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Was hätte mein alter Chief dazu gesagt? Außer dem üblichen »betrink dich und warte ab, ob es am nächsten Morgen besser aussieht«. Augenblick mal. Vorschriften. Er sprach davon, dass man in den Vorschriften immer irgendetwas findet, womit man sein Vorhaben rechtfertigen konnte. Der Ratschlag hat mir bislang auch immer geholfen.

Geary rief das Flottenregelwerk auf und begann Stichworte einzugeben und die Ergebnisse zu überfliegen, ob sich etwas Nützliches fand. Zu seiner Überraschung stieß er recht schnell auf eine Antwort. Aber will ich das machen? Er wandte sich den Personalakten zu und rief die Daten über die Befehlshaber der anderen Hilfsschiffe auf. Wie bereits angenommen, war der Commander der Titan noch sehr jung, und das sogar im Verhältnis zum relativ niedrigen Alter der heutigen Generation an Flottenoffizieren. Das erklärte seinen Eifer und sein überhastetes Handeln, indem er sich mit seinem Vorschlag zu den Förderanlagen der Syndiks direkt an ihn gewandt hatte. Gundel dagegen war vergleichsweise alt dafür, dass er nur die deutlich kleinere Jinn befehligte. Der Unterschied zwischen einem fähigen, ehrgeizigen Offizier, der Dinge bewegen will, und einem Offizier, der sich nur auf einem bequemen Pöstchen verkriechen möchte.

Aber dann war da noch Captain Tyrosian von der Witch. Erfahren, aber nicht außergewöhnlich erfahren. Hohes Ansehen als Ingenieur, gute Beurteilungen als Offizier, alt genug, um für einen höheren Posten infrage zu kommen. Auf dem Papier machte sie einen guten Eindruck, was immer das auch in der Praxis bedeutete.

Geary nahm mit ihr Kontakt auf. Captain Tyrosian hielt sich auf ihrer Brücke auf und stand ihm sofort zur Verfügung. Sie betrachtete ihn mit Respekt, wenngleich Geary auch glaubte, eine gewisse Zurückhaltung zu erkennen. »Ja, Sir?«

Das richtige Verhalten. So was gibt sofort Bonuspunkte. »Ich möchte mich nur persönlich bei allen Befehlshabern der Hilfsschiffe melden.

Wie sieht es auf der Witch aus?«

»Wie unser Bericht sagt, Sir. Beim Kampf im Heimatsystem der Syndiks haben wir nur geringe Schäden erlitten, weshalb wir derzeit vor allem damit beschäftigt sind, den Flottenvorrat an Waffen wieder aufzustocken.«

»Und wie sieht es mit Ihren Rohstoffen aus?«

»Wir benötigen mehr«, antwortete Captain Tyrosian ohne zu zögern.

»Wie lange würden Sie für einen Bericht benötigen, wie es um die Beschaffung neuer Rohstoffe bestellt ist?«

Sie wurde noch etwas skeptischer. »Sir, einen solchen Bericht könnte ich Ihnen jederzeit liefern, aber eine derartige Anforderung sollte vom Befehlshaber meiner Abteilung kommen.«

Sehr gut, Captain Tyrosian. Sie wissen, was los ist. Sie sind bereit, das zu tun, was man Ihnen sagt, und Sie haben kein Problem damit, mich an die Einhaltung der Befehlskette zu erinnern. »Danke, Captain Tyrosian.«

Geary sah auf die Uhr. Er würde sich ein wenig Zeit lassen. Zwei Stunden.

