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»Ich…« Geary suchte nach einem Planetennamen. Er wusste, seine eigene Heimatwelt würde niemals eine solche Zuflucht sein. Die hatte sich vermutlich längst bis zur Unkenntlichkeit verändert, zudem fürchtete er sich davor, jene Monumente zu sehen, die man zu Ehren von Black Jack Geary zweifellos errichtet hatte. Schließlich entschied er sich für den einen Planeten, über den er in den letzten Wochen am häufigsten etwas gehört hatte. »Kosatka.«

»Kosatka?« Diesmal musste Rione lachen, aber mehr aus Unglauben als aus Belustigung. »Ich sagte Ihnen schon einmal, Captain Geary, dass Ihr Schicksal nicht auf Kosatka liegt. Kosatka ist eine gute Welt, doch sie besitzt keine Macht. Kosatka könnte Sie jetzt nicht zu-rückhalten.«

»Ich bin nicht…«

»Kein Planet könnte Sie jetzt zurückhalten, ganz gleich, was Sie glauben, wohin Ihre Pflicht Sie führen muss.« Rione stand ebenfalls auf, den Blick immer noch auf Geary gerichtet. »Aber wenn es sich als notwendig erweisen sollte, Sie zurückzuhalten, wenn man ein-schreiten muss, um Ihre Macht im Zaum zu halten, dann werde ich mein Bestes geben.«

Er starrte sie an, da er nicht fassen konnte, was er da zu hören bekam. »Wollen Sie mir drohen?«

»Nein. Ich setze Sie nur davon in Kenntnis, wenn Sie versuchen sollten, die Hand auszustrecken und das an sich zu nehmen, was Ihnen gehören könnte, dann werde ich dort sein, um Sie daran zu hindern.« Sie wandte sich zum Gehen, drehte sich dann aber noch einmal zu ihm um. »Und falls Sie zweifeln sollten, Captain, ich bin entbehrlich. Selbst wenn ich nicht mehr bin, werden andere an meine Stelle rücken.«

» Ich habe überhaupt nichts gemacht. «

»In diesem Punkt irren Sie sich. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich will Sie nicht vorverurteilen. Was Sie getan haben, musste unbe-stritten getan werden, um diese Flotte zu retten. Wenn Sie sich an Ihren Schwur halten, die Macht abzulehnen, die in Ihren Händen liegen wird, dann werden Sie keinen treueren Verbündeten finden als mich. Aber Sie dürfen nicht so tun, als würde keinerlei Versuchung existieren, Captain Geary. Sie dürfen sich nicht vormachen, dass es niemanden geben wird, der Sie zu bestimmten Handlungen zu drängen versucht, die angeblich dem Wohle der Allianz dienen.

Handlungen, die Ihnen auf den ersten Blick gerechtfertigt und sinnvoll erscheinen, die aber alles vernichten werden, was Sie zu ehren behaupten.«

Er reagierte mit einem wütenden Blick. »Ich bin nicht der Typ, der so etwas machen würde.«

»Ist Black Jack Geary der Typ?«

»Was?« Wiederholt schüttelte er den Kopf, als wollte er ihn von etwas freibekommen, während er sich noch wunderte, dass sie tatsächlich diese Frage gestellt hatte. »Ich habe keine Ahnung. Ich weiß nicht, wer dieser imaginäre Held ist. Ich kenne ihn nicht. Ich weiß nur, er ist nicht ich.«

Nun schüttelte Rione den Kopf als Reaktion auf seine letzten Bemerkungen. »Ich bedauere, Ihnen sagen zu müssen, dass Sie sich irren. Ganz gleich, wer Sie zu sein glauben, Sie müssen begreifen, dass Sie Black Jack Geary sind

»Vielleicht könnten Sie mir dann ja erklären, warum ich mich so anstrengen muss, diese befehlshabenden Offiziere da draußen bei Laune zu halten, wenn sie doch verdammt noch mal so sehr an Black Jack Geary glauben.«

Rione verzog den Mund. »Sie haben sich die Antwort längst selbst gegeben. Diese Leute glauben an Black Jack Geary, Captain. Ihrer Meinung nach muss diese Person in jeder Hinsicht etwas absolut Außergewöhnliches darstellen. Wenn sie zu der Überzeugung gelangen sollten, dass Sie nicht der Black Jack Geary sind, wie ihn sich die Menschen vorstellen, dann werden sie nicht länger an Sie glauben.«

»Wollen Sie damit sagen, ich kann machen, was ich will, es läuft trotzdem auf das Gleiche hinaus? Soll das heißen, ich muss in jeglicher Hinsicht außergewöhnlich sein, wenn ich diese Flotte retten will? Und ich muss zu diesem Black Jack Geary werden, wie ihn die Leute sich vorstellen, weil die Flotte sonst verloren sein wird? Aber wie soll ich in jeder Hinsicht außergewöhnlich sein?«

»Ich fürchte, in diesem Punkt kann ich Ihnen nicht helfen, Captain Geary.« Rione neigte den Kopf, dann verließ sie das Quartier.

Geary sah ihr nach und ließ sich in den nächstbesten Sessel fallen.

Zwei Gedanken stürmten dabei auf ihn ein: Was ist, wenn sie recht hat? Und womit zum Teufel habe ich das alles eigentlich verdient?

