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„Vielen Dank. Ich sag’s ihr, Miß. Dürfte ich Ihnen einen Rat geben? Daß Sie mir das aber nicht falsch verstehen.“

„Ich brauche einen Rat.“

„Sie wollen doch nicht etwa in Eudora Station machen?“

„Nein. Ich muß in den Norden.“

„Das hatten Sie ja schon gesagt. Eudora ist nichts anderes als eine Polizeiwache und ein paar Läden.

Lake Village ist weiter weg von hier, hat aber eine Haltestelle der Greyhound-AAF. Zwölf Kilometer von hier, wenn Sie nach rechts gehen. Schaffen Sie die Strecke bis Mittag, könnten Sie den Bus um zwölf noch erreichen. Aber Sie müßten sich sputen, und wir haben heißes Wetter.“

„Ich schaffe es schon.“

„Der Greyhound bringt sie nach Pine Bluff oder sogar bis Little Rock. Hmm. Eine Busfahrt kostet Geld.“

„Mr. Hunter, Sie sind mehr als freundlich zu mir gewesen. Ich habe meine Kreditkarte dabei; ich kann den Bus selbst bezahlen.“ Ich hatte die Wasserläufe und den Lehm nicht sonderlich gut überstanden; meine Kreditkarten, Ausweise, der Paß und das Bargeld aber waren in dem wasserdichten Geldgürtel sicher verstaut gewesen, den Janet mir vor vielen Lichtjahren geschenkt hatte; nichts hatte gelitten. Eines Tages würde ich es ihr erzählen.

„Gut. Ich dachte mir aber, ich sollte lieber danach fragen. Noch etwas. Die Leute hier scheren sich meistens nur um ihre eigenen Angelegenheiten. Wenn Sie direkt in den Greyhound steigen, haben die wenigen neugierigen Seelen keinen Vorwand, Sie zu belästigen. Vielleicht wäre das besser so. Nun ja, leben Sie wohl und viel Glück!“

Ich verabschiedete mich von ihm und begann meinen Marsch. Am liebsten hätte ich ihn geküßt, doch gegenüber Männern wie Mr. Hunter nehmen sich Frauen keine solchen Freiheiten heraus.Ich erwischte das Mittags-AAF und befand mich um 12.52 in Little Rock. Als ich die Tunnelstation erreichte, wurde gerade eine Expreß-Kapsel abfahrbereit gemacht; zwanzig Minuten später war ich in Saint Louis. Von einer Terminalzelle in der Tunnelstation tippte ich den Kontakt-Kode meines Chefs ein um mir ein Fahrzeug zum Hauptquartier zu bestellen.

Eine Stimme antwortete: „Der Komm-Kode, den Sie eben gewählt haben, ist nicht angeschlossen. Bleiben Sie in der Leitung, bis die Vermittlung …“ Ich drückte den Trennhebel und machte mich dünne.

Mehrere Minuten lang hielt ich mich in der unterirdischen Stadt auf, ziellos herumlaufend und vor Schaufenstern stehenbleibend; dabei legte ich aber Distanz zwischen mich und die Tunnelstation.

In einem Einkaufszentrum, das ein gutes Stück entfernt war, fand ich ein anderes öffentliches Terminal und versuchte den Ausweich-Kode. Als die Stimme loslegte: „Der Komm-Kode, den Sie gewählt haben ist nicht …“, trennte ich die Verbindung, aber die Stimme hörte nicht auf. Ich zog den Kopf ein, ließ mich auf die Knie fallen und schob mich schräg zur Seite aus der Kabine — ein auffälliges Verhalten, das mir zuwider ist, das ich aber für nötig hielt, um zu verhindern, daß man mich durch das Terminal photographierte, was eine Katastrophe hätte sein können.

Minutenlang tauchte ich in der Menge unter. Als ich einigermaßen sicher war, daß niemand mir folgte ging ich eine Etage tiefer und begab mich mit Hilfe des städtischen Untergrundsystems nach East Saint Louis. Ein weiterer Kontakt-Kode stand mir zur Verfügung, der nur für den äußersten Notfall gedachtwar, doch den wollte ich nicht unvorbereitet benutzen.

Das neue Hauptquartier meines Chefs befand sich knapp sechzig Minuten vom Zentrum entfernt, doch wußte ich nicht genau, wo es lag. Damit will ich sagen, als ich die Krankenstation verließ, um mein Auffrischungstraining zu beginnen, hatte der Flug im AAF genau sechzig Minuten gedauert. Auch die Rückkehr hatte sechzig Minuten in Anspruch genommen. Als ich meinen Urlaub antrat und mich absetzen ließ, damit ich meine Kapsel nach Winnipeg erreichte, hatte man mich nach genau sechzig Minuten in Kansas City abgesetzt. Die AAF, die für solche Einsätze genommen werden, haben keine Fenster.

