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Nachdem sie mich zur Ruhe gebettet hatte, bereitete sich Shizuko auf der anderen Seite der Spanischen Wand ein Lager — mit Matratzen und Bettzeug das sie aus einem Schrank holte.

Nie zuvor war ich so hundertprozentig überwachtworden, nicht einmal in Christchurch. Gehörte das zu dem ungeschriebenen Vertrag, den ich eingegangen war?

29. Kapitel

Ein Raumschiff — ein Hyperraumschiff — ist ein ungemein interessantes Ding. Natürlich müßte man über ausgedehnte Kenntnisse der Wellenmechanik und mehrdimensionalen Geometrie verfügen, um zu verstehen, was das Schiff antreibt — eine Bildung, die ich nicht besitze und wohl auch nie erlangen werde (obwohl es mich selbst heute noch reizen könnte mich mit diesen Gebieten zu beschäftigen). Raketen — kein Problem; darüber hatte uns Newton schon einiges verraten. Antigrav — ein Rätsel, bis Forward des Weges kam; jetzt gibt es sie überall. Wie aber schafft es ein Schiff von etwa hunderttausend Tonnen Masse (das eröffnete mir der Kapitän), auf beinahe achtzehnhundertfache Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen, ohne daß dabei die Suppe schwappt oder irgend jemand aufgeweckt wird?

Ich habe keine Ahnung. Das Schiff besaß jedenfalls die größten Shipstone-Energieträger, die ich je gesehen hatte — Tim Flaherty (zweiter Stellvertretender Ingenieur) klärte mich allerdings auf, daß sie etwa zur Hälfte jedes Sprunges ausgeklinkt werden, wonach dann die Reise ausschließlich mit „parasitärer“

Energie vollendet wird (Wärme aus dem Schiff Kochdünste, Servomechanismen etc.)

Das klingt mir sehr nach einer Übertretung des Gesetzes der Erhaltung aller Energien. Ich wurde zum regelmäßigen Baden und nach der Maxime erzogen daß einem nie etwas geschenkt würde; in diesem Sinne äußerte ich mich gegenüber Tim Flaherty. Er begann sich etwas aufzuregen und versicherte mir, daßja gerade das Gesetz der Bewahrung der Energie dazu führe, daß alles so laufe — wie eine Drahtseilbahn:

Was man hinaufschickte, kam auch wieder herunter.

Ich weiß nicht recht. Es gibt da draußen keine Kabel; eine Drahtseilbahn kann es also nicht sein. Aber es funktioniert.

Die Navigation des Schiffes ist womöglich noch verwirrender. Nur nennt man das nicht Navigation und auch nicht Astrogation, sondern „Kosmonautik“.

Und da fühlt sich Freitag schon wieder in die Wüste geschickt, denn der Ingenieur-Offizier eröffnete mir daß die Offiziere auf der Brücke (eigentlich ist es keine Brücke), die Kosmonautik betreiben, eigentlich nur zur Kosmetik da sind, denn sie hatten im Grunde keine reale Aufgabe; die Arbeit wird voll und ganz durch den Computer erledigt — woraufhin Mr. Lopez der Zweite Offizier, mir versicherte, das Schiff habe Ingenieur-Offiziere nur, weil die Gewerkschaft darauf bestehe, in Wirklichkeit erledige auch hier der Computer alles allein.

Da mir für beide Gebiete die mathematischen Kenntnisse fehlen, hatte ich bei den Vorträgen der Herren Offiziere das Gefühl, sie sprächen eine fremde Sprache.

Eines habe ich allerdings gelernt: Noch in Las Vegas dachte ich, jeder große Rundflug liefe auf der Route Erde, Proxima, Outpost, Fiddler’s Green, Forest, Botany Bay, Halcyon, Midway, Sternenreich und zurück zur Erde, denn so stand es auf den Postern mit den Stellenausschreibungen. Falsch! Jede Reise wird auf die Bedürfnisse zugeschnitten. Normalerweise werden sämtliche neun Planeten angeflogen doch im Grunde steht nur fest, daß beim Ablauf derReise die Erde am einen Ende steht und das Sternenreich, das beinahe hundert Lichtjahre entfernt liegt (98,7+), am anderen. Die sieben Zwischenstationen lassen sich nach Wahl auf den Hin- oder Rückflug legen. Es gibt jedoch eine Regel, die bestimmt, wie sie angeordnet werden. Auf dem Hinweg muß die Entfernung zur Erde jeweils größer werden, und auf dem Rückweg muß sie sich vermindern. Das ist nicht annähernd so kompliziert, wie es sich anhört; es besagt nicht mehr und nicht weniger, als daß das Schiff auf dem Flug keine Etappen fliegt, die es nach rückwärts führen — auf gleiche Weise würde man einen Einkaufsmarsch planen, der durch viele Geschäfte geht.

