Выбрать главу

Der Teil der Wüste, in dem die Armee sich für die Nacht niedergelassen hatte, war relativ flach. Da es hier keine Flüsse oder Hügel gab, auf die sie Rücksicht nehmen mussten, hatten sie die Zelte, die Vorratskarren und die Plattans in einem kreisförmigen Muster aufgestellt: ein Rad, in dem die Weißen und die Anführer ihrer Verbündeten sich in der Nabe versammelten, während die Lücken zwischen den Armeen eines jeden Landes die Speichen bildeten. Danjin wusste nicht, ob diese Anordnung irgendwelche taktischen Vorzüge bot. Vielleicht sollte diese machtvolle Benutzung des Symbols der Götter den Menschen lediglich eine gewisse Sicherheit geben.

Als er das Zelt des Kriegsrats erreichte, wies er den Wachposten an, in seinem Namen um die Erlaubnis zu bitten einzutreten.

Brauchen wir zusätzliche Unterstützung?, fragte sich Danjin. Beim letzten Mal haben wir gesiegt. Aber allein die Tatsache, dass man die Götter auf seiner Seite hat, ist keine Garantie für einen Sieg. Dafür sind die Pentadrianer der beste Beweis. Außerdem kennen die Pentadrianer uns jetzt besser. Sie werden nicht dieselben Fehler machen.

»Hier kommt mein stets zweifelnder Danjin«, erklang eine vertraute Stimme aus dem Innern des Zelts.

Die Türlasche wurde aufgezogen, und Ella winkte ihn herein. Juran und Dyara standen neben einem Tisch, auf dem eine Karte lag, die Danjin aus dem letzten Krieg kannte. Mairae und Rian waren abwesend.

Der Anführer der Zirkler sah Danjin an und nickte. Danjin machte das Zeichen des Kreises.

»Also, Danjin. Warum kannst du nicht aufhören, dir Sorgen zu machen?«, fragte Ella.

»Irgendjemand muss es tun«, antwortete er. »Betrachte es als meine persönliche Aufgabe, mir in deinem Namen Sorgen zu machen.«

Sie zog die Augenbrauen hoch und blickte zu Juran hinüber, um dessen Lippen ein schwaches Lächeln spielte.

»Habe ich etwas Falsches gesagt?«, erkundigte sich Danjin.

Ella lachte. »Nein. Juran hat gerade eben etwas ganz Ähnliches bemerkt. Er meinte, du seist mein Gewissen und mein gesunder Menschenverstand.«

»Bin ich das?« Danjin sah Juran an. Er konnte nicht umhin, sich zu fragen, ob das bedeutete, dass Juran glaubte, Ella habe einen Mangel an Gewissen und gesundem Menschenverstand.

Juran lachte leise. »Du vertraust nicht blind darauf, dass die Dinge sich so fügen werden, wie die Götter es wollen«, erklärte er. »Ella kann nichts anderes akzeptieren als Sieg.«

»Warum sollten sie uns nach Südithania schicken, wenn sie nicht dafür sorgen können, dass wir siegen?«, fragte sie.

»Es besteht immer das Risiko eines Scheiterns«, antwortete Juran. »Und sei es auch noch so gering.«

»Warum bringen wir eine Armee mit, wenn die Macht der Götter, kanalisiert durch die Weißen, alles wäre, was notwendig ist?«, fragte Danjin.

Ella schüttelte den Kopf. »Wir wissen alle, dass die Armee nur benötigt wird, um das Land zu beherrschen, das man erobert. Der eigentliche Kampf wird mit Magie ausgetragen. Magie ist die Domäne der Götter, daher ist uns der Sieg gewiss.«

»Es sei denn, die pentadrianischen Götter sind stärker«, bemerkte Juran.

»Wenn das so wäre, hätte der Zirkel uns nicht in den Krieg geschickt.«

Juran lächelte und hob die Hand. »Genug davon. Danjin ist hergekommen, um über andere Dinge zu sprechen.« Danjins Herz setzte einen Schlag aus, als der zirklische Anführer ihn ernsthaft musterte. »Ich sehe, du hast wieder mit Auraya gesprochen.«

Danjin nickte, dann berichtete er alles, woran er sich erinnern konnte. Als er fertig war, tauschten die Weißen schweigend einen Blick und setzten sich auf die ihnen eigene Art miteinander in Verbindung.

