Sickingen. Gern — und darnach?
Götz. Darnach sollt Ihr Eurer Wege gehn.
Sickingen. Götz!
Götz. Wollt Ihr nicht in die Kirche?
Sickingen. Kommt, kommt!
Lager
Hauptmann. Ritter.
Hauptmann. Wie viel sind's in allem?
Ritter. Hundertundfunfzig.
Hauptmann. Von vierhunderten! Das ist arg. Jetzt gleich auf und grad gegen Jagsthausen zu, eh er sich erholt und sich uns wieder in Weg stellt.
Jagsthausen
Götz. Elisabeth. Maria. Sickingen.
Götz. Gott segne euch, geb euch glückliche Tage, und behalte die, die er euch abzieht, für eure Kinder.
Elisabeth. Und die laß er sein, wie ihr seid: rechtschaffen! Und dann laßt sie werden, was sie wollen.
Sickingen. Ich dank euch. Und dank Euch, Maria. Ich führte Euch an den Altar, und Ihr sollt mich zur Glückseligkeit führen.
Maria. Wir wollen zusammen eine Pilgrimschaft nach diesem fremden gelobten Lande antreten.
Götz. Glück auf die Reise!
Maria. So ist's nicht gemeint, wir verlassen Euch nicht.
Götz. Ihr sollt, Schwester.
Maria. Du bist sehr unbarmherzig, Bruder!
Götz. Und Ihr zärtlicher als vorsehend.
(Georg kommt.)
Georg (heimlich). Ich kann niemand auftreiben. Ein einziger war geneigt; darnach veränderte er sich und wollte nicht.
Götz. Gut, Georg. Das Glück fängt mir an wetterwendisch zu werden. Ich ahnt's aber. (Laut.) Sickingen, ich bitt Euch, geht noch diesen Abend. Beredet Marie. Sie ist Eure Frau. Laßt sie's fühlen. Wenn Weiber quer in unsere Unternehmung treten, ist unser Feind im freien Feld sichrer als sonst in der Burg.
(Knecht kommt.)
Knecht (leise). Herr, das Reichsfähnlein ist auf dem Marsch, grad hieher, sehr schnell.
Götz. Ich hab sie mit Rutenstreichen geweckt! Wieviel sind ihrer?
Knecht. Ungefähr zweihundert. Sie können nicht zwei Stunden mehr von hier sein.
Götz. Noch überm Fluß?
Knecht. Ja, Herr.
Götz. Wenn ich nur funfzig Mann hätte, sie sollten mir nicht herüber. Hast du Lersen nicht gesehen?
Knecht. Nein, Herr.
Götz. Biet allen, sie sollen sich bereit halten. — Es muß geschieden sein, meine Lieben. Weine, meine gute Marie, es werden Augenblicke kommen, wo du dich freuen wirst. Es ist besser, du weinst an deinem Hochzeittag, als daß übergroße Freude der Vorbote künftigen Elends wäre. Lebt wohl, Marie. Lebt wohl, Bruder.
Maria. Ich kann nicht von Euch, Schwester. Lieber Bruder, laß uns. Achtest du meinen Mann so wenig, daß du in dieser Extremität seine Hülfe verschmähst?
Götz. Ja, es ist weit mit mir gekommen. Vielleicht bin ich meinem Sturz nahe. Ihr beginnt zu leben, und ihr sollt euch von meinem Schicksal trennen. Ich hab eure Pferde zu satteln befohlen. Ihr müßt gleich fort.
Maria. Bruder! Bruder!
Elisabeth (zu Sickingen). Gebt ihm nach! Geht!
Sickingen. Liebe Marie, laßt uns gehen.
Maria. Du auch? Mein Herz wird brechen.
Götz. So bleib denn. In wenigen Stunden wird meine Burg umringt sein.
Maria. Weh! Weh!
Götz. Wir werden uns verteidigen, so gut wir können.
Maria. Mutter Gottes, hab Erbarmen mit uns!
Götz. Und am Ende werden wir sterben, oder uns ergeben. — Du wirst deinen edeln Mann mit mir in ein Schicksal geweint haben.
Maria. Du marterst mich.
Götz. Bleib! Bleib! Wir werden zusammen gefangen werden. Sickingen, du wirst mit mir in die Grube fallen! Ich hoffte, du solltest mir heraushelfen.
Maria. Wir wollen fort. Schwester, Schwester!
Götz. Bringt sie in Sicherheit, und dann erinnert Euch meiner.
Sickingen. Ich will ihr Bette nicht besteigen, bis ich Euch außer Gefahr weiß.
Götz. Schwester — liebe Schwester! (Küßt sie.)
Sickingen. Fort, fort!
Götz. Noch einen Augenblick — Ich seh Euch wieder. Tröstet Euch. Wir sehn uns wieder.
(Sickingen, Maria ab.)
Götz. Ich trieb sie, und da sie geht, möcht ich sie halten. Elisabeth, du bleibst bei mir!
Elisabeth. Bis in den Tod. (Ab.)
Götz. Wen Gott lieb hat, dem geb er so eine Frau!
(Georg kommt.)
Georg. Sie sind in der Nähe, ich habe sie vom Turn gesehen. Die Sonne ging auf, und ich sah ihre Piken blinken. Wie ich sie sah, wollt mir's nicht bänger werden, als einer Katze vor einer Armee Mäuse. Zwar wir spielen die Ratten.
Götz. Seht nach den Torriegeln. Verrammelt's inwendig mit Balken und Steinen. (Georg ab.) Wir wollen ihre Geduld für'n Narren halten, und ihre Tapferkeit sollen sie mir an ihren eigenen Nägeln verkäuen. (Trompeter von außen.) Aha! ein rotröckiger Schurke, der uns die Frage vorlegen wird, ob wir Hundsfötter sein wollen. (Er geht ans Fenster.) Was soll's?
(Man hört in der Ferne reden.)
Götz (in seinen Bart). Einen Strick um deinen Hals.
(Trompeter redet fort.)
Götz.»Beleidiger der Majestät!«— Die Aufforderung hat ein Pfaff gemacht.
(Trompeter endet.)
Götz (antwortet). Mich ergeben! Auf Gnad und Ungnad! Mit wem redet Ihr! Bin ich ein Räuber! Sag deinem Hauptmann: Vor Ihro Kaiserliche Majestät hab ich, wie immer, schuldigen Respekt. Er aber, sag's ihm, er kann mich — — (Schmeißt das Fenster zu.)
Belagerung. Küche
Elisabeth. Götz zu ihr.
Götz. Du hast viel Arbeit, arme Frau.
Elisabeth. Ich wollt, ich hätte sie lang. Wir werden schwerlich lang aushalten können.
Götz. Wir hatten nicht Zeit, uns zu versehen.
Elisabeth. Und die vielen Leute, die Ihr zeither gespeist habt. Mit dem Wein sind wir auch schon auf der Neige.
Götz. Wenn wir nur auf einen gewissen Punkt halten, daß sie Kapitulation vorschlagen. Wir tun ihnen brav Abbruch. Sie schießen den ganzen Tag und verwunden unsere Mauern und knicken unsere Scheiben. Lerse ist ein braver Kerl; er schleicht mit seiner Büchse herum; wo sich einer zu nahe wagt, blaff, liegt er.
Knecht. Kohlen, gnädige Frau.
Götz. Was gibt's?
Knecht. Die Kugeln sind alle, wir wollen neue gießen.
Götz. Wie steht's Pulver?
Knecht. So ziemlich. Wir sparen unsere Schüsse wohl aus.