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„Äh … ja. Aber ich bin vielleicht ein bißchen schüchtern.“

„Das wirst du überwinden. Jetzt wollen wir …“

Die schrille Klingel des Terminals unterbrach sie.

„Verdammt, verdammt!“ rief Janet. „Das bedeutet unweigerlich, daß man Ian am Flughafen braucht — obwohl er gerade von einem Hochflug zurückgekehrt ist.“ Sie ging zum Terminal und schaltete ein.

„… Grund zur Besorgnis. Unsere Grenze zum Chicago-Imperium ist geschlossen worden. Flüchtlinge werden in Gewahrsam genommen. Der Angriff durch Québec ist schlimmer, könnte aber auf einem Irrtum eines Ortskommandeurs beruhen. Eine Kriegserklärung hat es nicht gegeben. Der Notstand ist in Kraft.

Bleiben Sie also den Straßen fern, bewahren Sie Ruhe und warten Sie auf dieser Welle auf weitere amtliche Nachrichten und Anweisungen!“

Der Rote Donnerstag hatte begonnen.

10. Kapitel

Vermutlich hat jeder mehr oder weniger dasselbe Bild vor Augen, wenn er an den Roten Donnerstag und die nachfolgenden Ereignisse denkt. Aber um mich selbst klar zu zeichnen (mir selbst gegenüber wenn das möglich ist!), muß ich schildern, wie ich diesen Tag sah, einschließlich der Wirrnisse und Zweifel.

Wir vier landeten schließlich doch in Janets großem Bett, aber zum gegenseitigen Trost und damit wir es möglichst bequem hatten; an Sex dachte niemand mehr. Mit gespitzten Ohren lauschten wir auf die Nachrichten, unsere Blicke waren auf den Bildschirm des Terminals gerichtet. Immer wieder kamen mehr oder weniger dieselben Meldungen durch — ein fehlgeschlagener Angriff durch Québec, der Vorsitzende des Chicago-Imperiums im Bett umgebracht, die Grenze zum Imperium geschlossen, unbestätigte Sabotageberichte, bleibt von den Straßen, haltet Ruhe! — doch so oft das auch alles wiederholt wurde, wir hielten immer wieder den Mund und hörten zu, auf Details wartend, die die anderen Meldungen mit Sinn erfüllen würden.

Statt dessen verschlimmerten sich die Dinge im Laufe der langen Nacht noch mehr. Gegen vier Uhr früh wußten wir, daß es überall auf der Erde zu Morden und Sabotageakten kam; als das Tageslicht zurückkehrte, gab es unbestätigte Meldungen über Unruhen auf L-4, in der Tycho-Station, in der Stationärstation sowie (aufgrund einer abgebrochenen Übermittlung) auf Ceres. Niemand vermochte zu sagen,ob sich die Unruhen bis nach Alpha Centauri oder Tau Ceti ausgebreitet hatten … doch ein amtlicher Sprecher im Terminal gab seiner Meinung Ausdruck indem er sich lauthals weigerte, seine Meinung zu sagen und Zuschauern riet, keine schädlichen Mutmaßungen anzustellen.

Gegen vier Uhr machten Janet und ich belegte Brote und servierten Kaffee.

Um neun Uhr erwachte ich, weil Georges sich bewegte. Ich stellte fest, daß ich ihm den Kopf auf die Brust gelegt hatte und mein Arm ihn drückte. Ian lag halb aufgerichtet auf der anderen Seite des Bettes, ein Kissen im Rücken — doch obwohl sein Gesicht dem Bildschirm zugewendet war, hatte er die Augen geschlossen. Janet fehlte — sie hatte sich in mein Zimmer zurückgezogen und belegte nun das Bett, das eigentlich für mich bestimmt gewesen war.

Indem ich mich vorsichtig bewegte, vermochte ich mich von Georges zu lösen, ohne ihn zu wecken. Ich verschwand im Badezimmer, wo ich den Kaffee loswurde und mich gleich besser fühlte. Ich warf einen Blick in „mein“ Zimmer und entdeckte die fehlende Gastgeberin. Sie war wach und forderte mich mit Fingerbewegungen auf, zu ihr zu kommen. Sie machte mir Platz, und ich kroch zu ihr unter die Dekke. Sie küßte mich. „Wie geht es den Jungs?“

„Beide schlafen noch. Wenigstens galt das vor drei Minuten noch.“

„Gut. Sie brauchen ihren Schlaf. Beide machen sich unnötig Sorgen; ich nicht. Ich kam zu dem Schluß daß es keinen Sinn hat, am Weltuntergang mit blutunterlaufenen Augen teilzunehmen, und zog mich hierher zurück. Du schliefst wohl schon.“

„Mag sein. Ich weiß nicht mehr, wann ich entschlummert bin. Ich hatte jedenfalls das Gefühl, dieselbe schlechte Nachricht tausendmal gehört zu haben. Dann bin ich wieder aufgewacht.“

„Du hast nichts verpaßt. Ich habe den Ton leiser gestellt, aber den Schriftlauf am Schirm beibehalten — an der traurigen Geschichte hat sich nicht viel geändert. Marjorie, die Jungs warten darauf, daß die Bomben fallen. Ich aber glaube nicht, daß es dazu kommt.“

„Hoffentlich hast du recht. Warum nicht?“

„Wer wirft H-Bomben auf wen? Wer ist der Feind?

