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Gugu, dein Herz ist doch wie ein heller Spiegel, in dem man alles deutlich sieht. Alles, was bei uns mit dem Kinderkriegen zu tun hat, geht durch deine Hand. Bei wem die gesetzten Sämlinge nicht recht gedeihen wollen, bei wem kein Gras mehr wächst, weil der Boden zu hart ist, das weißt du alles. Du weißt genau, bei wem du dir Sämlinge ausleihen kannst, du hilfst den Acker verpachten, du bist diejenige, die gute Balken gegen morsche Stützen eintauscht, diejenige, die unbemerkt betrügen kann, diejenige, die Schleichwege geht, während sie vorgibt, breite Straßen zu benutzen. Du versuchst die Menschen zu täuschen, gibst Birnen für Pfirsiche aus, lockerst verschlagen die Schlinge, um sie fester zuzuziehen, du bedienst dich anderer, lässt sie deine Feinde beseitigen, sollen doch anderer Leute Messer für dich morden ... Die sechsunddreißig Strategeme unseres Generals Tan Daojin sind dir geläufig, du hast sie alle erprobt.

GUGU: Nur zwei dieser Täuschungsmanöver hab ich an dir ausprobiert. An der rechten Tür rütteln, dabei die linke im Visier haben, und das Goldzikadenspielchen. Du hättest mich damals um ein Haar überlistest. Das übelriechende, schmutzige Blut an meinen Händen

(führt die Hände an die Nase und schnüffelt daran)

hast zur Hälfte du an mich geschmiert!

LI HAND: (schenkt Chen Nase Schnaps ein)

Alter Nase! Prost, trink einen Schnaps!

CHEN NASE: (trinkt den Schnaps mit einem Zug aus)

Hand! Du bist ein Ehrenmann! Bitte sag deine Meinung, ich möchte deine Einschätzung und dein Urteil hören.

LI HAND: (unterbricht Nase, gießt ihm noch einmal Schnaps ein, diesmal ein großes Glas voll)

Was rechtens ist und was gerecht ist, das weiß nur der Himmel ganz genau. Komm, alter Freund, lass die kleinen Schnapsgläser. Wir nehmen die großen.

CHEN NASE: Du willst mich wohl betrunken machen? Damit ich so voll bin, dass ich keinen Ton mehr sage. Mir mit Schnaps den Mund schließen? Da irrst du dich. Daraus wird nichts.

LI HAND: Natürlich wird nichts daraus. Da hätte ich die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Ich weiß, dass du einmalig trinkfest und selbst nach tausend Gläsern noch nicht volltrunken bist. Der Schnaps, den wir hier heute haben, ist echter, richtig guter Maotai. Wann können wir sonst so was Gutes trinken, und das noch umsonst? Komm schon! Prost! Leeren wir die Gläser!

CHEN NASE: (richtet sich auf, streckt sein Gesicht himmelwärts und leert das große Glas Schnaps in einem Zug, keucht außer Atem, weint wie ein Schlosshund)

Gugu, Kaulquappe, Kleiner Löwe, Backe, Jinxiu, dass ich es mit mir so weit kommen lassen konnte! Es ist so jämmerlich, entsetzlich, ich arme Sau. Keinem von uns sechzigtausend Leuten in Nordost-Gaomiland, in unseren achtzehn Dörfern, geht es so dreckig, so elend wie mir. Sagt doch selbst! Es gibt keinen, dem es so grauenhaft beschissen geht wie mir. Aber ihr? Tut euch noch zusammen und haltet euch an mir Krüppel schadlos! Wenn ihr mich schikanieren müsst, meinetwegen, ich will mich nicht beschweren, denn für edel und gut halte ich mich nicht. Wenn ihr mich tyrannisiert, lasse ich das gelten als Strafe, die mir der Himmel auferlegt hat! Aber ihr hättet meiner Tochter keinen Schaden zufügen dürfen! Ihr habt Augenbraue hier aufwachsen sehen. Das schönste Mädchen in ganz Nordost-Gaomi! Genauso ihre Schwester Ohr! Mit ihrer Schönheit hätten sie in den Harem des Kaisers eingeheiratet, sie hätten ein Leben unter Prinzen und Prinzessinnen geführt, sie wären Königinnen geworden, Lieblingsmätressen von Königen und Fürsten, aber ... Klagt mich an, beschuldigt mich! Es ist die Strafe des Himmels! Meine Tochter wird deine Leihmutter,

