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»Das war noch nie anders.«

Fünf Planeten, zwei so klein, dass sie kaum diese Bezeichnung verdienten. Keiner davon für menschliches Leben geeignet, weil die Temperaturen entweder viel zu niedrig oder viel zu hoch waren und weil die Atmosphäre entweder giftig oder gar nicht vorhanden war. Hinzu kam die übliche Ansammlung aus Felsbrocken und Eis-blöcken, die aber im Vergleich zu anderen Sternensystemen weder sehr zahlreich noch anderweitig auffällig waren. Und doch hatten Menschen hier ihr Zuhause errichtet. Kaliban hatte nichts Besonderes zu bieten, das einzig Nennenswerte war das Schwerkraftfeld, durch das die Sprungpunkte benutzbar wurden. Geary konnte sich die Geschichte der Menschen im Kaliban-System gut vorstellen, weil sich das Gleiche wie hier auch an so vielen anderen Orten abgespielt hatte.

Vor der Existenz des Hypernets waren die Schiffe gezwungen gewesen, das Kaliban-System zu durchfliegen, um andere Regionen zu erreichen. Weil Schiffe hier durchkamen, hatte man ein paar Werften zur Durchführung von dringenden Reparaturen und von War-tungsarbeiten errichtet. Vorbeikommende Schiffe konnten hier auch Vorräte an Bord nehmen. Hinzu kamen die Raumschiffe, mit denen die Arbeiter und ihre Familien innerhalb des Systems befördert wurden. Diese Familien wiederum benötigten gewisse Dienstleistungen, also waren hier und dort Städte entstanden, mal tief unter der Erde einer feindseligen Welt, mal aus einem großen Asteroiden gehauen.

Einige der Schiffe, die herkamen, brachten Passagiere oder Fracht nach Kaliban. Und natürlich war Bergbau in Angriff genommen worden, um Rohstoffe zu fördern, anstatt sie von einem anderen Stern herzuschaffen. Bergbau bedeutete Minenarbeiter. Die wiederum zogen eine lokale Regierung nach sich, damit alles in geordneten Bahnen verlief. Diese Regierung wurde ihrerseits von Vertretern der zentralen Syndik-Behörden überwacht.

Den Rest kannte Geary nur vom Hörensagen. Das Hypernet war entstanden, die Schiffe mussten nicht mehr Kaliban und die unzähligen ähnlichen Systeme anfliegen. Die Werften wurden aufgegeben, als nicht mehr genug Schiffe andockten, um versorgt zu werden, und durch den Wegfall dieser Arbeitsplätze war auch das Ende der Städte besiegelt. Zu Beginn hatte es bis auf die Sprungpunkte keinen Grund gegeben, nach Kaliban zu kommen. Und nun gab es überhaupt keinen Beweggrund mehr. Wie viele Jahre hatten die letzten Op-timisten hier wohl noch ausgeharrt? Wohl nicht mehr allzu lange. In einem Syndik-System war jeder auf irgendeine Art Angestellter eines Unternehmens, und Unternehmen trennen sich rigoros von verlustreichen Spar-ten, während die Menschen ihre Hoffnung nicht so schnell begraben wollen. Jetzt ist niemand mehr hier. Alle Anlagen sind eisig kalt, nichts verbraucht mehr Energie, kein Lebenserhaltungssystem ist mehr in Betrieb.

Sie haben alles abgeschaltet. Ich schätze, der Letzte, der Kaliban verließ, hat daran gedacht, das Licht auszumachen.

Auf die Lebensspanne eines Sterns umgerechnet hatte die Anwesenheit von Menschen in diesem System gerade mal einen Lidschlag lang überdauert. Aus einem unerfindlichen Grund ließ diese Erkenntnis erneut jenes Gefühl von Kälte in Geary aufsteigen.

Rasch schüttelte er es wieder ab. Jeder Matrose lernte eine Sache sehr schnell, nämlich die, dass alles am Weltall unmenschlich war.

Die gewaltige Größe, die Leere, der Tod, der überall lauerte, ausgenommen an jenen sehr, sehr winzigen Punkten inmitten dieser Leere, an denen Menschen auf einer Planetenoberfläche spazieren, sich den Wind ins Gesicht wehen lassen und Luft atmen konnten. Es ist weder gut noch schlecht, besagte ein altes Sprichwort. Es ist einfach nur.

