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„Ich verstecke mich nicht in einem Loch im Boden“, sagte Georges leise. „Ich werde auf meinen Rechten bestehen. Wenn sie mir nicht zugebilligt werden, werde ich später Melvin Dickey verklagen daß er seines Lebens nicht mehr froh wird.“

Ian zuckte die Achseln. „Du bist ein verrückter Kanacke. Aber du bist erwachsen. Marj, meine Liebe geh in Deckung! Es dauert bestimmt nicht lange, ihn loszuwerden, da er im Grunde nicht positiv weiß, ob du hier bist.“

„Äh, wenn nötig, verschwinde ich im Loch. Aber kann ich nicht einfach in Janets Bad abwarten? Vielleicht geht er auch so. Ich schalte dort das Terminal ein und verfolge, was hier läuft. Einverstanden?“

„Marj, du machst Schwierigkeiten!“

„Dann überzeuge Georges, daß er auch mit ins Loch hinunterkommt. Wenn er hierbleibt, werde ich vielleicht gebraucht. Um ihm zu helfen. Um dir zu helfen.“

„Wovon redest du, um alles in der Welt?“

Das wußte ich selbst nicht ganz genau. Jedenfalls entsprach es auf keinen Fall meinem Training, freiwillig ein Spielfeld zu verlassen und in einem Versteck Zuflucht zu suchen. „Ian, dieser Melvin Dickey … ich glaube, er will Georges an den Kragen. Das lag bereits in seiner Stimme. Wenn Georges nicht mit ins Loch hinabwill, dann sollte ich ihn begleiten, um dafür zu sorgen, daß dieser Dickey ihm nicht weh tut.Wer in den Händen der Polizei ist, braucht einen Zeugen auf seiner Seite.“

„Marj, du kannst doch unmöglich verhindern, daß ein …“

Ein dumpfer Gongton erschallte. „Verdammt! Er ist schon an der Tür. Verschwindet aus dem Sichtbereich. Und du verschwindest im Loch!“

Ich verzog mich aus dem Blickfeld, schwamm aber nicht in das Versteck. Hastig begab ich mich in Janets großes Badezimmer, schaltete das Terminal ein und suchte mir dann am Selektorschalter die Wohnzimmerkamera aus. Als ich den Ton lautgestellt hatte kam es mir beinahe so vor, als wäre ich noch am Ort des Geschehens.

Ein frecher Hahn stolzierte herein.

In Wirklichkeit war es nicht Dickeys Körper, der klein war, sondern seine Seele. Dickey besaß ein Ego der Größe zwölf in einer Seele von der Größe vier und beides in einem Körper, der beinahe so massig war wie der von Ian. In Begleitung Ians betrat er den Raum, entdeckte Georges und sagte triumphierend:

„Perreault, ich verhafte Sie, weil Sie sich vorsätzlich nicht zur Internierung gemeldet haben, wie es dem Krisenerlaß, Paragraph sechs, entspricht.“

„Ich habe eine solche Anordnung nie erhalten.“

„Ach, Unsinn! Das ist mehrmals in den Nachrichten verbreitet worden.“

„Es ist nicht meine Gewohnheit, mir die Nachrichten anzuschauen. Mir ist kein Gesetz bekannt, das mich dazu verpflichtet. Dürfte ich eine Kopie des Befehls sehen, nach dem Sie mich verhaften wollen?“

„Versuchen Sie nicht den Winkeladvokaten zu spielen, Perreault. Wir haben den nationalen Not-stand, den ich hier zu vertreten habe. Sie können den Erlaß lesen, wenn ich Sie abliefere. Ian, ich ernenne Sie hiermit zum Deputy, mit der Auflage, mir zu helfen. Nehmen Sie diese Dinger …“ — Dickey griff hinter sich und zog ein Paar Handschellen hervor — „und legen Sie sie ihm an! Die Hände hinter dem Rücken!“

Ian bewegte sich nicht. „Mel, Sie sollten sich nicht mehr zum Narren machen, als Sie es ohnehin sind.

Sie haben nicht den geringsten Grund, Georges Handschellen anzulegen.“

„Und ob ich das habe! Wir sind knapp an Leuten und ich führe diese Verhaftung ohne Begleitung durch. Ich kann es mir also nicht leisten, daß unser Freund auf dem Rückflug vielleicht einen Ausbruchsversuch macht. Nun beeilen Sie sich schon und legen Sie ihm die Handschellen an!“

„Richten Sie die Waffe nicht auf mich!“

Ich war bereits keine Zuschauerin mehr. Ich stürmte aus dem Bad, durch zwei Türen, einen langen Flur entlang und ins Wohnzimmer, begleitet von dem seltsam eingefrorenen Gefühl der Bewegung das von der Supermotorik vermittelt wird.

