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Zu seinem Entsetzen tauchten ganz in der Nähe zwei Köpfe im Wasser auf. Ein Mann blutete heftig aus der Nase, und sein Gesicht war zu einer Grimasse des Hasses verzerrt. Das Blut schimmerte leuchtend rot auf den weißen Zähnen des Mannes.

Aber gerade eben war es noch zu dunkel, als dass ich so gut hätte sehen können…

Die beiden Männer blickten auf, und als sie sich dem Ufer zuwandten, trat mit einem Mal Furcht in ihre Züge. Sie verschwanden unter Wasser. Danjin drehte sich nun ebenfalls um und sah einen Lichtfunken auf sich zuschnellen. Er wedelte mit den Armen, dann fiel er auf den Boden des Boots, als es sich plötzlich wieder in Bewegung setzte. Mit einem Seufzer der Erleichterung beschloss er, liegen zu bleiben.

Die Fahrt ans Ufer war barmherzig kurz. Als das Boot langsamer wurde, zog er sich wieder auf den Sitz. Ella stand am Strand, eine weiße, leuchtende Gestalt der Güte. Als das Boot den Sand hinaufglitt, kam sie ihm entgegen, obwohl sie sich dabei ihr Kleid und den Zirk durchnässte. Eine Welle der Zuneigung zu ihr stieg in ihm auf.

»Ist alles in Ordnung mit dir, Danjin?«

Er stieg aus und blickte an sich hinab. »Mir geht es gut. Ich habe ein paar blaue Flecken abbekommen, aber davon abgesehen bin ich glücklich zu leben.« Er schaute hinter sich. »Was waren das für Geschöpfe?«

»Elai«, antwortete sie stirnrunzelnd. »Heute Nacht sind mehrere unserer Vorratsschiffe und ein dunwegisches Kriegsschiff versenkt worden. Das war keine Waffe, die du gesehen hast. Es war ein Werkzeug, um Löcher zu bohren.«

Danjin nickte. Natürlich. Jetzt, da sie ihn darauf hingewiesen hatte, erkannte er, dass es sich um ein Werkzeug handelte, wie man es für Schiffsreparaturen benutzte. In den Händen des Meeresgeschöpfes hatte es auf exotische Weise bedrohlich gewirkt.

»Wir werden eine Möglichkeit finden müssen, gegen sie zu kämpfen, oder wir werden hier niemals eine längere Schlacht durchstehen können«, fügte Ella hinzu.

»Nun, ich bin froh, dass er keine Gelegenheit bekommen hat, Löcher in mich hineinzubohren«, sagte er.

Sie lächelte. »Ich bin ebenfalls froh. Ich wünschte, ich hätte dich nicht dorthin schicken müssen, aber wir hätten uns sonst nur durch Arleej mit Mirar in Verbindung setzen können, und vielleicht wäre er auf irgendeinen Vorschlag eingegangen, solange seine Leute nichts davon erfuhren.«

»Hat sich denn irgendetwas daraus ergeben?«, fragte er.

Sie sah ihn an, dann zuckte sie die Achseln. »Möglicherweise. Wir werden darüber sprechen müssen. Und du solltest noch einige Stunden schlafen, bevor die Armee ankommt.«

»Ich glaube nicht, dass ich das tun werde.«

»Nein, aber du wirst es versuchen«, entgegnete sie energisch. »Ich brauche dich morgen gut ausgeruht und in bester Verfassung.«

Mit diesen Worten legte sie ihm eine Hand auf die Schulter und führte ihn auf die Stadt zu.

48

Als Auraya sich ihres schmerzenden Körpers wieder bewusst wurde, hätte sie um ein Haar laut aufgestöhnt.

Zumindest wenn ich schlafe, nehme ich nichts von alledem wahr. Ich verspüre weder Schmerz noch Verzweiflung, ebenso wenig wie Langeweile oder Sorgen oder… was ist das?

Etwas schnupperte an ihrem Ohr. Sie wandte den Kopf. Einen Moment lang waren runde Augen und eine spitze Nase alles, was sie sehen konnte. Eine schmale, rosige Zunge leckte ihr über die Wange.

»Owaya«, sagte Unfug leise.

»Du bist wieder da.« Sie schluchzte beinahe vor Erleichterung.

»Unfug jagen. Unfug finden.«

Er steckte sich etwas in den Mund und huschte ihren Arm hinauf.

Als sie ihre Position veränderte, ließ der Schmerz, der ihre Arme durchzuckte, sie erstarren. Sie atmete tief durch und wartete darauf, dass das Blut wieder zu fließen begann.

Das Gewicht des Veez und seine zappelnden Füße machten die Sache nicht besser. Als das Gefühl zurückkehrte, jagte ihr jede seiner Bewegungen einen Schauer der Qual über den Arm.

