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Sie bestellen das Frühstück für uns beide — das übliche für Sie, und Tee und Milch-Toast und Saft für die Kranke.“

„Freitag, ich glaube, Sie wollen sich als blinder Passagier in einem Landungsboot davonschleichen. Die Luken zu den Landungsbooten sind aber fest verschlossen, wenn sie nicht benötigt werden. Ich weiß Bescheid.“

„Stimmt. Aber darüber brauchen Sie sich nicht den Kopf zu zerbrechen. Tilly.“

„Na schön. Das soll nicht meine Sorge sein. Okay,ich kann Ihren Rückzug decken. Was sage ich dem Kapitän, wenn Sie weg sind?“

„Der Kapitän steckt also doch mit drin. Ich hatte mir das beinahe gedacht.“

„Er weiß von der Sache. Die Befehle erhalten wir aber vom Zahlmeister.“

„Das erscheint logisch. Nehmen wir einmal an, ich hinterlasse Sie gefesselt und geknebelt … und Sie berichten, ich hätte Sie angefallen und niedergeschlagen. Natürlich kann ich das nicht gewesen sein, weil Sie vom frühen Morgen bis zum Abflug der Boote meine Rolle mitspielen müssen. Aber ich kann dafür sorgen, daß Sie gefesselt und geknebelt werden.

Glaube ich.“

„Das würde mein Alibi auf jeden Fall verbessern.

Aber wer soll der Philanthrop sein?“

„Erinnern Sie sich an den ersten Abend an Bord?

Ich kam ziemlich spät, mit einem Verehrer. Sie haben uns Tee und Mandelkuchen vorgesetzt.“

„Dr. Madsen. Sie rechnen mit ihm?“

„Ich glaube schon. Mit Ihrer Hilfe. An jenem Abend war er ziemlich heftig hinter mir her.“

Sie schnaubte durch die Nase. „Ihm hing die Zunge bis auf den Boden heraus!“

„Ja. Und daran hat sich nichts geändert. Morgen werde ich krank; er besucht mich — beruflich selbstverständlich. Sie sind wie üblich dabei. Am Bett-Ende der Kabine haben wir das Licht ausgeschaltet. Wenn Dr. Jerry die ruhigen Nerven hat, die ich ihm zutraue wird er das Gebotene schon annehmen. Und dann macht er auch mit.“ Ich schaute sie offen an. „In Ordnung? Er kommt dann am nächsten Tag zu seinem Vormittagsbesuch — und fesselt Sie. Einfach.“Tilly saß einige Minuten lang reglos da und überlegte. „Nein.“

„Nein?“

„Wir wollen die Sache lieber ganz einfach lassen.

Wir weihen niemanden ein. Niemanden. Es ist nicht unbedingt erforderlich, daß ich gefesselt bin; das würde nur Verdacht erregen. Ich schlage folgende Geschichte vor: Kurz vor Ablegen der Boote kommen Sie zu dem Schluß, daß es Ihnen wieder gut geht. Sie stehen auf, ziehen sich an und verlassen die Kabine.

Sie sagen mir nicht, was Sie vorhaben; ich bin ja nur die arme, dumme Zofe, der so etwas nicht offenbart wird. Vielleicht haben Sie es sich ja auch anders überlegt und wollen die Ausflüge auf den Planeten mitmachen. Egal. Ich habe nicht den Auftrag, Sie an Bord festzuhalten. Meine Verantwortung erstreckt sich darauf, Sie hier in der Kabine zu überwachen. Ich glaube auch nicht, daß es Petes Aufgabe ist, Sie im Schiff festzuhalten. Wenn Sie ausrücken können, geht es vermutlich als einzigem dem Kapitän an den Kragen. Und der ist mir egal.“

„Tilly, ich glaube Sie haben recht, und zwar in jeder Beziehung. Ich hatte angenommen, daß Sie ein Alibi haben wollten. Aber ohne sind Sie besser dran.“

Sie musterte mich und lächelte. „Lassen Sie sich dadurch nicht davon abhalten, Dr. Madsen zu sich ins Bett zu holen. Vergnügen Sie sich. Es gehörte zu meinen Aufgaben, Ihr Bett frei von Männern zu halten — das haben Sie wohl geahnt …“

„Ich dachte es mir“, sagte ich lächelnd.

„Aber jetzt wechsle ich ja die Seite, also gilt das nicht mehr.“ Plötzlich lächelte sie, und ein Grübchen erschien auf ihrer Wange. „Vielleicht sollte ich Dr.Madsen einen Bonus anbieten. Wenn er am nächsten Morgen bei seiner Patientin vorspricht und ich ihm sage, daß es Ihnen wieder gut geht und Sie in die Sauna oder sonstwohin gegangen sind.“

„Einen solchen Bonus sollten Sie ihm nur bieten wenn Sie es ernst meinen, da ich weiß, daß er es ernst meint.“ Ich erschauderte. „Ich bin davon überzeugt.“

„Was ich ins Schaufenster hänge, ist auch zu haben.

