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In der Hoffnung, Max würde die Gelegenheit nutzen und unter ihr Kleid hüpfen, schob sie sich vor ihn. Aber die Bewegung ließ Adrian Hogsbottom aufmerksam werden. Er stürzte sich auf den Fußboden.

»Aha!«, sagte er, als er wieder auftauchte, den orangefarbenen Frosch fest im Griff. »Was für eine herrliche Kreatur. Dein Haustier, Olivia?«

»Äh, ja«, sagte Olivia. »Gib ihn mir wieder, bitte! Ich muss – äh – aufs Zimmer zurück! Meiner Mutter helfen.«

»Oh, sicher, natürlich«, quäkte Adrian gelangweilt. »Aber weißt du, erst habe ich ein paar Fragen an dich. Und wie es aussieht, gebe ich dir den Frosch nur zurück, wenn du sie auch beantwortest. Stimmt’s, Jakob?«

Der kleinere Junge nickte und kam näher. Olivia war plötzlich umzingelt. Adolphus, der nicht recht wusste, wie er die Situation einordnen sollte, und erst mal zwischen den Füßen der beiden Jungen herumgeschnüffelt hatte, beschloss nun, dass sie nett waren, und ging fröhlich mit dem Schwanz wedelnd ein paar Kellerasseln suchen.

»Okay«, sagte Olivia und versuchte, nicht allzu besorgt zu klingen. »Was willst du wissen?«

»Ich will wissen, wo dein verflixter Bruder steckt und was für einen Zauber er ausbrütet. Ich will alles über diesen Zauber wissen, weil ich nämlich dafür sorgen werde, dass er morgen nicht gewinnt. Für den passenden Gegenzauber muss ich alles wissen, kapiert?« Adrians gemeines Gesicht kam Olivias ganz nah. Er winkte mit dem Frosch.

Trotz Adrians Zangengriff strampelte Max wütend mit den Hinterbeinen. Kein Wunder, dass sein Eimerzauber im letzten Jahr nicht funktioniert hatte! Adrian hatte einen Gegenzauber verwendet. Dieser miese, dreckige, schummelnde Schleimbeutel!

»Das sage ich nicht!«, rief Olivia zornig. »Du gemeiner Betrüger! Warum sollte ich meinen eigenen Bruder verraten?«

»Weil«, sagte Adrian genüsslich, »ich sonst gezwungen bin, deinen Frosch in den Burggraben zu werfen. Da drin lebt ein zwei Meter langer Hecht, habe ich gehört.«

Er ging zum Fenster und streckte seinen Arm hinaus. Tief unten lag der Burggraben. Olivia sah, dass Max wie irre seinen Froschkopf schüttelte. Aber hieß das: Sag ihm nichts! Lieber sterbe ich! Oder hieß das: Nein, ich will nicht in den Burggraben. Sag ihm alles! Ich habe keinen Stolz!

Olivia seufzte.

»Okay, du hast gewonnen. Er will …«

Der Frosch quakte laut und strampelte wild mit den Beinen.

»… mir ein lila Gesicht zaubern«, beendete Olivia den Satz. Max seufzte vor Erleichterung. Leider währte die nicht lange.

»Lila?«, spottete Adrian. »Was für ein Schwachkopf! Das ist der einfachste Zauber im ganzen Buch. Ehrgeiz hat er wohl gar keinen, was? Na, danke jedenfalls«, fügte er wie nebenbei hinzu und ließ den Frosch los, der wie ein Stein fünfzehn Meter tief aufs graue Wasser zustürzte.

»Du verlogener Schleimbeutel!«, kreischte Olivia und wollte sich schon auf Adrian werfen, aber Jakob hatte sie schneller gegen die Wand gedrückt, als man »abgesoffener Frosch« hätte sagen können. Kichernd ging Adrian an ihr vorbei.

»Oh, er ist mir aus der Hand gerutscht. Aber warum Theater machen um einen alten Frosch? Im Ententeich der Burg gibt es noch jede Menge.«

Im Vorbeigehen bespritzte Adrian sie mit ein paar Tropfen aus einem Flakon, der an seinem Gürtel hing. Plötzlich konnte Olivia weder ihre Arme noch ihre Beine bewegen. Sie rutschte die Wand hinab, bis ihr Hintern mit einem Plumps auf dem Boden landete. Mit einem schallenden Lachen verließen die Jungen den Raum.

