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Im Bankgebäude war aber nicht die MasterCharge-Organisation mein Ziel, sondern eine Anwaltsfirma in einem anderen Stockwerk; ich hatte dort angerufen, nachdem mir ihr Komm-Kode vom Mond durchgegeben worden war. Eben hatte ich die Ecke des Gebäudes erreicht, als dicht neben mir eine Stimme sagte: „Miß Freitag.“

Hastig sah ich mich um. Eine Frau in der gelben Uniform einer Taxifahrerin …Ich schaute noch einmal hin. „Goldie!“

„Sie haben ein Taxi bestellt, Miß? Über den Platz und die Straße hinab. Wir dürfen hier nicht parken.“

Gemeinsam gingen wir über den Platz. Ich wollte begeistert losreden, aber Goldie brachte mich zum Schweigen. „Benimm dich bitte wie ein Taxigast! Der große Boß möchte, daß wir nicht auffallen.“

„Warum nennst du mich ›Miß‹?“

„Das ist besser so. Im Augenblick wird sehr auf Disziplin geachtet. Daß ich dich aufgreifen darf, geht auf eine Sondererlaubnis zurück, die nie ausgesprochen worden wäre, wenn ich nicht hätte klarmachen können, daß ich dich ohne Kennworte klar identifizieren kann.“

„Nun ja. Na schön. Aber sag bloß nicht ›Miß‹ zu mir, wenn es nicht unbedingt sein muß. Meine Güte liebste Goldie, ich freue mich so sehr über deinen Anblick, daß ich weinen könnte!“

„Ich auch. Zumal du erst diesen Montag tot gemeldet worden bist. Da habe ich wirklich geweint. Mehrere andere auch.“

„›Tot‹? Ich? Ich bin dem Tod nicht einmal nahe gewesen, nirgendwo. Ich erinnere mich an keine Gefahren. Ich bin lediglich herumgeirrt. Und jetzt hat man mich aufgespürt.“

„Das freut mich.“

Zehn Minuten später wurde ich in das Büro des Chefs geführt. „Freitag meldet sich zum Dienst, Sir“ sagte ich.

„Sie kommen spät.“

„Ich habe ’ne hübsche Rundtour gemacht, Sir. Mit dem Ausflugsdampfer auf dem Mississippi.“

„Das hatte ich schon vernommen. Sie scheinen die einzige Überlebende zu sein. Ich meinte aber eben daß Sie heute spät dran sind. Sie überquerten die Grenze nach Kalifornien um zwölf-null-fünf. Jetzt ist es siebzehn-zweiundzwanzig.“

„Verdammt, Chef, ich hatte Probleme!“

„Von Kurieren wird erwartet, daß sie sich solchen Problemen entziehen und auf jeden Fall schnell vorankommen.“

„Verdammt, Chef, ich war nicht im Dienst, ich war kein Kurier. Ich war noch immer im Urlaub; es steht Ihnen nicht zu, mich zu tadeln! Wären Sie nicht umgezogen, ohne mich zu verständigen, hätte es nicht den geringsten Ärger gegeben. Ich war vor zwei Wochen schon mal hier in San José, einen Steinwurf von hier entfernt.“

„Dreizehn Tage ist das jetzt her.“

„Chef, Sie stellen sich nur deswegen haarspalterisch an, weil sie nicht zugeben wollen, daß Sie Schuld haben, nicht ich.“

„Nun ja, ich nehme die Schuld auf mich, wenn man überhaupt davon sprechen kann — aber nur damit wir nicht weiter herumstreiten und Zeit verschwenden.

Ich hatte alles Nötige veranlaßt, Sie zu verständigen nicht nur die Routinenachricht, die den anderen Einsatzagenten zuging welche sich nicht gerade im Hauptquartier aufhielten. Tut mir leid, daß dieser besondere Aufwand nichts gefruchtet hat. Freitag, wie kann ich Sie davon überzeugen, daß Sie einzigartig sind und meine Organisation Sie nicht verlieren möchte? In Erwartung der Ereignisse, die später als ›Roter Donnerstag‹ bezeichnet wurden …“

„Chef! Hatten wir damit zu tun?“ Ich war entsetzt.„Wie kommen Sie nur auf eine solche obszöne Idee? Nein. Unsere Informations-Abteilung projizierte eine solche Entwicklung — teils aus Daten, die Sie uns von L-5 geliefert haben —, woraufhin wir Vorsichtsmaßnahmen einleiteten, rechtzeitig wie wir annahmen. Die ersten Angriffe aber fanden früher statt als es unsere pessimistischsten Projektionen vorgesehen hatten. Am Beginn des Roten Donnerstags waren wir noch immer mit unserem Gepäck beschäftigt; wir mußten uns einen Weg über die Grenze bahnen. Mit Bestechung, nicht mit Gewalt. Die Benachrichtigung über den Adressenwechsel und der Komm-Kodes waren schon hinausgegangen, aber erst als wir hier waren und unsere Komm-Zentrale funktionsbereit war, erfuhr ich, daß von Ihnen die Routinebestätigung noch nicht eingetroffen war.“

