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»Fleck!«, schrie Henry.

Dann schlug die Tür zu, der Riegel wurde vorgeschoben und er war gefangen.

Kevin grinste zufrieden. Nun musste er nur noch die Nummer aus der Anzeige anrufen und dann war er um 20 000 Pfund reicher!

Der verfluchte Köter jaulte und winselte immer noch und versuchte zu Henry in die Hütte zu gelangen, immer wieder sprang er an der Tür hoch. Blöde Töle! Kevin hob einen Stein auf und schleuderte ihn auf den Hund. Er traf ihn an der Seite. Dann zog Kevin sein Handy heraus und ging weiter den Hügel hoch, um ein Netz zu bekommen.

Fleck war außer sich. Der Stein hatte ihn schmerzhaft an der Schulter getroffen. Von drinnen konnte er Henrys Stimme hören, wie sie panisch seinen Namen rief.

Ein paar Minuten rannte Fleck weiter nutzlos um die Hütte herum und versuchte einen Weg hinein zu finden. Doch plötzlich hörte er damit auf und sauste schnell wie der Wind den Hügel runter und zurück auf die Straße.

Pippa wurde langsam ärgerlich. Was trieb Henry denn bloß so lange? Er brauchte ja eine Ewigkeit, um seine Wasserflasche zu füllen.

Die Hunde hatten brav dagesessen und mit ihr gewartet, doch nun standen sie auf und starrten mit vor Erregung zuckenden Nasen auf die Straße.

Ein weißer Pfeil schoss auf sie zu, der sich beim Näherkommen in Fleck verwandelte.

Der kleine Hund hechelte vor Anstrengung, aber er wollte sich nicht ausruhen. Er sprang an ihnen hoch, drückte ihnen die Schnauze in die Seite und bellte aufgeregt.

»Wo ist Henry?«, fragte Pippa. Ihr Herz fing ängstlich an zu klopfen. »Wo ist er, Fleck?«

Fleck rannte abwechselnd von ihr zu den anderen Hunden. Dann lief er auf die Straße zurück und drehte sich immer wieder nach ihnen um. Zuerst wussten die Hunde nicht, was Fleck von ihnen wollte, doch dann begriffen sie und auf einen Schlag verwandelten sich die sonst so freundlichen Haushunde in eine blutrünstige Meute.

Sogar Li-Chee, der im Gefolge der anderen über das Heidekraut jagte, spürte das Wolfsblut in seinen Adern pulsieren. Denn Wölfe waren sie in grauen Vorzeiten gewesen und zu Wölfen waren sie wieder geworden. Kevin hatte den Anruf erledigt und war sehr zufrieden mit sich. Der Junge hämmerte immer noch gegen die Tür der Hütte, aber das würde er schon leid werden. Kevin musste jetzt nur noch warten, bis er ihn übergeben konnte. Er streckte sich im Gras aus und dachte an all das, was er sich von der Belohnung kaufen wollte: einen neuen Lkw, die Anzahlung auf einen kleinen Bungalow, eine Reise nach Las Vegas, und döste ein.

Er wachte auf vom Druck zweier riesiger Pfoten auf seiner Brust. Aus einem gewaltigen Maul mit grauenerregenden Zähnen tropfte Speichel in sein Gesicht.

Dann wurde erst an seinem rechten, dann an seinem linken Bein gezerrt. Seine Hose zerriss, als sich Francine und Honey darin verbissen.

»Aufhören!«, schrie Kevin in Todesangst. »Loslassen! Sofort!«

Doch nun tauchte auch Li-Chee auf, sprang auf Kevins Bauch, verschwand unter Ottos Brustkorb und schlug seine kleinen nadelspitzen Zähne in Kevins Nase.

Das war zu viel. Kevin rappelte sich mühsam auf und taumelte in einer Woge wahnsinnig gewordener Hunde zu seinem Wagen. Er schaffte es, den Pekinesen abzuschütteln, und griff mit blutender Nase nach dem Türgriff.

Doch nun war Fleck an der Reihe. Bevor Kevin die Tür öffnen konnte, rannte der Tottenham Terrier auf ihn zu, sprang an ihm hoch und biss ihn wütend in den Hintern.

Kevin stolperte, fiel aufs Trittblech und wurde ohnmächtig.

So fand ihn Pippa und danach ging dann alles ganz schnell. Henrys Schläge von innen gegen die Tür der Hütte wurden lauter, Pippa sah das Vorhängeschloss. Sie durchsuchte die Hosentaschen des bewusstlosen Mannes und fand den Schlüssel. Binnen Kurzem war Henry frei und versuchte Fleck zu beruhigen, der außer sich vor Freude war, während Pippa die Tür wieder abschloss und den Schlüssel wieder zurücksteckte.

