Выбрать главу

„Oh.“

„Lies mal lieber das hier!“ sagte er.

W. K. — Mach dein Testament!

Du hast nur noch eine Woche zu leben.

A. C. B.

Ich las den Text. „Georges, ist das wirklich eine Morddrohung an W. K.? In einer öffentlichen Anzeige? Wohin ließe sich das zurückverfolgen?“

„Keine Ahnung. Vielleicht wäre das gar nicht so ohne weiteres möglich. Ich möchte nur wissen, was wir morgen hier sehen werden — ›sechs Tage‹? Und dann ›fünf Tage‹? Wartet W. K. auf den Todesstoß?

Oder handelt es sich um irgendeine Werbekampagne?“

„Ich weiß es nicht.“ Ich versuchte eine Verbindung zu unserer Notlage herzustellen. „Georges, wäre es möglich, daß die schrecklichen Drohungen im Fernsehen nichts anderes sind als eine komplizierte Vortäuschung, ein gigantischer Streich, der den Nationen gespielt wird?“

„Du meinst, vielleicht wurde überhaupt niemand umgebracht, und die Meldungen waren alle gefälscht?“

„Ich weiß nicht genau, was ich meine.“

„Marjorie, natürlich liegt da irgendwo eine große Täuschung vor — in dem Sinne, daß drei verschiedene Gruppen die Verantwortung auf sich nehmen und folglich zwei Gruppen die Welt hinters Licht führen wollen. Ich glaube nicht, daß die Meldungen von den Hinrichtungen getürkt sind. Wie bei Seifenblasen gibt es eine Obergrenze für die Größe eines solchen Streiches, sowohl hinsichtlich der Zahl der beteiligten Leute als auch im Hinblick auf die Zeit. Die ganze Sache ist zu groß — sie spielt an zu vielen Orten, vor zugroßem Publikum, um nur Theater zu sein. Sonst wären inzwischen auch von allen Seiten die Dementis eingetroffen. Möchtest du noch Kaffee?“

„Nein danke.“

„Sonst noch etwas?“

„Nichts mehr. Noch einen Keks mit Honig, und ich würde platzen!“

Von draußen war es nichts anderes als eine Hotelzimmertür mit der Zahl 2100. Doch als wir über die Schwelle getreten waren, rief ich: „Georges! Warum das?“

„Eine Braut kann eine Brautsuite verlangen.“

„Wunderschön ist es hier. Und luxuriös! Du solltest dein Geld nicht so verschwenden! Ohnehin hast du meine langweilige Reise schon zu einem Vergnügen gemacht. Wenn du aber erwartest, daß ich mich heute nacht wie eine Braut verhalte, hättest du mir nicht Eier auf dem Pferderücken und jede Menge heiße Kekse vorsetzen sollen. Ich platze förmlich und fühle mich ganz und gar nicht verführerisch.“

„Das bist du aber.“

„Lieber Schatz! Georges, bitte veranstalte mit mir keine Spielchen — bitte nicht! Du hast gesehen, wie ich Dickey umbrachte. Du weißt, was ich bin.“

„Ich weiß nur, daß du eine prächtige, mutige, liebenswerte Frau bist.“

„Du weißt genau, was ich meine. Du bist in der Branche. Du hast mich erkannt, erwischt.“

„Du bist in deinen Fähigkeiten gesteigert. Ja, das habe ich gesehen.“

„Also weißt du auch, was ich bin. Ich gebe es zu.

Ich bin sehr geübt darin, meine wahren Fähigkeitenzu vertuschen — aber der Schweinehund hätte Janet nicht mit der Waffe bedrohen dürfen!“

„Nein, das hätte er nicht tun dürfen. Und wegen deines Einspringens stehe ich für immer in deiner Schuld.“

„Du meinst das ernst? Ian ist der Ansicht, ich hätte ihn nicht töten dürfen.“

„Ian reagiert im ersten Augenblick immer etwas konventionell. Dann läßt er sich aber doch überzeugen. Ian ist der geborene Pilot; er denkt mit den Muskeln. Aber, Marjorie …“

„Ich heiße nicht ›Marjorie‹.“

„Wie bitte?“

„Jetzt kannst du ruhig meinen richtigen Namen wissen. Meinen Namen aus der Krippe, meine ich. Ich heiße ›Freitag‹. Einen Nachnamen gibt es natürlich nicht. Wenn ich einen brauche, suche ich mir einen aus, wie er in der Krippe gebräuchlich war. Meistens ›Jones‹. ›Freitag‹ aber ist mein richtiger Name.“

„Und so soll ich dich anreden?“

„Ja, so möchte ich es haben. So werde ich genannt wenn ich mich nicht verstellen muß. Wenn ich unter Leuten bin, denen ich trauen kann. Dir sollte ich auf jeden Fall vertrauen. Oder?“

