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(Ja, ja, gewiß doch! Und „zu meinen besten Freunden gehören auch Juden“. Aber soweit ich weiß, bin ich kein Cherokee. Liebe kleine Vickie, was würdest du denken wenn ich dir erzählte, daß ich eine KP bin? Ich bin versucht, es dir zu offenbaren — aber ich darf dich nicht schokkieren.)

„Nein, du hast mich nicht gekränkt, denn ich muß mir klarmachen, woher diese Äußerungen kommen.

Du weißt es nicht besser. Du bist nie gereist und hast deine rassistische Einstellung vermutlich schon mit der Muttermilch in dich aufgesaugt.“

Vickies Gesicht rötete sich. „Das ist mehr als unfair!

Marj, als es um deine Mitgliedschaft in der Familie ging, habe ich mich für dich eingesetzt. Ich habe für dich gestimmt!“

„Ich hatte bisher den Eindruck, daß das jeder getan hätte. Sonst wäre ich nicht zu euch gekommen. Darf ich nun davon ausgehen, daß mein Cherokee-Blut bei euren Diskussionen eine Rolle gespielt hat?“

„Nun ja — es wurde davon gesprochen.“

„Von wem und in welcher Weise?“

„Ähh … Marjorie, es handelt sich da um Sitzungen des Exekutivausschusses, so muß es nun mal sein. Ich darf nicht darüber sprechen.“

„Hmm, das sehe ich ein. Hat es auch über Ellen eine solche Sitzung gegeben? Wenn ja, dann solltest du eigentlich rückhaltlos darüber sprechen, denn ich hätte das Recht gehabt dabeizusein und mitzustimmen.“

„In dem Fall hat es keine Sitzung gegeben. Anita sagte, das wäre überflüssig. Sie sagte, es läge ihr nichtdaran, Glücksjäger zu fördern. Da sie Ellen bereits gesagt hatte, sie dürfe Tom nicht zu einer Begegnung mit der Familie nach Hause bringen, konnte man wohl wenig machen.“

„Habt ihr euch nicht alle für Ellen eingesetzt? Hast du es getan, Vickie?“

Wieder errötete Vickie. „Anita hätte sich doch nur darüber aufgeregt.“

„Ich werde auch langsam aufgeregt. Nach den Regeln, die in unserer Familie herrschen, ist Ellen nicht mehr und nicht weniger deine und meine Tochter, als sie Anitas Tochter ist, und es ist falsch von Anita, Ellen zu verbieten, ihren jungen Ehemann mit nach Hause zu bringen, ohne das mit uns anderen abzustimmen.“

„Marj, so war es doch aber gar nicht. Ellen wollte Tom zu einem Besuch mitbringen. Damit wir ihn uns ansehen. Du weißt schon.“

„Oh. Da ich selbst schon unter diesem Mikroskop gelegen habe, weiß ich natürlich Bescheid.“

„Anita wollte Ellen davon abhalten, eine schlechte Ehe einzugehen. Als wir übrigen zum erstenmal davon erfuhren, war Ellen bereits verheiratet. Anscheinend vollzog Ellen in dem Augenblick die Ehe, da sie Anitas Brief mit der Ablehnung bekam.“

„Verdammt! Jetzt geht mir ein Licht auf! Ellen stach Anitas As, indem sie sofort heiratete — und das hatte zur Folge, daß Anita ohne Vorankündigung den Gegenwert eines ganzen Familienanteils auszahlen mußte. So etwas könnte Schwierigkeiten bringen. Das ist ein ziemlich großer Brocken. Immerhin brauche ich viele Jahre, um für meinen Anteil zu bezahlen.“

„Nein, das ist es nicht. Anita ist wütend, weil ihreTochter — ihr Liebling, das wissen wir alle — einen Mann geheiratet hat, den sie ablehnt. Anita hat nicht soviel Geld zusammenbringen müssen, weil sich das als unnötig erwies. Es besteht keine vertragliche Verpflichtung, einen Anteil auszuzahlen — und Anita hat klargestellt, daß sie auch keine moralische Verpflichtung, sieht, das Familienkapital zu schmälern nur damit sich ein Abenteurer bereichert.“

Kalte Wut überkam mich. „Vickie, ich traue meinen Ohren nicht! Was für rückgratlose Würmer seid ihr eigentlich, daß ihr Ellen so im Stich läßt?“ Ich atmete tief ein und versuchte meine Erregung in den Griff zu bekommen. „Ich verstehe euch nicht. Keinen von euch. Aber ich will versuchen, mit gutem Beispiel voranzugehen. Wenn wir nach Hause zurückkehren werde ich zweierlei tun. Erstens begebe ich mich an den Terminal im Familienzimmer, während alle anderen dabei sind, rufe Ellen an und lade sie und ihren Mann zu einem Besuch nach Hause ein — zum nächsten Wochenende, weil ich bald wieder arbeiten muß und es nicht versäumen möchte, meinen neuen Schwiegersohn kennenzulernen.“

