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Er seufzte. „Marj, bist du denn nicht klüger als die Katze in deinem Schoß? Begreifst du nicht, daß hübsche junge Mädchen Schaden erleiden können, wenn sie sich auf Spielchen mit bösen Jungen einlassen?

Wenn du zu Hause wärst, würde dein Vater sicher darauf bestehen, daß du das Haus nicht verläßt. Aber du bist hier bei uns, und das erlegt mir und Georges die Verpflichtung auf, für deine Sicherheit zu sorgen.

Was meinst du, Georges?“

„Mais oui mon vieux! Certainement!“

„Und ich schütze dich vor Georges. Jan, kannst du dieses Kind nicht davon überzeugen, daß sie hier herzlich willkommen ist, so lange sie bleiben möchte?

Ich glaube fast, sie gehört zu der Sorte von Frau, die die Selbstbestätigung sucht und in jedem Falle ihreRechnung selbst bezahlen möchte.“

„Das stimmt nicht!“ wandte ich ein.

„Marjie“, sagte Janet, „Betty hat mir aufgetragen ich soll mich um dich kümmern. Wenn du meinst, du fällst uns auf den Wecker, kannst du ja beim Roten Kreuz von Brit-Kan mithelfen. Oder in einem Heim für zornige Katzen. Zufällig aber ergibt es sich, daß wir alle drei lachhaft viel verdienen und keine Kinder haben. Wir können dich uns ebenso problemlos leisten wie eine weitere Katze. Also — wirst du bleiben?

Oder muß ich deine Sachen verstecken und dich durchwalken?“

„Ich möchte nicht durchgewalkt werden.“

„Schade, darauf hätte ich mich gefreut. Das wäre also geregelt, meine Herren; sie bleibt. Marj, wir haben dich angeschwindelt. Georges ist ein gemeiner Kerl — er wird von dir verlangen, zu allen möglichen und unmöglichen Zeiten für ihn Modell zu sitzen — und er bekommt dich gewissermaßen umsonst, anstatt die üblichen Honorare zahlen zu müssen. Er wird mit dir Gewinne ausweisen.“

„Nein“, sagte Georges. „Ich werde keine Gewinne ausweisen, ich werde aus der ganzen Sache generell gewinnen. Denn sie wird bei mir als Geschäftsausgabe auftauchen, meine liebe Jan. Aber nicht zum üblichen Grundhonorar der Gilde; sie ist mehr wert. Anderthalb?“

„Mindestens. Ich würde sogar sagen, das Doppelte — sei großzügig, da du ihr sowieso nichts zahlen wirst. Hättest du sie nicht gern auf deinem Kampus?

In deinem Labor, meine ich.“

„Ein guter Gedanke — und der ist mir tatsächlich schon durch den Kopf gegangen — vielen Dank, daßdu ihn offen ausgesprochen hast.“ Georges wandte sich an mich: „Marjorie, verkaufst du mir ein Ei?“

Seine Frage ließ mich zusammenfahren. Ich tat, als hätte ich nicht verstanden, was er meinte. „Ich habe keine Eier.“

„Oh, doch! Genau genommen mehrere Dutzend weitaus mehr, als du je für deine eigenen Zwecke brauchst. Ich meine natürlich eine menschliche Eizelle. Das Labor zahlt weitaus mehr für ein Ei als für Sperma — das ist einfache Mathematik. Bist du jetzt schockiert?“

„Nein. Überrascht. Ich dachte, du wärst Künstler.“

„Marjorie“, schaltete sich Janet ein, „ich habe dir gesagt, daß Georges in mehreren Disziplinen Künstler ist — und das stimmt. Zum einen ist er MendelProfessor für Teratologie an der Universität von Manitoba — außerdem Cheftechnologe für das angegliederte Produktions-Labor samt Krippe — und du kannst mir glauben, daß er da wirklich einen hohen Grad von Kunst beweisen muß. Aber auch mit Farbe und Leinwand kann er umgehen. Wie auch mit einem Computerbildschirm.“

„Stimmt genau“, sagte Ian. „In allem, was Georges berührt, ist er Künstler. Aber ihr beiden hättet Marjorie nicht damit überfallen dürfen, während sie noch unser Gast ist. Es gibt Leute, die sich schon beim Gedanken an Gen-Manipulationen schrecklich aufregen — besonders wenn es um ihre eigenen Gene geht.“

„Marj, habe ich dich verwirrt? Das tut mir leid.“

„Nein, Jan. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die beim Gedanken an Lebendige Artefakte oder Künstliche Personen oder dergleichen in Panik geraten. Zu meinen besten Freunden gehörten Künstliche Personen.“

„Meine Liebe, jetzt übertreibst du aber etwas“ sagte Georges leise.

„Warum sagst du das?“ fragte ich und versuchte meine Stimme nicht schrill klingen zu lassen.

