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Das Bild, das aber immer wieder vor meinem inneren Auge erschien, war so alt, daß es beinahe zur Mythologie gehörte: Ein einsamer Strand und ein Piratenkapitän, der das Eingraben des Schatzes überwacht. Das Loch klafft im Boden, die Truhe mit dem kostbaren Gut ist hineingestellt worden — und die Männer, die das Loch gegraben haben, werden erschossen; ihre Körper füllen die Grube mit auf.

Ja, ich bin zu melodramatisch, aber schließlich geht es hier um meinen und nicht um Ihren Leib. Im bekannten Universum weiß jeder, daß der Vater des derzeitigen Ersten Bürgers über unzählige Leichen an die Macht gekommen ist und sein Sohn sich nur deswegen auf dem Thron halten kann, weil er noch rücksichtsloser ist als sein Vater.

Wird er mir danken, daß ich für seine Nachkom-menschaft gesorgt habe? Oder wird er meine Knochen im tiefsten Verlies verscharren?

Mach dir nichts vor, Freitag; zuviel zu wissen ist ein Schwerverbrechen. In der Politik hat diese Maxime noch immer gegolten. Wenn man jemals die Absicht gehabt hätte, dich fair zu behandeln, wärst du jetzt nicht schwanger. Deshalb mußt du damit rechnen, daß man dich auch nicht fair behandeln wird nachdem du das königliche Embryo losgeworden bist.

Was ich tun mußte, lag auf der Hand.

Wie ich es anstellen sollte, war nicht so klar.

Nun schien es mir ganz und gar kein Irrtum mehr zu sein, daß mein Name nicht auf der Liste der Ausflügler nach Outpost gestanden hatte.

Zur Cocktailstunde am nächsten Tag entdeckte ich Jerry und forderte ihn zum Tanzen auf. Es war ein klassischer Walzer, was mein Gesicht dicht genug an das seine heranführte, um ein persönliches Gespräch zu beginnen.

„Die blauen Tabletten funktionieren bestens“, versicherte ich ihm. „Jerry, wer weiß außer Ihnen und mir von dieser Sache?“

„Das ist wirklich seltsam. Ich habe soviel zu tun gehabt, daß ich noch nichts in Ihr Krankenblatt eintragen konnte. Die Notizen liegen in meinem Safe.“

„Ach, und wie steht es mit dem Labortechniker?“

„Der hat soviel zu tun gehabt, daß ich die Tests selbst durchgeführt habe.“

„Na bitte. Glauben Sie, es bestünde die Möglichkeit, daß die Notizen irgendwie verlorengehen? Daß sie beispielsweise verbrennen?“

„An Bord wird nie etwas verbrannt; das ärgert den Zuständigen für die Klimaanlage. Statt dessen zer-kleinern wir Dokumente und führen die Reste einer neuen Nutzung zu. Seien Sie unbesorgt, Sie kleines Mädchen; ihr schändliches Geheimnis ist bei mir in guten Händen.“

„Jerry, Sie sind ein Schatz! Wissen Sie, wenn ich nicht die Zofe dabei hätte, hätte ich das Kind Ihnen anhängen können. Wissen Sie noch — der erste Abend an Bord?“

„So schnell vergesse ich das nicht. Ich hatte einen akuten Anfall von Frustration.“

„Die Zofe ist nicht meine Idee; meine Familie hat sie mir aufgehalst, und sie klebt an mir wie ein Blutegel. Man könnte meinen, die Familie traut mir nicht weil sie mich genau kennt — und das wissen Sie ja nun auch. Fällt Ihnen nichts ein, wie man ihr ein bißchen aus dem Weg gehen könnte? Mir ist ziemlich übermütig, was Sie betrifft, ein Mann, dem man seine Geheimnisse anvertrauen kann.“

„Hmm. Darüber muß ich nachdenken. Meine Kabine kommt nicht in Frage; man müßte an den Räumen von zwei Dutzend anderen Offizieren vorbei und dann noch durch die Messe. Achtung; da kommt Jimmy!“

Ja, natürlich versuchte ich sein Schweigen zu kaufen. Außerdem war ich dankbar und hatte das Gefühl, ihm etwas schuldig zu sein. Wenn er sich mit meinem unjungfräulichen Körper abgeben wollte (und das wollte er), war ich dazu bereit — und das durchaus in aktiver Rolle; ich war in letzter Zeit doch etwas zu kurz gekommen, und Jerry ist ein attraktiver Mann. Es machte mich nicht verlegen, schwanger zu sein (obwohl die Vorstellung etwas Neues für mich hatte; doch ich wollte meinen Zustand geheimhalten(wenn das überhaupt möglich war — wenn nicht schon eine ganze Horde im Schiff darüber Bescheid wußte), bis ich mir überlegt hatte, was ich tun sollte.