„Anita wird an die Decke gehen.“

„Das werden wir sehen. Dann werde ich eine Familienzusammenkunft einberufen und vorschlagen daß Ellens Anteil ihr so schnell ausgezahlt wird, wie es mit der notwendigen Vorsorge für die Erhaltung des Familienvermögens möglich ist. Vermutlich wird sich Anita auch darüber aufregen.“

„Wahrscheinlich. Und es ist ganz sinnlos, denn du würdest die Abstimmung verlieren. Marj, warum mußt du das tun? Die Dinge sind schon schlimm genug.“

„Möglich. Aber es wäre doch denkbar, daß einige von euch nur darauf gewartet haben, daß jemand sich aktiv gegen Anitas Tyrannei auflehnt. Wenigstens werde ich feststellen, wie die Gewichte verteilt sind Vick. Aufgrund des von mir unterschriebenen Vertrages habe ich über siebzigtausend EnEs-Dollar in die Familie eingezahlt. Dazu sagte man mir, ich müsse mich in diese Ehe deswegen einkaufen, weil jedes der vielen Kinder beim Verlassen der Familie einen vollen Anteil ausbezahlt bekommen soll. Ich erhob dagegen keine Einwände, sondern leistete meine Unterschrift. Damit wurde eine Verpflichtung begründet, egal was Anita sagt. Wenn man Ellen nicht heute auszahlen kann, dann werde ich darauf bestehen, daß meine monatlichen Zahlungen an Ellen gehen, bis Anita den Rest eines Anteils lockermachen kann, um Ellen ganz auszuzahlen. Hört sich das vernünftig an?“

Sie antwortete nicht sofort. „Marj, ich weiß nicht.

Ich habe noch keine Zeit zum Nachdenken gehabt.“

„Dann nimm dir die Zeit! Denn etwa Mittwoch wirst du dich entscheiden müssen. Ich lasse es nicht länger zu, daß Ellen so stiefmütterlich behandelt wird.“ Lächelnd fügte ich hinzu: „Komm, schau nicht so ernst! Jetzt gehen wir zur Post hinüber und zeigen uns Ellen von unserer fröhlichen Seite.“

Aber wir gingen doch nicht zur Post; wir riefen Ellen auf unserem Ausflug nicht an. Statt dessen setzten wir unser Gespräch über einigen Drinks fort. Ich weiß nicht genau, wie die Sprache dann auf KPs kam — sicher bei einer der Gelegenheiten, da mir Vickie zum wiederholten Male „beweisen“ wollte, daß sie keinerlei rassische Vorurteile habe, während sie doch je-desmal, wenn sie den Mund aufmachte, dieser irrationalen Einstellung das Wort redete. Die Maori waren natürlich prima, und natürlich galt das auch für die amerikanischen Indianer und die Inder, und auch die Chinesen hatten ihren Anteil an Genies hervorgebracht, das wußte doch jeder; aber irgendwo mußte man doch einen Punkt machen …

Wir waren zu Bett gegangen, und ich versuchte das Gerede zu ignorieren, als mich einige Worte auffahren ließen. „Woher willst du das wissen?“

„Woher will ich was wissen?“

„Du hast eben gesagt: ›Natürlich würde niemand ein Artefakt heiraten.‹ Woher willst du wissen, daß eine Person ein Artefakt ist? Nicht alle tragen Seriennummern.“

„Wie bitte? Ach, Marjie, sei doch kein Dummkopf!

Ein künstlich hergestelltes Wesen kann man doch nicht mit einem Menschen verwechseln. Wenn du je eines gesehen hast …“

„Ich habe eins gesehen. Ich habe sogar viele gesehen!“

„Dann weißt du ja, was ich meine.“

„Was denn?“

„Daß du diese Ungeheuer sofort erkennst, wenn du sie nur anschaust.“

„Wie denn? Wie sehen die Stigmata aus, die eine Künstliche Person von jeder anderen unterscheiden.

Nenn mir eins!“

„Marjorie, du gibst dich schrecklich störrisch, nur um mich aufzuregen. So etwas sieht dir gar nicht ähnlich. Du vermiest uns richtig unseren kleinen Ausflug.“

„Nicht an mir liegt das, Vick, sondern an dir. In-dem du lächerliche, dumme, unangenehme Dinge sagst, ohne auch nur den geringsten Beweis dafür zu haben.“ (Dieser Ausbruch beweist deutlich, daß eine gesteigerte Person kein Supermensch ist, da es sich dabei um genau die Sorte wahrheitsgemäßer Äußerung handelt, die viel zu grausam ist, um bei einer Familiendiskussion zu fallen.)