»Wir müssen übers Moor gehen«, sagte sie, nachdem Henry ihr berichtet hatte, was geschehen war. »Wir können es nicht riskieren, auf der Straße zu laufen. Solange die Sonne scheint, können wir uns orientieren. Die Küste ist östlich von uns.«

Henry und Pippa stiegen den Hügel hinauf, die Hunde umkreisten sie immer noch aufgeregt. Es war nicht leicht, auf dem unebenen Grund zu laufen, aber sie wollten keine Pause machen, solange sie nicht sicher waren, ob Kevin sie verfolgte. Doch nach ein paar Stunden waren die Kinder am Ende ihrer Kräfte.

»Ich muss erst mal Luft holen«, sagte Pippa, als sie zu einem kleinen Fleckchen Gras kamen, das von Wacholderbüschen umstanden war.

Sie ließ sich fallen und Henry setzte sich neben sie.

»Hier, Fleck«, sagte er und griff in seine Tasche. »Du kannst dein Tuch haben, du hast es dir verdient.«

Fleck schnappte nach dem Tuch und wedelte dankbar mit dem Schwanz. Doch dann hörten die Hunde irgendein Geräusch aus dem Gestrüpp und sausten los.

»War das ein Hase?«, fragte Henry.

Pippa zuckte mit den Schultern. »Ich hab’s nicht gesehen. Aber unsere fünf müssen ziemlich hungrig sein. Vielleicht finden sie ja etwas, das sie fressen können. Sie sind bestimmt gleich wieder da.«

Pippa hatte recht. Die Hunde kehrten unverrichteter Dinge zurück, was immer sie aufgestöbert hatten, es war wohl schneller als sie gewesen.

Als Henry Fleck über den Kopf strich, sah er, dass der sein Tuch verloren hatte.

»Wo ist es?«, fragte er. »Wo ist dein Tuch?«

Fleck sah auf den Boden, dann hoch zu Henry, rannte suchend ein Stück und kehrte zurück, während Henry ihn besorgt ansah. Was das nur wieder für einen Aufstand geben würde, bisher hatte Fleck das Tuch wie seinen Augapfel gehütet.

Doch nach kurzer Zeit setzte sich Fleck hin und leckte ausgiebig seine Pfoten sauber. Es war nicht mehr wichtig, wo sein Tuch war. Als er Kevin in den Hintern gebissen hatte, hatte er Blut geschmeckt, und ein Hund, der das getan hat, braucht keine Schmusetücher mehr.

19. Kapitel

Zwei Höllenhunde

Den Anruf von Kevin hatte Curzon höchstpersönlich entgegengenommen, und als er auflegte, jubelte er innerlich. Was für ein Durchbruch! Der Junge war nicht nur gesehen, sondern auch festgehalten worden. Er steckte in einem Schuppen und wartete nur darauf, eingesammelt zu werden.

In Gedanken gab Curzon schon das Geld aus, das Donald Fenton ihm dafür zahlen würde. Er war gar nicht mehr sicher, ob eine Jacht so eine gute Idee war. Ein Freund von ihm baute Ferienhäuser auf einer Insel im Pazifik. Die waren mit jedem erdenklichen Luxus ausgestattet, der reinste Wahnsinn!

Warum sollte er warten, bis Fenton mit dem Geld rüberkam?

Warum nicht schon mal eine Anzahlung leisten?

Curzon lehnte sich in seinem Stuhl zurück und stellte sich vor, wie er auf einem Surfbrett durch das türkisblaue Wasser pflügte, während ihn am Ufer eine Horde hübscher Mädchen im Bikini bewunderte. Dann fiel ihm ein, dass er Sprocket so schnell wie möglich losschicken musste, um den Jungen abzuholen, und er griff zum Telefon.

»Sprocket?«, bellte er in den Hörer. »Ich brauche Sie auf der Stelle. Sie müssen in den Norden, der Junge ist gesehen worden.«

»Jawohl, Sir, ich weiß, aber ich bin bereits im Norden.«

»Äh, was? Wovon reden Sie?«

»Ich bin in Todcaster, Sir«, sprach Sprocket geduldig weiter. »Ich hab Ihnen eine Mail geschickt.«

»Oh, haben Sie das? Dann ist anscheinend der Computer kaputt.«

Der Computer war nicht kaputt, Curzon war technisch nur nicht sehr begabt und hatte alles gelöscht, was er nicht verstanden hatte. Außerdem konnte er sich keine Passwörter merken.

»Hören Sie gut zu«, sagte er jetzt. »Ich habe einen Anruf von einem gewissen Kevin Dawks erhalten. Er befindet sich irgendwo zwischen Hilldale und Grant End.« Er las vor, was Kevin ihm mitgeteilt hatte. »Er will keine Polizei und weigert sich, mit jemandem in Uniform zu sprechen. Haben Sie mich verstanden?«