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Die Hunde scharten sich um den Neuankömmling und beschnupperten ihn. Er roch wirklich nach Hund und nicht nach diesen grässlichen Parfüms, mit denen sie besprüht wurden, und obwohl er sich ein wenig zu ungestüm und welpenhaft benahm, begrüßten sie ihn doch freundlich. Nur Li-Chee knurrte, denn Otto war sehr nett zu dem Mischling und der Pekinese war eifersüchtig.

»Ich hab mir was ausgedacht«, sagte Kayley zu den Hunden. »Keine Ahnung, ob es funktioniert, aber ihr könnt in der Zwischenzeit mit ihm spielen und so tun, als gehöre er dazu.«

Sie ließ die Hunde hinaus in den Garten und lief mit ihnen herum und natürlich stand der kleine Streuner nicht lange abseits.

Als es Zeit für die Hunde war, in ihre Käfige zu gehen, steckte Kayley den Mischling in den leeren Käfig in Raum A. Nun musste sie nur darauf warten, dass Mr Carker seinen täglichen Rundgang machte, und das Beste hoffen.

Er erschien in dem weißen Kittel, den er nur trug, um seine Kunden zu beeindrucken, und mit einem Klemmbrett, auf dem er sich Notizen machte. Mr Carker notierte so ziemlich alles: Wie oft ein bestimmter Hund ausgeliehen wurde, ob der Kunde zufrieden gewesen war oder nicht und wie viel er an ihm verdient hatte. Für Mr Carker waren Hunde nichts anderes als Maschinen, mit denen man Geld verdienen konnte, und jedes Tier, das seinen Unterhalt nicht wieder einbrachte, wurde auf der Stelle abgeschafft.

»Nun, wie sieht’s heute Morgen aus?«, fragte Mr Carker. Kayley sagte, dass alles bestens wäre und die Direktorin einer Grundschule angerufen habe, um Otto für einen ganzen Tag auszuleihen, als Belohnung für die Kinder am Ende des Schuljahres.

Mr Carker blieb nun an dem Käfig mit dem kleinen Streuner stehen. Sein Gesicht verfärbte sich vor Wut. »Was, um alles in der Welt, geht hier vor? Bist du wahnsinnig geworden, Mädchen? Das ist ein Mischling. Wer hat ihn angeschleppt und was macht er hier?«

»Bitte entschuldigen Sie, Sir, ich hab ihn mitgebracht, aber er ist kein Mischling.«

Normalerweise war Kayley ein wahrheitsliebendes Mädchen, aber wenn mit einer Lüge ein Leben gerettet werden konnte, musste eine Ausnahme gemacht werden. »Das ist eine neue Rasse. Er ist nur noch nicht beim Hundezuchtverband eingetragen. Ich habe ihn zum Geburtstag geschenkt bekommen, aber unser Hausbesitzer duldet keine Hunde.«

Mr Carker schaute den Neuankömmling finster an, der ihn schwanzwedelnd und fröhlich bellend begrüßte.

»Es stimmt wirklich. Ehrlich, das ist ein …« Kayley stockte, »… ein Tottenham-Terrier. Sie kommen gerade sehr in Mode. Ich hab einen auf einer Hundeschau in Brighton gesehen.«

Mr Carker zögerte. Kayley kannte sich mit Hunden sehr gut aus und er wollte nicht zeigen, dass er nichts von einer neuen Züchtung wusste, trotzdem war er misstrauisch.

»Ich habe seinen Stammbaum zu Hause«, sagte Kayley. »Wollen wir es nicht wenigstens mit ihm versuchen? Wir könnten ja etwas weniger für ihn nehmen, weil er noch neu ist.«

»Hm, vielleicht.« Tottenham-Terrier. Das klang gar nicht schlecht. »Aber denk dran, wenn er bis Ende der Woche nicht ausgeliehen ist, muss er weg. Wenn du ihn nicht behalten kannst, kommt er eben ins Tierheim. Hast du mich verstanden?«

»Jawohl, Sir.«

An der Tür drehte sich Mr Carker noch einmal um. »Du solltest ihm möglichst schnell einen Namen geben und an seinem Käfig anbringen.«

»Jawohl, Sir«, sagte Kayley noch einmal.

Aber sie hatte bereits einen Namen. Als sie dem Mischling das erste Mal in die Augen geschaut hatte, wusste sie ihn. Seine Augen waren dunkel, vertrauensvoll und klug, aber sie waren ungleich. In einem Auge hatte er einen kleinen goldenen Fleck.

»Er heißt Fleck«, sagte sie.

Doch Mr Carker hörte es nicht mehr.

3. Kapitel

Der Tottenham-Terrier

Wieder allein in Raum A, schauten die Hunde auf ihren neuen Mitbewohner. Es waren freundliche und mitfühlende Hunde und sie machten sich Sorgen.