Alles klar?“ Sie stand auf, und ich machte es ihr nach.

„Wir haben nur noch nicht darüber gesprochen was ich Ihnen schulde.“

„Ich habe mir darüber meine Gedanken gemacht.

Marj, Sie wissen besser als ich, wie es um Sie bestellt ist. Ich überlasse das Ihnen.“

„Aber Sie haben mir noch gar nicht gesagt, was Sie bekommen sollten.“

„Ich weiß es nicht. Mein Herr hat es mir nicht gesagt.“

„Stehen Sie denn im Eigentum?“ Bestürzung überkam mich. Bei einer AP war so etwas zu erwarten.

„Nicht mehr. Oder nicht mehr ganz. Ich bin auf zwanzigjährige Verpflichtung verkauft worden. Noch dreizehn Jahre. Dann bin ich frei.“

„Aber … O Gott, Tilly, dann sollten wir Sie auch vom Schiff holen!“

Sie legte mir eine Hand auf den Arm. „Bleiben Sie ruhig! Sie haben meine grauen Gehirnzellen angeregt.

Das ist ja der Grund, warum ich nicht gefesselt sein möchte. Marj, ich stehe nämlich nicht als Leibeigene in der Passagierliste. Folglich kann ich einen Bodenausflug unternehmen, wenn ich dafür bezahlen kann — und das kann ich. Vielleicht sehen wir uns dort unten wieder.“

„Ja!“ Ich küßte sie.

Sie zog mich energisch an sich, und der Kuß entwickelte sich. Sie stöhnte, und ihre Hände tasteten sich unter meinen Morgenmantel.

Gleich darauf löste ich mich von ihr und schaute ihr in die Augen. „Ach, so ist das, Tilly.“

„Und ob! Von dem Augenblick an, als ich dich baden mußte.“

An diesem Abend veranstalteten die Auswanderer die in Botany Bay das Schiff verlassen würden, eine kleine Vorstellung für die Passagiere aus der ersten Klasse. Der Kapitän sagte mir, solche Dinge seien schon eine Art Tradition, und die Zuschauer spendeten ein wenig für die Kolonisten, was aber keine Verpflichtung war. Er selbst suchte an diesem Abend den Salon auf — ebenfalls eine Tradition —, und ich landete wieder einmal an seiner Seite. Ich nutzte die Gelegenheit, ihm zu sagen, daß ich mich nicht besonders fühle. Ich fügte hinzu, vielleicht müßte ich meine Reservierungen für die Bodenausflüge zurücknehmen.

Ich verschwieg nicht, daß mich das ärgern würde.

Er antwortete, wenn ich mich nicht gut fühlte sollte ich auf keinen Fall das Risiko eingehen, mich auf einem fremden Planeten zu tummeln — und Botany Bay wäre ohnehin nichts Besonderes, da versäumte ich nicht viel. Die wirklich schönen Welten kämen erst später. Ich solle also ein braves Mädchen sein, sonst müßte er mich wohl in meiner Kabine einschließen, und das wolle ich doch nicht, oder?

Ich sagte ihm, wenn mein Magen sich nicht wieder beruhigte, wäre es nicht nötig, mich einzuschließen.

Der Flug nach Outpost wäre schrecklich gewesen, ichhätte mich die ganze Zeit mies gefühlt und wollte so etwas nicht noch einmal riskieren. Dies alles hatte ich damit vorbereitet, daß ich mein Essen kaum angerührt hatte.

Die kleine Show war amateurhaft aufgezogen, aber ganz lustig — ein paar Solos, aber in erster Linie Gruppengesang: Binde mir das Känguruh, Waltzing Matilda, Botany Bay und als Wiederholung Die Verrückte Jalousie. Ich hatte meinen Spaß, hätte aber der Sache keine besondere Beachtung geschenkt, wenn ich nicht in der zweiten Reihe des Chors einen Mann ausgemacht hätte, der mir irgendwie bekannt vorkam.

Ich betrachtete ihn und dachte: Freitag, bist du zu der Sorte nachlässiger, gleichgültiger Mädchen abgestiegen, die sich nicht mehr erinnern, ob sie mit einem Mann geschlafen haben oder nicht?

Der Fremde erinnerte mich an Professor Federico Farnese. Allerdings trug er einen Vollbart, wohingegen Freddie glattrasiert gewesen war — was nichts beweist, da die inzwischen verstrichene Zeit mehr als ausgereicht hätte, sich ein solches Gewächs zuzulegen und die meisten Männer irgendwann einmal vom Bartfimmel erwischt werden. Der Bart verhinderte aber, daß ich mir durch Augenschein über seine Identität klar wurde. Der Mann sang nie ein Solo; die Stimme konnte ich also nicht identifizieren.