Vielleicht wird Ihnen das Ausmaß meiner Notlage nicht richtig bewußt; vielleicht sollte ich sie Ihnen noch einmal deutlich aufzeigen. Wenn ich zum Sternenreich reiste, war damit zu rechnen, daß man mich in einem sauberen Operationssaal umbrachte, leise und legal und ordentlich. Wenn Sie nicht glauben daß es solche Dinge gibt, leben wir nicht in derselben Welt, dann wäre es auch sinnlos, daß Sie meine Memoiren weiterlesen. Immer wieder in der Geschichte hat man sich unangenehmer Zeugen entledigt, indem man dafür sorgte, daß sie zu atmen aufhörten — so etwas war stets der gangbare Weg.

Natürlich mochte der Plan in meinem Fall anders aussehen. Alle Anzeichen deuteten aber auf das Gegenteil hin — wenn ich zum Sternenreich reiste.

An Bord bleiben? Ich dachte daran — aber da hallten mir Pete-Macs Worte durch den Kopf: „Wenn wir eintreffen, kommt ein Offizier der Palastgarde an Bord und dann sind Sie sein Problem.“ Anscheinend wollte man nicht einmal darauf warten, daß ich auf den Planeten fuhr und dort die Kranke spielte.

Folglich mußte ich das Schiff verlassen, ehe wir das Sternenreich erreichten — das heißt, auf Botany Bay.

Eine andere Möglichkeit hatte ich nicht.

Ganz einfach. Ich brauchte nur von Bord zu schlendern.

Klar doch! Die Gangway hinab, und dann von unten zum Abschied noch einmal winken.

Wir befinden uns nicht auf einem Ozeanschiff. Die Forward kommt nie näher an die Planeten heran alszur stationären Umlaufbahn — bei Botany Bay sind das etwa 35 000 Kilometer. Das ist eine ziemlich lange Strecke durch dünnes Vakuum. Der einzige Weg an die Oberfläche von Botany Bay führte durch eines der Landungsboote des großen Schiffes — so wie ich es bei Outpost getan hatte.

Freitag, man wird dich nicht an Bord des Bootes gehen lassen! Über Outpost ist dir das noch mit Frechheit gelungen. Nun ist die Gegenseite gewarnt; ein zweitesmal gelingt es dir nicht. Was wird geschehen? Mr. Woo oder ein anderer Offizier wird an der Luftschleuse stehen und die Liste in der Hand halten — eine Liste, auf der dein Name wieder nicht auftaucht. Diesmal aber hat er einen bewaffneten Schiffspolizisten bei sich. Was tust du dann?

Nun ja, ich entwaffne ihn, schlage die beiden mit den Köpfen zusammen, steige über die bewußtlosen Körper und nehme Platz. Zu schaffen wäre das, Freitag; du bist entsprechend ausgebildet und gebaut.

Was passiert dann? Das Landungsboot fliegt nicht programmgemäß ab. Es wartet in der Halterung während eine achtköpfige Abteilung Uniformierter an Bord kommt und dich mit Gewalt und einer Beruhigungsinjektion aus dem Boot holt und in Kabine BB einschließt — wo du bleiben wirst, bis der Offizier der Palastgarde deinen Körper übernimmt.

Dieses Problem ist mit Gewalt nicht zu lösen.

Übrig bleiben: Überredungskünste, Sex Appeal und Bestechung.

Moment mal! Wie steht’s mit Ehrlichkeit?

Wie bitte?

Aber ja doch. Geh auf direktem Wege zum Kapitän. Erzahle ihm, was Mr. Sikmaa dir versprochenhat, stelle ihm dar, wie du hereingelegt worden bist bring Jerry dazu, ihm den Bericht über die Schwangerschaftsuntersuchung zu zeigen, sag ihm, daß du voller Angst beschlossen hast, auf Botany Bay zu warten, bis ein Schiff auf dem Rückweg zur Erde dich abholt. Er ist ein netter Vatertyp; du hast die Bilder seiner Töchter gesehen; er wird dein Problem aus der Welt räumen!

Was würde der Chef davon halten?

Ihm würde auffallen, daß du zur Rechten des Kapitäns sitzt — warum?

Du hast ziemlich kurzfristig eine der besten Kabinen des Schiffes bekommen — warum?

Außerdem wurden sieben weitere Leute in der Nähe untergebracht, Leute, die ihre Zeit damit verbringen, dich im Auge zu behalten — glaubst du etwa, der Kapitän wußte davon nichts?