Diesen Zeitraum nutzte er, indem er an seinen Szenarien für die Gefechtsübungen arbeitete, während die Flotte in gemächlichem Tempo tiefer ins Kaliban-System vordrang. Schließlich rief er abermals die Jinn. »Captain Gundel.«

Der wirkte noch gereizter als zuvor. »Ich habe noch eine Menge zu erledigen.«

»Dann wird es Sie freuen, was ich Ihnen zu sagen habe, Captain Gundel«, verkündete Geary. »Mir ist klar geworden, dass ich jemanden benötige, der einen Überblick über die langfristigen Bedürfnisse dieser Flotte zusammenstellt. Jemanden, der über die nötige Erfahrung verfügt, um alles Notwendige in einer kompakten Übersicht zusammenzufassen, auch wenn das eine Arbeit ist, die wohl viel Zeit in Anspruch nehmen wird.« Er lächelte Gundel an, der auf eine hochnäsige Art Gearys Überlegungen zu befürworten schien. »Aber wenn dieser Offizier permanent durch andere Verantwortlichkeiten abgelenkt wird, kann er sich nicht auf das Wesentliche konzentrieren. Daher teile ich Sie zu meinem Stab ein, Captain Gundel, und er-nenne Sie zu meinem Versorgungsberater.« Wieder lächelte Geary.

Gundel schien schockiert zu sein.

»Natürlich«, fuhr Geary fort und verlieh seiner Stimme einen leicht entschuldigenden Tonfall, »ist Ihnen klar, dass die Flottenvorschriften es verbieten, dass ein Offizier im Rang eines Schiffskommandanten oder darüber gleichzeitig eine Stabsposition innehat. Zu viel Ablenkung, zu viele Interessenkonflikte. Ein Profi wie Sie ver-steht das sicher. Damit ich also von Ihrem Wissen und Ihren Ratschlägen profitieren kann, müssen Sie das Kommando über die Jinn abgeben. Sie benötigen einen geeigneten Arbeitsplatz, um Ihre Aufgabe erledigen zu können. Da mir bekannt ist, dass ein kleines Schiff wie die Jinn dafür keinen Raum zur Verfügung hat, müssen Sie auf die Titan wechseln. Ich werde sicherstellen, dass Sie dort ein vernünftiges Büro erhalten. Und da Sie damit nicht mehr das Kommando über die Jinn haben, wird Captain Tyrosian von der Witch der neue Commander über die Hilfsschiffe.«

Gundel war sprachlos und konnte ihn nur anstarren.

»Dann gibt es keine Fragen? Hervorragend. Da wir unter großem Zeitdruck stehen, sorgen Sie bitte dafür, dass Sie das Kommando über die Jinn bis Mitternacht an Ihren XO übergeben haben. Morgen werden Sie auf die Titan versetzt.«

Schließlich war Gundel wieder in der Lage, etwas zu sagen. »Sie… Sie können nicht einfach…«

»Doch, das kann ich.« Geary wurde ernst, sein Tonfall unterkühlt.

»Meine Befehle werden unmittelbar nach Beendigung dieser Unterhaltung an die Titan, die Jinn und die Witch gesendet. Ich darf annehmen, dass ein Offizier von Ihrer Erfahrung es nicht mal im Traum wagen würde, sich einem direkten Versetzungsbefehl zu wi-dersetzen, oder?« Geary machte eine kurze Pause, da er wusste, dass seine Worte Gundel an das Beispiel des vormaligen Commanders der Arrogant, Vebos, erinnern würden. Er ließ noch einige Sekunden Schweigen folgen, sodass Gundel über die Vorteile nachdenken konnte, nicht länger die Verantwortung eines Kommandos tragen zu müssen und sich einem schier unendlichen Forschungsprojekt widmen zu können, ohne mit dem Makel leben zu müssen, dass man ihn seines Postens enthoben hatte. Geary sah, wie sich Gundels Miene veränderte, als er begriff, welch großartige Gelegenheit sich hier für einen Offizier von seinen beschränkten Möglichkeiten bot.

»Oder gibt es irgendwelche Probleme?«

»Nein, überhaupt nicht.« Gundels Augen zuckten hin und her, während er sich die Situation offenbar noch einmal durch den Kopf gehen ließ. Schließlich nickte er zufrieden und nahm wieder eine gefasste Haltung an. »Ein wohlüberlegter Einsatz Ihres Personals. Allerdings muss ich wohl nicht noch betonen, wie sehr ich es bedauere, die Jinn verlassen zu müssen.«