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Er zuckte zusammen. Ich glaube, es gibt niemanden, der einen solchen Tiefschlag ohne sichtliche Reaktion einstecken kann. Aber er machte mir immerhin das Kompliment, mir einen Kopf zuzubilligen, und zeigte mir, daß er ebenfalls denken konnte, denn er antwortete: „Miß Freitag, wie haben Sie mich erkannt?“

„An Ihrem Geruch“, antwortete ich. „Zunächst am Geruch; Sie haben da vorhin zu dicht hinter mir gesessen. Das war ein Fehler. Als wir dann das Theater verließen, zwang ich Sie dazu, etwas zu mir zu sagen.

Und ich stolperte auf der Treppe und brachte Sie dazu, die Arme um mich zu legen. Das genügte. Werden wir hier abgehört?“

„Wahrscheinlich. Aber vielleicht zeichnet das Gerät gerade nicht auf, vielleicht wird es gerade nicht überwacht.“

„Das ist mir zu gefährlich.“ Ich überlegte. Sollten wir Seite an Seite einen Spaziergang über die Promenade machen? Ein mechanisches Ohr hatte dabei sicher Probleme, wenn es nicht ständig nachgestellt wurde, aber die Ausrichtung mochte sich automatisch korrigieren, wenn es einen Impulsfänger bei sich hatte. Vielleicht trug auch ich etwas bei mir, das die Überwachungsgeräte auf mich ausrichtete. In denSwimming-pool? In einem Bad ist die Akustik immer schlecht, was für mich gut war. Aber, verdammt, ich mußte allein mit ihm sein! „Lassen Sie Ihren Drink stehen, kommen Sie mit!“

Ich führte ihn in Kabine BB. Shizuko ließ uns eintreten. Soweit ich feststellen konnte, hatte sie vierundzwanzig Stunden lang Dienst und schlief nur dann, wenn auch ich mich hinlegte. Jedenfalls nahm ich an, daß sie schlief. Ich fragte sie: „Was steht für später auf dem Programm, Shizuko?“

„Die Party beim Zahlmeister, Missy. Neunzehn Uhr.“

„Ach ja. Jetzt gehen Sie mal ein bißchen spazieren!

Kommen Sie in einer Stunde zurück!“

„Zu spät. Dreißig Minuten.“

„Eine Stunde!“

„Ja, Missy“, antwortete sie unterwürfig — doch ich bekam mit, daß sie ihn ansah und er unmerklich mit dem Kopf nickte.

Als Shizuko fort und die Tür verriegelt war, fragte ich leise: „Sind Sie ihr Chef oder ist sie der Ihre?“

„Das wäre ein Streitpunkt“, gestand er. „Vielleicht sollte man uns ›kooperierende unabhängige Agenten‹ nennen.“

„Ich verstehe. Sie arbeitet ziemlich professionell.

Mac, ist Ihnen bekannt, wo in dieser Kabine die Lauschgeräte stecken, oder müssen wir uns eine Methode überlegen, sie auszuschalten? Sind Sie daran interessiert, daß hier Ihre jämmerliche Vergangenheit ausgebreitet und irgendwo auf Band genommen wird? Ich wüßte nicht, daß mich das irgendwie kompromittieren könnte — schließlich war ich damals das unschuldige Opfer dieser Umtriebe —, andererseitssollen Sie sich offen äußern.“

Anstelle einer Antwort hob er den Arm und streckte den Finger aus. Er wies auf eine Stelle über meiner Couch, dann ans Kopfende meines Bettes und in das Badezimmer; schließlich berührte er sein Auge und deutete auf eine Stelle zwischen Wand und Dekke, direkt gegenüber dem Sofa.

Ich nickte. Dann zerrte ich zwei Stühle in die Ecke die am weitesten von der Couch entfernt war, außer Sichtweite des Spionauges, das er mir gezeigt hatte.

Dann schaltete ich das Terminal ein, wählte Musik von einem Band, auf dem der Chor von Salt Lake City zu hören war. Vielleicht konnte ein Spionohr all den Lärm analysieren und unsere Stimmen herausfiltern, aber ich nahm es nicht an.