(zeigt wütend mit dem Finger auf Kaulquappe)

um meine Klinikrechnung bezahlen zu können. Aber ihr! Ihr alten Schulfreunde, Klassenkameraden, ihr guten Onkel, ihr feinen Schriftsteller, ihr, die Chefs von den fetten Firmen! Ihr habt sie noch dazu betrogen! Sie angelogen, habt ihr gesagt, ihr Kind wäre gleich nach der Geburt gestorben. Ihr leugnet, dass ihr die vierzigtausend Yuan Leihmütterhonorar schuldig geblieben seid, ihr wollt nicht bezahlen, ihr betrügt sie! Vier, fünf Ellen über unseren Köpfen beginnt die göttliche Sphäre. Die Götter sehen, was hier geschieht. Ihr Götter! Schaut hin, ein zum Himmel schreiendes Unrecht geschieht nur fünf Ellen unter euch! Schaut euch diese skrupellosen Verbrecher an. Ihr Fernsehleute! Genossen! Nehmt das auf! Haltet die Kamera drauf! Zeigt mich, zeigt sie, filmt die ganze Bande hier. Gebt alles dem Volk zu sehen! Verbreitet es im Fernsehen.

LIU GUIFANG: Alter Chen, was nimmst du den Mund so voll, dich könnte keiner unter den Tisch trinken, aber schon nach zwei Bechern Schnaps erzählst du hier so einen Unsinn, tischst uns haarsträubende Geschichten auf.

CHEN NASE: Guifang, du supergescheite Geschäftsfrau, die kaum, dass unser altes Gästehaus nicht mehr von der Partei geführt wurde, die große Chefin des Ladens wurde, die Reichtümer und Besitz angehäuft hat. Als ich dich angefleht habe, meiner Tochter Arbeit zu geben, keine besondere, nur Küchenarbeit, am Herd bei den dampfenden Töpfen ... Da kanntest du keine Barmherzigkeit! Du hast mir gesagt, deine Firma müsse Personal abbauen, die Zeiten seien schwierig, mit Wohltätigkeit ließe sich eine Firma nicht führen, zu viele solche Anfragen kämen.

LIU GUIFANG: Alter Schulkamerad! Das war ein Fehler. Sie anzunehmen, hätte nur bedeutet, einen Menschen mehr zu versorgen. Ich werde mich ab jetzt um sie kümmern, geht das für dich in Ordnung?

Yuan Backe und Jin Jinxiu versuchen, Chen Nase wegzuschaffen.

CHEN NASE: (wehrt sich, kämpft)

Ich habe meinen Enkel noch nicht gesehen!

(zieht einen roten Umschlag aus seinem Hemd hervor)

Mein Enkelchen, dein Opa ist zwar arm, aber er weiß noch, wie man sich zu benehmen hat. Opa hat einen kleinen roten Umschlag für dich, den er dir jetzt schenken will.

Backe und Jin Xiu ziehen Nase von der Bühne. Zur gleichen Zeit betritt von der anderen Seite Chen Augenbraue, schwarz verschleiert, im langen, schwarzen Mantel die Bühne. Alle sind geschockt, als sie Augenbraue sehen. Es ist sofort totenstill.

AUGENBRAUE: (schnieft übermäßig laut, zuerst in einer tiefen, dann in einer hohen Tonlage)

Kind, Schätzchen. Ich kann deinen Geruch schon wahrnehmen. Einen süßen Duft nach süßer Haut.

(wie eine Blinde tappt sie vorwärts auf Kleiner Löwe zu, kommt ihr immer näher; das Kind beginnt heftig zu schreien)

Kindchen, seit du geboren bist, hat man dir keinen einzigen Schluck Muttermilch zu trinken gegeben, mein Kleines muss doch am Verhungern sein!

Chen Augenbraue entreißt Kleiner Löwe das Kind und rennt eilig von der Bühne. Alle sind starr vor Entsetzen. Keiner rührt sich von der Stelle.

KLEINER LÖWE: (breitet beide Arme aus, resigniert)

Mein kleiner Goldschatz, mein Goldfrosch, mein Kindchen ...

Kleiner Löwe an der Spitze, Kaulquappe und die anderen, jagen Augenbraue hinterher, auf der Bühne herrschen chaotische Zustände.

Ende des sechsten Aufzugs

Siebter Aufzug

Das an die hintere Bühnenwand projizierte Bild wechselt ohne Unterbrechung in rascher Folge. Erst sieht man eine geschäftige Straßenszene, dann eine Marktszene, Menschengedränge auf dem Markt, dann einen Park, eingerahmt von Verkehrsstraßen. Im Park gibt es Menschen, die Schattenboxen trainieren, andere, die ihre Vögel in Käfigen spazieren führen, wieder andere, die ins Erhu-Geigenspiel vertieft sind ... Schriftzeichen verweisen auf Ortsnamen und zeigen den Weg, den Augenbraue auf ihrer Flucht nimmt.