Выбрать главу

Der Präsident saß an dem großen Tisch im Kabinettsraum. Die anderen, die bei seinem Eintritt gestanden hatten, setzten sich erst, als er Platz genommen hatte. David gewöhnte sich nur schwer daran. Er mußte sich immer wieder sagen, daß sie nicht ihm, sondern dem Präsidenten stehend ihre Reverenz erwiesen.

Es war Coffey klar, daß mindestens die Hälfte der Anwesenden der Ansicht war, seine Aufgabe besser bewältigen zu können als er, und ein oder zwei mochten damit sogar recht haben. Nur würden sie keine Gelegenheit dazu bekommen, das zu beweisen, nicht einmal Henry Morton, sein Vizepräsident.

Für den Außenminister Dr. Arthur Hart empfand David eine gewisse Hochachtung. Er hatte ein äußerst erfolgreiches Buch über Diplomatie verfaßt und mit Außenhandel ein Vermögen verdient. Da Hart häufig im Fernsehen auftrat, kannte der Durchschnittsbürger sein Gesicht vermutlich wesentlich besser als das des Präsidenten.

Doch er wird ebensowenig meinen Platz erobern wie Henry Morton. Hat nicht genug Biß. So gern er Präsident wäre – ihm fehlt der Machtinstinkt, ohne den man kein hohes Amt erreicht.

David sah die anderen Umsitzenden an. Gewiß war Hart der beste Kopf im Raum, aber es war auch kein überragendes Kabinett.

»Ich habe wohl kaum das Zeug zu einem großen Präsidenten «, hatte David seiner Frau Jeanne am Abend der Wahl anvertraut. Als sie widersprechen wollte, hatte er den Kopf geschüttelt. »Aber gegenwärtig will das Land gar keinen solchen Präsidenten. Die Leute haben die Nase von großen Dingen aller Art ziemlich voll. Und wenn ich schon kein bedeutender Präsident werden kann, versuche ich einfach, ein wirklich guter zu sein – das traue ich mir nämlich ohne weiteres zu.«

Bisher war ihm das gelungen. Das Kabinett war nicht hinreißend, aber wirklich gut.

»Meine Herren, meine Damen«, begann er, denn an der Spitze des Handels- und des Innenministeriums standen Frauen. »Statt der ursprünglich vorgesehenen Tagesordnungspunkte steht ein Ereignis zur Debatte, das Ihnen der Stabschef des Weißen Hauses sogleich vortragen wird. Eine Sache von äußerster Dringlichkeit. Jim, hätten Sie die Güte…«

»Das ist ja verrückt«, sagte der Justizminister, Peter McCleve. »Mr. President, das ist unvorstellbar.« Er wandte sich Coffey zu. »Ich kann es gar nicht glauben.«

»Das dürfen Sie aber, Peter«, sagte der stiernackige Verteidigungsminister Ted Griffin. Er war gebaut wie ein FootballSpieler, und das war er in seiner Jugend auch gewesen. Für einen Mann seiner Statur sprach er mit erstaunlich sanfter Stimme. »Ich habe es schon gehört, unmittelbar bevor ich herkam.«

»Klar, von denselben Leuten, die es Dawson gesagt haben«, gab McCleve zurück.

»Sie scheinen der Sache äußerst gründlich nachgegangen zu sein.«

»Heißt das, Sie glauben die Geschichte?« wollte Arthur Hart wissen.

»Ja.«

»Aha.« Der Außenminister legte die Fingerspitzen zusammen, eine Geste, die ihn im Fernsehen berühmt gemacht hatte. Der Verfassung nach der ranghöchste Kabinettsminister, war er in Wirklichkeit nur der viertwichtigste Mann im Raum, denn zwischen ihm und dem Präsidenten standen, auch wenn niemand zu sagen gewußt hätte, wer nun Nummer zwei und wer Nummer drei war, dessen besonderer Beauftragte für politische Fragen, Hap Aylesworth, und Admiral Thorwald Carrell.

»Nehmen wir mal an, es stimmt«, fuhr Hart fort. »Dann heißt doch die wichtige Frage: wie weiter?«

»Wir sollten es schleunigst den Russen sagen«, erklärte der Finanzminister Alan Rosenthal.

Amüsiert sah Arthur Hart zu ihm hinüber. Rosenthal konnte seine Abneigung gegenüber den Russen nicht immer unterdrücken. »Ich denke, irgend jemand wird das in der Tat tun müssen«, erklärte Hart.