»Au! Das tut weh!«

Er beachtete sie nicht. Sie beugte sich vor und versuchte zu erkennen, was er tat.

Und eine Woge schwindelerregender Hoffnung raubte ihr den Atem.

Unfug hielt einen Schlüssel im Maul. Er versuchte, ihn in das Schloss der Fessel um ihr Handgelenk zu schieben. Auraya starrte ihn an, aber als sie sah, dass er das falsche Ende des Schlüssels in das Schlüsselloch zu schieben versuchte, wurde sie schlagartig wieder klar im Kopf. Sie sah zu den Wachen hinüber. Die beiden Götterdiener lehnten mit gesenktem Kopf an der Mauer neben dem Tor. Als sie ihren Geist ausstreckte, stellte sie fest, dass beide Männer verdrossen waren, weil man sie zurückgelassen hatte.

Ich bin der stärkste Ergebene Götterdiener in Glymma und ende als Gefängniswärter, dachte einer von ihnen. Ich muss etwas falsch gemacht haben. Was habe ich getan?

Auraya wandte sich wieder zu Unfug um, berührte seinen Geist und sandte ihm die Idee, den Schlüssel umzudrehen. Der Veez hielt inne, dann tat er mithilfe von Pfoten und Maul, was sie ihm vorgeschlagen hatte.

Er schien eine Ewigkeit zu brauchen, um den Schlüssel in das Schlüsselloch zu schieben. Als er sein Ziel erreicht hatte, spürte sie, dass er nicht recht wusste, was er als Nächstes tun sollte. Dann fiel ihm wieder ein, wie er normalerweise Schlösser mithilfe von Magie öffnete. Im Allgemeinen gab es etwas darin, das sich drehen ließ. Er versuchte, den Schlüssel anders zu halten, aber seine Pfoten waren nicht an ein solches Vorgehen gewöhnt. Ein leises Geräusch erklang, und Auraya blickte abermals zu den Wachen hinüber. Als sie sah, dass einer sie beobachtete, krampfte ihr Magen sich zusammen.

»Du solltest dich besser beeilen«, sagte sie zu Unfug. »Oder sie werden heute Abend Veez-Braten essen.«

Als der Götterdiener die Hand nach dem Tor ausstreckte, stieg tiefe Verzweiflung in Auraya auf. Unfug musste es gespürt haben, da er plötzlich ihren Arm hinunterlief und ihr Gesicht leckte.

»Nein, nein, nein!«, murmelte sie.

Zu ihrer Erleichterung huschte er zurück zu dem Schloss und begann daran zu schnuppern. Kurz darauf hörte sie, wie das Tor geöffnet wurde und der zweite Wachposten eine Frage stellte. Sie wandte sich ab und beobachtete ängstlich, wie Unfug den Schlüssel anstarrte. Aus den Augenwinkeln sah sie die Wachen in die Halle treten.

Unfug nahm den Schlüssel ins Maul und drehte.

Das Schloss öffnete sich mit einem Klicken, und Unfug sprang auf den Thron. Auraya biss die Zähne zusammen; ihr Handgelenk war so lange in einer Position festgehalten worden, dass jede Bewegung schmerzte. Trotzdem zog sie die Hand aus der Fessel und drehte sie, um nach dem Schlüssel zu greifen.

Die Schritte der beiden Götterdiener wurden lauter und dann schneller, als sie den Schlüssel herauszog und den Arm so weit verbog, bis sie den Schlüssel in die Fessel an ihrem anderen Handgelenk schieben konnte. Sie drehte ihn, und das Schloss sprang auf.

Sie nahm ein Aufblitzen von Licht wahr, das der Wachmann ausgesandt hatte, und warf sich zur Seite. Magie versengte den Sockel des Throns. Keuchend vor Anstrengung und mit rasendem Herzen ging sie hinter dem gewaltigen Stuhl in Deckung.

Ich muss aus dem Leeren Raum herauskommen! Sie konnte Schritte hören, die sich von beiden Seiten näherten. Die Götterdiener gingen um den Thron herum.

Zaghaft griff sie nach Magie - und fand sie. Der Bereich hinter dem Thron lag nicht innerhalb des Leeren Raums! Nachdem sie gierig weitere Magie in sich hineingesogen hatte, umgab sie sich mit einem Schild. Im gleichen Moment kamen die Götterdiener um den Thron herum und griffen an. Einen der Männer warf sie mit einem magischen Schlag zu Boden, dann wandte sie sich dem anderen zu. Die Augen geweitet vor Überraschung und Entsetzen, starrte er sie an.

Sie bedachte ihn mit einem Blick, von dem sie hoffte, dass er ihrem maßlosen Zorn gerecht wurde, dann machte sie einen Schritt auf ihn zu.