Jemand hat deinen Namen von der Ausflüglerliste für Outpost gestrichen — wer?
Wer besitzt die HyperSpace-Linie? Dreißig Prozent liegen bei Interworld, das seinerseits von verschiedenen Gruppierungen des Shipstone-Konzerns finanziert oder gesteuert wird. Außerdem ist dir aufgefallen, daß elf Prozent drei Banken aus dem Sternenreich gehören — du hast es dir gemerkt, weil auch andere Brocken des Shipstone-Imperiums in den Besitzverhältnissen auf das Sternenreich zurückgehen.
Von dem netten alten Kapitän van Kooten solltest du also nicht zuviel erwarten. Seine Antwort kannst du dir jetzt schon vorstellen: „Ach, ich glaube nicht.
Mr. Sikmaa ist ein guter Freund von mir; ich kenne ihn seit Jahren. Ja, ich habe ihm versprochen, nichts zuzulassen, was Sie in Gefahr bringen könnte, deshalb darf ich sienicht zu wilden, unzivilisierten Planeten hinabfliegen lassen. Aber auf dem Rückflug zeige ich Ihnen alles, was es auf Halcyon zu sehen gibt, das verspreche ich Ihnen. Jetzt seien Sie brav und machen mir bitte keinen Ärger mehr eh?“
Vielleicht glaubte er sogar selbst daran.
Mit ziemlicher Sicherheit weiß er, daß du nicht „Miß Neureich“ bist; wahrscheinlich hat man ihm auch gesagt, da du als Mietmutter unter Vertrag stehst (allerdings wohl nicht, daß ich für die Königsfamilie einstehe, wenn er sich das vielleicht auch denken kann), und er mag annehmen, daß du aus einem legalen und günstigen Vertrag noch mehr herausholen willst. Freitag, du hast nichts Schriftliches in der Hand, um zu beweisen, daß du beschwindelt worden bist. Vom Kapitän kannst du keine Hilfe erwarten, Freitag, du bist auf dich allein gestellt.
Erst drei Tage vor der geplanten Ankunft in Botany Bay raffte ich mich zum Handeln auf. Unterdessen stellte ich tiefschürfende Überlegungen an, aber das meiste führte im Kreis — sinnlose und zeitaufwendige Phantasievorstellungen, was ich tun könnte, wenn es mir nicht gelang, das Schiff in Botany Bay zu verlassen. Etwa so: „Haben Sie gehört, Kapitän! Ich schließe mich in meiner Kabine ein, bis wir das Sternenreich verlassen haben. Wenn Sie die Tür gewaltsam öffnen lassen, um mich dem Offizier der Palastgarde auszuliefern, kann ich Sie nicht daran hindern — aber dann finden Sie hier nur eine Leiche!“
(Lächerlich! Eine Ladung Betäubungsgas durch die Luftzuführung — damit wäre ich schnell auszuschalten.)Oder: „Kapitän, haben Sie schon mal eine Abtreibung mit der Stricknadel erlebt? Sie können gern zuschauen.
Soweit ich weiß, kann das ziemlich blutig werden.“
(Noch lächerlicher. Ich kann zwar über eine Abtreibung reden, aber eine durchführen kann ich nicht.
Obwohl dieser Knubbel in meinem Leib nichts mit mir zu tun hat, ist er trotzdem mein unschuldiger Gast.)
Ich versuchte mit solchen unnützen Überlegungen nicht zuviel Zeit zu vertrödeln, sondern mich auf Untergrundarbeit zu konzentrieren, während ich mir äußerlich nichts anmerken ließ. Als das Büro des Zahlmeisters bekanntmachte, daß es an der Zeit sei sich für die Ausflüge nach Botany Bay einzuschreiben, gehörte ich zu den ersten, die sich meldeten. Ich sah mir alle Möglichkeiten durch, stellte viele Fragen kehrte mit allerlei Broschüren in meine Kabine zurück und schrieb mich bei den besten und teuersten Touren als Teilnehmerin ein, wofür ich bar bezahlte.
Am gleichen Abend plauderte ich während des Essens mit dem Kapitän über die Ausflüge, die ich machen wollte, erkundigte mich zu jedem nach seiner Ansicht und beschwerte mich erneut, daß mein Name von der Outpost-Liste verschwunden war. Ich bat ihn, diesmal nachzuschauen — als habe der Kapitän eines riesigen Linienschiffes nichts Besseres zu tun als Miß Neureich ihre Wünsche zu erfüllen. Soweit ich feststellen konnte, nahm er die Nadelstiche ohne Reaktion hin — jedenfalls sagte er nichts davon, daß ich nicht an Land gehen dürfe. Vielleicht war er aber in der Kunst der Täuschung so erfahren wie ich; ich konnte schon unbewegten Gesichtes lügen, ehe ich die Krippe verlassen hatte.An diesem Abend (nach der Schiffszeit) kehrte ich mit meinen ersten drei Verehrern im Schwarzen Loch ein: Dr. Jerry Madsen, Jaime „Jimmy“ Lopez und Tom Udell. Tom ist Stellvertretender Lademeister und ich hatte bisher nicht recht herausgefunden, was das bedeutete. Ich wußte nur, daß er einen Streifen mehr trug als die anderen beiden. Am ersten Abend an Bord hatte Jimmy mir feierlich eröffnet, Tom sei so etwas wie der Hausmeister in diesem Laden.