»Nicht mehr nötig«, ließ sich Ted Griffin vernehmen. Als alle zu ihm hinübersahen, nickte er bestätigend. »Unmittelbar bevor ich herkam, habe ich erfahren, daß der Astronom aus Hawaii jemanden – angerufen hat…« – er sah suchend auf ein Blatt, das er vor sich auf dem Tisch hatte – »einen gewissen Pawel Bondarew am astrophysikalischen Institut in der Nähe von Swerdlowsk. Wer hätte den Mann daran hindern können? Es gibt ja Direktwahl.«

»Was glauben Sie, wie lange es dauert, bis eine solche Sache von Swerdlowsk in den Kreml gelangt?« erkundigte sich der Justizminister.

»Vermutlich eine ganze Weile«, erklärte Arthur Hart. »Ich habe schon überlegt, ob nicht der Präsident selbst den Vorsitzenden anrufen sollte.«

»Moskau ist bereits im Bilde«, teilte Admiral Carrell mit. Seine knarrende Stimme ließ die allgemeine Unterhaltung ersterben. »Pawel Bondarew ist General Narowtschatows Schwiegersohn, seit zwanzig Jahren ein enger Vertrauter des Vorsitzenden Petrowski.«

»Hmm.«

Alles sah jetzt zum Stabschef des Weißen Hauses hinüber. James Frantz sagte in Kabinettssitzungen fast nie etwas.

»Wollen Sie sich dazu äußern, Jim?« erkundigte sich Arthur Hart.

Der Angesprochene lächelte freundlich. »Wir haben es erfahren, weil Captain Crichton, die als erste davon gehört hat, General Gillespies Schwägerin ist. Seine Frau ist eine Studienfreundin Carlotta Dawsons, und der Kongreßabgeordnete Dawson war zum Frühstück hier.«

»Ich habe mich schon oft gefragt, ob sich auch nur ein einziges Land der Welt regieren ließe, wenn alle Informationen ausschließlich über die dafür vorgesehenen Kanäle liefen«, sagte Ted Griffin. »Die Russen wissen also Bescheid, und bevor wir diesen Raum verlassen, weiß es bei uns das ganze Land.« Er lächelte, als er die verblüfften Blicke um sich herum sah. »Ja, Captain Crichton hat gesagt, der Astronom werde eine Pressekonferenz einberufen.«

»Dann müssen wir entscheiden, was wir der Öffentlichkeit mitteilen wollen.« Der untersetzte und wohlgenährte Hap Aylesworth kämpfte beständig gegen sein Übergewicht an. Sein Kragen war stets aufgeknöpft und seine Krawatte immer gelokkert. Selten sah man ihn auf Fotografien; sobald er einer Kamera ansichtig wurde, schob er sich gewöhnlich hinter einen anderen. Als Berater des Präsidenten für besondere Aufgaben half er diesem, politische Entscheidungen zu treffen; er beriet David Coffey bereits seit neun Jahren. Die Washington Post nannte ihn den Königsmacher.

»Anderes ist möglicherweise vordringlich«, sagte Admiral Carrell.

Aylesworth hob eine buschige Braue.

»Die Russen. Ich weiß nicht, ob es gut wäre, wenn sich der Präsident mit dem Vorsitzenden Petrowski in Verbindung setzte. Vielleicht sollte lieber ich General Narowtschatow anrufen.«

»Warum das?« wollte Ted Griffin wissen.

»Liegt doch eigentlich auf der Hand«, sagte Carrell. Er schob den Ärmel seines grauen Nadelstreifenanzugs hoch, um einen Blick auf die Uhr zu werfen. »Bestimmt machen sie sofort mobil, sobald sie ihrer Sache sicher sind. Militär, Zivilverteidigung, alles. Ted, ich möchte schließlich nicht, daß die russischen Militärs unruhig werden…«

»Sind Sie Ihrer Sache sicher?« fragte der Präsident.

»Absolut, Sir«, bestätigte Admiral Carrell. »So sicher, wie man nur sein kann, Mr. President.«

»Und warum sollten die Russen annehmen, daß dies…« – Justizminister McCleve brachte das Wort nur mit Schwierigkeiten über die Lippen – »dies außerirdische Raumschiff feindselige Absichten verfolgt?«

»Weil sie allem und jedem mißtrauen«, sagte Carrell.

»Ich fürchte, er hat recht, Peter«, bestätigte der Außenminister und schüttelte betrübt den Kopf. »Anders wäre es mir zwar lieber, aber genau so wird es sein. Und sie werden sehr bald eine offizielle Erklärung dafür verlangen, warum einer unserer Wissenschaftler einen der ihrigen angerufen hat, statt daß diese wichtige Nachricht über den vorgeschriebenen Weg gegangen ist.«

»Das ist doch Wahnsinn«, sagte Peter McCleve.