Ja, sie essen im Ambrosia-Saal. Geschäftsreisende?
Mag sein — aber nach Auskunft des ersten Stellvertretenden Zahlmeisters reisen Geschäftsleute in der Zweiten Klasse, die nicht ganz so luxuriös, aber nicht minder bequem ist und nur die Hälfte kostet.
Zum Beispieclass="underline" Wenn Jerry Madsen mich mit seinen Freunden ins Schwarze Loch ausführt, sitzt drüben in der Ecke der einsame Kerl und hält sich an einem Drink fest. Am nächsten Morgen geht Jimmy Lopez mit mir schwimmen; derselbe Kerl ist bereits im Wasser. Im Kartenzimmer spiele ich mit Tom — mein Schatten hat sich auf der anderen Seite zu einer Runde Patience niedergelassen.
Ein- oder zweimal können Zufall sein — doch nach drei Tagen bin ich fest davon überzeugt, daß, sobald ich mich außerhalb der Suite BB aufhalte, einer von vier Männern stets in meiner Nähe ist. Normalerweise läßt der Betreffende den Abstand so groß werden wie es der Zuschnitt der jeweiligen Räumlichkeit gestattet — aber er ist anwesend.
Mr. Sikmaa hat nicht verschwiegen, daß ich „das wertvollste Paket“ beförderte, das jemals von einem Kurier übernommen wurde. Daraus hatte ich aber nicht geschlossen, daß er es für nötig erachtete, mich auch an Bord des Schiffes total überwachen zu lassen.
Glaubte er etwa, jemand würde sich anschleichen und mir das kostbare Ding aus dem Bauchnabel klauen?
Oder sind die Schatten gar nicht von Mr. Sikmaa beauftragt worden? War das Geheimnis verraten, ehe ich die Erde verließ? Mr. Sikmaa schien mir nach Pro-fiart vorsichtig gewesen zu sein — aber wie stand es mit Mosby und seiner eifersüchtigen Sekretärin? Ich weiß es nicht — und ich weiß von den politischen Verhältnissen im Sternenreich zu wenig um mir eine Meinung zu bilden.
Später: Die beiden jungen Frauen gehören ebenfalls zu der Bewachungsmannschaft, die sich um mich kümmert; sie erscheinen aber nur dann in meiner Nähe, wenn die Männer verhindert sind — im Schönheitssalon, im Modegeschäft, in der Frauensauna — und so weiter. Sie belästigen mich nicht; trotzdem bin ich die Sache allmählich leid. Wie froh werde ich sein das lästige Paket endlich los zu sein und diesen großartigen Flug endlich voll genießen zu können! Zum Glück kommt das beste Stück erst nach Verlassen des Sternenreiches. Outpost ist im wahrsten Sinne des Wortes so kalt, daß hier keine Bodenausflüge vorgesehen sind. Botany Bay soll recht annehmbar sein und ich wollte mir diese Welt ansehen, weil ich dorthin vielleicht später auswandern wollte.
Das Sternenreich wurde mir als reich und wunderschön beschrieben, und ich möchte es mir auch als Tourist gern anschauen — aber als künftige Heimat kommt es nicht in Frage. Die Regierung soll recht gut sein, doch sie hat die Form einer absoluten Diktatur wie im Chicago-Imperium, und davon hatte ich erst einmal genug. Aber aus einem noch wichtigeren Grund würde ich nicht um ein Einwanderungsvisum nachsuchen: Ich weiß zuviel. Offiziell weiß ich nichts weil Mr. Sikmaa nie davon gesprochen hat und ich auch keine Fragen gestellt habe — aber ich werde mein Glück nicht auf die Probe stellen, indem ich den An-trag einreiche, dort zu leben.
Midway möchte ich mir ebenfalls anschauen, aber auch hier gedenke ich keine Wurzeln zu schlagen.
Zwei Sonnen am Himmel machen diese Welt zu etwas Besonderem — aber die ganz große Besonderheit liegt in dem Umstand, daß der Exilierte Papst hier residiert, allerdings auf Besuchsvisum. Es stimmt wirklich, daß dort öffentliche Messen abgehalten werden!
Kapitän van Kooten bestätigt das, und Jerry sagt, er habe es mit eigenen Augen gesehen, und auch ich könnte es mir ansehen — kein Eintritt, aber es gehört zum guten Ton, eine Spende für wohltätige Zwecke zu machen.
Ich bin in Versuchung, darauf einzugehen. Es ist eigentlich nicht gefährlich, und vermutlich habe ich in meinem Leben nie wieder Gelegenheit, so etwas zu sehen.