»Los, Jakob«, hörte sie Adrian noch sagen, bevor die Tür zuschlug. »Jetzt üben wir noch ein bisschen Schwertkampf, und dann wird es Zeit, dieses Balg aus der Burg zu schaffen. Für Vater.«

Ein mächtiger Zauberer

Der Burgraben war unheimlich tief und dunkel. Max tauchte kopfüber ein. Oben und unten konnte er allerdings nicht mehr unterscheiden, nachdem er mit fuchtelnden Armen und Beinen aus dem Fenster gestürzt war. Erst bekam er Panik. Aber dann fiel ihm ein, dass er ein Frosch war und eine halbe Ewigkeit lang den Atem anhalten konnte. Also entspannte er sich.

Er sank jetzt nicht mehr tiefer, sondern trieb langsam wieder Richtung Oberfläche. Er hatte nicht nur den Sturz überlebt, stellte er fest, es war sogar ganz nett hier unten.

Weit sehen konnte er im grünlichen Dämmerlicht des Wassers zwar nicht, ein paar kleine silbrige Fische aber konnte er immerhin ausmachen. Und wenn er sich anstrengte, ließ sich sogar die Burgmauer erkennen.

Max schwamm zu ihr hinüber und überlegte. Die Mauer ragte steil auf und war sehr glatt. Er suchte nach einem Halt für seine Füße, aber die rutschten bloß ab. Er schwamm weiter, bis er schließlich einen Mauerspalt entdeckte, der ziemlich tief und vielversprechend aussah. Er steckte ein Vorderbein in den Spalt und hoffte, genug Halt zu finden, um sich hochziehen zu können.

Aua!

Etwas in dem Spalt hatte ihn gebissen! Max schielte hinein und entdeckte etwas, das gefährlich nach einem erbosten, Scheren schwingenden Flusskrebs aussah. Eilig schwamm Max weiter. Die Lage wurde langsam ernst. Er könnte es auf der anderen Seite versuchen, aber da würde es auch nicht anders aussehen, und an der Oberfläche fände er sich bloß außerhalb der Burgmauern wieder, ohne Aussicht, zurück durch das Fenster zu klettern – zu Olivia und dem Gegenmittel.

Plötzlich hörte Max ein sonderbares Rauschen und ein Schwarm kleiner Fische schoss an ihm vorbei. So schnell, als schwämmen die Fische um ihr Leben. Dann wurde Max bewusst, dass sie womöglich wirklich um ihr Leben schwammen. Es folgte eine Woge und dann wurden im trüben Wasser die schwarzen Umrisse von etwas Großem, Gefährlichem sichtbar. Was hatte Adrian gesagt, als er Max aus dem Fenster gehalten hatte? Auf einmal kehrten die Worte mit aller Deutlichkeit zu Max zurück: Da drin lebt ein zwei Meter langer Hecht … Hechte sind, wie Max sehr wohl wusste, brutale Jäger – große, gemeine Süßwasser-Räuber und für einen Fluss das, was der weiße Hai fürs Meer ist. Für ein großes Exemplar wie dieses wäre ein Frosch bloß ein Happs.

Max tauchte ab – in der verzweifelten Hoffnung, dass der Hecht zu sehr auf den Fischschwarm fixiert wäre, um einen einsamen kleinen Frosch zu bemerken. Unglücklicherweise erregte eben diese Bewegung die Aufmerksamkeit des Hechts. Der Räuber warf sich herum, nahm Witterung auf und jagte Max nach.

Olivia kochte vor Wut, aber gewissermaßen waren ihr die Hände gebunden. Sie konnte nicht einmal einen Finger rühren. Aber sprechen konnte sie noch.

»Grimm!«, fluchte sie. »Wo steckst du, du nutzloser Feigling? Warum hast du dich nicht in ihren Knöcheln verbissen oder so?! Adolphus! Nie zuvor hat ein derart schwachköpfiger Drache auf Erden gelebt! Los, versenge ihnen die Augenbrauen!«

Adolphus kehrte hoppelnd von der Asseljagd zurück.

»Oh, tut mir leid«, sagte er. »Hast du mich gebraucht?«

Grimm tauchte gähnend hinter dem Wandteppich auf.

»Hat mich wer gerufen?«

»Ja!«, sagte Olivia frustriert. »Adrian Hogsbottom hat Max in den Burggraben geworfen und ich kann nicht einen Finger rühren. Adrian hat mich beim Rausgehen verzaubert.«

»Aha«, sagte Grimm hochmütig. »Läuft nicht so gut, was?«

»Grimm! Du musst in den Burggraben springen und Max suchen. Adolphus kann das nicht. Er passt nicht durch diese schmalen Fenster.«

»Und außerdem habe ich Höhenangst«, fügte Adolphus fröhlich hinzu.

»Sieh zu, dass du ihn findest, bevor der Hecht ihn sich schnappt. Dann sucht ihr euch einen Weg zurück nach hier oben und Max kriegt das Gegenmittel.«