Alle großen Machtblöcke stecken in der Klemme wenn man den Meldungen trauen kann. Bis auf den Zwischenfall, der anscheinend auf einen dummen Fehler eines Québecois General zurückgeht, sind nirgendwo Streitkräfte zum Einsatz gekommen. Es gibt zwar Morde, Brandschatzungen, Explosionen, alle möglichen Sabotageakte, Unruhen, terroristische Untaten aller Art — aber ein Grundmuster wird darin nicht erkennbar. Nicht der Osten steht gegen den Westen, oder die Marxisten gegen die Faschisten, oder die Schwarzen gegen die Weißen. Marjorie, sollte irgend jemand die Raketen losschicken, würde das bedeuten, daß die ganze Welt verrückt geworden ist.“

„Sieht es nicht längst danach aus?“

„Ich glaube nicht. Das Grundmuster in diesem Tohuwabohu besteht darin, daß es keines hat. Jedermann ist das Ziel. Die Unruhen scheinen sich gegen alle Regierungen gleichermaßen zu richten.“

„Anarchisten?“ meinte ich.

„Vielleicht Nihilisten.“

Ian betrat das Zimmer; er hatte Ringe unter denAugen, Bartstoppeln und ein besorgtes Gesicht und trug einen zu kurz geratenen Bademantel. Seine knochigen Knie stachen hervor. „Janet, ich kann Betty und Freddie nicht erreichen.“

„Wollten die denn nach Sydney zurück?“

„Das ist es nicht. Ich komme weder nach Sydney noch nach Auckland durch. Man hört immer nur wieder die verdammte synthetische Computerstimme: ›Im — Augenblick — keine — Leitung — frei — bitte versuchen — Sie — es — später — noch — einmal — vielen Dank — für — Ihre Geduld.‹ Du weißt schon.“

„Autsch. Sabotage auch auf diesem Gebiet?“

„Möglich. Vielleicht ist alles noch viel schlimmer.

Nach dem Versuch rief ich den Tower des Flughafens an und erkundigte mich, was denn mit dem Winnipeg-Auckland-Satellitenrelais los sei. Mein Dienstgrad verschaffte mir endlich eine Verbindung mit dem Flugleiter. Er riet mir, meine kleinen Sorgen mit dem Telefon zu vergessen, weil es viel ernsthaftere Probleme gebe. Alle SBR liegen am Boden fest — zwei wurden im All sabotiert, Winnipeg — Buenos-Aires Zwei-neun und Vancouver-London Eins-null-eins.“

„Ian!“

„Beide Totalverlust. Keine Überlebenden. Zweifellos Druckauslöser, da beide Raketen beim Verlassen der Atmosphäre explodierten. Jan, beim nächsten Start werde ich höchstpersönlich alles überprüfen.

Beim geringsten Zweifel unterbreche ich den Countdown.“ Er fügte hinzu: „Wann das aber sein mag weiß ich nicht. Man kann keine SBR starten, wenn die Komm-Leitungen zum Zielhafen unterbrochen sind — und der Flugleiter sagte, alle Satelliten-ReflektorVerbindungen seien verlorengegangen.“Janet verließ das Bett, richtete sich auf und gab ihm einen Kuß. „Jetzt hör auf, dir Sorgen zu machen! Auf der Stelle! Natürlich wirst du alles persönlich überprüfen, solange man die Saboteure nicht erwischt hat.

Für den Augenblick wirst du dir das Problem aber aus dem Kopf schlagen, da man dich erst wieder in den Dienst holen wird, wenn die KommVerbindungen wieder stehen. Nimm’s als Urlaub!

Was Betty und Freddie angeht, so ist es natürlich schade, daß wir nicht mit ihnen sprechen können, die beiden sind aber durchaus in der Lage, auf sich allein aufzupassen, und das weißt du natürlich. Zweifellos machen sie sich Gedanken über uns, und das ist natürlich ebenfalls überflüssig. Ich freue mich nur, daß das alles passiert ist, als du zu Hause warst — und nicht irgendwo auf der anderen Seite des Erdballs.

Du bist hier und in Sicherheit, und nur das ist mir wichtig. Wir warten hier einfach ab, bis der ganze Unsinn vorbei ist.“