Dickey versuchte mit seiner Waffe drei Leute in Schach zu halten, und zu diesen dreien gehörte auch Janet. Das hätte er nicht tun dürfen. Ich raste auf ihn zu, entriß ihm die Waffe und versetzte ihm einen Handkantenschlag ins Genick. Die Wirbel gaben jenes unangenehme Knirschen von sich, das sie beim Brechen immer erzeugen — ein ganz anderer Laut als das kurze Knacken von Arm- oder Beinknochen.

Ich ließ ihn zu Boden sinken und legte die Waffe neben ihm ab, wobei ich gleichzeitig registrierte, daß es sich um eine Raytheon fünf-null-fünf handelte, dieein Mastodon hätte erlegen können — wozu brauchen Männer mit kleinen Seelen solche großen Waffen?

„Bist du verletzt, Jan?“ fragte ich.

„Nein.“

„Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte. Ian genau das habe ich vorhin gemeint, als ich sagte vielleicht würde meine Hilfe benötigt. Aber ich hätte gleich hierbleiben sollen. Ich bin beinahe zu spät gekommen.“

„Noch nie habe ich jemanden so schnell handeln sehen!“

„Oh, ich schon“, sagte Georges gelassen.

Ich wandte mich zu ihm. „Natürlich hast du so etwas schon gesehen. Georges, hilfst du mir, dieses Ding …“ — ich deutete auf den Toten — „fortzuschaffen? Und kannst du ein Polizei-AAF fliegen?“

„Wenn ich muß.“

„Etwa so geht’s mir auch. Lassen wir die Leiche verschwinden. Janet hat mir unten angedeutet, wie die Toten hier beseitigt werden, allerdings ohne mir die Stelle zu zeigen. Ein Loch abseits des Fluchttunnels, nicht wahr? An die Arbeit! Sobald wir das los sind, können Georges und ich abfliegen. Oder Georges bleibt und steht die Sache an Ort und Stelle durch. Aber sind die Leiche und das AAF erst einmal verschwunden, könnt ihr beiden die Ahnungslosen spielen. Beweise gibt es nicht mehr. Ihr habt ihn nie gesehen. Aber wir müssen uns beeilen, ehe er vermißt wird.“

Jan kniete neben dem toten Polizei-Lieutenant auf dem Boden. „Marj, du hast ihn tatsächlich umgebracht!“

„Ja. Er hat mich zur Eile angetrieben. Trotzdem ha-be ich ihn ganz bewußt getötet, denn in einer Auseinandersetzung mit einem Polizeibeamten ist es besser wenn man gleich endgültige Maßnahmen ergreift, als ihn nur zu verwunden. Jan, er hätte seinen Brenner nicht auf dich richten dürfen. Ohne diese Geste hätte ich ihn vielleicht nur entwaffnet, und anschließend nur getötet, wenn ihr der Meinung gewesen wärt, er müsse sterben.“

„Du hast dich wirklich beeilt. Eben noch warst du gar nicht hier, und im nächsten Moment tauchtest du auf, und Mel sank zu Boden. Ob er nach meiner Ansicht sterben mußte? Ich weiß es nicht, aber leid tun wird es mir um ihn nicht. Er ist eine Ratte. War eine Ratte.“

Ian sagte langsam: „Marj, dir scheint nicht klar zu sein, daß das Umbringen eines Polizeibeamten eine schwerwiegende Sache ist. Das einzige Kapitalverbrechen, das in der Britisch-Kanadischen Gesetzgebung noch übriggeblieben ist.“

Wenn Leute so reden, begreife ich sie nicht; ein Polizist ist doch nichts Besonderes. „Ian, in meinen Augen ist es eine schwerwiegende Sache, meinen Freunden eine Waffe unter die Nase zu halten. Janet zu bedrohen halte ich sogar für ein Kapitalverbrechen. Aber es tut mir leid, wenn ich euch verwirrt habe. Zunächst müssen wir eine Leiche und ein AAF verschwinden lassen. Ich kann euch dabei helfen.

Oder verschwinden. Entscheidet euch aber schnell!

Wir wissen nicht, wie bald man nach ihm suchen wird — und nach uns. Nur daß man es irgendwann tun wird.“

Während des Sprechens durchsuchte ich den Toten — er hatte keine Handtasche bei sich, so daß ich dieeinzelnen Taschen durchgehen mußte. Besonders bei der Hose war ich vorsichtig, denn der Ringmuskel hatte sich gelockert, wie es immer bei Sterbenden eintrat. Zum Glück nicht viel — er hatte sich kaum eingenäßt und stank auch noch nicht. Oder wenigstens noch nicht schlimm. Die wichtigen Dinge befanden sich im Jackett: Brieftasche und Kontaktgerät Ausweise, Geld, Kreditkarten, all das mitnehmbare Zeug, das dem modernen Menschen bestätigt, daß er am Leben ist. Ich nahm die Brieftasche und den Raytheon-Brenner; der Rest war unbrauchbar. Ich hob die Handschellen hoch. „Könnt ihr Metall loswerden? Oder muß das dort verschwinden, wo auch die Leiche landet?“