Nach Geometrie, Geographie und meinen Grundkenntnissen über die Leistungsfähigkeit eines AAF mußte das neue Hauptquartier des Chefs irgendwo in der Nähe von Des Moines liegen — in diesem Falle aber bedeutete dieses „irgendwo“ einen Radius von mindestens hundert Kilometern. Ich stellte keine Mutmaßungen an. Auch machte ich mir keine Gedanken darüber, wer von uns denn die genaue Lage des HQ kenne. Diese Information wurde nur jenen zuteil, die sie besitzen mußten; und sich ausmalen zu wollen, wie der Chef solche Entscheidungen traf, war reine Zeitverschwendung.

In East Saint Louis erstand ich einen dünnen Mantel mit Kapuze, außerdem in einem ScherzartikelLaden eine Latex-Maske, wobei ich darauf achtete daß ich kein zu groteskes Modell erwischte. Dann gab ich mir größte Mühe, meine Wahl des Terminals möglich zufällig zu gestalten. Ich war der — allerdings unbeweisbaren — Ansicht, daß der Chef wieder malins Feuer geraten und diesmal erwischt worden war.

Daß ich noch nicht in Panik flatterte, lag einzig und allein an meinem Training, das mir eine solche Reaktion verbot, bis alles vorüber war.

In Maske und Kapuze wählte ich den allerletzten Komm-Kode. Das gleiche Ergebnis, und wieder ließ sich das Terminal nicht ausschalten. Ich drehte der Optik den Rücken zu, zog mir die Maske herunter ließ sie zu Boden fallen und verließ langsamen Schrittes die Zelle. Hinter der nächsten Ecke streifte ich im Gehen den Mantel von den Schultern, faltete ihn zusammen, stopfte ihn in einen Abfallbehälter und kehrte nach Saint Louis zurück …

… wo ich tollkühn meine Kreditkarte auf die Imperial Bank von Saint Louis benutzte, um mein Tunnelfahrgeld nach Kansas City zu bezahlen. Noch vor einer Stunde, in Little Rock, hatte ich sie ohne Zögern benutzt, aber hatte ich noch nicht den Verdacht, daß dem Chef etwas zugestoßen sein könnte — im Grunde war ich der religiösen Überzeugung, daß dem Chef niemals etwas zustoßen konnte. („Religiös“ = „Absoluter Glaube ohne Beweis“)

Jetzt aber mußte ich von der Annahme ausgehen daß dem Chef tatsächlich etwas zugestoßen war, einschließlich der Vermutung, daß meine Saint-LouisMaster-Charge-Karte (die auf die Kreditmöglichkeiten des Chefs zurückging, nicht auf die meinen) jederzeit ungültig gemacht werden konnte. Wenn ich sie in einen Schlitz steckte, um für etwas zu bezahlen mochte sie von einem Vernichtungsschlag verbrannt werden, sobald die Maschine die Nummer identifizierte.

Fünfzehn Minuten später und vierhundert Kilo-meter weiter erreichte ich Kansas City. Die Tunnelstation verließ ich erst gar nicht. Vom Informationsschalter aus tätigte ich einen kostenfreien Anruf, ließ mich über den Fahrplan der Tunnelbahn KC — Omaha — Sioux Falls — Fargo — Winnipeg unterrichten und erfuhr, daß die Strecke bis in die Grenzstadt Pembina normal befahren wurde, allerdings nicht weiter. Sechsundfünfzig Minuten später war ich an der Britisch-Kanadischen Grenze unmittelbar südlich von Winnipeg. Wir hatten noch frühen Nachmittag.

Vor zehn Stunden war ich aus den Flußniederungen des Mississippi heraufgestiegen und hatte mich vage gefragt, ob ich mich im Imperium befand oder etwa nach Texas zurückgeschwemmt worden war.

In diesem Augenblick war mein Wunsch, das Imperium wieder zu verlassen, stärker als jemals mein Bestreben, hierhin zurückzukehren. Bis jetzt war es mir gelungen, der Imperial-Polizei einen Schritt voraus zu bleiben, allerdings hatte ich keinen Zweifel mehr, daß sich die Behörden für mich interessierten.

Ich hatte keine Lust, mich mit ihnen zu unterhalten denn ich hatte Gerüchte darüber gehört, wie in solchen Kreisen eine Ermittlung abläuft. Die Jungs, die mich vor einiger Zeit ausgefragt hatten, waren einigermaßen grob geworden — die Imperial-Polizei aber hatte den Ruf, einem Gefangenen das Gehirn auszubrennen.

19. Kapitel

Vierzehn Stunden später befand ich mich nur fünfundzwanzig Kilometer weiter östlich von der Station an der ich das Tunnelbahnsystem hatte verlassen müssen. Eine Stunde dieser Zeit hatte ich mit Einkäufen verbracht, fast eine Stunde mit Essen, gut zwei Stunden in Konferenz mit einem Spezialisten, himmlische sechs Stunden mit Schlafen und beinahe vier Stunden mit einer vorsichtigen Wanderung parallel zum Grenzzaun, ohne ihm zu nahe zu kommen — und jetzt zog der Morgen herauf, und ich begab mich dicht an den Zaun und marschierte als gelangweilter Kontrolltechniker daran entlang.