Wir setzten uns, und ich fuhr fort: „Mac, können Sie mir einen Grund nennen, warum ich Sie nicht auf der Stelle umbringen sollte?“

„Einfach nur so? Ohne mich überhaupt anzuhören?“

„Wozu sollte ich Sie anhören? Sie haben mich vergewaltigt, das wissen Sie, ich weiß es. Aber immerhin höre ich Sie ja schon an. Können Sie sich einen Grund denken, warum Sie nicht sofort wegen Ihres Verbrechens hingerichtet werden sollten?“

„Nun ja, wenn Sie es so formulieren … Nein, ich wüßte keinen Grund.“

Irgendwann platzt mir bei den Männern einmal der Kragen! „Mac, Sie sind ein elender Schuft! Begreifen Sie nicht, daß ich Sie gar nicht umbringen will und nur nach einem vernünftigen Vorwand suche, auf meine Rache zu verzichten? Ohne Ihre Hilfe geht das aber nicht. Wie konnten Sie sich in eine so dreckigeSache verwickeln lassen wie die Vergewaltigung einer hilflosen Frau, der die Augen verbunden wurden?“

Ich blieb reglos sitzen und ließ ihn ein wenig im eigenen Saft schmoren, was er auch gehörig tat. Endlich antwortete er: „Ich könnte sagen, ich steckte schon so tief drin, daß ich mich selbst um Kopf und Kragen gebracht hätte, wenn ich bei der Vergewaltigung nicht mitgemacht hätte.“

„Stimmt das?“ fragte ich verächtlich.

„Es stimmt, ist aber nicht relevant. Miß Freitag, ich habe so gehandelt, weil ich es tun wollte. Weil Sie so sexy sind, daß ein Stylit darüber korrupt werden könnte. Oder Venus zur Lesbierin. Ich versuchte mir einzureden, daß es unumgänglich sei. Aber ich wußte es besser. Na schön, soll ich Sie dabei unterstützen daß es wie Selbstmord aussieht?“

„Nicht nötig!“ (Sexy, daß ich einen Styliten korrumpieren könnte! Aber was war ein Stylit — um alles in der Welt? Ich mußte mich danach erkundigen. Er schien darin einen Superlativ zu sehen.)

Er ließ nicht locker. „Sie kommen nicht so ohne weiteres von Bord. Eine Leiche kann da schon ziemlich peinlich sein.“

„Oh, ich glaube nicht. Sie haben den Auftrag, mich zu bewachen; glauben Sie etwa, mir würde etwas passieren? Andererseits wissen Sie bereits, daß ich Ihnen die Sache durchgehen lassen will. Doch ehe ich Sie von der Angel lasse, möchte ich einige Erklärungen von Ihnen hören. Wie sind Sie dem Feuer entkommen? Als ich Ihren Geruch wahrnahm, war ich sehr erstaunt; ich hatte Sie für tot gehalten.“

„Ich war bei dem Brand gar nicht dabei; ich ergriffschon vorher die Flucht.“

„Ach? Warum?“

„Aus zwei Gründen. Ich beschloß zu verschwinden, sobald ich erfahren hatte, was ich wissen wollte.

In erster Linie aber Ihretwegen.“

„Mac, Sie können nicht erwarten, daß ich zu viele unwahrscheinliche Ausflüchte glauben werde. Was hatten Sie denn in Erfahrung bringen wollen?“

„Ich habe es nie erfahren. Ich wollte wissen, worauf auch die anderen scharf waren: Warum Sie nach L-5 geflogen waren. Ich hörte, wie man Sie ausfragte, und erkannte, daß Sie die Antwort nicht wußten. Also verschwand ich wieder. Schleunigst.“

„Das stimmt. Ich war ein Ablenkungsmanöver — und was weiß eine Brieftaube schon davon, was ein Krieg bedeutet? Die Leute haben nur Zeit verschwendet, als sie mich folterten.“

Ehrlich, er sah mich schockiert an. „Man hat Sie gefoltert?“

„Wollen Sie etwa den Unschuldigen spielen?“ fragte ich mit scharfer Stimme.

„Äh? Nein, nein, ich bin schuldig, und das weiß ich auch. Mein Verbrechen aber ist die Vergewaltigung.

Daß man Sie gefoltert hat, wußte ich nicht. Das was sehr dumm von den Leuten, eine Handlungsweise die seit Jahrhunderten überholt ist. Ich bekam nur die direkten Verhöre mit — dann injizierte man Ihnen ein Wahrheitsserum — und Sie erzählten dieselbe Geschichte noch einmal von vorn. Da wurde mir klar daß Sie die Wahrheit sagten, und ich machte, daß ich davonkam.“

„Je mehr Sie mir erzählen, desto mehr Fragen tauchen auf: Für wen haben Sie gearbeitet? Warum ha-ben Sie’s getan? Warum sind Sie abgehauen? Warum ließ man Sie fort? Wem gehörte die Stimme, die Ihnen Anweisungen gab — der ›Major‹? Warum waren die Leute so sehr an dem interessiert, was ich bei mir hatte — sogar so sehr, daß sie einen militärischen Angriff starteten und etliche Menschenleben opferten und mich doch schließlich folterten und mir die rechte Brustwarze abzwickten? Warum das alles?“

„Das haben sie getan?“ (Kein Zweifel, Macs Gesicht war einigermaßen unbeweglich geblieben, bis ich den Schaden an meiner Steuerbord-Milchdrüse erwähnte.