Der Tottenham-Terrier, oder was immer er sein mochte, war viel zu erwartungsvoll und freudig erregt für ein Leben als Leihhund.

»Beruhige dich«, hätte Otto am liebsten zu ihm gesagt. »Bleib einfach still sitzen und stürze den Leuten nicht gleich entgegen.«

Aber genauso wenig, wie er fliegen konnte, konnte Fleck ruhig bleiben. Hier war er mit seinen neuen Freunden, es fühlte sich an wie der Beginn eines großen Abenteuers. Er wusste zwar nicht genau, was für ein Abenteuer es sein könnte, aber bestimmt endete es damit, dass ihn jemand hier abholen kam, der ihn lieben würde und den er lieben würde.

Der kleine Mischling wusste nicht, dass Mr Carker vorhatte, ihn ins Tierheim zu stecken, wenn er nicht bis Freitagnachmittag um fünf ausgeliehen worden war. Und selbst wenn er es gewusst hätte, wäre er kaum besorgt gewesen, denn er war sicher, dass jemand kommen würde.

Um zehn Uhr vormittags führte Mr Carker einen Mann in Chauffeursuniform herein, der den mexikanischen Nackthund abholen wollte. Queen Tilly wurde ihr Jäckchen angezogen, es hatte Druckknöpfe auf dem Rücken, sodass man es öffnen und sich davon überzeugen konnte, dass sie wirklich kein Fell hatte. Danach trug der Chauffeur sie zu einem wartenden Rolls-Royce, in dem eine Dame saß, die mit dem Hund bei einem Empfang in ihrem Haus angeben wollte.

Das Verleihen von Queen Tilly versetzte Mr Carker stets in gute Laune, weil er so viel Geld mit ihr verdiente, und als er an Flecks Käfig vorbeikam, musste er lachen.

»Aha, keiner will also einen Tottenham-Terrier«, sagte er zu Kayley. »Kein Wunder, ich hab noch nie so einen hässlichen kleinen Köter gesehen.«

Mr Carker gehörte zu den Menschen, die glauben, Hunde würden nicht verstehen, was Menschen sagen, und Kayley musste Fleck lange streicheln, bis der sich wieder beruhigte.

Es wurde ein langer Tag für den kleinen Hund.

Otto wurde am Vormittag von der Direktorin abgeholt, deren Schüler sich als Belohnung einen Hund gewünscht hatten. Und Honey wurde von einem Mann ausgeliehen, der sich mit einem reichen Freund im Country Club traf und sportlich aussehen wollte. Francine ging mit der Dame mit, die immer noch ihren neuen Freund hinters Licht führte und ihn in dem Glauben ließ, der Pudel gehöre ihr.

Am frühen Nachmittag erschien dann ein Ehepaar, dem man geraten hatte, abzunehmen und lange Spaziergänge zu machen, und das sich dafür gern einen Hund ausleihen wollte.

»Das ist ein netter Hund«, sagte Kayley und zeigte ihnen Fleck. »Er hat einen liebenswerten Charakter.«

Doch der Mann meinte, Fleck sähe seltsam aus, und wenn sie schon in den Park gehen müssten, könnten sie auch gleich einen Hund mit etwas mehr Klasse nehmen. Sie gingen in Raum B und entschieden sich für einen Windhund mit langen seidigen Ohren und krummem Rücken.

Dann wurde Li-Chee weggebracht, weil ihm die Ohren gespült werden mussten, und Fleck blieb allein zurück. Er versuchte sich mit sich selbst zu vergnügen, aber es war sehr einsam ohne die anderen Hunde. Und obwohl sein Käfig bequem war, war es doch nur ein Käfig, und ohne es zu wollen, begann Fleck leise zu winseln.

Sofort kam Kayley herein. »Pscht, Fleck, sei leise! Bitte. Mr Carker hasst winselnde Hunde.«

Sie tätschelte seinen Kopf und er war augenblicklich still, aber es gab keine Hoffnung mehr, dass an diesem Tag noch irgendjemand für ihn kommen würde, die Vermietung ging nur bis fünf Uhr. Und das bedeutete, dass der Tottenham-Terrier nur noch zwei Tage Zeit hatte, um ein vollwertiges Mitglied von Rent-a-Dog zu werden.

Es war immer schon sehr spät, wenn Kayley endlich nach Hause gehen konnte. Natürlich wohnten Mr und Mrs Carker nicht im Gebäude von Rent-a-Dog, sondern in einer eleganten Wohnung ein paar Straßen weiter, also musste sich Kayley darum kümmern, dass am Abend alle Hunde sicher verwahrt waren und die Alarmanlage eingeschaltet war. Und selbst wenn sie alles erledigt hatte, brauchte sie noch eine Stunde mit der U-Bahn.