gegen Sie aussprechen werden, egal was Sie tun. Dieser Offiziere können wir uns annehmen, damit ein für alle Mal Ruhe herrscht.«

So deutlich war Geary noch nicht das Angebot unterbreitet worden, sich zum Diktator aufzuschwingen. Badayas Ausführungen genügten, um ihn des Verrats anzuklagen, doch Geary benötigte Offiziere wie ihn, wenn er die Flotte nach Hause bringen wollte. »Ich… weiß Ihre Worte zu schätzen, und ich… ich bin Ihnen dankbar dafür, wie Sie über mich denken. Aber ich kann nicht guten Gewissens in Erwägung ziehen, was Sie mir anbieten. Es widerspricht allem, woran ich als Offizier der Allianz glaube.«

Wieder nickte Badaya. »Ich hatte auch nicht erwartet, dass Sie das Angebot auf der Stelle annehmen würden. Sie sind viel zu umsichtig, um auf einen solchen Vorschlag einzugehen, solange Sie nicht gründlich darüber nachgedacht haben. Wir möchten Ihnen lediglich deutlich machen, was Sie tun könnten und welchen Rückhalt Sie in unseren Reihen genießen, damit Sie vor unserer Rückkehr ins Allianz-Gebiet in Ruhe nachdenken können. Wenn Sie erst einmal aus erster Hand erlebt haben, wie die Politiker im Rat und im Senat sich verhalten, werden Sie Ihre Einstellung schon noch ändern.«

»Captain Badaya, ähnliche Überlegungen wurden bereits von Captain Falco geäußert, allerdings mit dem Unterschied, dass er sich selbst als denjenigen sah, der die Macht ergreifen sollte.«

Badaya verzog den Mund. »Captain Falco hatte noch nie ein Problem damit, seine Selbsteinschätzung kundzutun. Das hat mir nie gefallen. Sie unterscheiden sich von ihm. So wie sich der große Sieg, den Sie bei Ilion errungen haben, von der verheerenden Niederlage unterscheidet, die Falco bei Vidha angerichtet hat.«

Sag es. Sprich es klar und deutlich aus. Er konnte nicht zulassen, dass irgendwer glaubte, er würde ernsthaft über dieses Angebot nachdenken wollen. »Captain Badaya. Ich bin nicht Captain Falco, und ich kann mir keine Situation vorstellen, in der ich mich bereit erklären würde, die Herrschaft über die Allianz an mich zu reißen.«

Es schien Badaya nicht zu stören. Vielmehr nickte er erneut. »Wir haben diese Antwort erwartet, immerhin sind Sie Black Jack Geary. Aber Black Jack Geary fühlt sich dem Wohl der Allianz verpflichtet, nicht wahr? Wir bitten Sie nur, darüber nachzudenken, wie viel Gutes Sie damit tun könnten. Die Menschen der Allianz brauchen Sie, Captain Geary, weil Sie sie genauso retten können, wie Sie es mit dieser Flotte tun. Als wir Sie aus der Rettungskapsel bargen, da habe ich das nicht für möglich gehalten, aber Sie haben mich dazu gebracht, dass ich daran glaube. Erwarten Sie keine Dankbarkeit von den Politikern, wenn Sie die Flotte nach Hause gebracht haben. Die werden Sie als einen Rivalen ansehen und alles tun, um Sie zu vernichten. Doch ich kann Ihnen versichern, es wird niemanden geben, der deren Befehl ausführt, Sie zu inhaftieren. Die Mehrheit der Flotte steht hinter ihnen. Ich danke Ihnen für Ihre Zeit, Sir.« Badaya salutierte und wartete, bis Geary die Geste erwiderte, erst dann löste er sich auf.

Geary ließ sich in seinen Sessel fallen und drückte die Handflächen gegen sein Gesicht. Verdammt. »Überlegen Sie mal, wie viel Gutes Sie damit tun könnten.« Vorfahren, bewahrt mich vor denen, die mich hassen, und vor denen, die mich bewundern.

Als ich herausfand, dass die Syndik-Bürger auf Baldur mit ihren Führern unzufrieden sind, da hielt ich das für eine großartige Neuigkeit. Vielleicht würden sich die Syndiks endlich gegen ihre Regierung erheben. Und nun muss ich hören, dass viele Offiziere der Allianz mit ihrer eigenen Regierung genauso unzufrieden sind.

Wäre es nicht eine unglaubliche Ironie, wenn beide Regierungen zusammenbrächen, weil ihre Bürger genug haben von diesem endlosen Krieg? Aber was sollte an ihre Stelle rücken? Viele kleine, untereinander zerstrittene Mächte, die jeweils aus ein paar Sternsystemen bestehen?

Was soll ich tun, wenn ich vor die Wahl gestellt werde, entweder diese Entwicklung zuzulassen oder mich zu dem Diktator aufzuschwingen, den Badaya und seine Freunde aus mir machen wollen?

Sechs

»Ich muss mit Ihnen reden.« Gearys Stimme hörte sich spröde an, als er ins Komm sprach. Er wusste das, aber er konnte nichts daran ändern.

Rione reagierte nicht.

»Verdammt noch mal, Madam Co-Präsidentin, es geht hier um die Allianz. Es geht um Black Jack.«

Ihre Stimme schnitt sich wie eine stumpfe Klinge durch sein Herz. »Ich werde darüber nachdenken, und jetzt lassen Sie mich in Ruhe.«

Geary beendete die Verbindung und starrte finster auf das gegenüberliegende Schott. Ein Teil seiner Flotte war im Begriff, gegen ihn zu rebellieren, ein anderer Teil wollte, dass er Verrat an der Allianz übte, und wieder andere akzeptierten ihn so, wie er war, und betrachteten ihn als anständigen, brauchbaren Kommandanten. Unwillkürlich grübelte er darüber, was die letzte Gruppe wohl tun würde, sollte Geary der Versuchung erliegen, die die zweite ihm schmackhaft zu machen versuchte. Würde sich seine Flotte in drei Lager spalten und sich untereinander bekämpfen?

Die Lage wäre eine völlig andere, wenn er nichts über die Hypernet-Portale wüsste und damit über die allzu reale Möglichkeit, dass die Allianz-Regierung vom zerstörerischen Potenzial der Portale erfuhr und sich entschied, dieses Potenzial gegen die Syndiks einzusetzen. Hier ging es nicht bloß um die Rettung der Allianz, sondern möglicherweise um das Überleben der gesamten menschlichen Rasse.

Er wusste nicht, ob er die Kraft besaß, sich der Versuchung zu widersetzen, vor allem wenn er nicht zu sagen vermochte, welches der richtige Weg war, wenn die Existenz der Menschheit auf dem Spiel stand.