»Sie lebt; sie war krank, aber es geht ihr besser«, fasste Dyara Danjins Ausführungen zusammen. »Kann sie uns wirklich sehen?«

Juran zuckte die Achseln. »Wir können nur abwarten, ob dieser Bote auftaucht.« Er wandte sich an Danjin. »Ella hat mir erzählt, dass du unter deinen Sachen den Netzring gefunden hast, den Auraya für dich gemacht hat. Weißt du, warum er dort war?«

Danjin stieg die Röte ins Gesicht. »Ich bin mir nicht sicher… aber ich habe den Verdacht, dass meine Frau ihn dort hingelegt haben könnte.«

»Warum sollte sie ihn verstecken?«

»Oh, sie hat ihn sicher nicht mit Absicht versteckt«, erwiderte Danjin hastig. »Wenn sie für mich packt, legt sie häufig irgendwelche Dinge an eigenartige Orte, damit mehr in mein Gepäck hineinpasst. Wahrscheinlich wollte sie, dass ich den Ring fand, wenn ich das Spiel öffnete, und hat nicht bemerkt, dass er in der Schublade festklemmen würde.«

Juran nickte. »Aber warum hat sie ihn überhaupt eingepackt?«

»Das war wahrscheinlich eine Vorsichtsmaßnahme. Ich habe im Laufe der Jahre viele merkwürdige Dinge in meinem Gepäck gefunden, und wenn ich sie danach frage, antwortet sie im Allgemeinen, sie habe den betreffenden Gegenstand ›für alle Fälle‹ eingepackt.«

»Aber für welchen Fall?«, fragte Juran versonnen. Seine Worte klangen so, als habe er laut nachgedacht und keine Antwort erwartet. Danjin zuckte die Achseln. Der zirklische Anführer nahm etwas aus seiner Robe. Es war ein weißer Ring. Danjin vermutete, dass es sich um den fraglichen Netzring handelte.

Juran hielt ihn ihm hin. »Streif ihn über.«

»Aber…« Ella sah Juran an, der ihren Blick mit undeutbarer Miene erwiderte. Sie biss sich auf die Lippen und sah zu, wie Danjin den Ring entgegennahm.

Die schwachen Spuren der Sorge auf ihrem Gesicht löschten jeden Eifer aus, den Danjin angesichts der Möglichkeit, sich mit Auraya in Verbindung zu setzen, empfunden hatte. Er erwog zu fragen, ob es gefährlich sei, den Ring zu benutzen. Und wenn es so war? Juran hatte es ihm befohlen, und er würde sich nicht weigern.

»Was soll ich sagen?«, fragte er.

Ella zuckte die Achseln. »Sag ihr, wir seien alle erleichtert, dass sie noch lebt.«

Er nickte. Dann holte er tief Luft, streifte den Ring über und schloss die Augen.

Auraya?

Es kam keine Antwort. Er rief noch mehrere Male, dann sah er die Stimmen an und zuckte die Achseln.

»Vielleicht funktioniert er nicht mehr.«

»Nimm den Ring ab, Danjin«, sagte Ella.

Juran streckte die Hand aus. Danjin zog den Ring ab und übergab ihn. Die drei Weißen runzelten die Stirn.

»Das bringt uns nicht weiter, nicht wahr?«, fragte er zaghaft.

Juran sah ihn nachdenklich an. »Der Ring mag uns zwar nicht in die Lage versetzen, mit Auraya zu sprechen, aber eine andere Eigenschaft hat er nicht eingebüßt. Während du ihn am Finger hattest, konnte ich deine Gedanken nicht lesen. Ella konnte es, da du ihren Netzring trägst, daher musste ich dich durch ihren Geist beobachten.«

»Dann ist es also der richtige Ring?«

»Ja, eindeutig. Wir wussten von diesem Fehler, hatten damals aber keine Zeit, einen anderen anzufertigen, da Auraya nach Si aufbrechen musste.«

Juran betrachtete den Ring versonnen, dann blickte er zu Ella hinüber. »Dies könnte ein Vorteil für uns sein. Solange Danjin den Ring trägt, wird niemand außer uns seine Gedanken lesen können.«

»Außer uns - und Auraya«, stellte sie fest.

Seine Lippen wurden schmal. »Ich wünschte, ich wüsste, ob man ihr vertrauen kann.« Er schloss die Finger um den Ring und ließ die Hand sinken.

Der Eingang zum Zelt wurde geöffnet, und ein Wachposten trat ein und machte das Zeichen des Kreises. »Ein Bote des sennonischen Kaisers bittet um eine Audienz bei den Weißen.«

Juran sah Danjin an, aber sein Lächeln wirkte gezwungen. »Danke, dass du uns auf dieses Ereignis aufmerksam gemacht hast, Danjin. Jetzt solltest du wohl besser versuchen, ein wenig Schlaf zu bekommen.«

Als Danjin zur Türlasche hinüberging, berührte Ella ihn sanft am Arm. »Zumindest ist sie am Leben«, sagte sie leise.