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»Nach Vosta. Um mögliche Verfolger abzuschütteln.«

»Die Syndiks haben doch schon mehr als einmal erlebt, dass du einen solchen Haken schlägst.«

»Richtig.«

»Würden sie glauben, dass du dich für Kopara entscheidest?«

»Eher nicht. Sie müssten nur in zwei Sternensystemen je eine große Streitmacht postieren, und schon säßen wir in der Falle. Es wäre schön, wenn sie mich für so dumm hielten, aber darauf kann ich nicht bauen.«

Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. »Du hast es geschafft, uns nach Ixion zu bringen, und hier gefällt dir keine der Optionen, die dir zur Auswahl stehen.«

Fast hätte er sie angefaucht, doch dann wurde ihm klar, wie recht sie hatte. »Ich hatte gar nicht damit gerechnet, dass wir es bis Ixion schaffen würden. Ich dachte, die Syndiks reagieren schneller und wir müssten schon bei Daiquon unseren Vorstoß in Richtung Allianz abbrechen.«

»Und jetzt basiert dein Plan auf der Hoffnung, dass die Syndiks dich nicht für dumm halten? Sieh dich doch nur an! Du lässt dir von Falco Ratschläge geben! Falco war schon immer ein Idiot, und jetzt ist er auch noch ein geisteskranker Idiot!« Rione ging um das Display herum und vergrub das Gesicht in ihren Händen. »John, tu das nicht. Schick diese Flotte nicht nach Lakota.«

Nie zuvor hatte sie ihn nur mit seinem Vornamen angesprochen. »Die anderen Alternativen sind nicht so gut. Falls Lakota funktioniert…«

Rione warf ihm einen zornigen Blick zu. »Falls! Und falls nicht? Welche Möglichkeiten stehen dir dann noch offen?«

»Wir können einem Gefecht aus dem Weg gehen, das System durchqueren und ein anderes Ziel anfliegen.«

Sie ließ bestürzt den Kopf sinken. »Glaubst du wirklich, diese Flotte wird es zulassen, dass du ihr eine Schlacht verweigerst? Ja, nach den verheerenden Verlusten im Heimatsystem der Syndiks hat das geklappt, weil jeder so schockiert war, dass der Überlebensinstinkt den Kampfgeist vorübergehend gelähmt hatte. Aber wenn du bei Lakota einem Kampf aus dem Weg gehen willst, werden einige Schiffe ausscheren und auf eigene Faust den Kampf suchen. Und was soll dann sein?«

Diese Möglichkeit hatte Geary bislang nicht berücksichtigt. Nachdenklich sah er an Rione vorbei. »Du glaubst wirklich, einige von ihnen würden das wagen? Diejenigen, die wie Casia gegen mich arbeiten, machen auf mich nicht den Eindruck, als wären sie heldenhaft genug, um in ein aussichtsloses Gefecht zu ziehen.«

»Um die musst du dir keine Sorgen machen! Wofür haben die lebenden Sterne dir eigentlich ein Gehirn gegeben, John Geary?« Sie kam näher und packte ihn an den Armen. »Die größte Gefahr stellen diejenigen dar, die so sehr an dich glauben, dass sie dich zum Diktator machen wollen, die aber nicht genügend an dich glauben, um ihre Denkweise umzukrempeln! Frag die Offiziere, denen du am meisten vertraust. Roberto Duellos. Er wird es dir sagen. Sogar Tanya Desjani wird es dir sagen. Wenn du mir nicht glaubst, dann frag sie!«

Das alles klang durchaus überzeugend. »Ich schätze, es hat manchmal seine Vorteile, wenn man wie ein Politiker denkt.«

»Danke für das Kompliment — falls es eins war«, warf Rione ihm an den Kopf, entfernte sich aufgebracht ein paar Schritte von ihm und deutete auf das Display. »Wenn von denen keiner geglaubt hat, dass du dich für Kopara entscheidest…«

»Nein! Wenn wir in Kopara in eine Falle laufen, gibt es für uns keinen Ausweg mehr! Lakota lässt uns Möglichkeiten offen!« Er betrachtete das Display, dann schaute er wieder Rione an. »Warum hast du's nicht gesagt?«

»Was gesagt?«

»Warum hast du mir nicht damit gedroht, dass du den Schiffen der Callas-Republik und der Rift-Föderation sagst, sie sollen nicht länger meine Befehle ausführen?«

»Weil ich keine Drohungen ausspreche, von denen ich nicht sicher weiß, dass ich sie auch in die Tat umsetzen kann«, antwortete sie wütend. »Tu nicht so, als wüsstest du nicht, dass die Loyalität meiner eigenen Kommandanten gespalten ist. Egal was ich sage, viele von ihnen würden dir trotzdem folgen.«

»Tatsächlich?« Sein Erstaunen musste ihm anzusehen sein. »Ich habe nicht versucht, deren Loyalität zu unterwandern und…«

