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Von einer Frau in der S-Gruppe erwartete man aber, daß sie die Kinderhorde noch vergrößerte. Naja, warum nicht? Dagegen sprachen allerdings zahlreiche Gründe.

Ich war Kampfkurier in einer pseudomilitärischen Organisation. Stellen Sie sich vor, wie ich mit einem Überraschungsangriff fertigzuwerden versuche, während ich einen Achtmonatsbauch vor mir herschiebe.

Wir KP-Frauen werden in widerruflich sterilem Zustand ausgeliefert oder ›auf den Markt gebracht‹.

Für eine KP ist der Drang, Kinder zu haben, sie im Inneren des eigenen Körpers wachsen zu lassen, nicht ›natürlich‹, es kommt ihr eher lächerlich vor. Der Brutkasten mutet viel vernünftiger und sauberer und bequemer an als die Geburt aus dem Leib heraus. Ich war schon zu meiner jetzigen Größe herangewachsen als ich meine erste hochschwangere Frau zu Gesicht bekam — und ich dachte im ersten Moment, sie hätte eine schrecklich entstellende Krankheit. Als ich herausfand, was mit ihr nicht ›stimmte‹, wurde mir im ersten Augenblick beinahe schlecht. Als ich lange Zeit später in Christchurch darüber nachdachte, war mir noch immer nicht ganz wohl. Sollte ich es wie eine Katze tun, mit Blut und Schmerzen, bei Gott? Warum?

Und warum überhaupt? Obwohl wir den Himmel schon ziemlich vollgepfropft haben, gibt’s noch immer viel zu viele Bewohner auf diesem wackeligen Planeten. Warum also die Lage der Menschheit noch verschlimmern?

Bekümmert faßte ich den Entschluß, dem Thema Ehe dadurch aus dem Weg zu gehen, daß ich mich als steril bezeichnete — keine Kinder. Das stimmte durchaus, war aber nicht die ganze Wahrheit …

Man fragte mich nicht.

Nicht nach Kindern. In den nächsten Tagen genoßich das Familienleben in vollen Zügen; die gemütliche Annehmlichkeit fraulicher Gespräche während des Aufwaschens; das stürmische Herumtollen von Kindern und Haustieren; das stille Vergnügen leiser Gespräche während der Gartenarbeit — ich nahm dieses Gefühl der Zugehörigkeit mit jedem Atemzug begeistert in mich auf.

Eines Morgens forderte Anita mich auf, ihr in den Garten zu folgen. Ich dankte ihr mit dem Hinweis daß ich Vickie noch helfen müsse. Woraufhin man mich überstimmte. Gleich darauf saß ich neben Anita im hinteren Teil des Gartens. Die Kinder waren fortgeschickt worden.

„Liebe Marjorie“, sagte Anita — in Christchurch bin ich ›Marjorie‹ Baldwin, weil das gerade mein Name war, als ich Douglas in Quito kennenlernte. „Wir beide wissen, warum Douglas dich hierher eingeladen hat. Bist du bei uns glücklich?“

„Schrecklich glücklich!“

„So glücklich, daß du mit uns eine dauerhafte Bindung eingehen würdest?“

„Ja, aber …“ Ich hatte keine Chance zu sagen: Jaaber-ich-bin-steril; Anita unterbrach mich entschlossen:

„Vielleicht sollte ich dazu vorher einiges klarstellen. Wir müssen die Mitgift besprechen. Wenn ich das den Männern überließe, wäre von Geld nie die Rede; Albert und Brian sind so begeistert von dir wie Douglas, und ich kann das durchaus verstehen. Die Gruppe als Ganzes aber ist ein Familienunternehmen eine Art Firma, und nicht nur eine Ehe, und jemand muß sich um die Buchführung kümmern — aus diesem Grund bin ich Vorsitzende der Direktion; ich las-se mich nie soweit von meinen Gefühlen hinreißen daß ich unsere geschäftlichen Interessen außer acht lasse.“ Sie lächelte, und ihre Stricknadeln klapperten.

„Frag Brian — er nennt mich ›Ebenezer Scrooge‹ — aber bisher hat er sich noch nicht erboten, die Probleme allein zu tragen.

Du kannst natürlich als Gast bei uns bleiben, solange du willst. Was bedeutet es schon, wenn wir an unserem langen Tisch einen Mund mehr zu füttern haben? Nichts. Aber wenn du uns formell und auf Vertragsbasis beitreten willst, dann muß ich den Ebenezer Scrooge hervorkehren und mit dir besprechen welche Art Vertrag wir eingehen können. Denn ich lasse es nicht zu, daß das Familienvermögen ausgedünnt wird. Brian verfügt über drei Anteile, für die er auch Stimmrecht hat, Albert und ich je über zwei Douglas und Victoria und Lispeth haben je einen.

