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»Erstens hoffe ich darauf, und zweitens glaube ich, wir haben guten Grund zu der Annahme, dass diese Flotte hier eintreffen wird.« Zumindest ein plausibler Grund, der dieses Manöver rechtfertigte. »Wir müssen die Syndik-Flotte Bravo dazu zwingen, von sich aus wieder den Kampf mit uns zu suchen, weil wir sie mit Blick auf den Zustand unserer Brennstoffzellen nicht verfolgen und stellen können.« Mehrere Offiziere wandten sich den Kommandanten der Hilfsschiffe zu und warfen ihnen finstere Blicke zu, als ob einer von ihnen daran die Schuld trug. »Wenn wir die von Ixion kommende Streitmacht in ein Gefecht zwingen, werden wir sie schnell dezimieren können, und gleich danach können wir uns der Bravo-Flotte zuwenden, die herbeigeeilt kommt, um ihren Kameraden zu helfen.« Er zwang sich zu einem selbstsicheren Lächeln.

Tulev nickte noch gleichgültiger als üblich. »Wir müssen diese Syndik-Flotten eine nach der anderen besiegen. Wenn sie Gelegenheit bekommen, sich zusammenzuschließen oder ihre Angriffe zu koordinieren, dann geraten wir in eine sehr schwierige Situation.«

»Das ist jetzt nicht der Zeitpunkt für Zurückhaltung«, wandte Captain Casia ein. »Wenn wir kehrtmachen und die Flotte jagen, gegen die wir zuletzt gekämpft haben, können wir sie erledigen und uns anschließend den Rest vornehmen.«

»Bei dieser Jagd werden wir den letzten Rest unserer Brennstoffzellen aufbrauchen, und anschließend treiben wir im All und können uns von den Syndiks abschießen lassen«, konterte Duellos wütend. »So etwas nennt man Physik. Rechnen Sie die Zahlen doch mal selbst durch. Sie haben gerade ein Schlachtschiff verloren, weil Ihre Offizierin geglaubt hat, man könne tapfer mit intelligent gleichsetzen. Haben Sie aus dem Verlust der Paladin denn gar nichts gelernt?«

»Diese Flotte kämpft!«, beharrte ein anderer Offizier. »Wir laufen nicht vor dem Feind davon!«

»Eine taktische Neuordnung hat nichts mit Davonlaufen zu tun!«, erklärte Commander Gaes energisch. »Wir sind in Lakota, und wir haben ein Syndik-System angegriffen. Wie können Sie da behaupten, wir würden davonlaufen?«

»Wir sollten diesen Angriff noch einmal überdenken«, meldete sich plötzlich Commander Yin zu Wort.

Geary warf Yin einen fragenden Blick zu, da es ihn überraschte, dass sie auf einmal wieder etwas zur Konferenz beitrug, nachdem sie die letzten Male lieber geschwiegen hatte. Allerdings war da die Fraktion der Geary-Gegner auch von Captain Midea angeführt worden, die sich immer weiter in diese Rolle hineingesteigert hatte. Wäre ihm doch bloß deutlich geworden, worauf ihr Verhalten hinauslaufen sollte, dann hätte er sicher einen Grund gefunden, Midea vor der letzten Schlacht das Kommando zu entziehen. Aber er hätte das nicht tun können, wenn es als Versuch angesehen worden wäre, jemanden zum Schweigen zu bringen, der Dinge sagte, die Geary nicht hören wollte. Jetzt wandte er sich mit ruhiger, fester Stimme an Yin: »Erklären Sie das bitte.«

Yin sah sich nervös um. »Es ist doch offensichtlich, dass die Flotte durch einige Schiffe am Weiterkommen gehindert wird. Manche Schiffe können nicht so schnell fliegen wie der Rest.« Das stimmte grundsätzlich, dennoch wartete Geary ab, da ihm Commander Yin noch viel zu angespannt vorkam. »Einige Schiffe sind durch die Bauart bedingt langsamer, andere sind aufgrund der erlittenen Schäden vorübergehend nicht so schnell, beispielsweise auch meine Orion.«

Zahlreiche Offiziere musterten Yin argwöhnisch, da sie sich fragten, worauf das hinauslaufen sollte. Sie musste schlucken, redete dann aber hastig weiter: »Es ist doch offensichtlich. Wir müssen die langsameren Schiffe an einem sicheren Ort unterbringen, damit der Rest der Flotte ungehindert kämpfen kann.«

»Ein sicherer Ort?«, fragte Duellos.

»Ixion. Wir sind ohnehin in diese Richtung unterwegs. Fliegen Sie dicht an den Sprungpunkt heran, lassen Sie eine Formation mit den Hilfsschiffen und den beschädigten Schiffen nach Ixion zurückkehren, dann kann die Flotte leichter manövrieren und besser kämpfen.« Yin atmete auffallend schnell, ihr Blick war auf ihre Hände gerichtet, die sie immer wieder ballte.

