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Vermutlich bekamen die Syndiks das abrupte Manöver nicht mehr rechtzeitig genug mit, um noch zu reagieren. Vielmehr behielten sie ihren Kurs bei und erlaubten es der Repulse, auf jene Punkte zu zielen, an denen sich die Schiffe auf ihrem weiteren Vorbeiflug jeden Moment befinden würden.

Ein Sperrfeuer aus Höllenspeeren schoss aus dem Allianz-Kreuzer hervor und erreichte sein Ziel exakt in dem Moment, als das feindliche Schiff den Punkt passierte. Als die geladenen Partikelspeere sich in den Rumpf schnitten, drehte sich die Repulse bereits um ihre eigene Achse und nahm den zweiten Gegner unter Beschuss. Auf relativ kurze Distanz fraßen sich die Energieblitze durch die geschwächten seitlichen Schilde und die dünne Panzerung, um dann die Eingewei-de des Syndik-Schiffs in Stücke zu reißen.

Mit einer Geschwindigkeit von immer noch mehr als 0,1 Licht schossen die Wracks der beiden Syndik-Jäger weiter durchs All, beschleunigten aber nicht mehr. Sie waren nicht länger lebende Kriegsschiffe und stellten weder für die Titan noch ein anderes Allianz-Schiff eine Bedrohung dar.

Aber Gearys Blick war wie gebannt auf den dritten Syndik-Jäger gerichtet. In einem abrupten Manöver brachte die Repulse den Bug hoch, um sich auch diesem Verfolger zu stellen. Er verspürte eine vertraute Anspannung, als würde er das Geschehen in Echtzeit beobachten, obwohl jede Aktion bereits über eine Minute alt war. Das Display zeigte etwas an, das wie ein riesiger glühender Ball aussah, der von der Repulse genau in die Flugbahn des Syndik-Jägers geschossen wurde. Als der Ball auf dessen Schilde traf, schien er einen Moment lang zu zögern, doch dann fraß er sich durch das geschwächte Hindernis und versank im Schiff, dessen vorderes Drittel von einer Sekunde auf die andere einfach verschwand. Die Reste des Syndik-Jägers flogen in alle Richtungen davon und wurden von nachfolgenden Explosionen in Stücke gerissen.

»Was zum Teufel war denn das?«, flüsterte Geary.

Captain Desjani grinste breit. »Ein Null-Feld. Es bewirkt genau das, was der Name besagt. Es neutralisiert zeitweilig jene Kräfte, von denen die Atome zusammengehalten werden.«

»Sie machen Witze.«

»Nein.« Sie deutete auf die Überreste des Syndik-Jägers. »Innerhalb des Null-Felds wird die atomare Bindung aufgehoben, und Materie zerfällt einfach in ihre Atome.«

Geary starrte erst sie an, dann die Anzeige. Materie. Materie, aus der das Schiff und die Crew bestand. Materie, die zerfällt und fort ist. Nicht einfach tot, sondern aufgelöst und verschwunden. »Verfügt jedes Schiff über ein solches Null-Feld?«

»Nein, nur die großen Schiffe, und nicht mal die sind alle damit ausgerüstet.« Desjani machte wieder eine ernste Miene. »Diese Null-Felder sind noch relativ neu, nur auf kurze Distanz einsetzbar und sie benötigen lange, um wieder aufgeladen zu werden. Ich weiß, warum er das Feld abgefeuert hat. Es war die einzige Möglichkeit, um den Syndik-Jäger zu stoppen. Aber es kann sein, dass er kein zweites Null-Feld mehr abfeuern wird. Außerdem bezweifle ich, dass eines der großen Syndik-Schiffe ihn nahe genug an sich heranlässt, dass er eine Chance dazu hätte.«

»Kann ein Schutzschild diese Dinger aufhalten?«

»Wenn er stark genug ist, dann ja.« Mittlerweile machte sie einen frustrierten Eindruck. »Null-Felder lassen sich nicht laden, wenn man sich zu tief in einem Schwerkraftfeld aufhält. Zudem kann die Ladung nur sehr kurze Zeit aufrechterhalten werden, bevor man das Feld abfeuert. Aus diesem Grund ist es uns bislang auch noch nicht möglich gewesen, Null-Felder gegen planetare Ziele der Syndiks einzusetzen.«

»Planetare Ziele? Sie meinen damit doch Planeten, oder?«

Aus ihrem Frust wurde Verärgerung, erst dann setzte Desjani wieder eine neutrale Miene auf. »Selbstverständlich.«

Selbstverständlich? Einen bewohnten Planeten mit etwas bombardieren zu wollen, das alles in seine einzelnen Atome zerfallen ließ, war »selbstverständlich«? Was ist nur aus diesen Menschen geworden?