Rione stieß einen gellenden Wutschrei aus, kam auf Geary zu und stieß ihm die Faust gegen die Brust. »Hör auf, den Dummkopf zu spielen! Diese Leute glauben an dich, John Geary! Weil du die Flotte so weit vorangebracht hast und unterwegs einige bemerkenswerte Siege errungen hast! Sie glauben, du bist Black Jack und wirst sie und die Allianz retten. Sie halten dich nicht für einen Politiker, und in dem Punkt haben sie völlig recht. Aber du hast dir ihr Vertrauen verdient.« Mit dem Zeigefinger deutete sie wütend auf das Display. »Verspiel dieses Vertrauen nicht, indem du sie nach Lakota bringst!«

»Verflucht!« Er ließ sich in einen Sessel fallen und fühlte sich mit einem Mal müde und erschöpft. »Meinst du, ich verbringe nicht jede Minute des Tages damit, mir zu überlegen, was das Beste für all diese Menschen sein könnte, die mir ihr Vertrauen schenken?«

Ihr Zorn ebbte sichtlich ab, und schließlich betrachtete sie ihn mit erkennbarer Hilflosigkeit. »Und was wirst du machen?«

»Eine Konferenz einberufen und sehen, wie die anderen auf Lakota reagieren.«

»Die werden davon begeistert sein. Das ist genau der kühne Schachzug, den sie alle von Black Jack Geary erwarten.« Sie ließ sich ebenfalls in einen Sessel plumpsen.

Nachdem sie beide gut eine Minute lang geschwiegen hatten, fragte er plötzlich: »Hast du schon mal was von einem Geary-Komplex gehört?«

Rione hob den Kopf und zog eine Braue hoch. »Ja. Davon habe ich vor Jahren zum ersten Mal gehört, als ein Senator mit mir über Captain Falco sprach. Ist das jetzt auch bis zu dir vorgedrungen?«

»Mich wundert, dass du mir nie vorgehalten hast, ich würde an diesem Komplex leiden.«

»Man kann dir wohl nicht ernsthaft vorwerfen, dass du dir einbildest, Captain John Geary zu sein.«

»Ich vermute, mindestens ein Flottenarzt ist aber dieser Ansicht«, erwiderte er ironisch. »Ich begreife das nicht. Diesmal bist du anders.«

»Vielen Dank«, presste sie heraus. »Und wie soll ich das verstehen?«

»Nun, unter anderem hast du mich nicht vor den Gefahren gewarnt, die von Black Jack ausgehen. Und auch nicht davor, was passieren könnte, wenn ich tatsächlich anfange, mich für ihn zu halten.«

Sie zuckte mit den Schultern. »Davor habe ich dich schon wiederholt gewarnt, und du scheinst um diese Gefahren zu wissen. Wenn ich sie jetzt wieder ausspreche, führt das zu nichts.«

»Das hat dich bislang auch nicht davon abgehalten.«

»Vielleicht ist es an der Zeit, dich vor deinem deplatzierten Sinn für Humor zu warnen«, gab Rione in einem bedrohlichen Unterton zurück. »Willst du auf irgendetwas Bestimmtes hinaus?«

»Ja.« Er musterte sie wachsam. »Du sprichst dich vehement gegen Lakota als unser nächstes Ziel aus. Du glaubst, ich irre mich. Du glaubst, ich will womöglich nur dem Ruf von Black Jack gerecht werden. Aber du bist nicht vor Wut explodiert. Und du bist nicht aus meinem Quartier gestürmt, um mir dabei kaum verhüllte Drohungen an den Kopf zu werfen, was mir alles zustoßen wird, wenn ich anfange, mich wie Black Jack zu verhalten. Warum hast du das jetzt noch nicht gemacht?«

Sie zuckte mit den Schultern und sah zur Seite. »Vielleicht versuche ich ja, unberechenbar zu sein. Du denkst, ich tue etwas so, und weil ich weiß, dass du das denkst, mache ich stattdessen etwas anderes. Nur ist es in meinem Fall so, dass ich keine Dummheit begehe.«

»Du hast ja auch Sinn für Humor.« Dann fuhr er frei jeglicher Ironie fort: »Mal ernsthaft. Was ist vorgefallen?«

Es dauerte eine Weile, ehe sie die richtigen Worte für eine Erwiderung gefunden hatte. »Geradeheraus gesagt: Ich habe dich immer wieder nachdrücklich vor den von dir beabsichtigten Entscheidungen gewarnt, weil ich jedes Mal fest davon überzeugt war, im Recht zu sein. Aber genauso hat sich jedes Mal herausgestellt, dass ich mich geirrt habe und du recht hattest. Sancere ist meine bislang gravierendste Fehleinschätzung. Niemand vermag zu sagen, wo diese Flotte heute wäre, hättest du auf mich gehört. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass sie dann in einer besseren Verfassung wäre oder dass unser Feind größere Verluste erlitten hätte.«