„Ich könnte diesen Anspruch erheben, weil ich auf diesem Gebiet tätig bin und eine Anzahl von Künstlichen Personen zu meinen Freunden zählen kann, was mich doch mit Stolz erfüllt. Aber…“

„Ich dachte, eine KP dürfe nie die Leute kennen die sie entworfen haben?“ unterbrach ich ihn.

„Stimmt, und ich habe diese Grundregel auch nie übertreten. Aber ich habe oft Gelegenheit, mit Lebendigen Artefakten und Künstlichen Personen zusammenzukommen — da gibt es Unterschiede — und ihre Freundschaft zu gewinnen. Aber verzeih mir, liebe Marjorie, wenn du nicht in meinem Beruf tätig bist — bist du das?“

„Nein.“

„Nur ein Genetik-Ingenieur oder jemand, der enge Beziehungen zu dieser Industrie hat, kann behaupten unter den Künstlichen Personen Freunde zu haben.

Denn entgegen der allgemeinen Auffassung ist es einem Laien nicht möglich, zwischen einer KP und einer natürlichen Person zu unterscheiden — außerdem wird eine KP wegen der tiefsitzenden Vorurteile unwissender Leute ihre Abweichung beinahe nie freiwillig eingestehen — ich möchte sogar von ›niemals‹ sprechen. Ich freue mich zwar, daß du beim Thema Künstlicher Kreaturen nicht gleich an die Decke gehst, muß deine Behauptung aber als kleine Lüge werten, die uns zeigen soll, daß du von Vorurteilen frei bist.“

„Nun ja … Na, schön. Du kannst es meinetwegen sosehen. Ich verstehe nur nicht, warum KP Bürger zweiter Klasse sein müssen. Ich halte das für unfair.“

„Das ist es auch. Manche Menschen fühlen sich aber bedroht. Frag Ian. Er ist im Begriff, nach Vancouver zu eilen, um zu verhindern, daß KP jemals Piloten werden. Er …“

„Mooooment! Das stimmt nun wirklich nicht! Ich trage die Sache dort so vor, weil meine Genossen aus der Gilde für diese Formulierung gestimmt haben.

Ich bin aber kein Dummkopf, Georges; die Diskussionen und das Zusammenleben mit dir haben mir gezeigt, daß wir einen Kompromiß werden schließen müssen. Im Grunde sind wir längst keine richtigen Piloten mehr, und das gilt schon seit Beginn dieses Jahrhunderts. Der Computer tut die eigentliche Arbeit. Fiele der Computer aus, würde ich mich wie ein braver Pfadfinder anstrengen, den Kasten heil aus dem Himmel zu holen. Ob mir das aber gelingt, steht in den Sternen. Die Geschwindigkeiten, die dabei auftreten, und die Notfälle, die passieren können sind mit menschlichem Reaktionstempo seit Jahren nicht mehr zu bewältigen. Oh, ich werde es versuchen — und das gilt für jeden Genossen aus meiner Gilde. Georges, wenn du aber der Meinung bist, du könntest eine Künstliche Person entwerfen, die schnell genug denken und reagieren kann, um bei der Landung ein Problem auszubügeln, gehe ich gern in Pension. Und genau das wollen wir ja auch erreichen — will die Firma KP-Piloten einsetzen, die uns die Arbeitsplätze wegnehmen, muß das bei voller Bezahlung und mit allen Nebenleistungen erfolgen. Falls man solche Ersatzwesen bauen kann.“

„Oh, entwerfen könnte ich so ein Wesen — mit derZeit. Und hätte ich dieses Ziel erreicht, könntet ihr Piloten alle zum Angeln fahren — vorausgesetzt, ich dürfte mein Produkt klonen. Aber das wäre keine KP sondern ein Lebendiges Artefakt. Würde ich beauftragt, einen Organismus hervorzubringen, der ein todsicherer Pilot sein müßte, wäre es unakzeptabel wenn er so aussehen müßte wie ein normaler Mensch.“

„Ach, tu das nicht!“

Beide Männer blickten mich verblüfft an, und Janet war förmlich hochgeschreckt. Wieder einmal wünschte ich, ich hätte den Mund gehalten.

„Warum nicht?“ fragte Georges.

„Nun ja — weil ich so ein Schiff nicht betreten würde. Mit Ian zu fliegen, wäre mir viel lieber.“

„Vielen Dank, Marj“, sagte Ian. „Aber du hast ja selbst gehört, was Georges eben gesagt hat. Er meint einen aufgabenorientierten Piloten, der weitaus besser wäre als ich. Denkbar ist so etwas. Himmel, es wird bestimmt dazu kommen! So wie die Vortriebsmaschinen die Bergleute verdrängt haben, wird meine Gilde eines Tages abgelöst werden. Auch wenn mir diese Entwicklung nicht gefällt — ich sehe sie kommen.“