Es wäre kein so unsinniger Vorschlag gewesen, wenn irgendjemand Commander Yin hätte trauen können. Ihr Verhalten ließ erkennen, dass sie besorgt war, wie die anderen Offiziere auf ihre Ausführungen reagierten. Nach langem, feindseligem Schweigen meldete sich Duellos wieder zu Wort und sprach in einem trügerisch unbeschwerten Tonfalclass="underline" »Wirklich interessant. Das hörte sich doch tatsächlich so an, als würde Captain Numos reden. Es war zwar Commander Yins Stimme, aber der Vorschlag an sich und die Wortwahl, das klang genau wie Captain Numos. Eigenartig, nicht wahr?«

Yin wurde rot im Gesicht. »Captain Numos ist ein erfahrener Offizier, der viele Schlachten geführt hat.«

»Die er überlebt hat, weil er immer davongelaufen ist«, fauchte Captain Cresida. »Genau das hatte er im Syndik-Heimatsystem auch machen wollen! Jeder sollte für sich selbst kämpfen!«

Von beiden Seiten regte sich heftiger Widerspruch, die einen beschimpften Yin, die anderen Cresida. Geary überflog seine Kontrollen und drückte auf die Taste, die alle Anwesenden sofort verstummen ließ. Diese Stumm-Taste war so ziemlich das Einzige, was ihm an seinem Posten als Flottenbefehlshaber richtig gut gefiel. »Sie hören jetzt alle zu! Diese Diskussion führt zu nichts. Unsere Feinde sind die Syndiks. Captain Cresida, es trifft zu, dass Captain Numos zur Last gelegt wird, seine Pflichten im Angesicht des Feindes versäumt zu haben. Aber ein Urteil ist noch nicht gefällt worden.«

Mürrisch nickte Cresida. »Ich entschuldige mich für meinen Kommentar, Sir.«

»Danke. Und nun zu Ihnen, Commander Yin. Captain Numos ist nur so viel Kontakt mit anderen gestattet, wie die humane Behandlung eines Gefangenen erfordert. Es ist ihm nicht erlaubt, Ratschläge zu erteilen, wie Sie Ihr Schiff führen oder wie ich diese Flotte befehligen soll. Haben Sie sich mit ihm in dieser Angelegenheit beraten?«

Yin wich beharrlich seinem Blick aus. »Nein, nein, Sir.«

Wenn er nur ein Argument wüsste, wie er Commander Yin in den Verhörraum der Geheimdienstabteilung an Bord der Dauntless bringen konnte, um die dortigen Sensoren den Wahrheitsgehalt ihrer Antworten überprüfen zu lassen. Aber Geary war sich auch so längst sicher, dass Yin ihn anlog. Duellos hatte völlig recht: Die Wortwahl und der Vorschlag klangen sehr nach Captain Numos. Nur hätte der das Ganze mit einem überheblichen Lächeln vorgetragen, nicht so nervös und ängstlich wie Commander Yin. Allerdings besaß Numos wohl auch viel mehr Erfahrung darin, Lügen zu erzählen, um sich selbst zu schützen.

Für Geary war dies Beweis genug, dass Numos weiterhin gegen ihn arbeitete, obwohl ihm das Kommando über die Orion entzogen worden war.

Mit professionell distanziertem Tonfall erklärte Duellos: »Ich spreche mich gegen Commander Yins Vorschlag aus. Woher wissen wir, dass wir in der Lage sein werden, wieder mit den beschädigten Schiffen und den Hilfsschiffen zusammenzukommen? Diese Gruppe wäre mit den Hilfsschiffen gut versorgt und sogar in der Lage, mit deren vorhandenen Vorräten bis ins Allianz-Gebiet vorzudringen; wobei ich betonen möchte, dass es sich dabei um rein theoretische Überlegungen handelt. Schließlich weiß ich, dass Commander Yin niemals auf die Idee käme, den Rest der Flotte im Stich zu lassen. Aber man muss natürlich auch bedenken, dass unser Teil der Flotte hier auf Leben und Tod kämpfen würde, während wahrscheinlich nicht allzu viele Syndik-Schiffe losgeschickt werden könnten, um diese eine Formation nach Ixion zu verfolgen. Aber wie ich bereits sagte, ist das eine rein theoretische Erwägung, die ich keinem Offizier dieser Flotte unterstellen würde.«

Eine leichenblasse Yin sah Duellos starr an. Die Art, wie er ihren Namen betont hatte, ließ keinen Zweifel daran, welchem anderen Offizier er ein solches Verhalten zutraute. Numos befand sich an Bord der Orion in einer Arrestzelle, doch wie lange würde er dort wohl bleiben, wenn die Orion sich erst einmal vom Rest der Flotte gelöst hatte?