»Alle Einheiten in Formation Sigma rollen bei Zeit drei vier zwanzig Grad nach Backbord.« Geary wartete, dann vergrub er das Gesicht in den Händen, als er sah, wie die eine Hälfte sich an ihren Platz rollte, während die andere Hälfte sich bewegte, als ob die gesamte Formation sich um zwanzig Grad nach Backbord drehte. Hört doch zu, was ich euch sage! Hört doch bitte einfach nur zu! Es ist ja nicht so, als ob ihr keine Zeit hättet, um vor der Ausführung meiner Befehle darüber nachzudenken!

Nach außen hin gab sich Geary so ruhig, wie er nur konnte. »An alle Einheiten: Achten Sie darauf, die Befehle so auszuführen, wie sie gegeben werden.« Er sah auf die Uhr, rieb sich die Augen und fügte dann an: »An alle Einheiten: Das reicht für heute. Danke für Ihren harten Einsatz.« Ich hoffe nur, dass sie auch etwas daraus lernen.

Und zwar nicht nur, wie man eine Formation beibehält. Wenn sie darauf achten, wie ich die Manöver nenne, um den zeitverzögerten Eingang der Daten zu berücksichtigen, dann sollten sie davon auch das eine oder andere aufschnappen.

Auch Captain Desjani machte einen müden Eindruck, dennoch lächelte sie ihn aufmunternd an. »Ich habe noch nie erlebt, dass unsere Einheiten unter Gefechtsbedingungen so manövrieren können.«

»Das haben Sie tatsächlich noch nie erlebt«, betonte Geary, der sich Mühe gab, nicht so mürrisch zu klingen, wie ihm zumute war. »Das hier ist alles nur simuliert. Bei einem tatsächlichen Gefecht würde das alles unter extremem Stress ablaufen.«

»Trotzdem finde ich, dass bereits viele Verbesserungen festzustellen sind.«

Geary überlegte kurz, dann nickte er. »Ja, Sie haben recht. Es gibt Verbesserungen. Wenn man bedenkt, dass wir das erst seit Kurzem machen, haben alle Beteiligten sehr schnell große Fortschritte erkennen lassen.« Er warf einen Blick auf die endgültigen Positionen der Schiffe in der angehaltenen Simulation. »Zwei Wochen Manöverübungen haben eine Menge bewirkt, aber in dieser Flotte gibt es auch etliche Captains, die ihr Schiff gut im Griff haben.« Er nickte erneut, diesmal in Desjanis Richtung. »Anwesende eingeschlossen.«

»Danke, Sir.« Sein Lob schien Desjani zu freuen und gleichzeitig zu verunsichern.

»Das ist mein Ernst. Sie können wirklich gut mit Ihrem Schiff umgehen. Es gibt Leute, denen kann man ewig predigen, wie man ein Schiff handhabt, und trotzdem gehen sie damit um wie mit einem Sack Blei. Sie dagegen besitzen Talent. Sie haben ein Gefühl für das Schiff und arbeiten mit dessen Bewegungen.« Er stand von seinem Platz auf. »Ich werde erst mal eine Pause machen, bevor ich mich mit dem nächsten Simulationsszenario befasse. Was ist mit Ihnen?«

Desjani schüttelte den Kopf. »Als befehlshabender Offizier der Dauntless gibt es noch einige Dinge, um die ich mich kümmern muss. Den Gottlosen ist keine Ruhepause gegönnt, wie man so schön sagt.«

»Ich weiß nicht, inwieweit das etwas mit Gottlosigkeit zu tun hat, Tanya, aber ich weiß, dass einem Captain nie viel Erholung vergönnt ist. Danke für alles, was Sie in letzter Zeit für mich getan haben.«

»War mir ein Vergnügen, Sir.« Sie deutete einen formlosen Salut an, dann zog sie sich zurück.

Geary nahm wieder Platz, und nachdem er das Verlangen nach etwas Ruhe und Erholung erfolgreich niedergerungen hatte, rief er die aktuellen Statusberichte der Flotte auf. In den vormaligen Syndik-Minen auf drei Asteroiden war die Förderung angelaufen, und eine erfreulich große Menge an reinen Metallen war bereits zu den Hilfsschiffen transportiert worden, sodass deren Werkstätten auf Hoch-touren arbeiteten, um dringend benötigte Ersatzteile herzustellen und neue Waffen zu produzieren. Außerdem war man auf Lebensmittelvorräte gestoßen, die in den verlassenen Städten durch die Kälte konserviert worden waren. Zurückgelassen hatte man diese Bestände zweifellos nur deshalb, weil es unwirtschaftlich gewesen wäre, sie aus dem System zu transportieren, als die Syndiks Kaliban verließen. Mein Gefühl sagt mir, dass wir lange vor unserer Heimkehr von Syndik-Essen die Nase voll haben werden. Vor allem, weil sie ganz sicher zuerst das gegessen haben, was am besten schmeckte, während das liegen geblieben ist, was sowieso keiner haben wollte. Eine Notiz in einem der Berichte besagte, die Scouts seien auf ein Lager mit elektroni-schen Bauteilen gestoßen. Ein Teil davon ließ sich problemlos so umarbeiten, dass sie den Anforderungen der Allianz entsprachen.