Wie können sie es bedauern, dass sie nicht in der Lage sind, Welten auf diese Weise zu vernichten?

Seine Aufmerksamkeit wurde zurück auf die Repulse gelenkt. Eine weitere Gruppe Syndik-Jäger versuchte sie zu passieren, aber das Allianz-Schiff drehte sich mit einer Schnelligkeit, die bei einem Objekt von so hoher Tonnage eigentlich gar nicht möglich sein konnte.

Der größte Teil der Geschütze für die Höllenspeere konnte so auf die Flugbahn eines Syndik-Jägers gerichtet werden, der auch prompt in das Sperrfeuer flog. Die vorderen Schilde flammten auf und schalteten sich ab, sodass die Höllenspeere den Rumpf auf-schneiden konnten und das Schiff in einen mit hoher Geschwindigkeit weiterrasenden Schrotthaufen verwandelten.

Captain Desjani zeigte auf etwas und machte Geary darauf aufmerksam, dass die Repulse ihre Phantome so schnell abfeuerte, wie es die Werfer des Schiffs gerade noch bewältigen konnten. Der verbleibende Syndik-Jäger konnte die vorderste Linie an Flugkörpern abwehren, doch die nächsten Torpedos kamen durch, trafen den Schild, schwächten ihn und durchlöcherten schließlich den Rumpf.

Augenblicke später stellte auch dieser Angreifer keine Bedrohung mehr dar.

»Das waren nahezu alle Flugkörper, über die die Repulse noch verfügt, Captain Geary«, ließ Desjani ihn wissen. »Der Captain wirft alles in die Waagschale, um die Vorhut der Syndiks zu stoppen.«

Geary nickte gemächlich und versuchte, sich seine Gefühle nicht anmerken zu lassen. Er hat kaum noch etwas in der Hand, wenn die nächsten Schiffe ihn erreichen. Aber das ist auch nicht mehr von Bedeutung. Jedenfalls nicht, wenn man das eigentliche Ziel vor Augen hat, die Titan intakt den Sprungpunkt erreichen zu lassen. Zum Teufel mit dem eigentlichen Ziel. Und zum Teufel mit den Syndiks.

Er betrachtete die Bewegungsvektoren und bekam allmählich ein Gefühl für die Situation, nachdem die ersten fünf Syndik-Jäger ausgeschaltet worden waren. Dann sah er die Antwort. »Er könnte es geschafft haben.«

»Noch nicht ganz«, wandte Desjani ein.

Die nächste Angriffswelle wurde mit einem Sperrfeuer aus Kartätschen und Höllenspeeren empfangen. Hier und da gelang es einem Phantom, sich seinen Weg durch das Chaos zu bahnen und die Schilde der Syndiks zu strapazieren, dennoch kamen vier der fünf Syndik-Jäger durch. Drei von ihnen hatten durch den Aufprall der Kartätschen deutlich an Geschwindigkeit verloren, zudem waren sie so beschädigt worden, dass sie nicht wieder beschleunigen konnten.

Der vierte hatte erkennbar einen Großteil seiner Feuerkraft darauf verwendet, um unbehelligt die Repulse zu passieren.

»Er hat es geschafft«, sagte sie, wobei ihre Stimme vor Erleichterung lauter wurde. »Ich empfehle Ihnen, den Begleitschiffen der Titan zu sagen, sie sollen den vordersten Syndik-Jäger mit einem halben Dutzend Phantomen aus ihren Heckwerfern beschießen. Der Jäger wird das nicht überstehen, nachdem er so viel darauf verwendet hat, an der Repulse vorbeizukommen. Es sei denn, er weicht von seinem Kurs ab, und wenn er das macht, wird er es nicht zurück zur Titan schaffen, bevor die in den Sprung geht.«

»Gut. Geben Sie bitte diesen Befehl.« Er hörte ihr nicht zu, während Desjani sich an die Begleitschiffe wandte. Sein Blick galt dem Display vor ihm, auf dem zu sehen war, wie weitere Jäger – diesmal unterstützt von leichten Kreuzern – sich der Repulse näherten und das Schiff unter Beschuss nahmen. Obwohl die Syndik-Schiffe viel zu schnell waren und sie ihre Umgebung nur verzerrt wahrnehmen konnten, trug die Repulse schwere Schäden davon und war nicht in der Lage, schnell genug zu manövrieren, um dem Feuer auszuweichen, das auf ihre geschätzte Position gerichtet wurde. Der Repulse gelang es, ein weiteres Null-Feld abzufeuern, doch der damit anvisierte leichte Kreuzer konnte ausweichen, sodass das Feld lediglich die Schilde streifte.