„Aus dem einfachen Grund, weil ich die Routinebenachrichtigung nicht bekommen hatte!“

„Bitte! Als ich erfuhr, daß Sie sich nicht gemeldet hatten, versuchte ich Sie zu Hause in Neuseeland anzurufen. Sie wissen vielleicht, daß es eine Unterbrechung der Satellitenverbindungen gab …“

„Ich habe davon gehört.“

„Genau. Ich bekam den Anruf etwa zweiunddreißig Stunden später durch. Ich sprach mit Mrs. Davidson, einer etwa vierzig Jahre alten Frau mit ziemlich spitzen Gesichtszügen. Die Seniorfrau Ihrer SGruppe?“

„Ja. Anita. Oberste Scharfrichterin und sonst auch alles.“

„Den Eindruck hatte ich auch. Außerdem gewann ich den Eindruck, daß Sie dort persona non grata waren.“

„Sicher war das mehr als nur ein Eindruck. Sprechen Sie weiter, Chef! Was hat der alte Drachen über mich vom Stapel gelassen?“

„Beinahe nichts. Sie hätten die Familie recht plötzlich verlassen. Nein, Sie hätten keine Nachsendeanschrift und auch keinen Komm-Kode angegeben.

Nein, sie würde keine Nachricht entgegennehmen und auch keine weiterleiten. Sie habe viel zu tun; Marjorie habe der Familie ein scheußliches Durcheinander hinterlassen. Leben Sie wohl.“

„Boß, sie hatte Ihre Anschrift im Imperium. Sie kannte außerdem die Anschrift der SA&CA in Luna City, weil ich von dort meine monatlichen Zahlungen an die Familie leistete.“

„Das reimte ich mir so etwa zusammen. Mein Vertreter in Neuseeland …“ — das erstemal, daß ich von ihm erfuhr! — „verschaffte mir die Büroanschrift des Senior-Mannes Ihrer S-Gruppe, eines gewissen Brian Davidson. Er war höflicher und in gewisser Weise auch hilfsbereiter. Von ihm erfuhren wir, mit welchem Shuttle Sie von Christchurch abgeflogen waren.

Das wiederum führte zur Passagierliste der SBR, mit der Sie von Auckland nach Winnipeg flogen. Dort verloren wir Sie für kurze Zeit, bis mein dortiger Agent feststellte, daß Sie den Hafen in der Begleitung des Captain der SBR verlassen hatten. Als wir mit ihm sprachen — Captain Tormey —, zeigte er sich hilfsbereit, aber Sie waren bereits abgereist. Es freut mich, Ihnen mitteilen zu können, daß wir Captain Tormey diesen Gefallen zurückzahlen konnten. Interne Informationen versetzten uns in die Lage, ihm Bescheid zu geben, daß er und seine Frau in Kürze durch die örtliche Polizei verhaftet werden sollten.“

„Um Himmels willen! Weshalb denn?“

„Nach außen hin geht es um die Beschuldigung einen feindlichen Ausländer bei sich aufgenommen zu haben. Außerdem sollen die beiden während des amtlichen Notstands eine unregistrierte Bürgerin des Imperiums bei sich beherbergt haben. Im Grund interessiert sich das Revier Winnipeg der Ortspolizei aber nicht für Sie oder Dr. Perreault; das ist nur ein Vorwand, um die Tormeys festzusetzen. Man fahndet nach ihnen wegen einer weitaus schlimmeren Sache die aber noch nicht offiziell zur Anklage reif ist. Ein gewisser Lieutenant Melvin Dickey wird vermißt.

Das letzte war seine mündliche Äußerung im PolizeiHQ er wolle jetzt Tormeys Haus aufsuchen, um Dr.

Perreault abzuholen. Man vermutet ein Verbrechen.“

„Aber das ist doch kein Beweis gegen Jan und Ian!

Das sind die Tormeys.“

„Richtig. Deshalb will die Provinzpolizei die beiden ja auch wegen der unwichtigeren Beschuldigung festnehmen. Das ist noch nicht alles. Lieutenant Dikkeys AAF stürzte in der Nähe von Fargo im Imperium ab. Niemand saß darin. Die Polizei legt großen Wert darauf, das Wrack auf Fingerabdrücke zu untersuchen. Möglicherweise sind die Beamten in diesem Augenblick schon dabei da den Nachrichten zufolge die gemeinsame Grenze zwischen dem ChicagoImperium und Britisch-Kanada vor etwa einer Stunde wieder geöffnet wurde.“