Natürlich überprüfe ich auch Halcyon und Fiddler’s Green. Beide müssen schon ganz besondere Vorzüge zu bieten haben, sonst wäre die Zuwanderung nicht so teuer — doch auch hier werde ich gründlich nach dem Haken Ausschau halten — nach einem Haken, wie er sich schon im Garten Eden bemerkbar machte. Es würde mir widerstreben, Gloria die hohe Eintrittsgebühr abzuverlangen — und dann festzustellen, daß ich dieser Welt nichts abgewinnen konnte.
Forest bietet für den Touristen angeblich keine Vorzüge, keine Annehmlichkeiten — trotzdem will ich mir die Welt gründlich ansehen. Natürlich handelt es sich um die jüngste Kolonie, die über das Blockhüttenstadium noch nicht hinaus ist und hinsichtlich der Versorgung mit Werkzeugen und Instrumenten totalvon der Erde und/oder dem Sternenreich abhängt.
Aber wäre das nicht der richtige Augenblick, einer Kolonie beizutreten und die Freuden des Pionierlebens um so tiefer auszukosten?
Jerry verzieht nur mürrisch das Gesicht. Er fordert mich auf, mir die Welt anzusehen — und selbst zu erfahren, daß das Leben in urzeitlichen Wäldern allgemein zu angenehm dargestellt wird.
Ich weiß nicht. Vielleicht kann ich einen begrenzten Aufenthalt arrangieren und mich von diesem oder einem der Schwesternschiffe nach einigen Monaten wieder abholen lassen. Danach wollte ich den Kapitän fragen.
Gestern gab es im Stardust-Theater einen Holo, eine musikalische Komödie mit dem Titel Der Yankee aus Connecticut und Königin Guinevere. Diesen Film wollte ich unbedingt sehen; angeblich war er sehr lustig unterlegt mit wiedergefundener romantischer Musik angefüllt mit prächtigen Pferden und herrlicher Ausstattung. Ich ging meinen Freiern aus dem Weg und verschwand allein im Theater. Oder beinahe allein:
Meinen Bewachern entkam ich natürlich nicht.
Der Diensthabende — ich nannte ihn insgeheim „Nummer 3“, obwohl er in der Passagierliste als „Howard J. Bullfinch, San Diego“ eingetragen war — folgte mir ins Kino und setzte sich dicht hinter mich — was ungewöhnlich war, denn die Leute gingen normalerweise so sehr auf Abstand, wie es der jeweilige Raum zuließ. Vielleicht glaubte er, im Dunkeln meine Spur zu verlieren; ich weiß es nicht. Seine Anwesenheit dicht hinter mir lenkte mich ab. Als die Königin den Yankee an sich band und in ihr Boudoirschleppte, war ich mit anderen Dingen beschäftigt als den Ereignissen im Holotank; vielmehr versuchte ich all die Gerüche, die mir in die Nase stiegen, zu sortieren und analysieren — was in einem voll besetzten Theater keine Kleinigkeit ist.
Als das Stück zu Ende war und die Lichter angingen, erreichte ich den Seitengang zur gleichen Zeit wie mein Bewacher; er ließ mir den Vortritt. Ich dankte ihm lächelnd und ging dann zur vorderen Tür; er folgte mir. Der Ausgang führt auf eine kurze Treppe mit vier Stufen. Ich stolperte und fiel nach hinten, und er fing mich auf.
„Vielen Dank!“ sagte ich. „Dafür spendiere ich Ihnen in der Centaur-Bar einen Drink!“
„Oh! Nicht nötig!“
„Und ob! Sie werden mir erklären, warum Sie mir gefolgt sind, wer ihr Auftraggeber ist und etliche andere Dinge.“
Er zögerte. „Sie müssen sich irren.“
„Ich nie, Mac. Möchten Sie lieber unauffällig mitkommen — oder wollen Sie Ihre Erklärungen dem Kapitän gegenüber abgeben?“
Er setzte ein fragendes Lächeln auf. (Oder war es zynisch?) „Ihre Worte klingen sehr überzeugend auch wenn Sie sich irren. Ich bestehe aber darauf, die Drinks zu bezahlen.“
„Na schön. Soviel sind Sie mir schuldig. Und noch etliches mehr.“
Ich wählte einen Ecktisch, wo andere Gäste unser Gespräch nicht mithören konnten — und somit gewährleistet war, daß ein Abhörgerät alles aufzeichnete. Wie kann man an Bord des Schiffes solchen Einrichtungen aus dem Wege gehen? Es ist unmöglich.Man bediente uns, dann sagte ich beinahe lautlos zu ihm: „Können Sie Lippenlesen?“
„Nicht sehr gut“, erwiderte er ebenso leise.
„Na schön, sprechen wir so leise wie möglich, hoffen wir, daß der allgemeine Krach die Abhörwanze durcheinanderbringt. Mac, sagen Sie mir eins: Haben Sie in letzter Zeit noch andere hilflose Frauen vergewaltigt?“