„Ich fühle mich geschmeichelt und freue mich. Ich will mir Mühe geben, mich deines Vertrauens würdig zu erweisen. Zumal ich sehr in deiner Schuld stehe.“

„Inwiefern?“

„Ich dachte, das läge auf der Hand. Als ich sah was Mel Dickey im Schilde führte, wollte ich mich im ersten Augenblick ergeben, um die anderen nicht in Gefahr zu bringen. Als er dann aber Janet mit seinem Brenner bedrohte, nahm ich mir vor, ihn später ein-mal, wenn ich wieder frei sein würde, aus der Welt zu räumen.“ Georges lächelte kaum. „Dieser Gedanke war mir eben durch den Kopf geschossen, als du mit der Plötzlichkeit eines Racheengels erschienst und meine Absicht in die Tat umsetztest. Nun bin ich dir also was schuldig.“

„Einen Mord?“

„Wenn du willst, ja.“

„Na, so etwas wahrscheinlich nicht. Wie du selbst sagst, bin ich ein gesteigerter Mensch. Ich habe diese Dinge, wenn sie sich nicht umgehen ließen, bisher immer allein erledigen können.“

„Was immer du verlangst, meine liebe Freitag.“

„Ah, ach, zum Teufel, Georges, ich möchte nicht daß du dich mir verpflichtet fühlst! Auf meine Weise liebe ich Janet auch. Der Schweinehund besiegelte sein Schicksal, als er sie mit einer gefährlichen Waffe bedrohte. Ich habe nicht für dich so gehandelt, sondern für mich selbst. Du schuldest mir also gar nichts.“

„Liebste Freitag. Du bist so liebenswert wie Janet.

Das habe ich mit der Zeit erkannt.“

„Warum nimmst du mich dann nicht mit ins Bett und läßt mich für etliche Dinge die Rechnung begleichen? Ich weiß, daß ich kein Mensch bin und erwarte von dir auch nicht daß du mich so liebst wie deine Menschenfrau — eigentlich brauchst du mich überhaupt nicht zu lieben. Aber du scheinst mich zu mögen und behandelst mich nicht wie — nun ja, wie es meine EnEs-Familie getan hat. So wie die meisten Menschen mit KP umgehen. Es würde sich bestimmt für dich lohnen. Ich verstehe mich darauf, wirklich.

Ich habe die entsprechende Ausbildung nicht abge-schlossen, aber die Grundkenntnisse sind weitgehend vorhanden — ich würde mir Mühe geben.“

„Meine Liebe. Wer hat dich denn so gekränkt?“

„Mich? Mir geht es bestens. Ich wollte dir nur klarmachen, daß ich weiß, wie die Welt sich dreht.

Ich bin kein Kind mehr, das es noch lernen muß, ohne die Stütze der Krippe auszukommen. Eine Künstliche Person erwartet von einem normalen Mann keine sentimentale Liebe; das wissen wir beide. Du verstehst das noch viel besser als jeder Laie, du bist in der Branche tätig. Ich respektiere dich und mag dich wirklich. Wenn du es mir gestattest, mit dir ins Bett zu gehen, will ich mir große Mühe geben, dich zu unterhalten.“

„Freitag!“

„Ja, Sir?“

„Du wirst nicht mit mir ins Bett gehen, um mich zu unterhalten!“

Plötzlich schossen mir Tränen in die Augen — was nun wirklich sehr selten passiert. „Tut mir leid, Sir“ sagte ich bedrückt. „Ich wollte dich nicht kränken. Ich wollte niemandes Entscheidung vorwegnehmen.“

„HÖR AUF DAMIT, verdammt!“

„Sir?“

„Hör endlich auf, mich ›Sir‹ zu nennen! Hör auf dich wie ein Sklave zu benehmen! Nenn mich Georges! Wenn du ›Schatz‹ Oder ›Liebling‹ hinzufügen möchtest, wie du es in der Vergangenheit zuweilen getan hast, tu es bitte! Oder beschimpfe mich! Behandle mich wie deinen Freund! Dieser Riß zwischen ›Menschen‹ und ›Nichtmenschen‹ ist von ahnungslosen Laien erdacht worden; in der Branche weiß jeder daß das totaler Unsinn ist. Deine Gene sind menschli-che Gene; sie sind mit größter Sorgfalt ausgesucht worden. Vielleicht macht dich das zum Übermenschen; auf keinen Fall aber zum Nichtmenschen. Bist du fruchtbar?“

„Äh — widerruflich steril.“

„Mit örtlicher Betäubung könnte ich das in zehn Minuten ändern. Und dich schwängern. Würde unser Baby ein Mensch sein? Oder ein Nichtmensch? Oder nur ein halber Mensch?“