Выбрать главу

Trotzdem wollte ich nichts überstürzen. Den Planeten zu wechseln, das macht man nicht zweimal im Leben — es sei denn, man ist ungeheuer reich, was auf mich nicht zutraf. Die Unterstützung, die ich erfahren würde, galt für eine Auswanderung — da mußte ich mir wirklich gleich den richtigen Planeten aussuchen denn ein Fehler ließ sich nicht mehr korrigieren.

Außerdem … Nun ja, wo war Janet?

Der Chef hatte eine Kontaktadresse oder einen Komm-Kode gehabt — nicht ich!

Der Chef hatte einen Verbindungsmann im PolizeiHQ von Winnipeg — nicht ich!

Der Chef verfügte über sein weltumspannendes Pinkerton-Netz — nicht ich!

Ich konnte versuchen, sie von Zeit zu Zeit anzurufen. Ich würde es tun. Ich konnte bei ANZAC und in der Universität von Manitoba zurückfragen, und auch das wollte ich tun. Ich konnte den AucklandKode und die biologische Fakultät an der Universität Sydney im Auge behalten. Ja, das würde ich tun.

Aber wenn das alles nichts fruchtete, was konnte ich darüber hinaus unternehmen? Ich konnte nach Sydney fahren und mit Hilfe meiner schönen Augen versuchen, an Professor Farneses Privatanschrift oder Studienanschrift heranzukommen. Aber das würde nicht billig sein, zumal mir erst kürzlich abrupt zu Bewußtsein gekommen war, daß Reisen, wie ich sie in der Vergangenheit für selbstverständlich gehalten hatte, in der Zukunft problematisch sein würden und vielleicht gar nicht mehr in Frage kamen. Die Fahrtnach Neusüdwales, ehe die Semiballistischen Raketen wieder flogen, würde mich sogar sehr teuer zu stehen kommen. Möglich war es — mit der Tunnelbahn und Schwimmfahrzeugen auf einem Weg, der mich zu drei Vierteln um die Welt führen würde — aber es würde keine einfache und keine preisgünstige Sache sein.

Vielleicht konnte ich mich als Schiffsmädchen verdingen, auf der Route San Francisco — Australien. Das war bestimmt billig und einfach — aber zeitraubend selbst wenn ich mir einen Shipstone-betriebenen Tanker aussuchte, der von Watsonville aus startete. Ein segelbetriebener Frachter … Also, nein.

Vielleicht sollte ich in Sydney einen PinkertonMann einstellen. Wie sahen die Honorarsätze aus?

Konnte ich mir so etwas leisten?

Nicht ganz sechsunddreißig Stunden nach dem Tod unseres Chefs ging mir die Tatsache auf, daß mir der wahre Wert des Gramms bisher nicht zu Bewußtsein gekommen war.

Bedenken Sie — bis jetzt war mein Leben von drei wirtschaftlichen Gegebenheiten bestimmt gewesen:

a) Auf einer Mission hatte ich ausgegeben, was nötig war.

b) In Christchurch verbrauchte ich nicht viel Geld — in erster Linie für Geschenke an die Familie.

c) Auf der Farm, im nächsten Hauptquartier und schließlich im Pajaro Sands hatte ich überhaupt nichts ausgegeben. Essen und Unterkunft waren vertraglich festgelegt. Ich trank und spielte nicht. Wäre ich nicht Anita in die Klauen geraten, hätte ich jetzt ein hübsches Sümmchen beisammen.

Ich hatte ein beschütztes Leben geführt und dabeiden wahren Wert des Geldes nicht abzuschätzen gelernt.

Einfache Rechenaufgaben gelingen mir allerdings auch ohne Terminal. Meinen Anteil an der Rechnung des Cabaña Hyatt hatte ich bar bezahlt. Für die Fahrt in den Freistaat hatte ich meine Kreditkarte genommen, die Kosten aber vermerkt. Ich notierte mir auch den Zimmertarif im Dunes-Hotel und behielt die anderen Kosten im Auge, ob nun auf Karte, Bargeld oder auf Zimmerrechnung.

Sofort wurde mir klar, daß das Wohnen in ErsteKlasse-Hotels mein Gold innerhalb verfügbarer Zeit aufzehren würde, selbst wenn ich keine Ausgaben hatte für Reisen, Kleidung, Luxusgüter, Freunde und Notfälle. Quod erat demonstrandum. Entweder mußte ich mir Arbeit verschaffen oder mich für einen Kolonisationsflug entscheiden.

Mir kam der schlimme Gedanke, daß der Chef mir weitaus mehr gezahlt hatte, als ich wert war. Gewiß ich bin ein guter Kurier, einen besseren gibt es nicht aber wie sieht der Tarif für Kuriere eigentlich aus?

Ich konnte mich natürlich als einfacher Soldat anheuern lassen, was mir schnell die Sergeants-Streifen verschaffen würde (davon war ich überzeugt). Dieser Weg reizte mich aber nicht sonderlich — wahrscheinlich blieb mir dennoch nichts anderes übrig. Eitelkeit gehört nicht zu meinen Fehlern; für die meisten Zivilistenposten war ich ungeeignet, da mache ich mir nichts vor.