Wie du siehst, verfüge ich bei zehn Stimmen nur über zwei — doch sollte es einmal dazu kommen, daß ich meinen Rücktritt androhe, finde ich gewöhnlich sehr viel Unterstützung. Es wird eines Tages dazu kommen, daß man mich überstimmt. Dann kann ich den Posten abgeben und mich ruhig ans Feuer setzen.“

(Und noch am gleichen Tag wird die Beerdigung sein müssen.)

„Bis dahin versuche ich der Aufgabe gerecht zu werden. Die Kinder besitzen jeweils einen Anteil ohne Stimmrecht — und dieses Stimmrecht wird auch später nicht kommen, da der Anteil jedem Kind beim Verlassen seines Zuhauses in bar ausbezahlt und dann als Mitgift oder Kapital verwendet wird — möglicherweise auch verschwendet, was mir aber nicht so lieb wäre. Solche Kapitalminderungen müssen einge-plant werden; würden drei unserer Mädchen im gleichen Jahr heiraten, könnte das peinliche Folgen haben, wenn man sich nicht rechtzeitig darauf einstellt.“

Ich erwiderte, das klänge nach einem vernünftigen und sehr rücksichtsvollen Arrangement. So gut wären wohl die wenigsten Kinder versorgt. (Genaugenommen hatte ich von solchen Dingen nicht die geringste Ahnung.)

„Wir versuchen das Beste für sie zu tun“, meinte sie. „Schließlich sind Kinder der Sinn und Zweck einer Familie. Du wirst also einsehen, daß ein Erwachsener, der unserer Gruppe beitritt, einen Anteil kaufen muß, sonst funktioniert das System nicht mehr.

Ehen werden wohl im Himmel geschlossen, die Rechnungen aber sind hier auf der Erde zu zahlen.“

„Amen.“ (Mir war sofort klar, daß alle Probleme aus der Welt geräumt waren. Im negativen Sinne. Ich wußte nicht zu sagen, wie reich die DavidsonGruppenfamilie war. Sie hatte Vermögen, soviel war klar, obwohl diese Menschen ohne Dienstboten in einem nicht automatisierten, altmodischen Haus lebten.

Wie hoch die Summe auch sein mochte, ich konnte mir einen Anteil nicht leisten.)

„Douglas hat uns gesagt, er wisse nicht, ob du Geld hast oder nicht. Geld als Kapital, meine ich.“

„Nein.“

Sie ließ sich nichts anmerken. „Das war bei mir in deinem Alter ebenso. Du hast doch eine Anstellung oder? Könntest du nicht in Christchurch arbeiten und dir den Anteil aus deinem Gehalt erkaufen? Ich weiß daß die Arbeitssuche in einer fremden Stadt problematisch sein kann — aber ich habe da einige Verbindungen. Was machst du eigentlich beruflich? Du hastnie davon gesprochen.“

(Und daran wird sich auch nichts ändern!) Nachdem ich ihrer Frage ausgewichen war, indem ich geradeheraus antwortete, daß meine Arbeit geheim sei und ich ihr keinen Aufschluß über die Branche meines Arbeitgebers geben dürfe, stellte ich klar, daß ich mir in Christchurch keine Arbeit suchen könne, es gebe also keine Möglichkeit, die Sache durchzuziehen. Es sei ja herrlich gewesen, solange es dauerte, und ich hoffte …

Sie ließ mich nicht ausreden. „Meine Liebe, ich habe nicht Vollmacht, diesen Vertrag mit dir auszuhandeln, damit wir jetzt in einer Sackgasse enden. Es geht nicht, daß wir konstatieren, was unmöglich ist; ich muß feststellen, wie es sich einrichten läßt. Brian hat angeboten, dir einen seiner drei Anteile zu überlassen — und Douglas und Albert unterstützen diesen Vorschlag pro rata, wenn sie auch nicht in der Lage sind, ihn sofort zu bezahlen. Ich habe mich aber dagegen ausgesprochen; so etwas schafft einen unschönen Präzedenzfall, was ich auch deutlich zum Ausdruck gebracht habe, mit einem klaren Hinweis auf die Kapriolen junger Ziegenböcke im Frühling. Statt dessen akzeptiere ich einen von Brians Anteilen als Sicherheit für die Einhaltung deines Vertrages.“

„Aber ich habe keinen Vertrag!“

„Das kommt noch. Wenn du in deiner jetzigen Anstellung weitermachst, wieviel kannst du da im Monat zahlen? Beschneide dir die finanzielle Freiheit nicht zu sehr, aber zahle so viel wie möglich, da sich das wie eine Hypothek auswirkt. Ein Teil der Zahlung verzinst die verbleibende Schuld, ein anderer Teil mindert diese Schuld — es wäre also besser fürdich, wenn die Zahlung möglichst groß wäre.“