Tom hatte nicht widersprochen. „Du hast ›Möbelpacker‹ vergessen“, fügte er hinzu.
An diesem Abend, weniger als zweiundsiebzig Stunden vor Botany Bay, fand ich ein wenig mehr über die Dinge heraus, die Tom an Bord erledigte.
Das Steuerbord-Landeboot wurde mit Fracht für Botany Bay beladen. „Das Backbord-Boot hatten wir schon am Bohnenstengel befrachtet“, erzählte er.
„Das Steuerbord-Boot brauchten wir aber für Outpost. Für Botany Bay benötigen wir beide, also müssen wir während dieses Abschnittes Fracht herübernehmen.“ Er grinste. „Ziemlich schweißtreibende Sache.“
„Tut dir ganz gut, Tommy; du wirst dick.“
„Sprich für dich selbst, Jaime!“
Ich erkundigte mich, wie das Boot beladen wurde.
„Die Luftschleuse scheint mir ziemlich klein zu sein.“
„Die Fracht geht nicht durch diese Öffnung.
Möchten Sie sich mal ansehen, wie wir das machen?“
Ich verabredete mich mit ihm für den nächsten Vormittag. Und lernte dazu.
Die Laderäume der Forward sind so riesig, daß man sich in ihnen eher verloren vorkommt, als daß Klaustrophobie aufkommen kann. Aber auch die Lade-räume der Beiboote können sich sehen lassen. Einige Frachtstücke, die zum Versand kommen, sind sehr groß, besonders Maschinen. Auf diesem Flug sollte in Botany Bay ein Westinghouse-Turbogenerator ausgeladen werden, der so groß war wie ein Haus. Ich fragte Tom, wie um alles in der Welt man denn dieses Ding vom Fleck bekommen wollte.
Er grinste. „Mit Schwarzer Magie.“ Vier seiner Frachtarbeiter legten ein Netz aus Metalldraht um das Gebilde und befestigen einen koffergroßen Metallkasten daran. Tom inspizierte die Anordnung und sagte: „In Ordnung — gebt Saft drauf!“
Der Führer der Gruppe gehorchte — und das metallene Ungetüm begann zu beben und hob sich um eine Winzigkeit. Ein tragbares Antigrav-Gerät, im Prinzip einem AAF-Antrieb ähnlich, doch nicht in eine Karosserie eingebaut, sondern offen anwendbar …
Mit äußerster Vorsicht wurden Seile und Hebel eingesetzt, um das riesige Frachtstück vorsichtig durch ein großes Luk in den Bauch des SteuerbordBootes zu bugsieren. Tom wies mich darauf hin, daß das riesige Monstrum zwar frei schwebe und von der künstlichen Schwerkraft des Schiffes abgekoppelt sei daß es aber dennoch in der Masse so träge sei wie vorher und einen Menschen so mühelos zermalmen könne, wie wir Menschen sonst ein Insekt zerquetschen. „Die Männer sind aufeinander angewiesen und müssen sich absolut aufeinander verlassen können. Ich bin für alles verantwortlich — aber es würde einem Toten nichts mehr nützen, wenn ich die Schuld auf mich nähme; sie müssen auf sich selbst und auf ihre Kollegen aufpassen.“
Seine eigentliche Aufgabe lag darin, zu überwa-chen, daß jedes Frachtstück planmäßig verladen und festgezurrt wurde, um sich bei ruckhafter Beschleunigung nicht loszureißen, außerdem mußte er darauf achten, daß auf beiden Seiten die riesigen Frachtluken wirklich vakuumdicht verriegelt wurden, sobald ein Ladevorgang abgeschlossen war.
Tom zeigte mir auch die Passagierräumlichkeiten des Bootes.
„In Botany Bay steigen mehr Kolonisten aus als bei jedem anderen Halt“, erklärte er. „Wenn wir weiterfliegen, wird die Dritte Klasse so gut wie leer sein.“
„Sind es ausnahmslos Australier?“ fragte ich.
„O nein. Ein großer Teil kommt von dort, etwa ein Drittel aber nicht. Sie haben jedoch eines gemeinsam; sie sprechen fließend Englisch. Botany Bay ist die einzige Kolonie, die Sprachanforderungen stellt. Man will dafür sorgen, daß auf dem ganzen Planeten nur eine Sprache gesprochen wird.“