Trotzdem bleibt genügend Flexibilität. Die neun Sterne, die Sonnen dieser Planeten, liegen ziemlich dicht an einer geraden Linie. Schauen Sie sich die Skizze mit dem Zentauren und dem Wolf an. Wie Sie sehen, liegen diese Sterne aus Erdsicht entweder an der Vorderseite des Zentauren oder dicht dabei im Wolf. (Ich weiß, der Wolf sieht nicht gerade gut aus aber der Zentaur stochert schon seit vielen tausend Jahren an ihm herum. Außerdem habe ich noch nie einen Wolf gesehen — einen vierbeinigen, meine ich — und besser kann ich nicht zeichnen. — Wenn ich’s mir recht überlege, habe ich auch noch keinen Zentauren zu Gesicht bekommen.)Erdhimmel — in der Nachbarschaft von Centaurus und Lupus Rektaszension in Stunden und Minuten (1 h = 15 Bogengrad)

So gruppieren sich diese Sterne am irdischen Nachthimmel. Der Betrachter muß sich schon so weit südlich befinden wie Florida oder Hongkong, um sie überhaupt auszumachen, und selbst dann ist nur Alpha Centauri mit bloßem Auge zu erkennen.

Alpha Centauri (Rigel Kentaurus) leuchtet dafür ziemlich stark; er ist der dritthellste Stern am irdischen Himmel. Eigentlich sind es drei Sterne, ein hellstrahlender, ein Zwilling der Sonne, ein zweiter Stern der nicht ganz so hell leuchtet und mit ihm um einen gemeinsamen Mittelpunkt kreist, und ein ferner matter, kleiner Begleiter, der sich in etwa einem Fünf-zehntel Lichtjahr Entfernung um beide schwingt. Vor Jahren war Alpha Centauri als „Proxima“ bekannt.

Dann machte sich jemand die Mühe, die Entfernung zu dem „unwichtigen“ dritten Begleiter zu messen — und stellte fest, daß er um eine Winzigkeit näherstand. In der Folge wurde der Titel „Proxima“ oder „Nächster“ auf diesen „nutzlosen“ Himmelskörper übertragen. Als wir schließlich auf dem dritten Planeten von Alpha Centauri A (dem Zwilling unserer Sonne) eine Kolonie errichteten, nannten die Kolonisten ihren Planeten „Proxima“.

Mit der Zeit starben die Astronomen aus, die den Namen auf den mattleuchtenden dritten Stern übertragen wollten, und die Kolonisten setzten sich durch.

Was nur gut war, denn der schwache Stern steht zwar heute noch um Haaresbreite näher zu uns, wird sich bald aber weiter entfernt haben als seine beiden Begleiter — halten Sie nur mal für ein paar Jahrtausende den Atem an. Da er mit seinen Begleitern „ballistisch verbunden“ ist, bleibt er im Durchschnitt auf derselben Entfernung von der Erde wie die beiden anderen im Trio.Rektaszension in Stunden und Minuten Schauen Sie sich die zweite Zeichnung an, mit der Rektaszension oben und den Lichtjahren rechts verlaufend.

Ich war wohl die einzige Person unter vielen hundert Passagieren, die nicht wußte, daß auf diesem Flug unser erster Aufenthalt nicht Proxima sein würde. Mr. Lopez (der mir die Brücke zeigte) musterte mich wie ein zurückgebliebenes Kind, das sich wieder einmal danebenbenommen hat. (Was aber nicht weiter von Belang war, da er sich für mein Gehirn am wenigsten interessierte.) Ich wagte ihm nicht zu erklären, daß ich praktisch im letzten Augenblick an Bord geschafft worden war; damit hätte ich meine Tarnung preisgegeben. Außerdem wird von Miß Neureich nicht erwartet, daß sie Köpfchen hat.

Normalerweise macht das Schiff sowohl auf der Hin- als auch auf der Rückreise bei Proxima Station.Mr. Lopez erklärte mir, daß es diesmal kaum Fracht und nur wenige Passagiere für Proxima gegeben habe, jedenfalls nicht genug, um den Halt auf dem Hinflug lohnend zu machen. Fracht und Passagiere mußten daraufhin bis zum Start der Maxwell zurückbleiben, der für nächsten Monat vorgesehen war; diesmal wird die Forward erst auf dem Rückflug bei Proxima vorbeischauen, mit Frachtlieferungen und vielleicht auch Passagieren von den anderen sieben Häfen. Mr. Lopez erläuterte (was ich nicht begriff) daß der Flug durch das All über viele Lichtjahre beinahe nichts kostet — in erster Linie die Verpflegung für die Passagiere —, daß der Halt bei einem Planeten aber schrecklich teuer sei, so daß sich solche Unterbrechungen für die Bilanz schon lohnen müßten.