Hierhin fühlte ich mich gezogen, etwas anderes aber schob mich dorthin. Ich wollte gar nicht allein auf einen fremden Planeten ziehen. Der Gedanke erfüllte mich mit Angst. Ich hatte meine EnEs-Familie verlo-ren (wenn ich sie jemals richtig gehabt hatte), der Chef war gestorben, und mir war zumute wie einem kleinen verirrten Küken — meine echten Freunde unter den Kollegen waren in alle Winde verstreut, bis auf diese drei die aber ebenfalls eiligst ihren Abgang vorbereiteten — und zu allem Übel hatte ich den Kontakt zu Georges und Janet und Ian verloren.

Obwohl Las Vegas rings um mich pulsierte, fühlte ich mich so einsam wie Robinson Crusoe.

Am liebsten hätte ich es gesehen, wenn Janet und Ian und Georges mit mir ausgewandert wären. Dann würde ich keine Angst haben. Dann konnte ich wieder lächeln.

Außerdem — der Schwarze Tod. Die Pest kehrte zurück.

Ja, ja, ich hatte dem Chef eingeredet, meine mitternächtliche Prognose wäre Unsinn gewesen. Er aber hatte gekontert, seine analytische Abteilung habe dieselbe Voraussage getroffen, in vier Jahren, anstatt in dreien. (Ein kleiner Trost!)

So war ich denn gezwungen, meine eigene Vorhersage ernst zu nehmen. Ich mußte Ian und Janet und Georges warnen.

Ich nahm nicht an, daß ich sie damit in Angst und Schrecken versetzen würde — das ist bei diesen drei Menschen wohl nicht möglich. Aber ich wollte ihnen sagen: „Wenn ihr schon nicht auswandert, solltet ihr wenigstens meine Warnung ernst nehmen und euch von den großen Städten fernhalten. Wenn Schutzimpfungen angeboten werden, müßt ihr mitmachen.

Aber hört auf meine Warnung!“

Der Industrie-Park liegt an der Straße zum Hoover-Damm; hier befindet sich der Arbeitsmarkt. In Las Vegas sind innerhalb der Stadtgrenzen keine AAF gestattet, doch es gibt überall Rollsteige, von denen einer zum Industrie-Park führt. Wenn man dort weiter zum Damm oder nach Boulder City will, kann man sich eines AAF-Pendelverkehrs bedienen. Ich gedachte diese Route zu nehmen, da die Firma Shipstone Death Valley zwischen Ost-Las Vegas und Boulder City als Ladestation einen Streifen Wüste gepachtet hatte. Ich wollte mir das einmal ansehen.

War es möglich, daß der Shipstone-Konzern hinter dem Roten Donnerstag steckte? Einen Grund dafür konnte ich mir nicht denken. Es mußte sich aber um eine Macht handeln, die in einer Nacht den ganzen Globus abzudecken und bis zum Ceres zu wirken verstand. Es gab nicht viele Körperschaften dieses Kalibers. Oder handelte es sich um einen superreichen Mann oder eine Gruppe von Leuten? Auch hier waren die Möglichkeiten beschränkt. Nachdem der Chef tot war, würde ich auf diese Frage wahrscheinlich nie eine Antwort erhalten. Er war es, an dem ich meine Stimmungen ausließ — an den ich mich aber auch wandte, wenn ich etwas nicht begriff. Erst als mir diese Stütze entrissen wurde, ging mir auf, wie sehr ich mich auf ihn verlassen hatte.

Der Arbeitsmarkt ist eine große überdachte Ladenstraße, gesäumt von allen möglichen Geschäften und Büros — von den schicken Niederlassungen des Wall Street Journal bis hin zu Kundschaftern, die ihr Büro in der Tasche haben, sich niemals setzen und selten zu reden aufhören. Überall hängen Schilder, überall wimmeln Leute durcheinander, und die ganze Szene-rie erinnert mich an die Unterstadt von Vicksburg nur daß es hier besser riecht.

Die militärischen und paramilitärischen freien Kompaniefirmen hatten sich am östlichen Ende zusammengeballt. Goldie klapperte sie nacheinander ab, und ich begleitete sie. Sie ließ bei jeder Einheit ihren Namen notieren und gab ihren Lebenslauf ab. In der Stadt hatten wir diese Übersicht kurz drucken lassen, nachdem sie sich bei einem öffentlichen Sekretär eine Postanschrift verschafft und mich veranlaßt hatte, ebenfalls eine solche Post- und Telefonanschrift einzurichten. „Freitag, wenn wir länger als ein oder zwei Tage brauchen, verlasse ich das DunesHotel. Dir ist doch sicher der Zimmerpreis aufgefallen, ja? Ein nettes Hotel, aber man muß praktisch jeden Tag den Preis für das ganze Bett bezahlen. Ich kann mir das nicht leisten. Du vielleicht, aber ich …“