Es ist zu groß für uns, und wir sind nur für die Dauer eines Lidschlags hier, was das Weltall angeht, hatte ein alter Chief einmal zu Geary gesagt, als er noch ein so junger Offizier war, dass die Erinnerung daran fast schon schmerzte. Eines Tages wird es dir das Leben nehmen, denn auch wenn wir ihm völlig egal sind, wird es uns auf der Stelle töten, wenn es das kann. Wenn deine Gebete an die lebenden Sterne erhört werden, dann wirst du in ihrer Wärme und ihrem Licht ewig leben. Wenn nicht, dann solltest du aus deinem Leben das Beste machen. Apropos, habe ich dir eigentlich mal erzählt, wie mein altes Schiff Virago besucht hat?

Das war eine Party, kann ich dir sagen.

Geary wurde bewusst, dass die Erinnerung an den alten Chief und seine oftmals abenteuerlichen Geschichten ihn lächeln ließen. »Captain Desjani, ich beabsichtige, die Flotte in einen Orbit um Kaliban einschwenken zu lassen. Falls Sie irgendwelche Empfehlungen zum exakten Orbit haben, lassen Sie mich die bitte wissen.«

Sie sah ihn ein wenig überrascht an. »Wir werden hier bleiben?«

»Auf jeden Fall lange genug, um festzustellen, welche Ausrüstungsgegenstände und Materialien die Syndiks womöglich hier zu-rückgelassen haben.« Während des Sprungs von Corvus hierher hatte er sich eingehend mit dem Status der Schiffe befasst und war gar nicht glücklich gewesen, als er sah, wie gering die Menge mancher unverzichtbarer Bestände war. Kritische Werte waren noch in keinem Fall erreicht, aber sie befanden sich nicht einmal annähernd in heimischen Gefilden. Außerdem war da noch etwas anderes, was er in Angriff nehmen musste. Das jedoch erforderte, dass sich die Schiffe im Normalraum befanden. Etwas, das erledigt werden musste, bevor die Flotte wieder in ein Gefecht ziehen konnte.

Desjani nickte. »Schon gut, dass wir die Lebensmittelvorräte von der Syndik-Basis bei Corvus an Bord nehmen konnten. Hier werden wir höchstwahrscheinlich nichts finden.«

»Das sehe ich auch so.« Geary überlegte, welche Möglichkeiten ihm zur Auswahl standen, dann befahl er den Schiffen, die Maschinen auf ein Hundertstel Lichtgeschwindigkeit zu drosseln, damit die Allianz-Flotte langsam in das System treiben konnte. Das gab ihm Zeit, um sich ein Bild davon zu machen, was die Sensoren ihm über die abgeschalteten Syndik-Einrichtungen in diesem System verrieten. Und Zeit, um herauszufinden, ob die Syndiks etwas Brauchbares zurückgelassen hatten. Und Zeit, mit den Befehlshabern der Schiffe zu reden.

Captain Duellos meldete sich. »Ich empfehle, einige Schlachtkreuzer am Sprungpunkt zu platzieren, damit sie mögliche Verfolger in Empfang nehmen können.«

Geary schüttelte den Kopf. »Diesmal nicht. Ich will, dass die Flotte zusammenbleibt. Wir können nicht auf der einen Seite alles daransetzen, das zu sichten, was die Syndiks hier womöglich zurückgelassen haben, und auf der anderen Seite eine Streitmacht abstellen, die den Sprungpunkt bewacht.«

»Wie Sie meinen, Captain Geary.«

Desjani warf Geary einen unergründlichen Blick zu. »Wissen Sie, Duellos konnte Admiral Bloch nie leiden.«

»Das wusste ich nicht.«

»Er fand, Bloch treffe keine klugen Entscheidungen. Es ist interessant, dass Duellos Ihre Entscheidungen ohne Einwendungen hin-nimmt.«

»Ich schätze, ich habe bislang noch nicht allzu viele Fehler gemacht«, meinte Geary und lächelte verkniffen.

Grinsend wandte sich Desjani zu ihrem Display um, auf dem eine Nachricht eingegangen war. »Mein Ablauf-Offizier empfiehlt für das System diesen Orbit.«

Er machte einen langen Hals und sah auf das Display. Angezeigt wurde dort ein Bereich, der etwa zwei Lichtstunden vom Sprungpunkt entfernt lag. Er verglich die Position mit dem Orbit der bereits entdeckten Syndik-Einrichtungen und nickte. »Sieht für den Moment gut aus. Fliegen wir dorthin. Teilen Sie bitte den anderen Schiffen den voraussichtlichen Orbit mit, auf den wir einschwenken werden, und sagen Sie ihnen, sie sollen die gegenwärtige Formation beibehalten.«

»Ja, Sir.« Desjani gab die entsprechenden Befehle weiter, während sich Geary mit den Anzeigen auf seinem Display befasste.